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Verkündigungsblatt des Verbandes Deutscher Kunstgewerbevereine — 1893

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https://doi.org/10.11588/diglit.7985#0073
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Ausstellmigen.

Die Gcsterreichische Lunstgcwerbeaussteüung in Eens scheint in
ihren Lrfolgen den Mener Aunstgewerbevcrein lebhaft zu befriedigen;
in einer versammlung dessclbcn wurde niitgetheilt, daß nur cin be-
reits durch Schcnkungen gedecktes Defizit von 700 Gulden geblieben
war. Besonders giinstige Aussichten bestchen fiir Glas, Bronzcn,
Textil- und Silberwaaren, Utöbel und kedersachen; Voraussetzung da-
bei ist gediegenc Arbeit und mäßige Preisc. Doch wird hervorgehobcn,
daß man alle Araft anfbieten niüsse, um dicses Absatzgcbiet zu be-
haupten, da man cs mit der überaus rührigen und vorläufig noch
sester im Boden wurzelnden deutschen Aonkurrenz zu thun be-
kommen werde. von manchen Seiten wird sogar schon die Frage
aufgeworfen, ob es nicht gelingen könne, Frankreich und Deutsch-
land init ihren kunstgewerblichen Artikeln aus der Schweiz zu ver-
treiben; Thatsache ist, daß zahlreiche Verbindnngen mit Schweizer
Aausieuten angeknüpft worden sind. Tin Artikel des „N. Wiener
Tagebl." schließt (nach dcm „Runstgewerbc") mit den lvorten: „Für
den Lrfolg der Genfcr Ausstellung spricht wohl der Umstand ain deut-
lichsten, daß, wic verlautet, die deutschen Industriellen, denen
die Vesterreicher auf dem Schweizer Markt unbequem geworden sind,
demnächst bereits eiue A o u k u r rc nz a u s ste llu n g kunstgemerblicher
Gegenstände veranstalteu werden. <Ls ist jcdoch zu erwarten, daß die
Destcrrcicher aus dicsem Aanipfc siegrcich hervorgchen werden, da die
technische und künstlerische vollendung ihrer Lrzeugnisse sortgesetzt in
der Presse und im publikum gcrühmt uud den französischcn Artikelu
als gleichwerthig bcurthcilt wird."

Das prosekt ciner Gewerbe-Ausstellung in Straßburg i. L.
hat die Bereitwilligkcit dcr Behörden gefunden, die das erforderlichc
Terrain und die Gebäulichkeiten zur verfügung stellen, wogegen die
Jnteressenten eins Beisteuer von 250,000 Nark zu leisten haben.

(Antiqu. Ztschr.)

wt'ltausstellung in Lhicago.

Die geschästlichcn verhältnilse auf der Ausstellung haben unter
dem Linsiuß der Silbcrkrisis, welcher in Lhicago allein binncn
weniger Mochcn gegen 50 Bankhäuser zum Bpfer gefallen sind, sehr
gelitten; der verkauf war, so hoffnungsreich cr sich auch im Anfang
gestaltete, bis gegen Lnde Augnst cin sehr mässiger und beschränkte
sich größtentheils auf Alcinigkeiten. Allerdings konnten Aenner der
amerikanischen Lebensweise darübcr nicht zweifelhaft sein, daß die
reichen Besucher erst im Scxtember eintreffen wcrden; Lhicago ist
überall in Amerika als eine im Soinmcr heiße und ungesunde Stadt
bekannt, und die Besuchsziffern bcweisen dentlich, daß der Amerikaner
diesem Umstand Rechnung trägt. Der tägliche Besuch betrug durch-
schnittlich rund im Zuni s02g00, im Juli ;0S200, im August ;Z0 200
Personen und in den ersten Septembertagen k^sqoo. Daß die Aus-
stellung vor Beginn der heißen Zahreszeit sehr unfertig war, wußte
Iedermann; wessen verhältnisse es erlaubten, der verschob den Besuch
bis zum Lintritt kühlerer Tage. Die Steigcrung des Besuchs schon
im August ist zum Theil auf das starke Lontingent von Landwirthen
zurückznführen, wclche um diese Zeit ihre Lrnte heimgebracht nnd durch
deren verkauf sich das Reisegeld verschafft habcn; auf den verkanf
der Ausstellunasgcgenstände hatten allerdings diese Besucher einen
geringen Linsiuß. Die wohlhabenden Amcrikaner bringen dic Rlonate
Iuni bis September in den Sommerfrischen zu und werden erst im
Lauf des letzten Monats sich einstcllen; hoffentlich öffnen sie dann auch
beim deutschen Aunstgewerbe ihre Taschcn!

Lür dic RLckiendung der Ausstcllnngsgütcr treten, wenu sie
von einem durch dcn Reichskominissar ausgcfertigten Rückscndungs-
Nachweis begleitet sind, auf den Streckcn der preußischen Staats-
cisenbahnen und der Reichsbahnen in Llsaß-Lothringen Frachtermässig-
ungen eiu nnd zwar werden diese Gegenstände zur bsälfte der tarif-
mässigen Lracht nach ihrem früheren Ausgangsort zurückbefördert.
In den Frachtbricfen soll vermerkt werden, daß die mit denselben auf-
gegebenen Sendungen durchweg aus Ausstellnngsgütcrn bestehen. Der
Linlaß dieser Güter erfolgt laut Bundesrathbcschluß zollfrei. Dazn
ist nnr eine Beglaubigung des Rcichrkonimissars erforderlich.

Die Thätigkeit der preisfury muß als eine ganz besonders un-
erquickliche bczeichnet werden, abgeschen davon, daß das Amt eines
Prcisrichters au sich stets ein dornenvolles ist. Die Grganisation seiteus
der amerikanischcn Ausstellungsbehörde war dcrmaaßcn mangclhaft,
daß zahlreichen Preisrichtern in dcn ersten 2—5 lvochen gar keine
Arbeit zugewiesen werden kountc und dieselben auch nachher, so lange
ihre Thätigkeit dauerte, vielfach hingchalteu wurden; die Schwicrig-
kciten, welche sich schlicßlich bei dcr Auszahlung der Preisrichterhonorare
ergabcn, wolleu wir lieber mit dcm Mantcl christlicher Liebe zudecken.

Ueber das bei der Preisvertheilnng bcobachtcte verfahren ent-
nchmen wir dem Bcricht des Reichskommissärs vr. Richter vom
20. August Folgendes: „lvic bereits in frühercn Bcrichten hervor-
gehoben worden ist, gipfelt das von dcn hiesigen Ausstcllungsbehörden
adoptirte Preisvertheiluugs-System in dcr Beurtheilung der verschiedencn
Ausstclluugsgcgenstände durch Linzelrichter. praktisch gestaltet sich die
Ausführung dieses Szfftcms in der lveise, daß für jeden Aussteller
miudestens cin, oft abcr auch eine größere Auzahl von „Tickets" aus-
gefertigt und diese je einem dcr in den verschiedenen Gruppen und
Alassen bestellten Prcisrichter übergeben werden. Der prcisrichtcr setzt
sein Urtheil, zugleich mit ciiicm knapp gehaltenen Bericht über die Be-
schaffenheit dcr waare, auf das „Ticket" und reicht dieses dem „De-
partineutal-Lomiiiittec", welches aus dcr Gesainmtheit der Preisrichter
desselben Departmeuts gebildet wird, zur entgiltigcu Festsetzung des
Preises eiu. Line Berufuug gegen die Lntscheidung der Dcpartmental-
Lommittce ist nur wegen Formverlctzung oder vcrletzung der betreffen-
dcn Regulative zulässig; dagegen steht der Beriifungsiiistanz, über dereu
Zusainineiisetzung bedanerlicherweise noch nicht einmal entgiltige Lnt-
schließungen gefaßt sind, über die Preisvcrtheilnng selbst keincrlei Lnt-
scheidung zu."

„Das vorstehcndc, in seinen Grnndzügcn knrz gekennzcichnete
Systcm leidet vornehmlich an dem lNangel, daß eine gleichmäßige
Bcnrtheiliing der verschicdeuen zu deuselbcn Gruppcn und Alassen ge-
hörigen Ausstelluugsgegenstände wcscntlich erschwert, wenn nicht aus-
geschloffen wird. Da nänilich jeder Linzclrichter nur inimer einzelne
Bbjekic zur Prüfung überwicsen erhält, ohne bei der Beurthcilung
derselben mit den anderen Iuroreu dessclbcn Faches in vcrbindnng
treteu zu müsscn, so hängt die Lntscheidung über die Preiszutheilung
lediglich von dcm sehr verschicdcnartig gestalteten snbjektiven Lrmesscn
der vcrschiedencn Linzelrichter ab, und es kann auf diese lveise vor-
kommcn (und es ist dies zmeifellos auch öfters vorgekominen), daß
Ausstcllungsgüter von niinderer Bualität einen preis erhalten, cin-
zelne unzweifclhaft beffere, derselben Gattung angehörende Gegenstände
dagegen nicht, — lediglich aus deni Grunde, weil der die letzteren
beurtheilende Liuzelrichter eine schärfere Aritik znr Anwcnduug bringt,
als derjenige, welcher die minderwerthigeu Lrzeuguisse zu beurtheilen
hat. Die nochmalige prüfung und endgültige Prcisfestsetzung durch
das Departemcntal-Lomittce bietct für die Bcseitigung derartiger Un°
gerechtigkeiten keine ausreicheude Gewähr, da in den meisten Fällen
die Aiisstellungsgegcnstäiide, anf wclche sich die Bcrichte der Linzcl-
richter beziehen, dcn übrigen im Departemental-Lomittee sitzenden
Inroren nicht bekannt sind, und da ferner cine eingehendere Lr-
örterung der Urtheile der Liuzelrichter wegen der großen Zahl der in
jeder Sitzung zur verlesnng gelangeudcu Bcrichte sich als unthunlich
erwiescn hat."

Zu dcm cben näher erläuterten Benrtheilungsverfahrcii ist zu be-
mcrken, daß die Zerlegung einer Gruppe dessclbeu Ausstellers in zwei
oder mehrcre Theile, sowie die über dieselben zu crstattenden Berichte
über die Beschaffenheit der lvaaren dazu dienen sollen, fiir eine um-
fassende Leschreibuug der Ausstcllung das nöthige statistische Material
zu liefcrn; neucrn Nachrichten zufolgc schciut eine Mehrzahl an Tickets
eines Ausstellers — bei entsxrcchcnd günstiger Beurthcilung — auch
eine Mehrzahl von Medailleu nach sich zu ziehen. Ueber die wirkliche
Zuerkenniing dcr Aiedaillen ist indessen noch nichts Genaueres bekannt
gewordcn; doch werdcn in den Departemcuts für Runstgewerbe und freie
Aünstc von dcn dentschen Ausstellcrn wahrschcinlich 8o—90 Proz. mit
Preisen bedacht werde», cin Prozcntsatz, den kein andcres Laud er-
reicht hat.

Zn dcn Departements für Aunstgcwerbe und für freie
Künste führtc der dcutsche Lonsul Or. Bünz den vorsitz; außer
 
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