398
Die plastische Gesetzmässigkeit.
seinen Stempel auf. Denn diese sind vom Standpunkte des Relief-
oder Statuenbildners aus aufgefasst und entworfen. Giebt es innerhalb
des grossen Bereiches der Möglichkeiten der Malerei jene einer An-
näherung an das Plastische, die gleichsam den Gegenpol zu der Ent-
fesselung rein malerischer Anschauung in Farbe und Licht bezeich-
net, so ist sie hier in weitest gehender Weise erreicht. Die in sich
abgeschlossene und begränzte, von allen Beziehungen zur Umgebung
losgelöste menschliche Gestalt oder Gruppe ist der vom Künstler
behandelte Vorwurf. Dies gilt nicht allein von den statuarischen
Propheten, Sibyllen und Athleten, die ja einen so grossen Raum
einnehmen, sondern auch von den Historien. Sie zeigen, wo immer
nur dies vergönnt war, die reliefartige Anordnung der Figuren in
einer nach vorne und hinten flächenhaft vor einem einfachen Hinter-
gründe begränzten Raumschicht, welche volle Deutlichkeit der Kon-
turen gestattet, und in klarer Absonderung der Gestalten von ein-
ander. Für das Landschaftliche sind nur die unumgänglichsten
Andeutungen gegeben. Wo durch das Gegenständliche die Dar-
stellung grösserer, durch Figuren belebter Raumtiefe geboten war,
wie namentlich in der „Sündfluth“, handelt es sich nicht eigentlich um
die Erweckung einer Illusion, wie sie der mit malerischen Mitteln
arbeitende Künstler anstrebt, sondern um blosse allgemeine lineare
Bestimmungen, bei denen es auch das malerische Aufgaben über-
nehmende Relief bewenden lässt. Man beachte, wie gruppenweise
die Gestalten auf jenem Bilde in fünf Zonen hinter einander an-
geordnet sind, also gleichsam eine Reliefschicht hinter der anderen
angelegt und fast nur durch die verschiedenen Grössenverhältnisse
die Tiefenvorstellung hervorgebracht wird.
In der „Bestrafung Hamans“ erinnert die naive Nebeneinander-
ordnung der drei Vorgänge und die blosse Andeutung der drei
Räumlichkeiten an die primitiven Erscheinungen der Trecentomalerei,
ähnlich auch in der Judithszene. In den Lünettengemälden ist auf
jede Charakterisirung des Hintergrundes als einer Häuslichkeit ver-
zichtet: das Reliefartige kommt hier zu besonderer Deutlichkeit.
Nur so betrachtet, wird auch die Farbengebung verständ-
lich. Nicht die Absicht, durch den sinnlichen Reiz der einzelnen
Farbe oder der Farbenharmonie zu wirken, wie es der Kolorist thut,
leitet unseren Meister: solche Wirkungen sind ihm von sekundärer
Bedeutung neben der auch der Farbe zuertheilten Aufgabe, den
Eindruck des Körperlichen verstärken zu helfen oder, wenn man
Die plastische Gesetzmässigkeit.
seinen Stempel auf. Denn diese sind vom Standpunkte des Relief-
oder Statuenbildners aus aufgefasst und entworfen. Giebt es innerhalb
des grossen Bereiches der Möglichkeiten der Malerei jene einer An-
näherung an das Plastische, die gleichsam den Gegenpol zu der Ent-
fesselung rein malerischer Anschauung in Farbe und Licht bezeich-
net, so ist sie hier in weitest gehender Weise erreicht. Die in sich
abgeschlossene und begränzte, von allen Beziehungen zur Umgebung
losgelöste menschliche Gestalt oder Gruppe ist der vom Künstler
behandelte Vorwurf. Dies gilt nicht allein von den statuarischen
Propheten, Sibyllen und Athleten, die ja einen so grossen Raum
einnehmen, sondern auch von den Historien. Sie zeigen, wo immer
nur dies vergönnt war, die reliefartige Anordnung der Figuren in
einer nach vorne und hinten flächenhaft vor einem einfachen Hinter-
gründe begränzten Raumschicht, welche volle Deutlichkeit der Kon-
turen gestattet, und in klarer Absonderung der Gestalten von ein-
ander. Für das Landschaftliche sind nur die unumgänglichsten
Andeutungen gegeben. Wo durch das Gegenständliche die Dar-
stellung grösserer, durch Figuren belebter Raumtiefe geboten war,
wie namentlich in der „Sündfluth“, handelt es sich nicht eigentlich um
die Erweckung einer Illusion, wie sie der mit malerischen Mitteln
arbeitende Künstler anstrebt, sondern um blosse allgemeine lineare
Bestimmungen, bei denen es auch das malerische Aufgaben über-
nehmende Relief bewenden lässt. Man beachte, wie gruppenweise
die Gestalten auf jenem Bilde in fünf Zonen hinter einander an-
geordnet sind, also gleichsam eine Reliefschicht hinter der anderen
angelegt und fast nur durch die verschiedenen Grössenverhältnisse
die Tiefenvorstellung hervorgebracht wird.
In der „Bestrafung Hamans“ erinnert die naive Nebeneinander-
ordnung der drei Vorgänge und die blosse Andeutung der drei
Räumlichkeiten an die primitiven Erscheinungen der Trecentomalerei,
ähnlich auch in der Judithszene. In den Lünettengemälden ist auf
jede Charakterisirung des Hintergrundes als einer Häuslichkeit ver-
zichtet: das Reliefartige kommt hier zu besonderer Deutlichkeit.
Nur so betrachtet, wird auch die Farbengebung verständ-
lich. Nicht die Absicht, durch den sinnlichen Reiz der einzelnen
Farbe oder der Farbenharmonie zu wirken, wie es der Kolorist thut,
leitet unseren Meister: solche Wirkungen sind ihm von sekundärer
Bedeutung neben der auch der Farbe zuertheilten Aufgabe, den
Eindruck des Körperlichen verstärken zu helfen oder, wenn man