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Thode, Henry; Michelangelo; Michelangelo [Contr.]
Michelangelo: kritische Untersuchungen über seine Werke; als Anhang zu dem Werke Michelangelo und das Ende der Renaissance (Band 2) — Berlin: Grote, 1908

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Die Bauten in Rom

Eingang zu den vier Kapellen bildeten, durch den Architekten
Orlandini zugemauert. (Nach Memoiren des Vanvitelli in der Aka-
demie von San Luca, zitirt von Letarouilly, S. 658.) Eine voll-
ständige Umgestaltung fand 1749 statt, als man dem Bau eine
Kapelle für den beato Niccolö Albergati hinzufügen wollte. Luigi
Vanvitelli veränderte den Plan, indem er das bisherige Michel-
angelo'sche Schiff zum Querschiff machte, worüber weiter unten
Näheres.
Der antike oblonge Raum des Tepidario mit seinen drei Kreuz-
gewölben, den Michelangelo für die Kirche herrichtete, hatte an
jeder Seite einen Raum vorliegen, in dessen einen Michelangelo
das Hauptportal, das er in reichem griechischen Geschmack aus
Travertin ausführte, verlegte und in dessen anderen er den Haupt-
altar versetzte. Vier vor die Wand tretende antike Syenitsäulen
tragen die drei grossen Querbögen. Die mittlere Travee öffnete
sich links in einen langen Korridor, an dessen Ende in einer halb-
runden Nische ein kleiner Altar der Madonna sich befand, rechts
in eine Rotunda (ähnlich wie die der benachbarten, gleichfalls in
den Thermen befindlichen Kirche S. Bernardo), in welche die
meist benutzte Seitenthüre der Kirche führte. Die vier anderen
Wandfelder öffneten sich in vier Seitenräume, die von Michelangelo
roh gelassen wurden, aber als Kapellen ins Auge gefasst waren.
(Nach dem Abbate Titi.)
Die von Vanvitelli vorgenommene Veränderung bestand in
Folgendem. Das Hauptportal wurde zugemauert und hier der Altar
des beato Niccolö errichtet. Die Seitenthüre wurde zum Haupt-
eingang und der Altar der Madonna zum Hauptaltar gemacht, so
dass nun Rotunda, Mitteljoch und Korridor zum Längsschiff wurden,
das aber begreiflicher Weise unausgebildet und viel schmäler ist,
als der grossartige, zum Querschiff degradirte Raum. Die im nun-
mehrigen Längsschiff angebrachten Säulen wurden aus Backstein
aufgemauert und in Imitation von Granit bemalt, was zur Folge
hatte, dass auch die Syenitsäulen eine solche Bemalung erhielten.
Da es sich hier nur um die Adaptirung einer grandiosen antiken
Anlage handelte und das Portal verschwunden ist, kann von einer
Michelangelo'schen Architektur doch nur in sehr bedingter Weise
geredet werden. In der Gestaltung der vier Kompositsäulen (mittlere
Travee) und der vier korinthischen (in den Ecken), der entsprechen-
den Pilaster des sehr reichen und feinen Gebälkes und Gesimses
hat sich der Meister ganz an die Antike gehalten. Der Fries ist
mit Fruchtkränzen geschmückt (die an den Schmalseiten sind in
derberer, stärker reliefirter Weise offenbar von Vanvitelli nach dem
Muster der von Michelangelo an den Längswänden nachgebildet
worden).
 
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