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Torbrügge, Walter
Die Hallstattzeit in der Oberpfalz (Auswertung und Gesamtkatalog ; 1): Text — Kallmünz/​Opf.: im Verlag Michael Lassleben, 1979

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https://doi.org/10.11588/diglit.70709#0165
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Ster Zeit wieder gezeigt hat (83 a. 83 b. 108 a.
108 b). Eine vollständige Liste aller Gefäßformen
und Ornamentgruppen sowie ihrer Kombinationen
wird nicht erstellt, weil sie nur im nordostbayeri-
schen Gesamtzusammenhang sinnvoll sein könnte.
In grober und durchaus provisorisch gedachter Vor-
sortierung sollen vor allem die auffälligen Erschei-
nungen von einiger Regelhaftigkeit umschrieben
werden, wobei auswärtige Vergleichsbeispiele in
erster Linie als Hinweise und nicht als Beleg für
Ableitungen aus dieser oder jener Richtung zu ver-
stehen sind. Auf umständliche typologische Darle-
gungen wird bewußt verzichtet, da sie weder chro-
nologische noch kulturgeschichtliche Einsichten von
Bedeutung vermitteln können °31. Eigens bespro-
chen sind die besonderen Tongebilde (siehe unten
S. 181), die Tierfiguren (siehe unten S. 182), Tierge-
fäße (siehe unten S. 183) und die figürliche Darstel-
lung in Zeichnung und Malerei auf Keramik (siehe
unten S. 184). Verweise auf auswärtige Funde und
Befunde zielen in keinem Falle auf Vollständigkeit
ab, sie sind vornehmlich als Beispielsammlung zu
verstehen.
Zu den keramischen Hauptformen Nord-
ostbayerns und ihrer Chronologie hat sich kurso-
risch schon Kersten 1933 geäußert. Dabei ist als
hallstattzeitliche Standardform vorweg das Kegel-
halsgefäß zu nennen, nach Technik, Profil und De-
kor vielfach unterzugliedern. Die Masse der Kera-
mik wird allerdings von Schalen und Schüsseln in
einiger Variationsbreite gestellt, dazu kommen
Schöpfer und Becher. In allen Gruppen treten re-
gelrechte Sonderformen auf, fast immer spielt flä-
chige oder lineare Graphitierung eine große Rolle.
Die Ornamente entstammen großenteils dem all-
gemeinen mitteleuropäischen Musterschatz, wenn
auch in regional beschränkter Auswahl und oft in
spezifischer Anordnung oder Kombination verwen-
det. Zum Teil sind sie formengebunden, folglich
spielen sie eine gewisse Rolle für die Chrono-
logie, die aber nach keramischen Kriterien al-
lein in der Oberpfalz nicht abzusichern ist. Die
Unterscheidung von frühen und späten Merkmalen
durch Kersten trifft in der Tendenz sicher zu, gilt
aber selten für den Einzelfall, zumal typologische
Übergänge und Mischungen vorherrschen. Urnen-

felderzeitliche Formprinzipien treten nicht mehr
selbständig in Erscheinung. Vertikale und schräge
oder leicht geschweifte Kannelüren aus älterer Tra-
dition sind immer voll in das hallstattzeitliche Ge-
fäß integriert (Taf. 4, 8; 6,1; 58, 17; II Taf. 18,
9; 48, 10). Einem frühen Horizont sind sicher die
sogenannten prallen Kegelhalsgefäße mit komple-
xen Rollrädchenzonen (Taf. 38; 39) und Stempel-
und Schnittmustern (II Taf. 3; 32; 33, 5; 65, 5) zu-
zurechnen. Späte Kegelhalsgefäße erscheinen in der
Regel kleiner und nicht mehr so füllig ausladend,
gestreckte Formen (Taf. 111, 8) wachsen sich nicht
zu Hochhalsgefäßen südwestdeutscher Art aus.
Scharfe Konturen können erhalten bleiben, wäh-
rend allgemeiner eine gewisse Verflachung und
Verflauung der Umrisse zu bemerken ist, die bei
Schalen, Schüsseln und Schöpfern zum gefälligen
und nichtssagenden S-Profil führt. Früh anzuset-
zen ist gewiß auch die Masse der weißgelben Ware
mit schwarzer und/oder roter Bemalung, die sich
nicht zufällig an Fundorten mit Schwertern, Wa-
genteilen und frühem Pferdegeschirr häuft. Die
Grenze zur Stufe Ha D bleibt jedoch unscharf, da
ein älterer Grundbestand fortgeführt wird. Weiß-
grundige Keramik und Gefäße mit Kammstrich-
oder Rollrädchenverzierung schließen sich offen-
bar vornehmlich in kleineren Geschirrsätzen aus,
nicht grundsätzlich bei reichlich Geschirrbeigaben
(vgl. Taf. 19, 9. 13; 163, 7. 8; 165). Eher schon
sind die Schalen und Schüsseln mit Innenbemalung
zugleich als spätere Produkte anzusehen, wenig-
stens dem zeitlichen Schwerpunkt nach. Zu gewis-
sen Neuerungen der Stufe Ha D rechnen nach den
Begleitfunden unter anderem Sonderformen wie
die Fußschalen (Taf. 118, 5; 125, 13. 14), doch gilt
dies in erster Linie für die fraglichen Einzelstücke
selbst und nicht für die gesamte Gattung im süd-
deutschen Hallstattbereich. Erstmals treten in den
Grabinventaren auch die relativ groben Töpfe mit
gekerbten Rändern und gekerbten oder getupften
Halsleisten von dreikantigem Profil auf, die sonst
hinlänglich von Wohnplätzen bekannt sind (siehe
unten S. 179). Vermutlich sind sie nicht eigentlich
Neuformen, sondern vertreten im zunehmenden
Maße gewöhnliche Haushaltsware neben prächti-
ger ausgeschmückten Gefäßen aus dem Gesamtbe-

631) G. Körner, Von Tongefäßen. Stud. z. Sachsenforsch. (1977) 273-279 erinnert in seinem höchst nützlichen
Essay gerade in diesem Zusammenhang zu Recht, aber wohl vergebens an Lessings Begriff von Altertums-
krämerei. — Anders zu bewerten ist D. Foft-Linksfeiler, Die Schüsseln und Schalen der Heuneburg. Ger-
mania 56, 1978, 434-460. In dem knapp vor Umbruch dieser Arbeit erschienenen Vorbericht wird die Com-
puter-Auswertung erfaßbarer Daten als ein objektiviertes Kontrollverfahren innerhalb archäologischer
Systeme vorgestellt, das freilich nur unter den besonderen Bedingungen eines Fundortes anwendbar scheint.

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