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Verkündigungsblatt des Verbandes Deutscher Kunstgewerbevereine — 1893

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https://doi.org/10.11588/diglit.7985#0065
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hat uns schon manche süße ksoffnung, manches Versxrechen unerfüllt
gelasseiu Leider hat sie auch in der Ausstellung seit lvochen eine Ge-
schäftslosigkeit crzeugt, die nicht alleiu von uns, sondern von allcn
Staaten gleichmäßig schwer empfunden und beklagt wird. Ls werden
nur Lleinigkeiteu gckauft, von größeren und erfreulichen vingen gar
nichts. —Die vornehme welt weilt zur Zeit an den Seen zur Sommer«
frische. Vie Linkäufer der großen Firmen sind in Luropa. Die un<
verkennbare Absicht dcr kserreu Amerikaner geht dahin, „was ihnen
allenfalls paßt, am Lnde der Ausstellung um Schleuderxreise zu er-
langen." Ls ist mir deßhalb sehr fatal, daß die presse anfänglich so
rosige und optimistische Berichte über die zu erwartenden verkäufe
brachtc. — Die Lrisis ist sehr bedeutend, über 47 Bankinstitute sind
verkracht. Geld uud Lredit nnr gegen besondere Bürgschaft zu habcn.

Line fatalere Beigabe zur weltausstcllung nicht denkbar, dazu
ganz falsche vorstellungen von dcr Aauflnst der Amcrikancr! Ansere
Lage trotz redlichstem Bemühen sehr mißlich und schwierig. Dazu
ksindernisse und Lhicanen allerArt von Seiten dcrAusstellungsbehörde!
Unsere suroren nnd die jetzt anwescnden Aussteller werden dies sclbst
an sich erfahren und meine Alagen beftätigen. — Die bishcr erzielten
verkäufe und Bestellungen sind aus den regelmäßig abgehenden Lom-
missionszettelii rc. zu ersehen.

Ausstellung in llew-Iiork. Für Fcbruar nnd Niärz des nächsten
Iahres xlant die »tvlariliarran Inäusrrial Lxposition Lo.» cine Aus-
stellnng von preisgckröntcn Arbcitcn der Lhicagoer weltausstellung;
dieselbe soll am Fcbrnar in dcm Orancl Lentral Dalace in nächstcr
Nähe des großen Lcntralbahnhofes eröffnet werden. Anfragcn hicr-
über wollcn an --krlr. Llras. N. Aosentlral, ibkanulLctures kuilclinA,
^.ustrian Lection, ^Vorlä's ?air, Llücago, III.» gerichtet mcrden. —
Als platzmiethe sind L Dollars xro Wuadratfuß festgesetzt, also circa
225 Mark xer Guadratmeter. — L.

Dic wanderndc Iveltausstcllung. Linem der „N. Fr. Pr." zu-
gekommenen Schreiben aus San Francisco zufolge ist es iiunmehr eut-
schiedcu, daß dic wcltausstellung in Lhicago uach San Francisco versetzt
und dort fortgcsctzt werden soll (? D. Red.). Es ist gclungen, dic frcmden
Aussteller zu veranlassen, ihre Gbjckte von Lhicago für sechs Monate
nach San Francisco zu schickcn, wo dic Lalikornia Intcrnational Ickiä-
xvinter Lxliibilion vom Iannar bis Iuli zsyq, eröffnet sein wird.
Als Ausstellnngsplatz in San Francisco ist dcr Goldcn Gate Park unter-
halb des Strawbcrry kill gcwählt worden, von dem aus man den Aus-
blick anf dcn Stillcn Vccan genießt.

Müikische Ausstcllung vou Altcrtbiimern in Irunst und Luust-
gewcrbe ZU IViirzburg. Den Münchncr Ncuesten Nachrichten ent-
nehmen wir nachfolgciidcn Bcrichti Dic Ausstcllung, cin werk des
jungen fränkischen Aunst- nnd Altcrthums-Vcreins zu würzburg, bc-
findet sich in dem ehemaligen Aaxitclhause dcs Domstifts. Iu ebcner
Lrde licgt die im IS. Iahrhundcrt gebautc, schöne Grabkaxclle des
Domstifis in einer Lcke des hohen und weiten Arenzgangcs, den
oberen Stock aber hat seit dcm Anfange dieses Iahrhunderts die
Musikschule iniie. Dic Lokalitäten cigncn sich vorzüglich zu einer
Alterthums-Ausstellung.

Gleich beim Lintrittc in das weinlaubumsponneiie, lauschigc
ksöfchcn der Musikschule fällt unscr Auge auf cin vielbesprochenes
Denkmal altcr Zcit. Ls stcht hicr ein Theil jenes romanischen Areuz-
gangs aus dem vormaligen Aollegiatstifte Neuniünster, der vor einigen
Iahren bei Lrrichiung cines Neubaues aufgefundcn worden. walther's
von der vogclweide gedenkend, der unter diesem Areuzgange seine
letzte Ruhestätte gefunden haben soll, schreitcn wir die Trepxe empor
in den vorsaal. Seiue wände sind mit kostbarcn Antwerpcner Gobelins
bedeckt, auf welcheu in einer c?olge von Bildern die Legcnde des
tsraukcnapostcls Ailian dargestellt ist. An dcn wänden eutlaug sehen
wir Prunkmöbel aus dcr würzburger Residenz, während in der Mitte
des Saales zwischcn Grün uud ,-sahnen die Bllste des Prinz-Regcntcn

aufgestellt ist.

Rechts öffnet sich der große Aonzertsaal der Musikschule, der
einstens dem adeligen Domkaxitel als Sitzungslokal gedient hat. Der
geräumige Zuhörerraum ist in eine Reihe eiiizclner Aabinete zerlegt,
in welchen die Lrzcngnissc der altfräukischeu Möbelschreinerei uud
andercr Aunstgewerbe malcrisch aufgestcllt sind. Iedes Zimmer trägt
eincn anderen Lharakter, allen aber sind Gediegenheit uud Behaglich-

lichkcit gemeinsam. kservorgehoben seien nur die ganz hcrvorragenden
Stücke. In der Mitte des Saales, am Lhrenplatze, steht gleichsam
dcr Aönig nuter all den vielen hier vereinigten Möbeln, eiu gewaltiger
Doppclschrank mit sehr schönen Schnihereien und Liulegearbeiten ini
Stile der besten Rcnaissanee. Lbenso schön in seiner Art erscheint uns
ein dem Freiherrn v. Fechenbach gehöriges Buffet, das in Schnitzerei,
Architektur und Aufbau die Formen des Rokoko zeigt. viel bcwunderi
wird ein Aabinetsschränkchcn aus Lbcnholz mit gemalten Perlmutter-
plattcn. würdig reihcn sich noch zahlreiche andere Aastenmöbel an.
Unter den Tischen vcrdicnt zuerst ein aus dem städtischen Muscuin zu
Schweinfurt stammendcr Tisch genannt zn werden, der einst zum
ksausrathe des gewaltigen würzburger Fürstbischofs Iulius Lchter
von Mespelbrunn gchörte. Das Wapxen der Lchter und des ksoch-
stifts, mehrere lheiligcnfiguren und sehr schöne Grnamente, Alles in
eingegossenein Iinn gearbeitet, schmücken die Platte dieses im Jahrc
lStv cntstandenen Tisches. prunkender ist ein Spieltisch, den nach
eincr Inschrift der kurmainzische Ihoftischlcr Rhode im Jahre
in der Arbcitszeit von acht Monaten für den damals regierenden Aur-
fürsten Fricdrich Aarl von Gstcin gefcrtigt hat.

Das Alcingerüth ist durch die Aunftladcn der würzburger Bäcker
nnd der Schwcinfurtcr Tuchmacher, durch vicle Truhen und Aästchen
aus Lger und Nürnberg, durch ein xrachtvolles vergoldetes Rokoko-
Gehäuse würzburger Arbeit und andcren ksaus- und Zierrath vor-
züglich vertreten. Unter den viclen Stand- und Stutznhren nimmi
eine hohe Standuhr in wunderschöncm Rokokogehäuse unbestrittei,
den crsten Rang cin. von dcn Statuetten in Bronze, Llfenbsin rc..
wclche da und dort auf Tischen und Schränkcn vertheilt sind, niuß ein
herrlicher Fechter, eine Arbeit Lcllini's, erwähnt wcrden. Mcister-
wcrkc der Töpferci, als Lreussener, Apostel-, Aurfürsten-, Iagd- und
Trauerkrügc, sind thcils auf Aästen als Dekoration zerstreut, theils zu
ciner wirkungsvollcn P^ramide im vordergrunde des Saales vereinigt.
lhier erblicken wir auch cine auserlesenc Sammlung von kostbareu
Pfcrdcgeschirren und Schabrakeu aus dcm Besitze des Fürsten von
Löwenstein-Wertheim.

Lin paar Stufen führcn aus dem Zuschaucrraum zu dem Podium
empor, das vorne dnrch ein hllbsches Lisengitter, rückwärts durch einen
herrlichcn Gobelin und durch kunstvoll geordnete waffcngruppen ab-
geschlossen wird. Die einzelnen Bestandtheile dieser Gruppen (lhieb-
Stoß- und Schußwaffcn, Rüstuiigen), meist den Rüstkammern des
Grafen Schcnk v. Stauffcnberg und des Freiherrn v. Fechenbach ent-
nomnien, sollcn uach dem Urtheile von Aenncrn fast durchweg Stücke
von hervorragendem werthe sein. Allgemeinere Beachtung sindet die
große Reitcrstatuette des heil. Georg, des Drachentödters, ein virtuoses
werk Augsburger Silberschmiedekunst aus dem Z8. Iahrhundert, jetzt
Ligenthum der Pfarrkirche zu Aarlstadt.

Den Glanzpunkt dcr Ausstellung im echtesten Sinne des wortes
bildct die an dcn großcn Saal stoßende Silberkaminer. Au khundcrten
sind hicr die Arbcitcn in Ldelmctall, mcist im Lharakter des Rokoko
und Barok gehalten, vor uns ausgebrcitet. Nebcn den prnnkgeräthen
profaner Bestimmung, von welchcn nur dic Tcllcr, Plattcn, Aannen,
Arllgc und Pokale aus den Ldinburgischcn, Schönbornischen und Lux-
burgischcn Saminlungcn, sowie cine silbcrvergoldete Reisetoilctte des
Grafen Schenk von Stauffenberg hervorgehobcn seien, stehen in reichster
Fülle kirchliche und gottesdienstliche Geräthe in allen Arten und Formen.
Lin romanischer Areuz-Partikel mit Grubenemail, eine gothische silbcrnc
Monstranz aus Mcrgentheim, ein spätgothisches, sehr schönes Gstcn-
sorium in Gestalt eines gcbuckelten Deckelpokals mit Arystallkörper,
ein höchst originell gczcichnetes Gsteiisorium aus der Pfarrkirche zu
Steinbach, ein Aruzisix und vier Leuchter von Bcrgkrpstall, schöne
Abendmahlskelchc aus dem Aapuzinerhospize zu würzburg und aus
den Airchen von Gereuth, Grafenrhcinfeld ic. dürften darnnter das
Beste sein. Außer den Arbeiten in Ldelmetall birgt die Silberkammcr
noch die schr rcichhaltige Aollektion des Iuwcliers Gräb in München
(u. A. ein Lellini), eine fast lückcnlose Samiiilung fränkisch-würz-
burgischer Miiiizen und Medaillen, viele Porzcllansachen, Meistcrwerke
der Elfenbeinschnitzerei, schr schöne Miniaturen, kirchlichc Paramente
von außerordentlicher pracht und Schönhcit, sowie die wohlcrhaltenc
Toilcttc eincr voriichmen Dame aus dem Lndc des Z7. Iahrhunderts.

Line steinerne Treppe, dic mit Bildern sowie mit beachtens-
wcrthen alten Teppichen geschmückt ist, führt uns in dcn Areuzgang
hinunter. lhier sowohl als in dcr Sepulturkapelle haben vorzugsweise
Aunstwcrke kirchlichen Lharaktcrs ihre Aufstelluiig gefunden. Lines

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