Hochgeehrte Versammlung!
Die Beschäftigung mit der psychologischen Analyse des
künstlerischen Schaffens ist alt. Aber sie ist vielfach recht
einseitig gewesen und hat sich von einer sehr schmalen Basis
erhoben. Die Kunstpsychologie bestand fast ausschließlich
in der traditionellen Ästhetik. Den Mittelpunkt aller psycho-
logischen Kunstbetrachtungen bildete immer und immer wieder
allein der Schönheitsbegriff der Kulturvölker. Das preßte
die wissenschaftliche Behandlung des Gebietes von vornherein
in einen allzu engen Rahmen und es ist durchaus begreiflich,
wenn die Begründung dieses Gebietes auf einen so speziellen
und noch dazu so ungemein schwankenden Begriff von an-
fang an zu mannigfaltigen Widersprüchen und durch und durch
gekünstelten Systemen führen mußte. In Wirklichkeit ist das
Gebiet unendlich viel größer.
Die künstlerische Produktion ist ein Aus-
drucksmittel des Menschen für Empfindungen
und Vorstellungen, für Gedanken und Gefühle.
Dieses Ausdrucksmittel ist zwar nicht so bequem und praktisch
wie Sprache und Schrift, aber es leistet nicht selten mehr
als diese. Es erhellt manche Falte des Geisteslebens mit
einem Schlage, die das gesprochene Wort selbst bei genauer
Bekanntschaft der Persönlichkeit nur spärlich beleuchtet. Es
enthüllt dem, der es zu deuten versteht, eine Fülle von
Zügen, von denen ihr Urheber selbst nie etwas ahnt.1) Vor
allen Dingen aber ist es imstande, uns einen Einblick in das
Die Beschäftigung mit der psychologischen Analyse des
künstlerischen Schaffens ist alt. Aber sie ist vielfach recht
einseitig gewesen und hat sich von einer sehr schmalen Basis
erhoben. Die Kunstpsychologie bestand fast ausschließlich
in der traditionellen Ästhetik. Den Mittelpunkt aller psycho-
logischen Kunstbetrachtungen bildete immer und immer wieder
allein der Schönheitsbegriff der Kulturvölker. Das preßte
die wissenschaftliche Behandlung des Gebietes von vornherein
in einen allzu engen Rahmen und es ist durchaus begreiflich,
wenn die Begründung dieses Gebietes auf einen so speziellen
und noch dazu so ungemein schwankenden Begriff von an-
fang an zu mannigfaltigen Widersprüchen und durch und durch
gekünstelten Systemen führen mußte. In Wirklichkeit ist das
Gebiet unendlich viel größer.
Die künstlerische Produktion ist ein Aus-
drucksmittel des Menschen für Empfindungen
und Vorstellungen, für Gedanken und Gefühle.
Dieses Ausdrucksmittel ist zwar nicht so bequem und praktisch
wie Sprache und Schrift, aber es leistet nicht selten mehr
als diese. Es erhellt manche Falte des Geisteslebens mit
einem Schlage, die das gesprochene Wort selbst bei genauer
Bekanntschaft der Persönlichkeit nur spärlich beleuchtet. Es
enthüllt dem, der es zu deuten versteht, eine Fülle von
Zügen, von denen ihr Urheber selbst nie etwas ahnt.1) Vor
allen Dingen aber ist es imstande, uns einen Einblick in das