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Die Stichkappenbilder.
Mit wundervoller Kunst führt uns der Meister in dem folgenden
Gemälde über Asa das Bild einer Frau vor Augen, die in ihrer
Verzweiflung bei der Arbeit an einer Spindel eingeschlafen ist. Sie
sitzt auf einem Bündel, der Oberkörper ist vornüber gesunken,
schlaff hängt der Arm über das eine aufgestemmte Bein, das ent-
blösste nackte andere ist am Boden ausgestreckt. Ihr Knabe, theil-
nahmvoll die Mutter betrachtend, fasst mit der Linken ein Tuch,
als wollte er es über sie decken. Der Mann im Hintergrund
scheint wach zu sein. (Abb. S. 268.)
Etwas deutlicher wird die Gestalt des Vaters in der folgenden
Stichkappe über Osias. Er hat sich mit dem einen Kinde am
Boden niedergelassen, wendet, sorgenvoll düster herausschauend,
den Kopf. Davor spielt sich ein erschütternder Vorgang ab. An
der Brust der kauernden, kraftlosen, leidenden Mutter, die in der
Linken einen runden Gegenstand hält, sucht ein kräftiger drängen-
der Knabe Nahrung. Still, wie ein müdes Thier, duldet sie es.
(Abb. S. 272.)
Die folgende Darstellung überEzechias zeigt die Frau, die
hier jugendlicher gebildet und sorgfältiger gekleidet ist, ruhig mit
über einander geschlagenen Beinen gelagert. Etwas in der Ferne
erregt ihre Aufmerksamkeit, ihr wie klagend geöffneter Mund kündet
von schmerzlichen Vorstellungen. Hinter ihr ein greiser Mann,
neben dem der Knabe, herausblickend, steht. (Abb. S. 285.)
Unheimliche Gesichte sind es, welche die Mutter in der Stich-
kappe über Zorobabel in dem hereinbrechenden Dunkel gewahrt.
Ihr Blick ist wie verstört. Zwischen ihren Beinen liegt schlafend
der grosse Knabe. Auch der Vater ist von tiefem Kummer ganz
gebeugt. (Abb. S. 298.)
Die letzte Stichkappe über Josias bringt insofern etwas
Neues in der Anordnung der Figuren, als hier der Mann in den
Vordergrund versetzt ist. Aber auch hier ist nicht ihm, dem in
Schlaf Gesunkenen, sondern der Frau die Hauptrolle zugewiesen.
Schläft auch sie oder hat sie bloss die Augen geschlossen? Das
Ergreifende liegt nicht allein in dem mütterlichen Umfangen des
Kindes, sondern in dem gramvollen Ausdruck ihrer Züge; ihr
Haupt ist schicksalsbelastet. Sie ist das Bild einer Dulderin, die
ihren einzigen Trost in dem Kinde findet, von dessen lebendiger
Gegenwart sie sich in inniger Umarmung gleichsam überzeugt.
(Abb. S. 395-)
Die Stichkappenbilder.
Mit wundervoller Kunst führt uns der Meister in dem folgenden
Gemälde über Asa das Bild einer Frau vor Augen, die in ihrer
Verzweiflung bei der Arbeit an einer Spindel eingeschlafen ist. Sie
sitzt auf einem Bündel, der Oberkörper ist vornüber gesunken,
schlaff hängt der Arm über das eine aufgestemmte Bein, das ent-
blösste nackte andere ist am Boden ausgestreckt. Ihr Knabe, theil-
nahmvoll die Mutter betrachtend, fasst mit der Linken ein Tuch,
als wollte er es über sie decken. Der Mann im Hintergrund
scheint wach zu sein. (Abb. S. 268.)
Etwas deutlicher wird die Gestalt des Vaters in der folgenden
Stichkappe über Osias. Er hat sich mit dem einen Kinde am
Boden niedergelassen, wendet, sorgenvoll düster herausschauend,
den Kopf. Davor spielt sich ein erschütternder Vorgang ab. An
der Brust der kauernden, kraftlosen, leidenden Mutter, die in der
Linken einen runden Gegenstand hält, sucht ein kräftiger drängen-
der Knabe Nahrung. Still, wie ein müdes Thier, duldet sie es.
(Abb. S. 272.)
Die folgende Darstellung überEzechias zeigt die Frau, die
hier jugendlicher gebildet und sorgfältiger gekleidet ist, ruhig mit
über einander geschlagenen Beinen gelagert. Etwas in der Ferne
erregt ihre Aufmerksamkeit, ihr wie klagend geöffneter Mund kündet
von schmerzlichen Vorstellungen. Hinter ihr ein greiser Mann,
neben dem der Knabe, herausblickend, steht. (Abb. S. 285.)
Unheimliche Gesichte sind es, welche die Mutter in der Stich-
kappe über Zorobabel in dem hereinbrechenden Dunkel gewahrt.
Ihr Blick ist wie verstört. Zwischen ihren Beinen liegt schlafend
der grosse Knabe. Auch der Vater ist von tiefem Kummer ganz
gebeugt. (Abb. S. 298.)
Die letzte Stichkappe über Josias bringt insofern etwas
Neues in der Anordnung der Figuren, als hier der Mann in den
Vordergrund versetzt ist. Aber auch hier ist nicht ihm, dem in
Schlaf Gesunkenen, sondern der Frau die Hauptrolle zugewiesen.
Schläft auch sie oder hat sie bloss die Augen geschlossen? Das
Ergreifende liegt nicht allein in dem mütterlichen Umfangen des
Kindes, sondern in dem gramvollen Ausdruck ihrer Züge; ihr
Haupt ist schicksalsbelastet. Sie ist das Bild einer Dulderin, die
ihren einzigen Trost in dem Kinde findet, von dessen lebendiger
Gegenwart sie sich in inniger Umarmung gleichsam überzeugt.
(Abb. S. 395-)