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Volksgemeinschaft: Heidelberger Beobachter, NS-Zeitung für Nordbaden (3) — 1933 (März-April)

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Nr. 77-100 (1/2. - 28. April)
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Dienstag, 11. April 1S8L


52. Fortsetzung.
„Bill...!" Philippa schrie eS heraus.
„Soll ich umkehren?" fragte er.
„Nein, nein...! Diese Qual muß ein Ende
haben... Wir müssen sie in Sicherheit brin-
gen... sonst kann ich nie wieder ruhig sein."
Er nickte nur und steigerte das Tempo des
Autos. Der Wagen flog nur so dahin, denn
es blieb ihnen nicht viel Zeit übrig, sollte ihr
Unternehmen nur Halbwegs Aussicht auf Ge-
lingen haben.
Bill hatte noch heute mit Echagüe und den
anderen eine Besprechung haben sollen, und
wenn der Spanier ihn und das Auto vermißte,
war anzunehmen, baß er alle Hebel in Be-
wegung setzen würde, um zu erfahren, was ge-
schehen sei. Sie hatten zwar genügend Vor-
sprung, aber schließlich hing ja alles davon ab,
was sich im Schloß ereignen würde. Bill war
überzeugt, daß es eine rasche Verständigungs-
möglichkeit zwischen Belfort und der Stadt gab,
obwohl ihm Echagüe nie etwas davon verraten
hatte. Aber Bill ahnte, daß auch im Schloß
eine kleine Kurzwellenstation in Betrieb war,
und darin lag für ihn und Philippa die Haupt-
gefahr. .
Bill.warf sich vor, daß er nie Philippas
Drängen hätte nachgeben sollen, aber sie hatte
ihn förmlich überrumpelt. Ueberdies war er
überzeugt, daß sie sich im anderen Falle zu
einem unüberlegten Schritt hinreißen hätte
lassen. Denn Philippa fürchtete um Frau
Brauns Leben und machte sich für alle Folgen
der Entführung, Lei der sie mitgeholfen hatte,
verantwortlich.
Bill Smal biß die Zähne zusammen. Ja, es
ivar besser so... Die Stunde des Handelns
mußte einmal kommen, früher oder später...
Er war bis jetzt nur mit den Stadtlampen
gefahren, doch diese beleuchteten für die hohe
Geschwindigkeit, die Bill jetzt einschlug, die
Ltraße zu wenig. Er drehte daher die Schein-
werfer auf und steigerte abermals das Tempo.
Nachtschwarz lag die Straße da, und trotz
des Lichtkegels, der vor ihnen hertanzte, fuh-
ren sie doch in eine unheimliche, ungewisse Fin-
sternis hinein. Das Jagdfieber hatte Bill er-
griffen, die Gefahren dieses Abenteuers be-
gannen ihn zu reizen, Freude am Kampf war
in ihm. Das Bewußtsein, daß nun endlich jener
Augenblick gekommen war, den er seit Wochen
und langen Monaten herbeigesehnt hatte,
stählte seine Nerven und seinen Mut.
Zwar Hütte er gern allein dieses gefährliche
Duell gewagt, und es wäre ihm eine Beruhi-
gung gewesen, Philippa in Sicherheit zu wissen.
Trotzdem war er stolz auf die Kühnheit dieses
Mädchens und darauf, daß sie gemeinsam mit
ihm diese Fahrt wagte. Sie würden ihr Ziel
erreichen oder gemeinsam sterben, bas schwor
er sich. Denn ohne Philippa war das Leben
für ihn vollkommen wertlos, und auch von ihr
wußte er, daß aus dem gleichen Grunde in die-
ser Stunde höchster Gefahr ihr Platz an seiner
Seite war.
Philippas Hand berührte ihn leicht. „Gib
acht, Bill", warnte sie ihn, „vor uns führt eben-
falls ein Auto."
Bill nickte und wandte seine ganze Aufmerk-
samkeit auf einen zweiten Hellen Lichtstreifen,
der gerade hinter einer Kurve verschwand.
„Wir müssen den Wagen überholen..."
Sie rasten weiter. Langsam kamen sie dem
anderen Automobil näher. Bill erkannte schon
das rote Decklicht, jedoch auch dieser Wagen
fuhr eine sehr hohe Geschwindigkeit, so daß Bill
sich anstrengen mußte, wenn er ihn einholen
wollte. Endlich waren sie nur mehr zwanzig
Meter voneinander entfernt und Bill gab
Signal. Wie ein langgezogener schauriger Ruf
hallte es durch die Nacht. Ohne seine Geschwin-
digkeit zu vermindern, fuhr das unbekannte
Auto nur so weit an den Straßenrand, daß
Bill Smal gerade knapp vorbeikam.
In diesem Bruchteil einer Sekunde, als beide
Automobile auf gleicher Höhe waren, blickte
Bill zur Seite. Aber er erkannte nur, daß es
ein großer, offener, starker Wagen war, in
dem sich mehrere Personen befanden. Sonst
nichts...
Eine halbe Stunde lang fuhren sie jetzt in
einem höllischen Tempo schweigend weiter. Vis
Bill plötzlich stoppte. Er sprang aus dem Auto
und zog Philippa mit sich.
„Sieh... dort...!" sagte Bill und seine
Stimme bebte.
Nur mehr ein kleiner Hügel trennte sie von
Schloß Belfort. Philippa und Bill blickten zur
Höhe, und das Mädchen wußte nun sofort,
warum Bill die Fahrt unterbrochen hatte. Ein
rötlicher Schein lag fächerartig über dem
dunklen Himmel. Von Minute zu Minute

wurde er stärker, so daß sich der Hügel wie
eine dunkle Silhouette vom Hintergrund ab-
hob.
„Schloß Belfort brennt!" rief Bill aus.
„Zu spät...!" hauchte Philippa und wankte.
Bill fing sie auf und zog sie an sich. „Nicht den
Mut verlieren jetzt", redete er ihr zu und strei-
chelte zärtlich ihre blassen Wangen.
Philippa weinte fassungslos, keines Wortes
mächtig. Einige Augenblicke wartete Bill, bann
aber löste er sanft die Hände des Mädchens
von seinem Hals.
„Wir müßen weiter, Philippa, vielleicht ist
doch noch nicht alles verloren."
„Ach, Bill", stammelte sie, „ich habe keine
Hoffnung mehr. Dieser Brand... sie haben
sicher gewußt, baß wir kommen."
„Das wäre noch kein Grund gewesen, um
Schloß Belfort anzuzünben. Sie hätten uns
am Wege eine Falle stellen können, wenn sie
es verhindern wollten, daß wir hierherkommen.
Nein, Philippa, sie ahnen nichts von unserem
Plan, das hat einen anderen GrunX" Er

Die Hohe Gestalt des Oberbefehlshabers rich-
tete sich auf:
„Haben Sie noch irgend welche Fragen?"
„Nein, Euer Exzellenz, ich bin vollständig im
Bilde. Darf ich wiederholen: Diesen Brief soll
cch, wenn möglich dem Oberkommandierenden
der amerikanischen Heeresgruppe, General
Pershing, überbringen und mich nach Rückkehr
sofort bei Euer Exzellenz melden."
„Dann viel Glück!" Ein kurzer Händedruck,
und ich war entlassen. Langsam ging ich zu
meinem Auto zurück, das draußen wartete-
Die Ereignisse hatten sich in den letzten Tagen
überstürzt: kaleidoskopartig zogen sie mir
durch den Kopf: Waffenstillstand, Revolution,
Solöatenrat, rote Fahnen, Tricoloren, Rück-
zug. Noch vor einer Stunde saß ich in einem
Güterzug, bereit, mit einem Transport nach
4V- Kriegsjahrcn in die Heimat zurückzukeh-
ren,' diesmal endgültig. Da überbrachte eine
Ordonnanz mir den Befehl, mich sofort beim
Chef des Generalstabes zu melden. Rasch wur-
den die notwendigen R-eiseartikel aus dem
Koffer geholt, in der richtigen Ahnung, daß es
mit der Heimfahrt vorläufig nichts sei. Dann
brachte mich das Auto zu dem herrlichen
Schloß, Sicht an der lothringischen Grenze,
in dem das Armee-Oberkommando einquar-
tiert war.
Der Chef des Stabes empfing mich sehr lie-
benswürdig:
„Ich habe Sie auserwählt, als Parlamentär
zu den Amerikanern zu gehen. Wollen Sie
diesen Auftrag ausführen?"
Etwas überrascht stimmte ich zu, bemerkte
aber, öqß mein Anzug wohl kaum zu einer
solchen Aufgabe geeignet sei. Denn ich hatte
meine ältesten Sachen angezogen wegen der
angenehmen Aussicht auf einen Aufenthalt
von 10—12 Tagen im Güterwagen, die mir
noch heute morgen bevorstand. Ich wußte ganz
genau, daß sich die amerikanischen Offiziere
mit außerordentlichem Chick klei-
deten und daß bei allen unseren Gegnern auf
das Aeußere sehr viel Wert gelegt wird, daß
oft nur nach dem Aussehen der Mensch und
mit ihm die Nation, die er vertritt, beurteilt
werden. Leider haben wir Deutsche uns in die-
ser Hinsicht sehr vernachlässigt, und das mag
mit ein Grund unserer Unbeliebtheit bei der
ganzen Welt gewesen sein. Aber zum Um-
ziehen war weder Zeit noch Gelegenheit. Mit
kurzen Worten hatte mich der Chef des Sta-
bes über die Einzelheiten meiner Aufgabe un-
terrichtet, mir den Brief vorgelesen, den Weg
zur Front beschrieben und mich über mein
Verhalten bei einem möglichen Mißerfolg be-
lehrt. Es blieb mir nur noch übrig, den Brief
Seiner Exzellenz zur Unterschrift vorzulcgen
und mich abzumelden. Dann konnte die Reise
losgehen. Ein gutes Auto, Viersitzer, mit
Gummireifen, stand mir zur Verfügung: eine
kleine, weiße Fahn war daran vorne ange-
bracht. Rittmeister B. sollte mich begleiten.
Es dämmerte schon, als sich das Auto in
Richtung der Front in Bewegung setzte.
Als Anmarschweg war die Hauptstraße Metz
—Etain—Verdun angegeben, die wir auch ein-
schlugen. Es war kalt, der erste Schnee war ge-
fallen, und ein eisiger Wind pfiff uns ins
Gesicht und um die Ohren, so daß wir, in un-

blickte sich um und sah in jene Richtung, aus
der sie eben gekommen waren. „Still...!"
sagte Bill plötzlich und lauschte.
„Du glaubst... das andere Auto...?" fragte
Philippa angstvoll. „Mir wäre leichter", ant-
wortete Bill, „wenn ich wüßte, ob es der rich-
tige Wagen war."
„Welcher Wagen, Bill?"
Aber er schüttelte nur den Kopf und nahm
sie am Arm. „Komm, wir müssen trotzdem zum
Schloß. Vielleicht gibt es noch eine Hilfe für
Frau Braun."
In wenigen Minute" waren sie über den
Hügel, und Bill lenkte den Wagen durch die
Allee, die zum Schloß führte. Ein grellroter
Schein sprang ihnen entgegen und erleuchtete
die Umgebung taghell. Schloß Belfort brannte
lichterloh und riesige Flammengarben schlu-
gen aus dem Dachstuhl empor. Eine schwere,
dicke Rauchwolke schwebte über dem Brand-
herd.
„Benzin..." stellte Bill sofort fest, „sonst
würde dieser alte Kasten nicht so brennen."

sere Mäntel eingehüllt, schweigend die Fahrt
verbrachten. Bald lag das bewohnte Gebiet
hinter uns, die Straße wurde immer einsamer,
oft traf man auf Kilometer keinen Menschen
und von Truppen und Befestigungen war
überhaupt nichts zu sehen. Hinter einer Stra-
ßenkurve stießen wir auf einen Trupp Kriegs-
gefangener, die auf dem Wege zu den feind-
lichen Linien Halt gemacht hatten und aus-
ruhten. Es mochten wohl gegen 6M Mann
sein, Franzosen, Engländer, Italiener, Russen.
Sie waren ohne jede Bewachung und riesen
und pfiffen uns nach, als wir langsam uns ei-
nen Weg durch sie durchbahnten. Dann kamen
kleinere Gruppen, meistens Franzosen, die
nicht schnell genug zu den Ihren kommen konn-
ten und sich keine Rast gönnten.
Eine Stadt wurde sichtbar, vielmehr eine ge-
wesene Stadt, jetzt gänzlich zerstört, durch de-
ren zerschossene Straßen das Auto nur müh-
sam vorwärts kam: Etain. Endlich, ungefähr
drei bis vier Kilometer westlich davon ein
kleiner Trupp deutscher Soldaten, die vorder-
ste deutsche Feldwache. Hier hielten wir und
orientierten uns über die Lage.
Die war einfach genug. Wo eigene Truppen
rechts oder links lagen, konnte die Feldwache
nicht angeben. Sie wußte nur, daß in jenem
zerschossenen Gehöft, etwa S00 Meter vor uns,
der Gegner lag,- sein Doppelposten stand deut-
lich sichtbar gegen Sen Horizont an einem
Baum. Es wären Schwarze, meinten unsere
Leute, ob amerikanische Neger oder französi-
sche, konnten, sie uns leider nicht angeben. Frei-
lich hatten wir die amerikanische Heeresgrup-
pe gegenüberliegen, aber diese war nicht rein
aus Amerikanern zusammengesetzt, sondern
mit Franzosen durchmischt, eine Tatsache, die
wir zu unserem Nachteil bald erfahren soll-
ten.
Mein Interesse galt vorerst etwas anderem.
Rechts und links der Straße standen zwei rie-
sige Zementblöcke, die nur einen schmalen
Durchgang ließen: dahinter, Mitten auf der
Straße, ein ebenso großer dritter Block. Das
war eine Tankfalle, die das Vordringen der
feindlichen Panzerwagen verhindern sollte. Zu-
nächst hielt sie uns davon ab, mtt dem Auto
weite czufahren. Leider war auch nicht Saran
zu beMen, seitwärts vorbeizukommen, da sich
Sumpfgelände dort befand und ein gutes
Drahthindernis jedes weitere Vorfahren über
freies Feld unmöglich machte. So mußten wir
uns von dem schönen Auto trennen und den
Weg zu Fuß fortsetzen. Schnell wurde die wei-
ße Flagge vom Wagen heruntergenommen und
unter deren Hin- und Herschwenken der Vor-
marsch angetreten. Dem Rittmeister schien je-
doch die Fahne zu klein zu sein, denn er eilte
zurück und holte aus seinem Handkoffer ein
Nachthemd hervor. Dann mußten zwei Solda-
ten dieses Hemd an den Aermeln anfassen und
sich rechts und links der Straße damit weiter
bewegen. Ich war inzwischen etwas vorgeeilt
und an den französischen Doppelposten heran-
gekommen. Da es schon ziemlich dunkel gewor-
den war, konnte ich erst aus nächster Entfer-
nung die Nationalität fsststellen: silberblaue
Uniform, also Franzosen. Am liebsten wäre
ich umgekehrt, aber dazu war es zu spät. So
wartete ich, bis der Rittmeister heran war.

„Gibt eS denn gar keine Rettung für sie?"
„ES wäre Selbstmord, in bas Schloß ein-
zudringen" entgegnete Bill düster, „dort
drinnen befindet sich kein lebendes Wesen
mehr..."
Wie zur Bestätigung seiner Worte mischte
sich jetzt in das Prasseln der Flammen ein
ohrenbetäubendes Krachen. Unter einem riesi-
gen Funkenregen stürzte das Dach des Schlos-
ses in sich zusammen und riß einen Teil des
obersten Stockwerkes mit. Eine dumpfe Ex-
plosion ertönte. Wieder zischte wie eine un-
geheure Rakete ein Feuerstrahl aus dem stür-
zenden Gemäuer. Der Funkenregen ergoß sich
bis zu dem Platz, wo das Auto stand, und Bill
erkannte sofort die drohende Gefahr.
„Wir müssen zurück", rief er aus, ließ den
Motor ansprtngen und wandte den Wagen.
„Wer weiß, wieviel Tonnen Benzin da drinnen
noch lagern..."
Philippas Hände klammerten sich an ihn,
wollten ihn zurückhalten. Er ahnte, was im
Herzen des Mädchens vorging, aber jetzt durfte
er nicht nachgeben.
„Es ist zwecklos, Philippa...!"
„Warte noch, Bill, warte noch ein paar Mi-
nuten!" flüsterte sie heiser vor Erregung. Sie
starrte tn das Flammenmeer, als wollte sie
dessen schauriges Geheimnis ergründen.
Da zuckte Bill zusammen. Sein feines Ohr
hatte einen Knall vernommen, der wie ein Pi-
stolenschuß klang. Mit einem Satz war er wie-
der aus dem Wagen und spähte um sich.
Da... da war er wieder...! Ein Knall folgte
dem andern. Bill zählte laut: „Vier, fünf,
sechs Pistolenschüsse." Sie kamen aus der Rich-
tung des brennenden Schlosses, eine Täuschung
war ausgeschlossen.
Philippa stieß einen gellenden Schrei aus:
„Dort... Bill... dort!"

Dann ließen wir uns zu der Vorpostenkompa-
nie führen, die einige Schritte dahinter in dem
zerschossenen Gehöft hauste. Ihr Führer, ein
noch junger Hauptmann, kam uns schon ent-
gegen. Wir zeigten ihm unsere Ausweise und
baten, so schnell wie nur möglich zu General
Pershing geführt zu werden. Der Offizier ließ
sich für einige Augenblicke entschuldigen und
kehrte nach kurzer Zeit mit der Mitteilung zu-
rück, sein Regiment habe befohlen, daß die bei-
den Herren zum Stabsquartier geführt wer-
den,' er fügte noch hinzu, daß es ihm sehr leid
täte, daß wir zu Fuß gehen müßten, aber Ge-
legenheit zu fahren sei augenblicklich nicht vor-
handen. Dann bestimmte er einen Unteroffi-
zier und zwei Mann als Führer.
Gegen 6 Uhr abends machten wir uns auf
den Weg zum Regimentsstabsquartier. Ge-
sprochen wurde während der zwei Stunden,
die wir unterwegs waren, kein Wort. Unsere
Führer taten, als ob wir nicht existierten, und
wir, als ob sie uns vollständig Luft wären.
Die Nacht war sternenklar und überall sahen
wir im Halbkreise vor uns Leuchtkugeln und
sonstiges Feuerwerk ununterbrochen hochgehen.
Es waren die Freuöenfeuer des Gegners über
den Abschluß des Waffenstillstandes und den
Ausbruch der Revolution in Deutschland. Es
hatte den Anschein, als ob die Franzosen nichts
eiligeres zu tun hätten, als sämtliche Feuer-
werkskörper, die tn erreichbarer Nähe waren,
schleunigst abzubrennen.
(Fortsetzung folgt.)

Die ZrbudM eines Schriftleiters
schildert das „Querfurter Tagblatt" wie folgt:
Hat ein Blatt viel Anzeigen, beklagen sich
die Leser wegen Stosfmangels. Hat es wenig
Anzeigen, so sagt man, es ist nichts wert. Läßt
sich der Redakteur viel auf der Gasse sehen,
dann heißt es, er bummelt Herum. Arbeitet er
fleißig zu Hause, dann ist er ein Mensch, der sich
um keine Neuigkeiten kümmert. Nimmt er
einen langatmigen Brief nicht auf, macht er
sich Feinde. Nimmt er ihn auf, dann heißt es,
der bringt jeden Quatsch. Unterdrückt er pein-
liche Nachrichten aus gutmütigem Herzen, sagt
man, er ist feige und bevorzugt gewisse Klas-
sen. Bringt er aber den Bericht, dann gibts
Krawall mit der betreffenden Familie und
ihren Freunden. Nennt er den Namen, so be-
geht er eine Gemeinheit. Macht er einen Witz,
dann ist er anmaßend. Bleibt er mit seiner
Schreiberei stets im Schatten kühler Den-
kungsart, dann ist er ledern und langweilig.
Gebraucht er eine scharfe Schreibweise, dann
ist er klotzig und grob. Schreibt er gemäßigt
und zahm, dann ist das Blatt eintönig. Deckt
er Mißstände auf, ist er ein Revolverjourna-
list: kommt er dabei gar ins Gefängnis, ist er
ein dummer Kerl. Unterläßt er es infolge
dieser üblen Erfahrungen und des Undanks
der Welt, für andere die Kastanien aus dem
Feuer zu holen, so ist er ein Mensch, der für
Höheres kein Interesse hat.
Man sicht also schon aus dieser kleinen Aus-
lese von Beispielen, daß ein Redakteur von
vornherein darauf verzichten muß, es den Le-
sern seines Blattes recht machen zu wollen.

Als Parlamentär in der Zitadelle von Berdnn
(IS. NovernSer ISIS)
Erinnerungen aus den Zeiten des Waffenstillstandes von Herbert Kraft
 
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