Der Verkehr zu Lande. — Die Personen- und Briefbeförderung 57
zusammengeschlossenen Ablader und Wagenspanner geschehen durfte
— ebenso wie die Schröter das Privilegium besaßen, die Schiffs-
frachten zu besorgen. — Das Ausliefern der in die Stadt gebrachten
Güter geschah keineswegs durch die Fuhrleute selbst, sondern durch
die Knechte des Wirtes, bei dem sie abgestiegen waren. Diese, die
sogenannten Einzler, fuhren in einspännigen Rollwagen die Waren
zum Adressaten. In derselben Weise beförderten sie die Wasser-
frachten in die Stadt. Die Leitung hatte der Oberknecht, der als
wichtigste Person, in roter Schürze und schwarzem Lederkäppchen,
Pferde und Menschen kommandierte. — Die Handlanger aller
waren die sogenannten Feuerburschen: sie mußten dem Fuhr-
mann einheizen und trugen daher den Namen, nahmen aber jeden
Dienst auf sich — nicht unbelohnt, denn der Fuhrmann, der ja
immer mehrere Tage in der Stadt blieb, bis sich wieder neüe Fracht
angesammelt hatte, spendierte reichlich.
Außer den gewöhnlichen Fuhren waren auf den Hauptrouten
noch die sogenannten Eilfuhren eingerichtet. Eine solche brauchte
zum Beispiel nach Leipzig nur vier Tage, während die gewöhn-
liche zehn Tage dauerte.
Die Personen- und Briefbeförderung geschah nach Süddeutsch-
land durch die Thurn- und Tarissche, nach Preußen durch die preu-
ßische Post. Daß diese Institutionen das Reisen zu einer sauren
Pflicht machten, daß Langsamkeit der Fahrt, Verzögerungen beim
Pferdewechsel, schlechte Wege, Brutalität des Postillions gegen-
über einer möglichst bunt zusammengewürfelten und in den engen
Raum gepferchten Gesellschaft von Passagieren, die in seiner Macht
standen, auf die Dauer unerträglich wurden, war und ist eine com-
munis opinio. Am witzigsten hat diese Zustände Börne in seiner
„Monographie der deutschen Postschnecke, Beitrag zur Natur-
geschichte der Mollusken und Testaceen"^ geschildert, und einer
seiner beliebten Wortwitze war dieses Mal gut und berechtigt zu-
gleich: er läßt die kleine Französin, seine Reisebegleiterin, fragen,
warum so ein lourck animal ckili^cnce hieße und nicht parcssc
oder ncAliAcncs.
Es war nur ein Symptom für den Umfang des Handels und
den trotz der Postkutsche starken Verkehr, wenn die Gasthöfe Frank-
furts „als Akademie für die Kunst der Hotelhaltung galten"^). Der
vornehmste unter ihnen war wohl der Römische Kaiser, der sein
Y „Wage", zweiter Jahrgang 1819.
')Gutzkow a. a. O. S. 122.
zusammengeschlossenen Ablader und Wagenspanner geschehen durfte
— ebenso wie die Schröter das Privilegium besaßen, die Schiffs-
frachten zu besorgen. — Das Ausliefern der in die Stadt gebrachten
Güter geschah keineswegs durch die Fuhrleute selbst, sondern durch
die Knechte des Wirtes, bei dem sie abgestiegen waren. Diese, die
sogenannten Einzler, fuhren in einspännigen Rollwagen die Waren
zum Adressaten. In derselben Weise beförderten sie die Wasser-
frachten in die Stadt. Die Leitung hatte der Oberknecht, der als
wichtigste Person, in roter Schürze und schwarzem Lederkäppchen,
Pferde und Menschen kommandierte. — Die Handlanger aller
waren die sogenannten Feuerburschen: sie mußten dem Fuhr-
mann einheizen und trugen daher den Namen, nahmen aber jeden
Dienst auf sich — nicht unbelohnt, denn der Fuhrmann, der ja
immer mehrere Tage in der Stadt blieb, bis sich wieder neüe Fracht
angesammelt hatte, spendierte reichlich.
Außer den gewöhnlichen Fuhren waren auf den Hauptrouten
noch die sogenannten Eilfuhren eingerichtet. Eine solche brauchte
zum Beispiel nach Leipzig nur vier Tage, während die gewöhn-
liche zehn Tage dauerte.
Die Personen- und Briefbeförderung geschah nach Süddeutsch-
land durch die Thurn- und Tarissche, nach Preußen durch die preu-
ßische Post. Daß diese Institutionen das Reisen zu einer sauren
Pflicht machten, daß Langsamkeit der Fahrt, Verzögerungen beim
Pferdewechsel, schlechte Wege, Brutalität des Postillions gegen-
über einer möglichst bunt zusammengewürfelten und in den engen
Raum gepferchten Gesellschaft von Passagieren, die in seiner Macht
standen, auf die Dauer unerträglich wurden, war und ist eine com-
munis opinio. Am witzigsten hat diese Zustände Börne in seiner
„Monographie der deutschen Postschnecke, Beitrag zur Natur-
geschichte der Mollusken und Testaceen"^ geschildert, und einer
seiner beliebten Wortwitze war dieses Mal gut und berechtigt zu-
gleich: er läßt die kleine Französin, seine Reisebegleiterin, fragen,
warum so ein lourck animal ckili^cnce hieße und nicht parcssc
oder ncAliAcncs.
Es war nur ein Symptom für den Umfang des Handels und
den trotz der Postkutsche starken Verkehr, wenn die Gasthöfe Frank-
furts „als Akademie für die Kunst der Hotelhaltung galten"^). Der
vornehmste unter ihnen war wohl der Römische Kaiser, der sein
Y „Wage", zweiter Jahrgang 1819.
')Gutzkow a. a. O. S. 122.