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Riviera


„Warum liegt Ihr eigentlich immer auf dem Bauch?"1 — „Mein Cott,
der schüchterne junge Lord schwärmt so sehr für Rück-Sichten.“
;V- , 3t fr» - ■

Der Dichter
auf der Platte
,,Meine Damen und Herren“, sprach kürz-
lich der feierliche Archivdirektor des Britischen
Museums zu einer ebenso feierlichen Versamm-
lung, „fünfzig Jahre ist es her, seitdem diese ver-
siegelte Grammophonplatte von keinem Gerin-
geren als dem englischen Dichter Lord Tennyson
besprochen wurde. Sie ist in unserer histori-
schen Schallplattensammlung eins der wertvoll-
sten Stücke. Fünfzig Jahre haben wir die Platte
mit dem Vermächtnis des grossen Engländers
aufbewahrt, und heute werden Sie das, was
er der Nachwelt übermittelt hat, zum ersten-
mal hören. Meine Damen und Herren, ich
bitte um Gehör für Alfred Lord Tennyson,
Englands einstigem poetus laureatus.“
Ein feierliches Schweigen, dem Augenblick
angemessen, lag über der Versammlung. Aller
Augen waren gespannt auf den riesigen Metall-
trichter eines etwas vorsintflutlichen Grammo-
phons gerichtet. Das Uhrwerk schnarrte, und
jetzt — — Eine Gänsehaut lief jedem An-
wesenden den Rücken herunter: ein deutliches
Räuspern, ein klares Husten kam von den
Lippen des grossen Dichters! Und dann — die
Herzen aller schlugen höher . . . Prophetisch
kam es von Lord Tennysons Lippen:
„Uhjeh—buhjeh, ujeh—bujeh, uhjeh—f
buhjeh . . .“
Eine leichte Panik bemächtigte sich der Ver-
sammlung. War hier ein Irrtum unterlaufen?
Sprach hier ein Somali-Neger? . . . Hatte man
schon vor fünfzig Jahren Schallplattenauf-
nahmen von einer Tigerjagd des Prinzen von
Wales im innersten Afrika gemacht? . . .
„Einen Augenblick, meine Damen und
Herren“, sagte der Museumsdirektor, „der Ap-
parat braucht eine genaue Einstellung, ich bitte
die kleine Verzögerung zu entschuldigen.“
Dabei drehte er das Grammophon auf, stellte
an einer Schraube, blies den Staub von der
sorgfältig gehüteten Platte, sah nochmal auf
das Etikett — — Alles schien in Ordnung.
Vielleicht waren es doch des Dichters Worte,
vielleicht begann eins seiner Liebeslieder mit
einem Eingeborenendialekt? . s s
Wieder murmelte es aus des Dichters Bart:
„Uhjeh—buhjeh, uhjeh—buhjeh-“ Und
das war alles, was der grosse Tennyson der
Nachwelt zu sagen hatte. Nanu

iiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiii^


Das bessere Jenseits

Ultramare, Ultraphon .. «
Die einzigen Ultra-Leute,
die noch nicht Pleite ge-
macht haben, sind die —•
Ultramontanen.


Ferngespräch Paris—Berlin

Die Verständigung
über den Draht war
gut — nur über den
Draht konnte man sich
noch nicht verstän-
digen.


Jeder einmal in Berlin

ins Büro.

Zwischen der Funk- und der
Büroausstelluni
Uebergang
Finanzamt

wird ein
geschaffen: Das
funkt


Kennzeichen

„Woher weisst du, dass sie etwas miteinander
haben?“
„Ich denke mir das.“
„Wie kommst du darauf?“
„Ich hörte, wie er zu ihr sprach: „Du elendes
Frauenzimmer!“ Da hat sie geantwortet: „Du Stücke
Mist!“ Sowas sagt man bloss unter Liebesleuten.'
„Compartiment des Dames“

TRAUTES DEUTSCHLAND!

Die Unterhaltungsbeilage der „Landeszeitung
für beide Mecklenburg“ bringt einen Roman
„Die Schwalben von Gülstrow“, dem wir die
folgenden Zeilen entnehmen.
Konstanze antwortete nicht sogleich. Ihr
Blick schweifte mit Entzücken über die Felder
hin, hin zum Wald, schlug sich zum blauenden
Himmel empor, an dem die Lerchen jubilierten,
glitt sanft über Frau Tessin hin, fiel auf Winter-
stein, dessen Gesicht ihr zugekehrt war, wie die
Blüten sich der Morgensonne zuwenden, und
sank wie ein Stern, der zur Erde niedergekom-
men, um alles um sich zu erleuchten und zu
beglücken, mit der ganzen Macht und Wonne
seines Ausdrucks tief in seine Augen hinein.
Levinneck wurde verlegen, lächelte, errötete und
sah zu Winterstein hinüber, dann Frau Tessin
an, die, immer die Hände um ihr Hündchen ge-
schlungen, lächelnd dasass, streifte Lena, die
mit offenem Mündchen, die Augen gross ge-
öffnet vor all dem Wunderbaren, was sie er-
lebte, ihn anstarrte, und wie ein Sonnenstrahl
fuhr es durch seine verdüsterte Seele: Wie
reizend sie beide sind, und wie sie beide naiv
sind.

Aber der Reiter wendete sich oft noch zu-
rück, und — merkwürdig, seine hellen Augen,
trotz der Entfernung, die grösser und grösser
wurde, schickten Blitze in den Wagen hinein,
die im lichten hellen Tag wie kleine Flammen
sprangen.
Konstanze dachte an einen Abend im Opern-
haus in Berlin. Sie sass im Parkett, und aus dem
Dunkel einer Loge oben blitzte ein Diamant.
Die Strahlen kamen bis zu ihr. In der grauen
Finsternis dieses grossen Raumes, erfüllt von den
schwingenden Tonwellen berauschender Musik,
irrten die Strahlen jenes Edelsteins, schossen
umher und schienen mit ihrem Glanz die ganze
grosse Halle zu erfüllen.
An diesem Abend, an diese Diamanten
dachte Konstanze jetzt.
Bei Herrn Tessin wurde gehalten. Es war
ein reizender Herr, nicht gross, aber von einem
auffallenden und wohltuenden Ebenmass der
Gestalt, die auch jetzt noch, mit seinen
55 Jahren, den Reiz einer bestimmten Jugend-
lichkeit zeigte. Er war elegant gekleidet, trug
ein Monokel, hatte ein allerliebstes Lächeln und
veilchenblaue, wundervolle Augen.

iiiiiiiiiiniiiiiiiiniiiiiiiiiiiiiiiniiiniiiiiiniiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiii^

Eindeutschungen
Pleite — — Selbsthilfe
Moratorium-Zwangsvollstreckung
Kredit — — Wunderglaube
Aktie — — Bilderbogen
Börse-Bannmeile
Theater-Leeranstalt
Luxus-Strassenbahn
Kommune-Fehlbetrag
Defizit-Ausgangspunkt
Diktatur-Zurückzieher
Kompagnon — — Scheidemann
Browning-Weltanschauung
Plebiszit-Durchfall
Diarrhoe- Zeiteinstellung
Optimismus — — Nachnahme
Pessimismus-Rechthaberei
Automobil-Wechselbalg
Selfmademan-Geschädigter
Sex appeal-Farbenlehre
Esprit — — Notverordnung
Hussong — — Verfolgungswahn
Scheck-Zwischenlösung
Indizien — — Holzwege
Revision-Aufdeckung


An der Wilmersdorf er und Kant,
Grad' über dem Strasseneck,
Hat eine Ampel gebrannt —
Aber jetzt ist sie weg.
Sie leuchtete grün—gelb—rot,
Und regelte den Verkehr,
Doch seit gestern beim Abendbrot,
Leuchtet sie nicht mehr.
Die alte Ampel schwand,
Und wo die neue hängt.
Wird der Verkehr der Kant,
Durch Zeiger abgelenkt.
Weshalb das Licht nicht geht —
Es leuchtet uns nicht ein . . .
Doch da der Zeiger steht —
Wird’s wohl ’ne Stoppuhr sein , *


Zeichnung von Hube?

Für die Redaktion verantwortlich: H a n s F 1 e m m i n g, B e r 1 i n - L i c h te r fe 1 d e. Einsendungen an den „Ulk“ sind ausschliesslich an die Redaktion, Berlin SW 100 zu richten- Rücksendung“
erfolgen nur, wenn ein frankierter und adressierter Briefumschlag beiliegt. Druck und Verlag von Rudolf Mosse in Berlin. ’
 
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