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Thode, Henry; Michelangelo; Michelangelo [Contr.]
Michelangelo: kritische Untersuchungen über seine Werke; als Anhang zu dem Werke Michelangelo und das Ende der Renaissance (Band 2) — Berlin: Grote, 1908

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S. Maria degli Angeli

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druck soll die Architektur wirken. Und vielleicht war es gerade
das Bewusstsein solcher erreichten Klarheit und Bestimmtheit des
architektonischen Stiles, verbunden mit dem anderen, gewaltigste
Raumverhältnisse in Einfachheit zu gestalten, was ihn sein Werk
mit Stolz den grössten der Antike vergleichen liess.
III
S. Maria degli Angeli
Zwei Grafen aus dem Hause Orsini, Niccolö und Napoleone,
sollen die Ersten gewesen sein, welche den Gedanken gehabt, in dem
Tepidario der Diokletianischen Thermen eine Kirche und für die
Karthäuser ein Kloster daneben zu begründen. Aber ihr Plan ver-
wirklichte sich nicht. In Jahre 1527 kam ein Priester Antonio del
Duca, Rettore der chiesa di Sant' Angelo in Palermo, nach Rom und
erreichte nach vielen Bemühungen die Einführung des besonderen
Kultus der sieben Engel, der durch die Auffindung eines Bildes
der sieben Engel in seiner Palermitaner Kirche entstanden war.
Der Kultus erhielt seine Stätte in den Thermen, wo jener Antonio
auch begraben worden ist. Am 5. August 1561 weihte Pius IV. die
Thermen der Maria (es war der Tag des Schneewunders) und den
Engeln, verlieh der Kirche den Kardinalstitel und siedelte die Kar-
thäuser aus S. Croce in Gerusalemme hier an. Der Papst liess ver-
schiedene Zeichnungen für die Umwandlung der antiken Kirche von
ausgezeichneten Architekten machen, wie Vasari erzählt, und gab
derjenigen Michelangelos, welcher für die Bedürfnisse der Kart-
häuser in schönster Weise Sorge trug und die vorhandenen Bau-
bestandteile mit feinem Urtheil verwerthete, den Vorzug. „So ent-
stand eine Kirche von grösster Schönheit mit einem Eingang, der
alle Ideen der Architektur übertraf, und der Meister trug grossen
Ruhm und Ehren davon." Zur Zeit als Vasari schrieb (gegen 1568),
hatten die Karthäuser den Bau (offenbar auch des Klosters) fast
vollendet. Für die Kirche entwarf Michelangelo im Auftrage des
Papstes ein Sakramentsciborium, welches von dem Sizilianer Jacopo
del Duca, vermuthlich einem Verwandten jenes Antonio, 1565 „zum
grossen Theile" in Bronze gegossen wurde, obgleich er nach des
Meisters Tode keine Aussicht hatte, es für die Kirche erwerben
zu sehen. (S. den Exkurs über das Ciborium weiter unten.)
Das Paviment wurde unter Gregor XIII ausgeführt. 1701 fertigte
auf ihm der Prälat Francesco Bianchini die Meridianlinie mit den
Zeichen des Zodiakus an. In der zweiten Hälfte des XVII. Jahr-
hunderts wurde unter Leitung des Padre Alessandro Montecatini
die Kirche restaurirt. Damals wurden die Öffnungen, welche den
 
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