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Vignola
Le Vignole moderne / Der neue Vignola oder Elementar-Buch der Baukunst: Grundsätze der fünf Säulenordnung / Principes des cinq ordres — Leipzig, 1818

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https://doi.org/10.11588/diglit.1709#0054
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-». 2 ---
In der Folpe richtete man Gabeln oder zackige Stämme gerade in die Höhe,
durchflocht sie mit Zweigen, und übertünchte sie mit Lehmerde, um Mauern zu bil-
den. Weiterhin fiel man darauf Stücke, ausgetrockneter Erde auf einander zu setzen,
und Stämme cjueer über zu legen, welche man mit Blättern bedeckte, um sich gegen
Sonne und Regen zu schirmen ; da aber diese Bedeckungen nicht hinlänglich vor dem
Einflüsse der schlimmen Witterung sicherten, so erfand man schiefe oder schräge Dä-
cher, welche man mit Erde übertünchte, um das Ablaufen des Wassers zu be-

fördern.
Im Königreiche Pontus, in Colchis u. s. w. errichtet man vier Bäume oder Stäm-
me senkrecht, ins Gevierte, besetzt sie mit Stöcken, Stäben und mit fetter Erde, und
verbindet sie dann durch Queergebälke, welche Diagonallinien bilden 5 zur Bedeckung
setzt man dann vier andere Stämme darauf, deren Spitzen in der Mitte in Form einer
vierseitigen Pyramide zusammenlaufen, und ebenfalls mit Queerstöcken und fetter Er-
de oder Lehm bekleidet sind.
Die Phrygier, welche eine Landschaft bewohnen, wo grofser Holzmangel ist,
graben runde Gruben, oder hohlen kleine von Natur aufgeworfene Erdhügel aus, in
welchen sie eine Öffnung lassen, um aus- und einzugehen ; um diese Höhlen stecken sic
Stangen, welche sie oben in Form eines Kegels verbinden, hierauf mit Stroh bedecken,
dann wieder Erde oder Rasen darauf tragen, ohngefehr nach Art unserer Eisgruben,

um ihre Wohnungen im Winter warm und im Sommer kühl zu machen.

In Monomotapa werden die Häuser von Holz erbaut, das in den Wäldern ge-
fällt wird; die Abyssinier wohnen in Hütten vön Stroh und Lehm. In Peru sind die
Häuser jetzt wegen der häufigen Erdbeben von Schilf und geflochtenem Rohre, den er-
sten Wohnungen der Aegyptier und der Völker Palästina’s ähnlich. Die Häuser der
ältesten Griechen waren ebenfalls von Thon, welchen sie nicht einmal durchs Feuer
zu härten verstanden. In Irrland werden die Häuser von kleinen Steinen, Felsenstük-
ken, mit Moos und durchgekneteter Erde erbaut. In Marseille sind Häuser mit Lehm-
erde bedeckt, die mit Stroh durchknetet wird. In andern Ländern bedeckt man sie
mit Pflanzen, die man aus Teichen nimmt. Es giebt noch gewisse Völker, welche,
aus Mangel an Materialien und an Einsicht, von Fellen und Knochen vierfüfsiger
Thiere und Seeungeheuer Wohnungen erbauen. Noch jetzt zeigt man inAthen
als eine Seltenheit und antiquarische Merkwürdigkeit die aus Léhm verfertigten Dächer
des Areopag’s, und, im Tempel des Capitols, die mit Stroh und Schaub ’gedeckte
Hutte des Romulus. In Spanien, Portugal, Guyenne und überhaupt in Frankreich
sieht man noch viele mit Stroh und mit Schindeln bedeckte Wohnhäuser. Daraus

läfst sich muthmafsen, dafs die Begierdedie Hütten zu vervollkommnen, die Alten
Mittel ausfindig machen liefs, dasjenige zu verbrauchen, was die Oberfläche der Erde,
auf der sie ihre Wohnungen errichteten, zuerst darbot; welches sie nach und nach
auf den Gedanken brachte, tiefer zu graben, wo sic dann Steine und verschiedene Mi-
neralien antrafen, die sie den Baumaterialien aus dem Pflanzenreiche, wesen ihrer
bald erprobten Festigkeit und Dauer, vorzogen.
Insgemein regt man den Agyptiern den Rühm bey, zuerst symmetrische und
verhältnifsmäfsige Gebäude aufgeführt zu haben; das hat Einige veranlafst zu sasen:
Salomo, der Israelitische König j habe sich wegen seines Tempelbaus in Jerusalem an
sie verwandt; aber von allen ihren Produkten ist uns nichts übrig, als Ruinen ihrer
arten Gebäude, Colossalische Denkmähler, von einer unwandelbaren Festigkeit. Mit
 
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