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Des Gärtners
Herbstlied
Von KARL SCHNGG

Zelchnuns von Schleifer


Welke Blätter, angehäuft,
Liegen braun am Scheidewege,
Rascheln, wenn man drüber läuft.
Schnell den Besen her, ich fege.
Liegen Sessel, auf getürmt,
Flattern Worte durch die Lüfte,
Spiel der Winde, wenn es stürmt.
Aufwärts brodeln Sterbedüfte.

Fegen, eh’ es überquillt,
Was der Herbst heruntermähte.
Blühte je, was nicht mehr gilt:
Aktien, Posten, Aufsichtsräte?
Klagt nicht, w “^der Nordwind
ndrtmt.
Was verdorrt ist, muss zur Erde.
Dem Verwelkten ist bestimmt,
Dass es faulend Humus werde.

Wenn im Lenz das Rehlein äst,
Grünt das Blatt am Platz des
gelben,
Und, woher der Wind auch bläst,
Ach, die Blüten sind dieselben.
Denn es ist des Jahres Lauf:
Was im Herbste Frass der Hühner,
Ist im Frühjahr obenauf.
Nur um ein paar Töne grüner!
iiiiiiiiiiiiniiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiniiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiin

Fremder Humor
Die Predigt
„Meine Andächtigen“, sprach der Prediger in
dieser nordwestamerikanischen Siedlerstadt, „ihr er-
innert euch, dass ich in der heutigen Predigt über die
grössten Lügner der Welt sprechen wollte, — und
dass ich euch bat, zur Vorbereitung das siebzehnte
Kapitel vom Evangelium Marcus nachzulesen. Wer
das siebzehnte Kapitel gelesen hat, erhebe die Hand.“
Alle Hände gingen einhellig hoch.
„Meine Andächtigen“, fuhr der Prediger fort, „das
Evangelium Marcus hat überhaupt nur sechzehn Ka-
pitel. Ihr seht, wie berechtigt das Thema meiner
Predigt ist.“ „Vancouver Sun “

Die Gattin
„Ja, gnädige Frau, Ihr Mann ist ein merkwürdiger
Mensch — alles was er hat, hat er nur durch seine
Bekannten gekriegt.“
„Wem sagen Sie das — sogar die Kinder “
„Train de plaisir“
Der Schuft
„Diesem Kerl gibst du deine Tochter? Der hat ja
fünf Jahre gesessen!“
„So ein Schuft!“
„Das findest du also jetzt auch?“
„Denn er hat mir gesagt: drei.“
„Irish Independent “
.Warenhausgeflüster
„Bin ick nu richtig bei Ihnen, Frollein? . . . Ick
möchte en Topp koofen.“
„Ja, bitte, mein Herr. Soll es ein Aluminiumtopf
sein, den man auf Gas setzt?“
„Det wenijer.“
„Oder ein Topf, den man auf den Kohlenherd
setzt?“
„Nee, een Topp, uff den sich unsa Jüngsta setzt.“

Metam orphose

Zeichnung von Herrmann


Die Harzer Roller singen nicht mehr — sie riechen schon-

iiiiiiniiiiiiiiiiiiiiiiiiiiininiiiiiniiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiniiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiniiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiniiiiiiiiHiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiniiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiii^

Wanderer,
kommst du zum Norden ...
Molly mustert den Herrn mit dem Vollbart kri-
tisch, der sich in ihr Schrittmass eingefädelt hat.
„Mein Herr!“ sagt Molly, die auf gutes Benehmen
Wert legt. „Sie wünschen mich zu begleiten . . .
ich kenne Sie ja gar nicht.“

„Mein Name ist Erich.“
„Ach so . , . dann bitte!“
Unzufrieden
„Ich begreife Sie nicht ganz, gnädige Frau. Ich
finde immer, Ihr Gatte ist doch äusserst rüstig für
sein Alter.“
„Na ja . . für seins schon . . .**

lllHHIll!lllllllllllilllHllinHinHlllHllllllllli!llllllllll!llillil|||||||||||||IHI!IHII|||lll||i|[|]|||||||||||l||||ni|]||||l||||||!||||i||||||i|||||||||||||(||||||||!|||ni||


Der Feuerschlucker hat sich die Zunge
verbrannt

Der Fakir hat sich auf einen Reissnagel
gesetzt,


Die Dame ohne Unterleib hat Bauch-
schmerzen

Die Dompteuse fühlt sich angegriffen

Sachsen sehen dich an
Mein rechter Schuh ist aufgeplatzt. Ich eile in
einen winzigen Laden, die „Dresdner Schnell- und
Reparatur-Anstalt“.
Ein melodisches Läutewerk erschallt. Dann kommt
eine Weile gar nichts. Schliesslich quält sich ein
malerisches Männlein im Zeitlupentempo aus dem
Hintergrund.
Ich äussere meinen Wunsch. Es sei ja nur ein
Handgriff . . .
Der Meister sieht mich abwesend ein. Und sagt
dann feierlich:
„Die guude Muddr! Un so blezzlich . . .**
Hilflose Geste des Unverständnisses meinerseits.
„. . • Am Freidach haddse noch so scheene ge-
gessen. Se meende: gib mr noch ä Debbchn von dän
Gaffee, dar schmeggd heide so hibsch meende, se.
’ch dachde, se ward sich wiedr machen, wennr alles so
beabeh Abbedied erzeichd, dachdch! Awr nee. Das
Schiggsal eild uff Windesfliechln daher und dahin un
raffd ee dreischlachendes Herze zu sich emboor!“
„Was ist denn passiert?“ frage ich benommen.
Er schüttelt den Kopf in gekränkter Verwunde-
rung:
„Das solldn se eechndlich begriffn haam. Meine
guude Frau is dood. Sin Sie von Dräsdn?“
„Nein — von Berlin . .
„Das is vrzeihlich. Da kennses nich wissen. Ges-
dern kam ihre Schwesdr von Lauwegast und had ge-
weend. Die is mid een von dr Schdeier vrheiradd,
Schdiggr zähn Jahre schon, se ham ooch Kindr, een
Schung un zwee Mädel, där Schunge gehd uff de
Realschule . .
Er ist nicht zu unterbrechen. Ich sehe auf die
Uhr. Um Vier bin ich in den Laden gekommen,
jetzt ist es dreiviertel Fünf.
„Lieber Meister“, sage ich schliesslich, „wollen Sie
sich nicht meines Schuhes erbarmen. Es ist ja nur
ein Flandgriff . . .“
Zürnend erhebt er das Haupt:
„Das kennse nich vrlangn! Ich haawe keene Zeit!
Aussrdäm rmangeln Sie scheedr Biädääd! Sie haam
von Läbn un Schderbn un Duuden un Blaasn keene
Ahnunk . . .“
Worauf ich zerknirscht entwetze.
¥
Auf der Königsbrücker Strasse in Dresden-Neustadt
ergeht sich eine Dame mit ihrem Dackel. Der Dackel
hat etwas nötig, aber der Dame konveniert es nicht,
und sie zerrt den Dackel an der Leine hinter sich her.
Der Dackel hinterlässt eine nasse Linie, einer
Wirtschaftskurve nicht unähnlich.
Vom Kutschbock eines Pferdefuhrwerkes eilt ein
blaugeschürzter Sohn des Volkes herbei:
„Sie, Freilein — wolln Se wohl dän Hundchn
nich de Naduur vrhohnebiebln! Auch ä Hund is ä
Wääsn . . .“
Die Dame, entrüstet: „Sie Bibbch! Das is me>
Hund — da kannch machn, was ich will . . .“
Der Kutscher stemmt die Arme in die Hüften:
„Hasde Worde! Was wirdn Sie als gebildes
Freilein sachn, wenn Sie uff dr Doaledde sässn, un
ich wirde Ihnn een Schdrigg um Hals wärchn un
wirde Sie uff dr Schdrasse hindr mir härzärrn . . •
Die Dame sah sofort ein, und der Hund durfte-
¥
An der Strassenbahn wird gedrängelt. Ein stür-
mischer Jungsachse tritt mir auf den Fuss, genau dort-
hin, wo mein Hühnerauge seine Achillesferse hat.
Ich werde sehr unfreundlich. Da zupft mich ein
Mann am Rockärmel. Ich wende mich ihm zu, seine
Augen strahlen lächelnde Güte:
„Nich beese wärn. Schuchnd had keene Duuchnd-
Denggn Sie an Ihre Zugunfd. Ihr Närvngosdiem >3
zrridded. Läsn Sie diese beiährende Schrifd un b?'
freindn Sie sich mit där unerlässlichn Wiedrgcbur“
durch die Gulduur där Widdamihne!"
Gab mir ein vegetarisches Traktat und entwich
schlicht in den Welthintergrund . . ,
 
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