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Das Stimmungsleben der Jünglinge.

ungetrübten, fröhlichen Bethätigung zu Rechte bestehen? Mit Ver-
wunderung nehmen wir nun wahr, dass, so üppig die Lebens-
empfindung in den Gliedern sich äussert, Heiterkeit doch nur in
einer einzigen Figur sich ausspricht, nämlich in der links von Jesajas.
Einige Andere verrathen wilde Lebhaftigkeit: die Jünglinge über
Daniel und der Schreiende rechts von der Persica. Die Meisten
aber sind ernst, ja unfreudig: träumerisch, wie die über der Del-
phica und über Joel, sinnend (die links von Jeremias, links von
Persica, links von Ezechiel, links von der Cumaea, rechts von der
Erithraea), besorglich erregt (rechts von Ezechiel, rechts von
Jesajas, rechts von Cumaea), schmerzlich bewegt (links von Eri-
thraea, links von Libica).
Als charakteristisch für die Auffassung im Ganzen ist also die
eigenthümliche Dämpfung, welche die Freude physischer Kraft von
Seite der Seele erleidet, zu bezeichnen. Nur in einigen faunartigen
Gesellen waltet das Animalische ungebrochen.
Nahe liegt es, die Stimmungen darauf zu beziehen, dass die
Epheben eine mühsame und schwierige Zwangsarbeit zu verrichten
haben. Gewiss macht sich dies bei einigen Figuren geltend — und
ist hier so motivirt. Aber eine genügende Erklärung ist damit
nicht gegeben. Auch auf dieses natürliche Dasein fällt ein Schatten
aus der tragischen geistigen Welt, die von ihm eingerahmt wird.
Das ist es! Der agonale Grieche im Dienste des christ-
lichen Mythus! Begreift man nicht — ich spreche gleichniss-
weise — sein Sinnen, seine Schwermuth, seinen Unmuth?
 
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