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(westlich der Feldstrasse) zum Kaiserpalaste geht und eine, die unter der Josephskirche
zur Brückenstrasse zieht.
Mit der Zeit wird man gewiss die einzelnen Häuserblöcke, ja bei weiterer Geduld
auch die durchschnittliche Grösse der römischen Bauplätze herausbekommen; auch für
die wichtige Frage, ob Holz- oder Fachwerkbauten im römischen Trier eine grosse
Verbreitung gehabt haben, darf man Anhaltspunkte erhoffen1).
Die Kanalisation gibt auch die Möglichkeit, die verschiedenen römischen Schichten
übereinander zu beobachten. An einem Beispiel von der Brückenstrasse, aus der
Gegend des Landarmenhauses, sieht man fünf römische Estrichböden aus fünf ver-
schiedenen Bauzeiten übereinander. Der unterste Estrich liegt 31/ä m unter dem
heutigen Strassenniveau, der folgende 1 m höher, der oberste nur 1 m unter der
Strasse. Während also seit Vertreibung der Römer in nahezu 1500 Jahren der
Boden nur 1 m gewachsen ist, ist er innerhalb der knapp 500jährigen römischen
Herrschaft, wenn man die unterste Substruktion hinzurechnet, um 3 m gestiegen. An
manchen Stellen der Stadt beträgt die römische Schicht sogar 4 m. Der Grund
dafür liegt in dem merkwürdigen Brauche der Römer, dass sie, wenn sie einen Bau
an Stelle eines früheren aufführten, ihn nicht neu fundamentierten und allen Schutt
abfahren liessen, sondern unter tunlichster Beibehaltung des alten Grundrisses die
neuen Mauern auf die alten setzten und, um möglichst trockene Fussböden zu erzielen,
den Verputz der Decken und Wände zwischen dem Mauerwerk auffüllten. Für die
Altertumsforscher hat dies Verfahren den grossen Vorteil, dass allerorts festgestellt
werden kann, wie früh die einzelnen Teile der Stadt in Bebauung genommen sind.
Mit dem Niveau der Häuser musste im Laufe der Zeit auch das der Strassen
sich ändern. Man mag sich oft Menschenalter hindurch mit vor den Häusern liegenden
Treppen beholfen haben. War aber die grössere Zahl der anliegenden Häuser um-
gebaut und mit höher liegenden Estrichböden versehen, so wurde auch die Strasse
höher gelegt. In der Saarstrasse war die Römerstrasse in mehrfachen Aufhöhungen
in römischer Zeit um nahezu 3 m gewachsen.
Ursprünglich hat die Strasse eine Breite von 10 m, während sie später nur noch
4 m breit ist. Hiermit stimmen fast alle bisher gewonnenen Römerstrassenprofile
überein. Nun ist es wohl kaum wahrscheinlich, dass die Strassen, deren Breiten durch
die Häuserfluchten festgelegt waren, wirklich im 3. und 4. Jahrhundert schmäler ge-
wesen sind als im 2. Der Umstand wird so zu erklären sein, dass in den ersten
Jahrhunderten besondere Trottoirs nicht vorhanden, dass dagegen später auf beiden
Seiten der Fahrstrasse Trottoirs mit Steinplatten lagen, die bei jeder Strassenaufhöhung
höher gelegt wurden und schlieslich von den Franken als Baumaterial verwendet
worden sein mögen. Eine Kanalisation sämtlicher Strassen hat das alte Trier jeden-
falls nicht gehabt. Dagegen ist man im Körper einiger Strassen auf Kanäle gestossen.
Ich war früher der auch von anderen Gelehrten gebilligten Ansicht, dass das
römische Trier in den ersten Jahrhunderten ungefähr denselben Raum eingenommen
habe, wie das mittelalterliche und sich später in der Zeit seines Glanzes allmählich
weiter nach Süden ausgedehnt habe. Die Ergebnisse der Kanalisation haben dieser
Auffassung nicht Recht gegeben. In der Südallee, in der Gilbertstrasse, ja weit hinaus
noch in der Saarstrasse sind Funde aus der allerersten Kaiserzeit gemacht worden,
wogegen im Norden an der Ritterstrasse und im Terrain des Gefängnisses2) von einem
frühzeitigen Anbau nicht die Rede sein kann. Das älteste Trier ist also so weit nach
Süden zu rücken, dass die heutige Moselbrücke, die bekanntlich auf römischen Funda-
menten ruht, etwa in seiner Mitte zu liegen kommt.
Der Umstand, dass die mittelalterliche Stadt sich gegen die römische so verschob,
findet darin seine Erklärung, dass die römische Stadt nach Eroberung durch die
') Diese Anhaltspunkte sind zwar gefunden, aber noch nicht endgültig bearbeitet.
2) Wenn das Gefängnisterrain nordüstl. vom Dom damit gemeint ist, so dürfte hier doch
vielleicht eine frühe Bebauung nicht ganz ausgeschlossen sein, da unter der Domkrypta alte
römische Wandmalereien gefunden sind.
(westlich der Feldstrasse) zum Kaiserpalaste geht und eine, die unter der Josephskirche
zur Brückenstrasse zieht.
Mit der Zeit wird man gewiss die einzelnen Häuserblöcke, ja bei weiterer Geduld
auch die durchschnittliche Grösse der römischen Bauplätze herausbekommen; auch für
die wichtige Frage, ob Holz- oder Fachwerkbauten im römischen Trier eine grosse
Verbreitung gehabt haben, darf man Anhaltspunkte erhoffen1).
Die Kanalisation gibt auch die Möglichkeit, die verschiedenen römischen Schichten
übereinander zu beobachten. An einem Beispiel von der Brückenstrasse, aus der
Gegend des Landarmenhauses, sieht man fünf römische Estrichböden aus fünf ver-
schiedenen Bauzeiten übereinander. Der unterste Estrich liegt 31/ä m unter dem
heutigen Strassenniveau, der folgende 1 m höher, der oberste nur 1 m unter der
Strasse. Während also seit Vertreibung der Römer in nahezu 1500 Jahren der
Boden nur 1 m gewachsen ist, ist er innerhalb der knapp 500jährigen römischen
Herrschaft, wenn man die unterste Substruktion hinzurechnet, um 3 m gestiegen. An
manchen Stellen der Stadt beträgt die römische Schicht sogar 4 m. Der Grund
dafür liegt in dem merkwürdigen Brauche der Römer, dass sie, wenn sie einen Bau
an Stelle eines früheren aufführten, ihn nicht neu fundamentierten und allen Schutt
abfahren liessen, sondern unter tunlichster Beibehaltung des alten Grundrisses die
neuen Mauern auf die alten setzten und, um möglichst trockene Fussböden zu erzielen,
den Verputz der Decken und Wände zwischen dem Mauerwerk auffüllten. Für die
Altertumsforscher hat dies Verfahren den grossen Vorteil, dass allerorts festgestellt
werden kann, wie früh die einzelnen Teile der Stadt in Bebauung genommen sind.
Mit dem Niveau der Häuser musste im Laufe der Zeit auch das der Strassen
sich ändern. Man mag sich oft Menschenalter hindurch mit vor den Häusern liegenden
Treppen beholfen haben. War aber die grössere Zahl der anliegenden Häuser um-
gebaut und mit höher liegenden Estrichböden versehen, so wurde auch die Strasse
höher gelegt. In der Saarstrasse war die Römerstrasse in mehrfachen Aufhöhungen
in römischer Zeit um nahezu 3 m gewachsen.
Ursprünglich hat die Strasse eine Breite von 10 m, während sie später nur noch
4 m breit ist. Hiermit stimmen fast alle bisher gewonnenen Römerstrassenprofile
überein. Nun ist es wohl kaum wahrscheinlich, dass die Strassen, deren Breiten durch
die Häuserfluchten festgelegt waren, wirklich im 3. und 4. Jahrhundert schmäler ge-
wesen sind als im 2. Der Umstand wird so zu erklären sein, dass in den ersten
Jahrhunderten besondere Trottoirs nicht vorhanden, dass dagegen später auf beiden
Seiten der Fahrstrasse Trottoirs mit Steinplatten lagen, die bei jeder Strassenaufhöhung
höher gelegt wurden und schlieslich von den Franken als Baumaterial verwendet
worden sein mögen. Eine Kanalisation sämtlicher Strassen hat das alte Trier jeden-
falls nicht gehabt. Dagegen ist man im Körper einiger Strassen auf Kanäle gestossen.
Ich war früher der auch von anderen Gelehrten gebilligten Ansicht, dass das
römische Trier in den ersten Jahrhunderten ungefähr denselben Raum eingenommen
habe, wie das mittelalterliche und sich später in der Zeit seines Glanzes allmählich
weiter nach Süden ausgedehnt habe. Die Ergebnisse der Kanalisation haben dieser
Auffassung nicht Recht gegeben. In der Südallee, in der Gilbertstrasse, ja weit hinaus
noch in der Saarstrasse sind Funde aus der allerersten Kaiserzeit gemacht worden,
wogegen im Norden an der Ritterstrasse und im Terrain des Gefängnisses2) von einem
frühzeitigen Anbau nicht die Rede sein kann. Das älteste Trier ist also so weit nach
Süden zu rücken, dass die heutige Moselbrücke, die bekanntlich auf römischen Funda-
menten ruht, etwa in seiner Mitte zu liegen kommt.
Der Umstand, dass die mittelalterliche Stadt sich gegen die römische so verschob,
findet darin seine Erklärung, dass die römische Stadt nach Eroberung durch die
') Diese Anhaltspunkte sind zwar gefunden, aber noch nicht endgültig bearbeitet.
2) Wenn das Gefängnisterrain nordüstl. vom Dom damit gemeint ist, so dürfte hier doch
vielleicht eine frühe Bebauung nicht ganz ausgeschlossen sein, da unter der Domkrypta alte
römische Wandmalereien gefunden sind.