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Ulm — Nr. 17/​18.1966

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Maldonado, Tomás: Anstöße gegen das Behagen in der Design Erziehung
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https://doi.org/10.11588/diglit.60951#0017
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auch Europas — kann auf einen institutionellen Konformismus
zurückgeführt werden. Doch auch — und das nicht weniger —
darauf, daß die neue Theorie der Designerziehung, die während
der letzten Jahre zum Vorschein gekommen ist — die Idee einer
Schule für Umweltgestaltung (Environmental Design) — noch auf
schwachen Füßen steht.
Diese Theorie befindet sich noch im Anfangsstadium, weil die
Idee der Umweltgestaltung, die dieser Theorie als Grundlage
dient, sich gleichfalls noch im Anfangsstadium befindet. Vielerorts
glaubt man noch, daß 'Umweltgestaltung' nur ein neuer, hochge-
schraubter Name für eine alte Idee vom Design ist als einer Reihe
bestimmter formaler Konzepte, die auf ganz verschiedenartige
Objekte anzuwenden wären — “vom Kaffeelöffel bis zur Stadt“
wie einst gesagt wurde.
Es gibt natürlich fortgeschrittenere Auffassungen von der
Umweltgestaltung. Besonders in den Vereinigten Staaten wurden
sehr wertvolle theoretische Beiträge für eine neue Idee der
Umweltgestaltung geleistet. Doch muß ich eingestehen, daß trotz,
oder manchmal genau wegen dieser Beiträge, die Idee — die
neue Idee — von der Umweltgestaltung nicht an Klarheit ge-
wonnen hat.
Die dringendste Aufgabe deshalb, die gegenüber allen anderen
auf diesem Gebiet Vorrang genießt, besteht in dem Versuch,
die Idee von der Umweltgestaltung zu klären und sie von den
gegenwärtigen Mehrdeutigkeiten und Widersprüchen zu reinigen.
Nur so werden wir in der Lage sein, eine schlüssige Theorie der
Designerziehung zu formulieren, und nur dann sind die Voraus-
setzungen dafür erfüllt, genau zu wissen, welche Reform der
Strukturen wir verlangen müssen. Mit dieser Absicht möchte ich
nun versuchen, einige, notwendig skizzenhafte, Betrachtungen
über die Idee der Umweltgestaltung vorzutragen.
Während der letzten Jahre wurde eine der Illusionen erschüttert,
der man von Seiten des etablierten Design mit Zähigkeit anhing:
es wächst nämlich der Zweifel, ob die Summe der gut gestalteten
Gegenstände notwendig in eine gut gestaltete Umwelt mündet.
Bis heute hatte man angenommen, daß die Möglichkeit, dem
gegenwärtigen Prozeß der Zerstörung der menschlichen Umwelt
Einhalt zu gebieten, einzig und allein von dem abhänge, was
wir aus jedem einzelnen Gegenstand machen könnten. Diese Auf-
fassung dürfte jedoch nicht mehr zu halten sein. Ökologen haben
eine besser durchdachte Version von der Struktur der mensch-
lichen Umwelt gegeben. Unser Habitat ist ein offenes System,
dessen Komponenten nicht allein “vom Menschen hergestellte
Dinge“ oder einfach "Dinge“ sind. Die von R. E. Park und
anderen Großstadtsoziologen von Harvard vertretene Auffas-
sung, daß der wesentlich strukturierende Faktor der menschlichen
Umwelt der biotische oder subsoziale Bezugsrahmen ist, hat sich
inzwischen als Übervereinfachung erwiesen.
Es gibt nicht nur “unbelebte Umweltkomponenten“, sondern
auch “belebte Umweltkomponenten“. Es gibt nicht nur eine
physikalische Umwelt, sondern auch eine Verhaltensumwelt.
K. Lewin und F. Heider haben hervorgehoben, wie stark diese bei-
den Arten von Kräften sich wechselseitig beeinflussen und wie
sehr sie voneinander abhängen. Heider — in der Nachfolge von
Brunswik — hat die theoretische Fehleinstellung durchschaut,
die “Gegenstandswahrnehmung“ von der “Personenwahrneh-
mung“ zu trennen.
Die menschliche Umwelt setzt sich aus Dingen und Personen und
weiterhin aus Ereignissen zusammen. Sie ist nicht nur eine
statische Ansammlung von Dingen und Personen. Es gibt auch
Konflikte zwischen den Objekten und Konflikte zwischen Menschen;
und sehr oft spiegelt der Konflikt zwischen Objekten einen ver-
borgenen Konflikt zwischen Menschen wider. Das “Gefallen-
Mißfallen“ hinsichtlich Gegenständen ist oftmals nur der Ausdruck
eines Gefühls von Gefallen und Mißfallen zwischen Menschen.

lesser degree, by the fact that the new philosophy of design
education which has made its appearance in the last years
— the idea of a school of environmental design — is still a weak one.

It is a philosophy that is still in its early stage, because the idea
of environmental design, which serves it as the foundation, is also
in its early stage. Many still believe that environmental design
is only a new name — a more sophisticated one — for comprehen-
sive and total design: that is, a new name for the old idea
of design as a set of formal patterns, to be applied to the most
varied Objects, “from the coffee spoon to the city“, as was once
said.
There are, of course, more up-to-date ways of understanding
environmental design. Particularly in the United States there have
been very valuable theoretical contributions to a new idea of
environmental design. But I must confess that, in my opinion,
in spite and sometimes because of these contributions, this idea
— the new idea of environmental design — has not become
any clearer.
Therefore, the most urgent task, the task that takes precedence
over any other in this field, is the task of trying to clarify the idea
of environmental design and to free it from its present ambiguities
and contradictions. Only in this way shall we be able to formulate
a consistent philosophy of design education, and only then
shall we also be in a condition to know exactly what reform of
structures we must demand. With this aim, I shall now try to give
some considerations, necessarily sketchy, about the idea of
environmental design.
Düring these last years, one of the illusions most obstinately
cherished by the Design Establishment has entered into a crisis:
there now arises a doubt as to whether the sum of good design
objects must necessarily result in a good design environment.
In fact, up to the present, it had always been assumed that the
possibiiity of checking the present process of deterioration
in human environment, depended exclusively on what we could
make of each separate object. This, however, would seem
to be false. Ecologists have given a much subtler and better
differentiated Version of the structure of human environment.
Our habitat is an open System, whose components are not merely
“man-made things“ or simply “things“. The idea, formulated
by R. E. Park and other Harvard urban sociologists, that the
fundamental structuring factor of human environment is the biotic
or subsocial framework has aiready been considered an over-
simplification.
It is a fact, that there exist not only “inanimate environment
agents“ but also “animate environment agents“, that there exists
not only physical environment but also behavioural environment.
K. Lewin and F. Heider have pointed out how much these two
types of agents mutually influence one another, and how much
they come to depend on each other. Heider, following in Brun-
swik’s track, has shown the fallacy of separating “thing perception“
from the “person perception“.
Human environment is composed both of things and persons,
and also by events. It is not simply a static Collection of things
and persons. There exist conflicts between people. There exist
conflicts between objects. And what is even stranger, very offen
the conflict between objects is a reflection of an existing conflict
between people. The “like-dislike“ of people regarding objects
is more than offen just the reflection of the “like-dislike“ between
people. Human environment taken as a mere problem of “dead

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