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Verkündigungsblatt des Verbandes Deutscher Kunstgewerbevereine — 1890

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https://doi.org/10.11588/diglit.8005#0026
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Ivochenversammlungen.

Iweite Versammlung. Der Vortrag, welchen Privatdozent
G. von Bezold über seine „Reiseerinnerungen und Reisestudien aus
Frankreich" hielt, war einc Bekrästigung dcs Satzes, daß jedes Buch
seine Geschichte habe. Dcr Vortrag behandelte in erster Linie die
Lntstehungsgeschichte des von dem vortragenden gemeinsam mit Or.
Dehio herausgegebenen Werkes „Dio kirchlicho Baukunst des Abend-
landes" (verlag von Lotta). Nach den ersten Lindriicken von fran-
zösischer Architektur, welche der Vortragende während des Feldzugs
1870/71 emxfing, währte es 10 Zahre, bis derselbe auf einer mit l)r.
Dehio nnternommenen Reise nach Nordfrankreich dcn Gedankcn an
obiges werk faßte, das denn auch durch fast alljährliche Reisen wesent-
lich gefördert wnrde; Frankreich besuchten die beiden Genossen noch
viermal, A88-tz AS85, ^886 188«), und entdeckten dabei, daß man

eigentlich von der mittelalterlichen Architektur Frankreichs in Deutsch-
land sehr wenig weiß und daß die außerordentliche Fülle von kirch-
lichen Denkmälern eine befruchtende Vuelle für das Architekturstudiiim
sei. Wie sehr letzteres der Fall, das bcwicsen die vielen Photographien
und die zahlreichen von dem Reduer gefertigten Zeichnungen, welche
architektonische Dcukmäler aus allen Theilen Frankreichs in über-
raschender Fülle und Schönheit veranschaulichten. Der fast zwci-
stündige fachmännische vortrag erhielt durch Linfleck^tung einzelner
Reiseerlebnisse angenehme Abwechslung; es ging daraus hervor, daß
der Redner zwar uicht ganz uubehelligt durchkam, aber doch weit
glimxsticher von dcn Franzoscu behandelt wurde, als mancher andere
Reisende und als die deutsche Presse zugeben möchten. — Gleichzeitig
waren einige Lrzeugnisse des modernen französischen Runstgewerbes durch
die Vereinsmitglieder Ballin, Ehrengut, Tomschitz, Schweitzer, Fischer
5ohn ausgestellt lauter gute bjandelswaare: bemalte Nköbel, Zink-
güsse, Bronzen, Lederpressungen, Uhren, Lassetten mit Sevres-Porzellan,
Vasen, Tapeten, danebeu auch ein alter französischer Teppich u. s. w. —
Als einzige deutsche Arbeit lag daneben cin schönes, ledergeschnittencs
Album von P. Attenkofer mit Beschlägen von I. Ulack.

Die dritte N?ochenver samm lung am 18. November war
im Programm als Festabend aus Anlaß der Lröffnung dcr erwciterten

Ausstellungshalle vorgesehen; da die neuen Räume nun zwar fertig
gestellt, aber von den lNiethern noch nicht so völlig ausgefüllt worden
waren, daß nicht der Gesammteindruck darunter hätte Schaden
leiden können, so wnrde die Festlichkeit bis zum Beginn der Weih-
iiachtsausstellung vertagt und statt deffen ein Fachabend für künstliche
und konservirte Blumen rc. eingeschaltet. Der Festsaal des vereins
prangte in cinem außerordentlich bunten und abwechselungsreichen
Blumenflor, zn dessen eingehender Betrachtung der vorsitzende, kjerr
Direktor von Lange, mit einigen einleitenden N)orten ausforderte;
indem er die Bedeutung des Blumenschmuckes im stilistischen wie im
naturalistischen Sinne hervorhob, gab er insbesondere ein gedrängtes
Bild von dem in der Gegenwart stark entwickelten Bedürfniß nach
blumiger oder überhaupt pflanzlicher Ausschmückung der Nlohnung
— ein Bedürfniß, welches die Fabrikation künstlicher und die Ronser-
virung natürlicher Pflanzentheile zu hoher Lntwickelung gebracht hat.
Aus der Iahl der ausgestellten Blumen rc., in welcher die bedeuten-
deren Nlünchener Blumenfabriken und Aonservirungsanstalten ver-
treten waren, seien nur folgende hervorgehoben. kj. Trautmann
6c Lie.: konservirte und galvanisirte Planzentheile (letztere anch als
Vorlagenmaterial hergerichtet), ein palmbauni aus wirklichen Palm-
blättern und imitirtem Stainm, Fruchtgehänge und Laubgewinde aus
getrockneten pflanzentheilen; die mittelst durchsichtigen Ueberzugs
konservirten Blumen »Lemper viva- von Zcll 6c Lomp., welche
z. A. massenhaft nach Amerika exportirt werden. Mrkliche künstliche
Blumen, die als Zimmerschmuck zuerst in München gefertigt
wurden, namentlich solche, die sich durch Farbe und Größe auszeichnen,
wie Sonnenblumen, riesige Mohnblumen, große Lhri,'santhemen, dann
Rosen, Nelken, Astern, Lilien u. s. w. brachten die Firmen A. Sell,
A. Danzer, G. Goldstein, L. Uaußler. Letzterer stellte zur ver-
anschaulichung des allmäligen lverdens solcher Blumen einzelne Lnt-
wickelungsstadien aus. Blunien aus Porzellan und Glas führten
Wengert und Steigerwald vor. Das ethn ograp hische Mu-
seum hatte prächtige Blumenarbeiten aus Federn gesandt: eine
chinesische Brautkrone und einige Blumenstöcke aus Mexiko. — Mit
anderen exotischen Dingen, Blumenvasen rc. war A l. Reiter 6: Lie.
vertreten.

MiiflgkWMMmllk, WuskM, IgulN.

Kunstgewerbe-Vereme.

Die Weibuachtsausstellung des Ivieuer Lunstgcwcrbe-Vereius

wurde am 2Y. November in fcierlicher lveise eröffnet. bl. kck.

verein sür deutsches Itunstgcwerbe zu Berlin. Der vcrein für
deutsches Aunstgewerbe, der am 12. November im Architekturhause
sein 12- Stiftungsfest unter Theilnahme von 2S0 Damen und
kserren mit Festmahl und Ball begehen konnte, hielt am 2S. Novem-
ber eine zwanglose Sitzung ab. Zunächst gelangt in derselben ein
Antrag des vorstandes zur Annahme, wonach von jetzt ab regel-
mäßige Monatskonkurrenzen uutcr den jüngeren Mitglicdern
ausgeschrieben werden sollen, die den Zweck haben, diesc durch an-
dauernde Nebnng für größere lvettbewerbe beffer anszubilden. An
vorlagen brachte kjofkunstschlosser Paul Marcus eine vortreffliche
Auswahl an Aufnahmen ausgeführter Schmiedearbeiten, die von ihm
für dic Geschäftshäuser Faber und Ascher L Mllnchow, sür das
Palais Mendelsohn und die deutsche Bank in Berlin, für das Gewand-
haus in Leipzig und für ein großes Festlokal in lfamburg nach den
Lntwürfen namhafter Architekten gefertigt wurde. — Fernerhin stclltc
Fabrikant Gtto Schulz moderne deutsche, englische und französische
Majoliken aus, die demnächst in seiner Anstalt in Bronze montirt
werden sollen. Zum Schlusse legte professor ksildebrandt Linband-
decken des ;s. und ;s. Iahrhunderts aus der Sammlung
Warnecke vor, die sich früher in der Stiftsbibliothck zu lvürzburg
befunden haben. ?. kV.

Lunstgewerbe - verein zu Lamburg. Gktobersttzung. Ausgestellt
waren die Griginalzeichnungen zu T. lv. Allers' neuestem lverk:
„Die silberne ksochzeit". Ferner ein Theil der von Frau Or. Marie
Meyer dem Nuseum geschenkten Probsteier Sxitzensammlung. Serr
Or. Brinckmann bemerkt zu derselben, daß Frau Or. Meyer die

Spitzen in der Probstei, einem kleinen Landstriche im nordöstlichen
lfolstein, gesammclt habe, wo sie sich in bäurischem Besitz befanden.
Zedoch seicn die Spitzen nicht dort gefertigt worden. Da die Banern
ohne Zweifel nicht reich genug gewesen, sich theure Venctianische
Sxitzen anzuschaffen, so bleibe die Erklärung übrig, daß die Bauern
in früheren Iahrhuiiderten das in Besitz genommen, was von dem
in jener Gcgend begüterten Adel aus der Mode gekommen, abgestoßen
wurde. Zn der Probsteier Saminlung sind vertreten das Lnde des
16. Iahrhunderts, das 17. und dcr Anfang des 18., die italicnischen
Spitzen vom Anfang des 18., die Mechelner und Brüsseler Spitzen
des 18. Zahrhnnderts fehlen. venedig habe die meisten Sxitzen ge-
liefert. kjieran knüpfte der Vortragende einige Betrachtungen über
Spitzentechnik u. s. w., und bemerkte, daß z. B. das 17. Zahrhundert unter
dem Zeichen der Spitze stehe, wie man in gleichem Sinne das is. das
Majolika-, das 18. das porzellanjahrhundert nennen könne.

In der llovcinbcrsttzung wurde zunächst berichtet, daß die peraus-
gabe des geplanten kiiiistgewerblichcn Adreßbuches gesichert sei. — kjerr
Bauinspektor Necker berichtet übcr den fünftcn Delegirtentag des ver-
bandes deutscher Aunstgewerbevereine in Leipzig. — kjerr Or. Stuhl-
mann stellt sein neuestes N>erk: „Stickmuster für Schule und kfaus"
aus und erläutert dasselbe. — kjerr Necker giebt Lrklärungen zu
der ausgestellten, schönen Uassette, deren Lntwerfer er ist und welche
seitens des AusstellungscomitLs von 1889 bserrn Freih. von Ghlen-
dorff geschenkt worden ist. Die Metallarbeiten an derselben sind von
Roth m ü ller in Nünchen angefertigt. Lndlich hatteder verein „volks-
kunst" eine Reihe von Skizzen, Studien, Pflaiizeiiornameiiteii u. s. w
zur Ausstellung gebracht. Diese vereinigung junger, strebsamer, schaffen-
der Uünstler hat es sich zur Aufgabe gestellt, durch gegenseitige Un-
terstützung und durch fleißiges Arbeiten in künstlerischer Beziehung
zur Förderung des hamburgischen Aunstgewcrbes nach Uräften bei-
zutragen. _ 1. O.
 
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