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Gesellschaft für Nützliche Forschungen zu Trier [Hrsg.]
Trierer Jahresberichte: Vereinsgabe d. Gesellschaft für Nützliche Forschungen zu Trier — NF 7/​8 (Teil 1).1914/​1915(1918)

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Jahresbericht der Gesellschaft für nützliche Forschungen für das Jahr vom 1. April 1913 bis 31. März 1914
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https://doi.org/10.11588/diglit.43699#0021
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JAHRESBERICHT I C) T 3.

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Inschrift, die die Vorderseite trägt, gut leserlich erhalten. Es ist eine Weihung an die
Götter Lenus Mars und Ancamna.
Damit sind uns endlich die Gottheiten bekannt geworden, denen dieser Tempel geweiht
war, ein Götterpaar, wie es bei den Kelten üblich ist, Lenus und Ancamna; der Treverer-
gott Lenus, auch hier wie sonst dem römischen Kriegsgott Mars gleichgesetzt und die beiden
Namen verbunden, aber auffallenderweise so, daß der einheimische Name als der wichtigere,
bedeutendere vorangestellt ist. Sein Name Lenus, immer in der Abfolge. Lenus Mars, ist
uns aus dem Treverergebiet schon häufiger bekannt und auch schon aus Trier selbst,
vergl. Hettner, Steindenkmäler Nr. 60; das ist eine doppelseitige Steintafel, gefunden in
einer ganz anderen Gegend, außerhalb der römischen Stadt, ganz im Norden auf der Maximin-
straße. Es stammt, wie Hettner glaublich macht, aus einer Steinmetzwerkstatt und ist eine
verworfene, nie fertig gemachte Inschriftplatte.
Durch den neuen Fund ist nun das Hauptheiligtum dieses Treverer-Hauptgottes Lenus
Mars in unmittelbarer Nähe der ctadt Trier mit Sicherheit festgelegt, dazu ein einheimischer
Name, Ancamna, für die Göttin, die ihm zur Seite steht. Das ist ein schöner, bedeutungs-
voller Fund. Ein zweiter und dritter Altar nennen wieder der eine den Mars, der andere
bezeichnet ihn mit einem anderen gallischen Beinamen als IntaraoiCs, unter dem der Treverer-
Mars auch sonst hier schon aufgetreten ist.
Aber mit diesen Feststellungen war es noch nicht genug. Als ein ganz neuartiger
Fund erschienen zwei mächtige Steinbänke, jede aus vielen, ausgehauenen roten Sandstein-
blöcken zusammengefügt, beide in Form eines großen Hufeisens, in dessen Mitte, wie die
Übereinstimmung der Inschriften lehrte, je einer der Altäre gehört. Denn auch diese Bänke
tragen Inschriften an den Mars und die Ancamna, dazu noch jedesmal an einen genius
pagi, d. h. an die Schutzgottheit eines Gaues. Diese Gaue sind die Unterabteilungen, in die
die civitas, der Stamm, der Treverer zerfällt. Der eine Gau nennt sich pagus Vilciatis, der
andere Teucoriatis. Diese Widmungen der Gaue bezeugen mit aller Sicherheit, daß wir hier
das Hauptheiligtum des alten gallischen Stammes der Treverer zu erkennen haben. So
haben die neuen Funde des Jahres 1913 mit einem Schlage das Rätsel der Ruine unter dem
Balduinshäuschen gelöst und das Bauwerk als den Tempel des Treverer-Hauptgottes Lenus
Mars und seiner Begleiterin, der Göttin Ancamna, in volles, helles Licht gerückt und damit
wieder., ein ganzes Stück der Geschichte des römischen Trier aufgehellt.
Das ist ein kleiner Nebenerfolg der Heeresvermebrung, den Trier sich gefallen lassen
kann. Die moderne Stadt Trier mit ihren zahlreichen Kasernen macht heute fast den Ein-
druck eines Heerlagers. Wenn Trier so dem Kriegsgotte huldigt, so nimmt es damit nur eine
alte Tradition wieder auf. Nicht wie das übrige Gallien unter dem Zeichen des Merkur,
des Handels und des Gewinns, sondern unter dem Zeichen des Mars hat sie gestanden. Tn
dieser römischen Göttergestalt erkannten die schlachtgewohnten Treverer ihren größten Gott
wieder, den sie nun als Lenus Mars anriefen. Möge auch der heutige Treverer sich immer
als würdiger Jünger des Mars erweisen.
 
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