Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Thode, Henry; Michelangelo; Michelangelo [Contr.]
Michelangelo: kritische Untersuchungen über seine Werke; als Anhang zu dem Werke Michelangelo und das Ende der Renaissance (Band 2) — Berlin: Grote, 1908

Citation link:
https://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/thode1908bd2/0117
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
Die Fassade von S. Lorenzo

IOI

die vier sitzenden Statuen. So dann der definitive Kontrakt
vom 19. Januar 1518 abgeschlossen.
In den Uffizien befindet sich (Nr. 1923) eine Zeichnung (Abb.
v. Geymüller, Fig. 1), die angeblich nach Michelangelo ist und
eine Fassade mit drei, der Grösse nach abnehmenden Stockwerken,
die durch gekuppelte Säulen und Pilaster gegliedert sind, darstellt. Ich
glaube nicht, dass es sich hier um eine Michelangelo'sche Idee
(es müsste denn eine ganz frühe sein!) handelt.

3
Der plastische Schmuck
I. Die Statuen.
Wir sahen, wie verschiedenartig die frühen Entwürfe in Bezug
auf den plastischen Schmuck erscheinen. Charakteristisch für den
primo disegno sind die Statuengruppen, bestehend aus zwei Figuren
(Nr. I und II). Wir können sie ebensowenig mit Namen benennen,
wie die dann geplanten zwei Kolossalstatuen (Nr. III). Ein festes
Programm: Lorenzo, Johannes d. T., Petrus, Paulus — die vier
Evangelisten —, Kosmas und Damianus, wird am 5. Dezember 1516
aufgestellt. Und an diesem ward im Wesentlichen wohl auch später
am 19. Januar 1518 festgehalten, nur dass noch sechs andere, nicht
näher bezeichnete Statuen hinzukommen.
Im Modell mit den Wachsfiguren waren diese skizzirt, wir
wissen aber nicht wie, da sie zu Nellis Zeit schon zerstört waren.
Nur eine einzige: der Paulus mit langem Bart, zur Seite gewandt
lesend, wird uns durch die Zeichnung in den Uffizien (Nr. XIIc)
einigermaassen veranschaulicht — die Skizzen auf der Louvrezeich-
nung Nr. VIII sind zu flüchtig, als dass sie etwas sagten. Und
doch möchte man annehmen, dass Michelangelo Entwürfe gemacht
habe, denn am 4. Januar 1519 erklärt er sich bereit, Modelle der
Figuren für den Papst zu entwerfen. Aber meine Nachforschungen
nach Zeichnungen für die Statuen haben kein einziges Blatt er-
geben, das mit Bestimmtheit auf diese bezogen werden könnte.
Vielleicht könnte Jemand die Vermuthung aussprechen, dass die
Federskizzen zweier sitzender Männer, die geöffnete Bücher halten,
in den Uffizien (147 H. Nr. 17379 u. 17380. Thode 227, 228.
Jacobsen u. Ferri, Taf. XVI) für die Evangelistenstatuen bestimmt
gewesen seien; doch bleibe ich bei der Meinung, es seien Entwürfe
für die erste Lünette der Sixtinischen Decke (s.I, 268, CIX.). Und ich
möchte es auch nicht für wahrscheinlich halten, dass die Kreide-
studie eines sitzenden Mannes (Apostels? Evangelisten?) mit einem
Buche auf dem Schoosse (Uffizien 147H, 18729. Thode 223.
 
Annotationen