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XVII. Krankheit, Tod und fchriftlicher Nachlafs.
denn ich verfehe mich, es werden noch herfürkommen manche treff-
liche Männer, die alle gut und beffer von diefer Kunft fchreiben
werden, als ich; denn ich felbft fchätze meine Kunft ganz klein, denn
ich weifs, was Mangels ich habe; darum unternehme es ein Jeglicher,
folchen meinen Mangel zu beffern nach feinem Vermögen. Wollte
Gott, wenn's möglich wäre, dafs ich der künftigen grofsen Meifter
Werke und Künfte jetzt fehen könnte, derer, die noch nicht geboren
find«! Dürer fah fich fomit keineswegs für die Spitze einer Kunft-
bewegung an. Vielmehr hielt er fich blofs für einen auserwählten
Eckftein, über dem fich der ftolze Bau einer grofsen deutfchen Kunft-
blüthe erheben follte. So viel der Ehren wir auch auf fein Haupt
laden muffen, die Krone von allen bleibt die Befcheidenheit, die ohne
Selbfterniedrigung fich dem allgemeinen Beften unterordnet und nur
im Triumphe der guten Sache den eigenen Ruhm fucht. So zweifelt
denn Dürer noch in der Widmung der Proportionslehre an Pirkheimer
nicht daran, dafs wenn feine Bemühungen nur Nachfolge fänden,
»diefe Kunft mit der Zeit wieder, wie vor Alters, ihre Vollkommen-
heit erlangen könne, denn offenbar ift, dafs die deutfchen Maler mit
ihrer Hand und im Gebrauch der Farben nicht wenig gefchickt find,
wiewohl fie bisher an der Kunft der Meffung, auch Perfpective und
anderem dergleichen Mangel gehabt haben; darum wohl zu hoffen,
wo fie die auch erlangen und alfo den Brauch und die Kunft mitein-
ander überkommen, fie mit der Zeit keiner andern Nation den Preis
vor ihnen laffen werden«. So hinterliefs Dürer feinem Volke mit
feinen grofsen Werken auch noch feine weit gröfseren Hoffnungen;
und nicht in der Befriedigung über jene, wohl aber im Ausblick auf
die Erfüllung diefer jauchzt feine Seele auf, indem er mit einem deut-
lichen Anklänge an die Worte Jefu bei Lucas, XII. Cap. 49. Vers,
feinen Nachfolgern zuruft: »Denn wenn ich etwas anzünde und ihr
alle Mehrung mit künfflicher Befferung darzu thuet, fo mag mit der
Zeit ein Feuer daraus gefchürt werden, das durch die ganze Welt
leuchtet«!
XVII. Krankheit, Tod und fchriftlicher Nachlafs.
denn ich verfehe mich, es werden noch herfürkommen manche treff-
liche Männer, die alle gut und beffer von diefer Kunft fchreiben
werden, als ich; denn ich felbft fchätze meine Kunft ganz klein, denn
ich weifs, was Mangels ich habe; darum unternehme es ein Jeglicher,
folchen meinen Mangel zu beffern nach feinem Vermögen. Wollte
Gott, wenn's möglich wäre, dafs ich der künftigen grofsen Meifter
Werke und Künfte jetzt fehen könnte, derer, die noch nicht geboren
find«! Dürer fah fich fomit keineswegs für die Spitze einer Kunft-
bewegung an. Vielmehr hielt er fich blofs für einen auserwählten
Eckftein, über dem fich der ftolze Bau einer grofsen deutfchen Kunft-
blüthe erheben follte. So viel der Ehren wir auch auf fein Haupt
laden muffen, die Krone von allen bleibt die Befcheidenheit, die ohne
Selbfterniedrigung fich dem allgemeinen Beften unterordnet und nur
im Triumphe der guten Sache den eigenen Ruhm fucht. So zweifelt
denn Dürer noch in der Widmung der Proportionslehre an Pirkheimer
nicht daran, dafs wenn feine Bemühungen nur Nachfolge fänden,
»diefe Kunft mit der Zeit wieder, wie vor Alters, ihre Vollkommen-
heit erlangen könne, denn offenbar ift, dafs die deutfchen Maler mit
ihrer Hand und im Gebrauch der Farben nicht wenig gefchickt find,
wiewohl fie bisher an der Kunft der Meffung, auch Perfpective und
anderem dergleichen Mangel gehabt haben; darum wohl zu hoffen,
wo fie die auch erlangen und alfo den Brauch und die Kunft mitein-
ander überkommen, fie mit der Zeit keiner andern Nation den Preis
vor ihnen laffen werden«. So hinterliefs Dürer feinem Volke mit
feinen grofsen Werken auch noch feine weit gröfseren Hoffnungen;
und nicht in der Befriedigung über jene, wohl aber im Ausblick auf
die Erfüllung diefer jauchzt feine Seele auf, indem er mit einem deut-
lichen Anklänge an die Worte Jefu bei Lucas, XII. Cap. 49. Vers,
feinen Nachfolgern zuruft: »Denn wenn ich etwas anzünde und ihr
alle Mehrung mit künfflicher Befferung darzu thuet, fo mag mit der
Zeit ein Feuer daraus gefchürt werden, das durch die ganze Welt
leuchtet«!