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Thode, Henry; Michelangelo; Michelangelo [Contr.]
Michelangelo: kritische Untersuchungen über seine Werke; als Anhang zu dem Werke Michelangelo und das Ende der Renaissance (Band 2) — Berlin: Grote, 1908

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Zeichnungen

5

die als anstössig betrachtete Haltung der Heiligen Katharina und
Blasius. Ein Girolamo da Fano setzte auf Befehl Pius' V., den der
Kardinal Rusticucci hierzu bewog, und unter Herbeiziehung des
Modenesen Domenico Carnevali die unselige Thätigkeit des „bra-
chettone" fort und vollendete sie (Vasari und Bottaris Notiz in der
Vasariausgabe von 1760). Fast wäre es dann unter Gregor XIII.
doch zur völligen Zerstörung gekommen. Dieser Papst wollte an
Stelle der Michelangelo'schen „Obszönitäten" ein Paradies von seinem
Maler Lorenzino Sabbatini ausgeführt sehen. (Baglioni in Malvasia:
Felsina pittrice I, 184.) Nochmals gerettet, hatte das Fresko, das,
wie die anderen Fresken, 1625 von Simone Laghi und dann wieder
um 1712 nach den Vorschlägen des Agostino Taja gereinigt wurde
(Pogatscher bei Steinmann S. 783, Nr. 7 und 8), nochmals unter
Clemens XIII. unter einer Übermalung zu leiden. Im Jahre 1762
hat der Abbe Richard sehr mittelmässige Künstler die schönsten
nackten Figuren des Altargemäldes und der Decke (dies letztere
muss, wie Steinmann bemerkt, ein Irrthum sein) mit Gewändern
bedecken sehen. (Description de l'Italie 1769, V, p. 375) Chattard
(Nuova descrizione del Vaticano 1766, II, p. 41) nennt als Restaurator
den Stefano Pozzi.
Eine Festigung des durch Mauerrisse bedrohten Gemäldes an
der Altarwand, wie der Deckenbilder, wurde, von Leo XIII. an-
geordnet, in den Jahren 1903 bis 1905 unter Leitung des Prof.
L. Seitz von Cecconi Principi und Giovanni Cingolani ausgeführt.
(Pogatscher a. a. O. S. 784, 9. Steinmann in der Kunstchronik
1902/03 und 1903/04 an verschiedenen Stellen.)
Der Zustand, in dem das Riesenwerk auf uns gekommen, ist
ein so gänzlich entstellter, dass ein Ürtheil über die malerischen
Qualitäten gar nicht mehr möglich ist.
II
Zeichnungen
Die Zahl der erhaltenen Entwürfe und Einzelstudien für das
Jüngste Gericht ist eine verhältnissmässig kleine. Michelangelo selbst
scheint fast alle seine Vorarbeiten zerstört zu haben. Dass er eine
Zeichnung wie die der hl. Katharina — vermuthlich war es die
Studie für die Gestalt im Fresko — an Pietro Aretino (1535, Bottari
III, 190) verschenkte, ist eine Ausnahme gewesen. Nichts erfahren
wir über die Kartons, denn selbst der einzige, bei dem man, wie
Scheffler gethan, an das Fresko denken könnte, nämlich der in
seiner Hinterlassenschaft erwähnte und an Cavalieri vermachte, der
im Inventar als: „Christus und Maria" bezeichnet wird, stellte, wie
 
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