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Das 500jährige Jubiläum der Heidelberger Universität im Spiegel der Presse: Leipziger Tageblatt und Anzeiger — 1886

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eilage M LeWger Tageblatt und Aiyelger.

Mittwoch ben 11. August 1886.

80. Jahrgang.

Ein Riilkblick aus dasInbilaumin Heidelberg.

* Die sestlichen Tage in der Neckarstadt sind vorüber-
gerauscht unv haben in tansend und aber tausend Herzen eine
freudige und dankbare Erinnerung zurückgelaffen. Von nah
und fern waren sie herbeigeeilt, die einst zu den Füßen der
altehrwürdigen aliua inator geseffen, Männer, einflußreich und
verdienstvoll im staatlichen und kirchlichen Wirken, leuchtende
Sternc am Himmel der deutschen Wiffenschaft, einfache Bürger,
aber wackere und ehrenfeste Schildträger im gleichmäßigen
und doch so mühevollen Bernfsleben, und Alle waren gekommen,
um noch einmal im Verein mit der nachstrebenden Jugend
jung zu sein an jener lieben Stätte, über welche die Natur
ihre Schönheit in so verschwenderischem Maße ausgebreitet.
Allein noch ein anderer höherer Gedanke lag jenem Wandern
nach den Usern des Neckar zu Grunde, galt es doch, die
Begründnng der ältesten deutschen Hvchschule zu feiern,
welche fünf Jahrhunderte hindurch ein Pflanzort deutschen
Geistes und deutschen Wiffens gewesen und welche an ihrem
Theil, jenem großen Einignngswerk des deutschen Volkes und
Staatcs, deffen Durchsührung endlich so wunderbar gelang,
kräflig und unermüdlich vorgcarbeitet hat. Bei dem glänzen-
den und völlig ungetlübten Berlanf der Feier sind es aber
vorzüglich drei Momente, die sich als hochbedeutsam unserer
Beachtung aufdrängen. Eine besondere Weihe hat das Fest
erst erhalten durch die Anwcsenheit des deutschen Kronprinzen
und des Großherzogs von Baden. Die begeisterten Zurufe,
welche diescn beiden Fürsten entgegenklangen, gaben dem Fests
einen echt deutschen Charakter und legten wieber einmal Zeug-
niß dafür ab, wie fest die monarchische Jdee mit dem Em-
pfinden unscres Volkes verwebt ist. Dem Deutschen ist die
Monarchie keine Staatssorm, die ffch, wie dem Franzosen,
je nach Constellation der politischen Lage abschaffen und
wieder einführen läßt, ffe ist ihm auch kein kostspieliger
Sport, wie dem Engländer, der ihr lediglich die Nolle einer
Würdenträgerin einräumt, sondern das Axiom seines politi-
schen Denkens. Die Liebe zu seinem anaestammten Fürsten-
haus ist dem Deutschen Herzsnssache, sie ist ihm in Fleisch
und Blut übergegangen, und unsere revolutionären Parteien
werden noch viel vergeblicheMühc answenden müffen, um sie doch
nicht zu vernichten.' Wie trefflich sich diese Liebe zum Landes-
fürsten aker mit der Verehrung für den deutschen Kaiser ver-
trägt, das haben uns die Festtage von Heidelberg von Neuem
gezeigt. Ueberall gab der Großherzog von Baden dem
Kaisersvhne, der semcm greisen Vater bei dem Jubiläum
Stellvertrcter war, dic höhere Ehre, immer ordncte er sich
der staatlichcn Einheit, zu deren Verwirklichung er selbst so
krästig beigetragen, unter und zwar in dem frohen Bewußt-
sein, daß diese Fcicr ihre lichten Strahlen weit über das
Badener Land hinauswarf, daß Alldcutschland, die festgeeinte
Nation in diesen Tagen nach Alt-Hcidelberg hinübergrüßte.
Und einen befferen Repräsentanten konnte däs deutsche Ncich
nicht senden, als seinen künstigen Kaiser. Echt kaiserlich seinc
hohe Gestalt, echt kaiserlich die Worte, mit denen er das
Zubelfest verschönte. Angesichts deS herrlichen BaueS, den
gallische Eroberungssucht und Jnsamie in einen Trümmer-
haufen verwandelte, sprach er, als Sieger von Weißenburg
und Wörth, von den Aufgaben, die uns gerade im Hochgcfühle
des Erfolges am Eindringlichsten die Seele erfüllen sollen:
in Wiffcnschaft und Leben festzuhalten an der Wahrhaftigkcit
und Strenge geistiger Zucht und der Fördcrung des Bruder-
sinns unter den Gcnoffen, auf daß aus dem Geiste des Frei-
muthes und der Friedfcrtigkeit die Krast zu der heilsamen
Arbeit crwachsen möge, die Lebenssormen unsercs Vvlksthnms
gedeihlich auszubilden. Kein Wort der Erbitterung, kein
Wort der Ueberhebung kam von den Lippcn „unseres Fritz",
nur das sreudige Bewußtsein, daß der Ehrenfchild Altheidel-
bergs glänzcnder strahlt in der Sonne deS einiaen Vaterlandes.

Zum Zweitcn hat uns das Jubiläum aber gezeigt, daß
das deutsche Studententhum noch nichts von seinem alten
Zauber, von seinem poetischen Juhalt verloren. Frisch und
jung wurden sie wieder dic „alten Herren" mit dcm weißen
Haar, als die buntsarbige Kappe von Neuem das Haupt be-
deckte, als der Klang dcr ost gefungenen Lieder das schlum-
mernde Gedächtniß an froh verlebte Stunden erweckte und
beim Trunk und Gsgentrunk wieder die kühnen Hoffnungen
und Träume der ersten Semcster emporstiegen. Möge auch
manches dieser Jdcale still begraben sein, eius Vvn ihnen, das
sie alle, Burschenschafter und Corpsstudent, gleich gehegt und
gepflegt, hat sich zur schönen Wirklichkeit verkörpert, das Jdeal
eines deutschen Reiches, eines deutschen Kaisers. Aber es lebt
auch kräftig fort in der Brust jener, welche es nicht mit-
erkämpst und miterrungen, uusere deutsche Studentenschast
ist in erster Linie mit zum Träger des uationalcn Ge-
dankens geworden, sie blickt, vas große Ziel im Auge,
hinwcg über das kleinliche Gczänke des Tages, und
wir brauchen uns wahrlich dieses nachwachsenden Geschlechts
nicht zu schämen. Mag das Lebcn an den deutschen
Universitäten immerhin auch einige Schlacken bcrgen, der
Kern unseres StudententhumS ist gesund und gut, sonst
würde nicht ein so reicher und krästiger Stamm von MLn-
nern daraus emporwachsen, als wie sie jüngst in Heidelberg
zusammen waren. Zugegeben, daß unter den deutschen Stu-
denten der Bierkrng und der Schläger vielleicht allzu rasch
die Runde macht, sollen wir ihn jedoch eintauschen gegen das
Grisettenthum des sranzösifchen, gcgen den Nihilisiiius des
russischen Studenlen? Ju unseren studentischen Gebräuchen, in
unseren Stndeutenliedern steckt ein gutes Stück echt deutscher
Fröhlichkeil, echt deutschen Humors, und wer ihn besitzt, wie
Scheffel ihn besaß, der singt sich bald in das warme uud
offene Hsrz unscrer studirenden Jugend hinein. Dcn dcutschen
Landen hat es noch zu keiner Zeit an vollwichtigen Jutelli-
genzen, an Rittern des Geistes gefehlt, und alle haben die
Schule der deutschen Univcrsität durchlaufen, sie alle haben
die frvhen Stunden unseres Studentenlebens genoffen und sich
später doch den hohen Anforderuugen, welche Bcrus und
Wiffenschaft an sie stellte, vollauf gewacksen gezeigt. Darum
werdeu die schwarzsüchtigen „Erzphilister" uimmer Recht er-
halten, darum wollen wir unferen deutschen Studentcn den
fröhlichen Jugendmuth nickt kürzen und rauben, bleibt er ihm
doch in der Erinnerung ein treuer Begleiter sür das ganze
Leben und läßt noch das Auge des Greises in Dankbärkeit
aufleuchten.

Drittens habcn die Jubiläumstage in Heidelberg wieder
ein Beispiel dafür geliefert, wie der Deutsche seine großen,
von nationaler Begeisterung getragenen Feste feiert. Mag es
sich das Ausland, welcheS an uns so gern eine scharfe und
mißgünstige Kritik übt, zur Lehre dienen lassen, um endlich zu
einer gerechtercn Beurtheilung bes deutschen Volkes und seines
wahreu Wesens zu gelangen. Wenn wir uns der stolzcn
Gütcr, die wir durch eigene Kraft erringen durften, freuen,
so klingt kein Mißton hohnvoller Eitelkeit in bisse Freude; in
sich gestärkt, die Hand am sieggewohnten Sckwert steht
Deutschland unter den Nationcn dcr Erde als Apostel des
Friedens, niemals hat es seine Macht zu leichtfertigem Spiel
mißbraucht; der wichtigen Aufgabcn, welche anf culturellem
und sittlichem Gebiet noch zu lösen sind, sich wohl bewußt,
sucht das deutsche Reich nicht Kampf und Unfrieden. Erwacht
nun endlich das langvermißte Nationalbewußtseiu im Dcutscheu
mehr und mehr, sühlt es sich geschützt und erhoben burch
scine Zugehörigkeit zu dem großen und mäcktigen StaatS-
gebilde, so verräth cr damit dock ksine Anlage znm hohlcn
Chauvinismus. Daß der Deutschs deutsch fühlt und dcnkt. wie

lange wurde es vergeblich ersehnt, und jetzt, da das Ziel unter
schweren Opfern erreicht ward, sollen wir kleinlichen Be-
sürchtungen Raum gewähren? Man gedenke jener Tage, da
an dem User des Rheins das hehre Siegesdenkmal enthüllt
ward und kein Wort der Erbitterung und des Grolls über
den noch immer haßersüllten Gegner fiel, so daß er selbst,
wenn auch widerwillig, uns die Anerkennung nicht versagen
konnte; man verfolge die nun beendete Fcier an den Usern
des Ncckars in all' ihren Erscheinungen, unv man wird
freudig gestehcn müffen, der deutschen Nation ist jener ideale
Zug, der den Völkern der Erde die Zukunft gewährleistet,
noch nicht verlorcn gegangen; trotz aller glänzenden Ersolge
sind wir frei geblieben von leichtfertigem Uebermuth und
eitler Ruhmsucht, als ein Volk der redlichen Arbeit und des
sittlich ernsten Strebens.

Zur Lage.

** Berlin, 9. August. Wie die Blicke der ganzen ge-
bildeten Welt, so richten sich auch von Berlin aus Aller
Augen nach Gastein, und da ist man denn ganz besenders
beglückt über die außergewöhnlich herzliche Art der Begriißung,
wie sie sich zwischen den Mvnarcken Deutschlands und Oester-
reick-Ungarns vollzogen hat. Man mag sagen, daß in der
Diplomatie das Äcmüth keine Rolle spielt, daß, und mit
Recht, die kühlen VerstandcSerwägungen jederzeit den Aus-
schlag geben müffen. Jmmerhin zieht doch auch der Diplo-
mat, wenn man so sagen darf, zu keiner Zeit den Menschen
völlig aus, und gerade Fürst Bismarck hat es ost genug
bewicscn, daß er ebensowenig im Pulverdampf wie bei dcn
folgenschwersten diplomatischen Actionen und Conferenzen
die allgemein menschlichen Jntereffen auch nur für einen
Augenblick anßer Acht gelaffen hat. Auch darf wohl
nicht übersehen werden, daß in dsm Monarchen, in dcr
Majestät, der gnnze Staat repräsentirt wird, daß aber
die Fürsten die Kunst oder die Wiffenschaft der Diplomatie
nicht sslbst treiben, sondern ihrcn Berathern übcrlassen. Die
Größe der Monarchcn l> -t besonders darin begründet, den
richtigen und tücktigcn Mai.n für dcn höchsteu Staatsdienst
zu finden und an den richtigen Posten zu st-llen. Aber, wie
gesagt, Wenn das ganze Reich, die gesammte Nation in der
Spitze der Majestät verkörpcrt ist, so gewährt cs den Nationen
die großartigste Beruhigung, die süßeste Genugthuung, wenn
so vollkommen die Gedanken und Gesühle, von denen sie
durchdrungen sind nnd getragen werden, zum Ausdruck
kommen, wie es im Moment m Gastein der Fall ist. Seit
vielen Jahren sind wir daran gewöhnt, die Herrscher Deutsch-
lands und Oesterreichs im Hochsommer, sei eS in Jschl oder
Gastein zusammenkommen zu sehen — und stets hat uns
diese Zusammenkunft als Bürgschaft deS Friedens gegolten
und sich als solchc bewährt. Die beiden mächtigen Herrscher
über mächtige Völker sind pcrsönlich treue Freunde, wie die
Nationen von gegenseitigen Sympathien erfüllt sind, aber die
beiderseiligen Fürsten wollen auch mit ihren Völkern für sich
nur den Frieden und die Wohlfahrt schützen. An keine
Eroberung wurde je gedacht, und gleich groß und bedeutenv
War die materielle und moralischc Bedcutung dieses mittcl-
europäischcn Bündniffes. So lange eS besteht, werdeu die
Händelsucher nimmkr wagen, an die Verwirklichung irgend
eines kriegerischen Planes zu denken.

Mii unserem Kaifer wohnt sein Enkel, der dereinstige Erbs
des Hohenzollern-Thrones, der Gasteiner Begegnung bei, d»
Reichökanzler Fürst Bismarck ist in Begleitung seincs Svhnes,
des StaatSsccretairs des Auswärtigen Amtes, des Grafen
Herbert, anwesend, außerdem sind der Botschaftcr Prinz
Reuß, Minister v. Bötticher, die Geh. Näthe v. Bülow und
Rottenburg zur Zeit in Gastein. Graf Kalnoky ist ebsnfalls
von cincm großen Stabe umgeben, also an der hochpolitischen
Bedeutung der Gasteiner Zusammenkunft dürfte wohl auch
der Blödeste nicht zweifeln. Diese Freundschaft, dieses Bünd-
niß zwischen den Kaisern Wilhelm und Franz Joseph bedeutet
in Wahrheit den Frieden, es werden keine pomphaften Phrasen
gebraucht, aber es ist um so sicherer und wahrer, um so ehr-
licher dieses Friedensbündniß im Gegensatz zu jenem häßlichen
und verlogenen Napoleonischen I'empiro o'est la xaix. Gegen
den Willen der beiden mitteleuropäischen Kaiserreiche vermag
Frankreich die Revanchepolitik nicht zu verwirklichen, vermag
Nußland keinen Krieg gegen die Türkei zu beginnen, Elsaß-
Lothringen und die Balkanstaaten sind die mächtigen Dämme
gegen die Kriegsgefahr im Westen und im Osten, und deren
Wächter Deutschland und Oesterreich-Ungarn. Heil uns, daß
beide Reiche sich solcher FUrsten, solcher Staatsmänner er-
freuen. _

Oeffentl. Verhan-lungen der Sta-lveror-neten

am 7. Juli 1886.*)

(Auf Grund des Protokolles bearbcitet und mitgetheilt.)

Die heutige, von 43 Stadtverordncten und vou den Herren Ober-
bürgermeisier vr. Georgi, Bürgermcister Jnstizrath vr. Tröndlin,
Stadträthcn Dietel, Esche und Mechler b suchte Plenarsitzung des
Stadtverordnete» - Collegiums eröffnetc der Vorsitzende, Herr Vor-
stcher Justizrath vr. Schill, indem er zunächst Folgendes zur
Registrande mittheilt:

a. Rathsschreiben, die Einstellung des Jnventars jeder neu zu
erbauenden Schule im Stammvermögen betr.;

k>. Eingabe der Herren vr. Seelig und Genoffen wegen zu
treffender Einrichtungen zur Bermeidung des Einblicks in die
offenen Hallen und die Perrons der Schwimm- und Bade-
anstalt in der Schreberstraße betr.

Die Sache würde an sich nach Z. 23 der Geschäflsordnung zu
behandeln sein; es erklärt abcr Herr Pommer, daß er die Ein-
gabe zur seinigen mache. Darauf wird dieselbe vom Herrn Vor-
sitzenden an den Bau- und Oekonomie-Ausschuß vsrwiesen, an den
auch die Rathsvorlage wegen Berlängerung des Abkommens bez.
der Schwimmanstalt verwicsen ist.

Der Herr Vorsitzende bittet, die Sache bis heute über 8 Tage
mit zur Plenarberathung fertig zu stellen.

0. Dankschreiben des Herrn Rathsbaudirector a. D. Dost für
die Erhöhuug seines Pensionsgehaltes rc.

Liegt zur Kenntnißuahme aus.

ä. Schreiben dcs Rathes, in welchem derselbe das Collegium
ersucht. die Beschlußfassuug über die Vorlage wegen Erbauung
der IX. Bezirksschule' noch vor Beginn der Sommerferien
vornehmen zu wollen.

Der Hcrr Vorsitzende bittet die betreffenden Ausschüsse, auch
diese Angelegenheit bis heute uber 8 Tage zur Plenarberathung
fertig zu stellen.

e. Eingabe der Herren Witzleben und Genossen hier wegen Be-
legung der Fahrbahu der Westseite des MarkteS mit Asphalt
betrcffend.

Die Sache würde nach Z. 23 der Geschäftsordnung zu behandeln
sein; es erklärt jedoch Herr vr. Berend, daß er die Sache zur
seinigen mache, dieselbe wird sodann vom Herrn Vorsitzenden an den
Oekouomieausschuß verwiesen.

1. Einladung dcs Vereins für Volkswohl zu scinem am 11. Juli
dieses Jahres stattfindendeu Sommerfeste.

§. Einladung des Allgemeinen Turnvereins zu seinem am
nächsten Sonntag stattfindenden Schauturnen. Die Programme
liegen aus.

Der Herr Vorsitzende theilt mit, daß heute noch die Raths-
vorlage über Festsetzung der Hühe der beimzweiten städtischen Ein-
kommensteuertermin zu erhebenden Steuern eingegangen ist. Er
werde diese Vorlage für die Plenarsitzung am 14. d. M. auf die
Tagesordnung setzen und erbitte sich noch im Voraus die allgemeine

Grab-Art

Herstellen

des

Erdhügels

Bepflanzung

mit Epheu

Belegung

mit Rasen

Bepflanzung

mit Sedum

Buchsbaum-

Einfassung

beetartige

Herstellung

Reinhaltung

gelöster

Grabstellen

§2 v>

Ls L

Ansschmückung

des geöffneten

Grabes vor der

Bexrdigung

Erbbegräbnisse

und

Waudstellc»

l^l

(0.55 ebw)

5^!

(14Pflan-

zen)

2VZ50-4

2^504,

35 4
sür den
laufenden
Meter

1 sür
die Fläche
je eines
Grabes

6^8 bis zu
26 IDM.,
sür jede
weitere
Grabstelle

1

3^l

2^

NabatlengrLber

l^!

5^!

2^504

2^504

2^-504
(7.4 lfde.
Meter)

l^!
sür jede
einzelne
Grabfläche

75 4
sür eine
Grabstelle
(2.7 CIM.)

3^« 504

1^50^

-

Reihengräber
für Erwachsene

I^i


2-« 504

2^8504

2 >8

(6 laufende
Meter)



50 4
(2 LjM.)

3>i!

I^

Kindergräber

50-4
(0.27 ebw)

2^504

(7—8

Pflanzeu)

1^8 504

1^504

1 50 4

(4.26 lsde.
Meter)



25 4

(0.945 OM)

2^i

50 4

*) Eingegangen bei der Redaction am 22. Juli.

Ermüchtigung, alle etwa dringlichen Borlagen noch auf die Tages-
ordnung dieser Sitzung, welche die letzte vor den Ferien sein wird,
bringen zu könncn, wenn sie auch noch uicht 8 Tage auf der Regi-
strande waren.

Diese Ermächtigung wird ertheilt, ohne daß sich dagege» ein
Widerspruch erhebt.

Sodann tritt man in die Tagesordnung ein. Herr Consu
de Liagre referirt sür den Finanzausschuß über: '

Herabsetzung des Zinsfußes frir Einlagen bei der städtischen
Svarcasse vom 1. Januar 1887 ab bis auf Weitcrcs von
3'/- Procent auf 3 Procent.

Der Ausschuß beantragt:

Zustimmung zur Rathsvorlage,
da er die Herabsetzung des Zinsfußes selbst angeregt hat.

Dieser Antrag wird einstimmig angenommen.

Es solgt Bericht des Herrn Lehrer Kaiser sür dcn Schulaus-
schuß über:

Mobiliarbeschaffung für die Realschule und Herstellung der
Gasleitung in den, von der königl. Baugewerkenschule inne-
gehabten Parterreräumen des Realschulgebäudes mit 1022
und bez. 603 35 4 2 oonto Betrieb der Realschule.

Den Ausschußantrag:

die Rathsvorlage zu genehmigen
nimmt man einstimmig an.

Hicrauf berichtetHerrSchneiderfür den Stiftungs-, Oekonomie-
«nd Versassungsausschuß über die Beschtüsse des Rathes, btr.:

L.- 8- 57 der Begräbniß- und Fricdhofsordnung vom 15. Sep-
tember 1885 bezüglich des südlichen Friedhoses außer Geltung

L. T

zu setzen und dafür das Regulativ, die Grabpflege aus dem
südlichen Friedhofe betreffend, in Kraft tretcn zu lassen, und

L. eine Berechnungssumme von 2000 ^ g. eouto Betrieb zur
Errichtung einer Friedhofsgärtnerei auf dem südlichen Fried-
hofe zu verwilligen.

Der Entwurf des Regulatives hat folgenden Wortlaut:

Regulativ,

die Grabpflege auf -em südlichen Friedhofe betrcffcnd.

1.

Das Jnstandsetzen der Hügel, baS Bepflanzen und die Untcr-
haltung der Gräber einschließlich des Gießens geschieht durch die
Angestellten des Friedhofes nach dem Taris L.

2.

Die Besorgung der Grabpflege durch Angehörige der Beerdigten
oder dritte Personen ist nicht gestattet; das Schmücken der Gräber
mit Blumen nnd Kränzen ist denselben erlaubt, auch ist ibnen ge-
stattet, zur Ausschmückung ihrer Gräber die Pflanzen — mit Aus-
nahme vo» Bäumen uud Sträuchern, welche genießbare Früchte
tragen — selbst zu liefern.

3.

Erbbegräbnisse und Rabattengräber müffen gepflegt werdcn. Jm
Unterlnssiingsfalle tritt das in 8- 53 der Begräbniß- und Friedhofs-
ordnung ifür die Stadt Leipzig am 15. September 1885 vorge-
schriebene Verfahren ein.

Leipzig, am 1836.

Der Rath -er Stadt Leipzig.

arif.

Die Ausschüsse beantragen:

1) dem Beschluß aä X zuzustimme»,

2) den Beschluffe aci 8 abzulehnen.

Der Herr Rescrent beinerki, die Ausschüffe waren eiiistimmig für
den Vorschlag dcs Naths, dic Grabpflcge aus dem slldlichen Friedhose
in eigene Verwaltung zu nehmen, dagegen fand sich cine Mehrheit
sür die Einrichlung einer Friedhofsgärtnerei nicht, welche mil
8 gegen 8 Stimmen abgelehnt wurde. Stimmengleichheit in den
Ausschüffcn gilt nach der Geschäftsorduung für Ablchnung der
Rathsvorlage.

Man hielt einerseits die Controlmaßrcgeln bei dcr Gärtnerei fiir
zu schwierig, ebenso die Stellung des Gärtners zum Friedhofs-
inspector; man wollte die Gärtnerei lieber Privatuntcrnehmern über-
lassen sehen, die sich wohl bald in der Nähe des südlichcii Friedhoss
ansicdeln würden. Vyn anderer Scite hielt man die Eiiirichtung der
Friedhossgärtnerei sür eine im Jnteresse der Einheitlichkeit der Ver-
waltung crsorderliche Consequenz der Uebernahme der Grabpflege in
eigene Regie des Rathes.

Gegen die Tarifsätze erhoben sich von keiner Seite Bedenken.

Herr Bürgermeister vr. Tröndlin dankt sür Zustimmung der
Ausschüsse znm ersten Theilc der Vorlage, ist aber überrascht durch
die Ablehnung des zweites Theiles. Die eigene Regie der Grab-
pflege sei ohne Friedhossgärtnerei undurchführbar; ohne solche wllrden
auch die mäßigen Ansätze des Tarifs sich nicht ausrechterhalten lassen.
Der Südfriedhof habe einen bcsondercn Charakter wcgen seiner Park-
anlage; diesen müsse Nechnung getragen werden. Jn den ersten
Jahren werde die Anlage noch öde sein und weniger aufgesucht
werden, daraus ergiebt sich, daß dort in größerer Zahl gemein-
schaftliche Gräber, bez. Gräber, welche nicht gepflegt werden,
angelegt werdcn. Bleiben diese ungepflegt, so wäre die Schönheit
der Friedhofsanlage von vornherein wieder in Frage gestellt.

Die Stellung des Gärtners sei als dem Jnspector subordinirt
gedacht. Letzterer leite den ganzen Betrieb des Friedhofs; der
gärtnerische Gehilfe, der auch ohne Friedhofsgärtnerei nicht zu ent-
behren sei, würde dem Jnspector und bez. dem Rathsgärtner unter-
stellt sein. Ohne eigne Friedhofsgärtnerei lasse sich sclbst das nöthige
Blumenmaterial nicht billig beschaffen, was den Ertrag der Grab-
pflege sehr schmälern würde. Jn anderen Städten habe sich die
eigne Friedhofsgürtnerei gut bewährt. Auch die behauptete Schwicrig-
keit der Controlmaßregeln, womit eigentlich ein Zweisel in die Ehr-
lichkeit des betr. Angestellten gesetzt werde, könne cr nicht zugeben.
Auch die Privatgärtner würden nicht geschädigt werden, denn von
ihnen würde, wie auch in der Rathsvorlage gesagt sei, auch die
Friedhossgärtnerel sehr Vieles, namentlich die beffern Vlumen, be-
ziehen müssen.

Er bitte dringend auch um Zustimmung zum zweiten Theile der
Rathsvorlage.

Herr Oehler hält cs für bedcnklich, die Grabpflege hier anders
zu ordnen als bisher und auf den anderen Friedhöfcn. Die biS-
herige Organisation der Grabpflege habe fich gut bcwährt, die Fried-
höse seien gut gepflegt. Bchördliche Verwaltung würde dieser Sache
kaum sörderlich sein, er halte es auch für nicht richtig, Dritten die
Pflege der Gräber zumal auch solchcr von ihren Angehörigen zu
nntersagen. Elwa bestehende Uebelstände könnten wohl auch aus
audere Weise als durch allgemeines Verbot dcr Privatgrabpflege
beseitigt werden. Die Einrichtuiig der Friedhofsgärtnerei sei
wohl eine Consequenz der Uebernahme der Grabpflege in eigene
Regie, aber auch eine schwere Beeinträchtigung des Gärtnergewerbes,
wclches dann wenigstcns bezw. des Friedhoses nicht mit der Fried-
hofsgärtnerei concurriren könne.

Jm Hinblick aus eine Anfrage deS Herrn Oehler über den Wort-
laut von 8^ 57 der Begräbniß-Ordnung verliest Herr Referent
letzteren und bemerkt, daß die Ausschmückung der Gräber nach wie
vor Jedem freistehe, also auch ferner die Privatgärtner die Pflanzen
dasür liefern köunen. Nur dic Grabpflege selbst würde in Verwal-
tung des Rathes kommen. Die Ärabpflege der Angehörigen auf
dem Südsriedhofe würde durch die Enlseriiung des letzleren sehr
erschwert werden.

Mit der bisherigen Organisation der Grabpflegc seien wohl nicht
allgemein gute Ersahruugen gemacht, z. B. auch vou ihm persönlich
nicht, und ebenso von Herr» Vogel, der darüber Mitthcilungcn in
den Ausschüssen gemacht habe. Er jelbst sei übrigens für Zustim-
mung zur Nathsvorlage in beiden Puncten.

Herr Bürgermeister entgegnet Herrn Oehler, daß auf dem
Südsriedhofe ja noch Niemand Concession zur Grabpflege habc; die
Rücksicht aus möglicherweise darum Nachsucheude könue doch von
ciner sonst sür praktisch erkannten Eiurichtung nicht abhalten, noch
dazu, da die Petenten dort meist Auswürtige sein würden. Von
den jetzt zugelassenen ca. 50 Pflegern aus den übrigen Friedhösen
sind nur 12 in Leipzig wohnhaft, diese sind nicht Gärtner, sondern
Grabpfleger, man würde sie, wenn ja etwa später die Einrichtungen
des Süd-Friedhoses, wenn sie sich bewühren, aus die anderen Friedhöse
ansgedehnt werden sollten, immerhin nicht gleich brodlos zu machen
brauchen und könnte die Einrichtungen nach und nach einsühren.
Diese Frage liege aber jetzt nicht vor; schon nach den jetzt erbetenen
Mitteln, könne es sich nur um eine bescheidene Probe handeln.
Auch werden bestehende Rechie hier aus dem Südfriedhofe nicht
beeinträchtigt.

Der Rath wisse kein besseres Mittel zur Beseitigung der jetzigen
llebelstände, als das hier vorgeschlagene.

Herr Rechtsanwalt Zinkeisen steht auf entgegcngesetztcm Stand-
puncte als Herr Oehler. Wenn dieser erkläre, daß die Friedhöse

bcz. die Grkber gut ausschen, so sci dies nur bez. der Slteren
Friedhofstheile richtig. Jn den neueren Gräbcrfeldern sei
iiamentlich zu beklagen, daß die srischen Gräber ost sehr lange un-
gehügelt bieibeu; ein Uebelstand, der selbst in kleineren Städten nicht
bestche. Er sreue sich sehr, daß die jetzigen Zustäade aus dem Süd-
friedhofe uicht wieder Platz greifen sollen, und stiminc er deshalb
sür die Uebernahme der Grabpflege in eigne Regie des Raths.
Dabci sei aber dann auch cine eigene Friedhofsgärtnerei unerläßlich,
spüter werde daraus eine ganze Organisation sich gestalten, und ma»
thue deshalb gut daran, vorläufig den Versuch, den der Rath vor-
schlage, zu macheii.

Herr Rischer ist für die Uebernahme der Grabpflege in cigne
Regie, wünscht abcr, daß die Gärtnerci aus die Herstellung vou
Epheu, Scdum und Rasen beschränkt werde. Zu Mehrercm wnrdeti
die gesorderten 2000 nicht ausreichen, und würde es sich auch
kaum für die Stadt eignen, Handel mit Blumen rc. aus dem Fried-
hof zu treiben.

Herr Oberbürgermeistcr glaubt, wenn man die finänzielle
Seile der Sache in den Vordergrund stelle, daß gerade bei Nicht-
einrichtung der Friedhofsgärtucrei eine finanzielle Belastung sür die
Stadt sich crgeben würde. Die Friedhossgärtnerei würde erst die
Grabpflege ertragsreich machen, sonst habc die Stadt nur die Kosten,
während der Nutzen nur den Privatunternehmern zu Gute kommen
würde. Aus den anderen Friedhöfen fallen ungepflegte Gräber
nicht so aus, weil diese dort mehr in den Ecken und Winkel»
liegen; bei dcm Südfricdhos sei die Anlage aber ganz anders, dorl
würden ungevflegt bleibende Gräber sehr stören, und der Charakter
des Friedhofes mache dauernde gärtnerische Thätigkeit nöthig. Bei
Bcsichtigung des Haniburger Friedhoses sei Herr Oberbürgermeister
Anfangs einigermaßen der Ansicht des Herrn Oehler über den Ver-
gleich mit den hiesigen Zuständen gewesen; bei näherem Eingehen
auf die Sache sei er aber ganz anderer Ansicht geworden.

Die Privatunternehmer werden überhauvt, wie schon erwähnt,
immer noch die besseren Pflanzsn licfern können, was ja nach wie
vor freigestellt sein solle.

Er cmpfehle die Vorlage vom finanziellen Standpuncte und im
Juteresse des Publicums, glaube auch, daß sich deren Annahme wohl
mit billigen Rücksichten aus die Jnteressen des Einzelnen verein-
baren lasfe.

Herr Rischer bemerkt, er halte die 2000 nicht etwa für zu
hoch, sondern sür zu niedrig, es lasse sich damit zu wenig ausrichten.
Er glaube auch, daß es ein schöncres Bild bieten würde, wcnn
die Schmückung der Gräber de» Einzelnen überlassen bleibe, als
wenn die Gräber allc systcmatisch behandelt werden. Den Blumen-
handel könne er für die Stadt nicht sür geeignet halten. Bei dieser
Ansicht leite ihn aber nicht etwa die Rücksicht, eine für die Privat-
gärtner zu befürchtende Concurrenz zu beseitigen; denn das Ge-
schäft des Pflanzenverkaufs für die Gräber sei sür die Privatgärtucr
ohnehin nicht lohnend und dauere in der Hauptsache in jedem
Jahre nur verhältnißmäßig kurze Zeit.

Herr Reserent sreut sich, daß Herr Rischer heute mit der An-
lagc eincr kleinen Gärtnerei auf dem Friedhofe sich einverstandei:
erklärt habe, wührend er in den Ausschüssen überhaupt gegen
die Friedhofsgürtnerei war. Jm Uebrigcn mache er nochmals
daraus ausmerksam, daß nicht die Schmückung der Gräber,
sondern nur die Gcabpflege in Verwaltuug des Rathes genommen
werden soll.

Herr Oehler entgegnet Herru Rechtsanwalt Zinkeisen, dqß daS
zu zeitige Hügeln der Gräber uniiütz sei, weil dieselben sich sonst
wieder senkeu; die Monopolisiruug der Grabvflege könne er nicht im
Jntereffe des Publicums erachten, wie überhaupt eine Monopolisiruug
von Gewerbszweigen oft weuig ersprießlich sei.

Auf Autrag des Herrn Gontard wird die Debatte geschlosscn.
Zum Äorte hatte sich noch Herr Rechtsanwalt Zinkeiscn gemeldet.

Dcr Ausschußantrag 1 wird gegen 1 Stimme angeiiommeu, der
Ausschußantrag 2 mit sehr großer Majocität abgclehnt und dcr
unter 8. angegebeiie Rathsbeschluß einstimmig genehmigt.

Hierauf berichtet Hcrr Vicevorsteher I)r. Zenker für dcn Stif«
tungs- uud Finauzausschuß übcr

die Rechiiung über den Resormations-Denkmal-Fonds aus das
Iahr 1884, sowie die Schlußabrechnung und Nachverwilligung
eincs Fehlbetrages von 2211 65 4 aus städtischrn Miiteln.

Die Ausschüsse sind zwar — wie der Hcrr Rcserent bcmcrkt,
wenigstcns dcr Stistungsausschuß (denu nur von diesem künne cc
dies sagen. da die beiden Ausschüffe die Sache nicht gemeinschaftlich
berathen konntsn) nicht angenehni überrascht von der Vorlage, be-
antraglen aber nach Lage der Sache:

Zustimniung zu der Vorlage.

Herr vr. Jerusalem würde dem Rathe dankbar sein, wenn
einmal cin Denkmal ausgcführt würde, für welcheS keine Nach-
verwilligung aus städtischen Mitteln nöthig sei.

Herr Oberbürgcrmeister erwidert, daß auch der Rath von
der Mehrforderung der Eisenwerke Lauchhammer unangenehm übcr-
rascht worden sei. Gegen solche zdurch den Künstlcr vernrsachte
Mehrkosten könne man sich aber höchstens durch Refüsiren des
Denkmals schützen, wozu man doch wohl nicht verschreiten konnte.
Weun Herr vr. Jerusalem nicht andere Maßnahmen hiergegen
angeben künne, werden wohl solche Fälle immerhin nicht ganz aus-
geschloffen bleiben.

Herr vr. Jerusalem cntgegnet, daß er allerdings glaube, daß
die Verträge sich so abfassen lafsen, daß auch, ohne das Denkmal zu
refüsiren, Nachvcrwilligungen nicht nöthig seien.
 
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