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Lünette der Sixtina.

Es ist des Öfteren ausgesprochen worden, bereits in den frühe-
sten Jugendwerken bethätige Michelangelo seine Eigenart mit
solcher Stärke, daß bei ihm nicht, wie bei den meisten anderen
großen Künstlern, eine anfängliche Abhängigkeit von fremden Vor-
bildern und ein erst allmähliches Überwinden derselben nachgewiesen
werden könne, sondern daß die seltenste Selbständigkeit in dem
Einschlagen und Verfolgen neuer künstlerischer Bahnen zu neuen
Zielen ihm von Anfang an vergönnt gewesen sei. Nur in bedingtem
Sinne ist dieser Ansicht zuzustimmen. Wohl verleiht eine unver-
gleichliche Kraft auch seinen ersten Schöpfungen schon den Stempel
einer nur ihm eigenen Größe und Gewalt der Anschauungen, wohl
verkünden sie, mit eindrucksvoller Deutlichkeit weissagend, die zu-
künftigen Thaten seines Künstlerthums, doch verleugnet auch hier
sich nicht die Förderung und Bestimmung des genialen Vermögens
nach Form und Gehalt durch eifriges Studium würdiger Vor-
gänger. Der handwerksmäßige Betrieb der Kunst in jenen Zeiten
ihres gesunden, natürlichen Verhältnisses zum Kulturleben brachte es
mit sich, daß die Werke eines einzelnen Meisters maaßgebend für
Dessen Lehrling wurden; mochte Dieser auch, je nach seiner Be-
gabung, die Eindrücke der Umgebung, in der er erzogen, durch solche
 
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