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Volksgemeinschaft: Heidelberger Beobachter, NS-Zeitung für Nordbaden (3) — 1933 (September-Oktober)

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Nr. 221-250 (1. - 30. September)
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Freiverkauf 15 Pfg.

Heidelberg, Montag, 11. September.

S. Zahrg. / Nr. 231

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Aelrhsftatthttttev Asvevt WssneV am Anslürtsovt

1° Pforzheim, 10. Sept. Zn dem etwa 1S00
Einwohner zählenden Dorfe Oeschelbronn wü-
tet seit Sonntag 11 Uhr vormittags em furcht-
barer Brand. Er nahm seinen Ausgang in
einer Scheune im oberen Teil der Ortschaft
und verbreitete sich bei dem starken Oslwind
mit ungeheurer Schnelligkeit. Der Bevölke-
rung bemächtigte sich ein« gewaltige Pa-
nik, das Vieh wurde auf die Felder getrie-
ben. Bisher sind dem Brande 73 Anwesen
bestehend aus LOS Gebäuden zum Opfer ge-
fallen. Das Feuer ist noch nicht gelöscht und
man befürchtet, daß das ganze Dorf den
Flammen zum Opfer fällt. Sämtliche Feuer-
wehren der Umgebung, auch die von Stutt-
gart und Karlsruhe sind zur Hilfeleistung her-
beiqeeilk. SA, SS und Polizei sorgen für Ab-
sperrung.
» -
-st Pforzheim, 10. Sept. (Tel.) Unser ba-
disches Heimatland wurde heute Sonntag von
einem Brandunglück heimgesuchk, wie wir es,
so weit wir zurückblicken können, noch nicht
erlebten. Erschreckend groß war die Brand-
katastrophe, die am 3. August 1908 in Donau-
eschingen ein ganzes Stadtviertel in Schutt
und Asche legt«. Doch ist das rissige Feuer,
das am Sonntag seit den Vormittagsstunden
über Oeschelbronn wütet, in seiner Unge-
hemmkheit ungeheuerlich. Dis Natur-
kraft eines starken Ostwindes, unterstützt von
einer wochenlangen Trockenheit, die alle Was-
ser versiegen ließ, machen seds Maßnahme
der vielen hundert Helfer unmöglich.
DaS Feuer setzt seinen Vern'chkungsweg
über oufgerichleke Dämme maßlos weiter und
frißt sich von Gehöft zu Gehöft, denn kein
Wasser steht zur Verfügung.
Kilometerweit herangepumpke Wassermen
gen bringen nicht die ersehnte Hilfe, denn der
unaehsurs Wasserdruck zerstörte dis zahllosen
Schlauchleitungen, die vom Enzkal aus Nie-
sern hierher gelegt worden waren. So stand
nur Zauche zur Verfügung, ein ohnmächtiges
Beginnen gegenüber dieser Brandkakastrophe.
Das Ende dieses Schreckenstages ist nicht ab-
zusehen. Wird auch fieberhaft daran gearbei-
ket, nm einen Teil der fast vollständig einge-
brachken Ernte noch zu retten, so wird doch
das Elend groß sein, denn der etwa 1300 Ein-
wohner zählende Ork Oeschelbronn ist vor-
wiegend auf Landwirtschaft eingestellt.
Sofort auf den großen Alarm in Karls-
ruhe begaben sich Reichsstatthalter Robert
Magner und Pressechef Moraller an den Un-
glücksork. Auch der würkkembergische Reichs-
statthalter Nfurr traf am Nachmittag in
Oeschelbronn ein. Großfeueralarm holte aus
Pforzheim, Karlsruhe, Stuttgart, Leonberg,
Vaihingen und anderen Orten dis Feuerweh-
ren heran. Zn Lastautos wurden Polizei, SA,
SS, Stahlhelm und Arbeitsdienst in großer
Zahl hinzugeführk. Alle Bemühungen zur
Niederkämpfüng des Niesenfeuers blieben bis
in die späten Abendstunden hinein vergebens.
Das Feuer nahm in einer Scheuer einer
alleinstehenden Witwe, während diese in der
Kirche weilte, seinen Anfang.
Durch den starken Ostwind, der über das
Tal hinwegfegte, griff das Feuer ungeheuer
rasch auf die angrenzenden Anwesen über.

Die Einwohnerschaft eilte sofort zur Hilfe her-
bei und versuchte durch Reichen der Wasser-
eimer das Feuer zu bekämpfen, was bei der
Ausdehnung des Brandes ohne Wirkung
blieb. Auf dem Weg eines Großalarms wur-
den aus Pforzheim, Karlsruhe, Stuttgart und
den Orken der Umgebung des Brandortes die
Feuerwehren hinzugeholt. Die Polizei, SA
und SS, Stahlhelm und Arbeitsdienst, die
Technische Nothilfs wurden auf Lastwagen
zur Brandstätte gebracht, Zn den ersten Nach-
mittagsstunden waren bereits 30 Anwesen
vollstänoig mit ihren Nebengebäulichkeiten in
Schutt und Asche gelegt. Fieberhaft wurde ge-
arbeitet, um das Vieh in Sicherheit zu brin-
gen, die Fahrnisse aus den Häusern zu schaf-
fen und von der vollständig eingebrachlen
Ernte nach Möglichkeit noch etwas zu retten.
Mit der rasenden Ausbreitung des Feuers
wurde die Bewohnerschaft kopflos und jetzt
griff die SA und SS in das Rüstungswerk
ein. Alles Holz wurde weggeräumk, Türen
ausgehängk, dis Dächer abgedeckt, Schuppen
ausgeräumk, das aus den Scheunen heraus-
geworfene Heu und Getreide forkgeschafft, um

so dem Feuer in seinem rasenden Wüten Ein-
halt zu gebieten.
Doch alles half nichts.
Das Element griff weiter um sich. Am drei
Ahr versuchte man durch Sprengung eines
Hauses die fortlaufende Feuerlinie zu unter-
brechen. Doll) auch diese Maßnahme erwies
sich als vergebens, da der ungeheure Funken-
flug dem Feuer einen weiteren Weg bahnte.
Zetzt ging man daran, die schönsten Tannen
und Fichten zwischen den Häuserfronten zu
fällen, um sie nicht zum Träger weiterer
Feuerherde werden zu lassen. Doch alles um-
sonst infolge des ungeheuren Funkenregens,
her den Ort an den verschiedensten Stellen in
Flammen setzte. So wurden dis Rettungs-
versuche außerordentlich erschwert, herrschte
doch vollkommener Wassermangel, der die
Feuerwehren zur Machtlosigkeit verurteilte.
Aus der ganzen Amgebung schaffte man
auf Fuhrwerken Wasser in allen möglichen
Behältern herbei. Auf der Straße von Nie-
sern nach Oeschelbronn arbeiteten sechs Feuer-
wehrpumpe», um das Wasser aus der unge-

RAsMf -ss Netchsftatt-altess
«m Vas -sarsOs VsM

OeschelLronu, 10. Sept. Reichsstatthal-
ter Robert Wagner erlicht folgenden Aufruf:
Die Gemeinde Oeschelbronn ist von einer
furchtbaren Katastrophe betroffen worden. Es ist
jetzt 8 Uhr abends. Seit heute vormittag um
11 Uhr wütet das Feuer. Ueber die Hälfte des
Dorfes liegt bereits in Trümmern und noch ist
kein Ende der Feuersbrunst abzusehen. Wenn
auch glücklicherweise Menschenleben nicht zu be-
klagen sind, so ist doch die Not und das Elend
der betroffenen Bevölkerung entsetzlich. I« die-
ser Stunde rufe ich tief erschüttert von dem Ent-
setzliche«, welches die badische Grenzmark betrof-
fen, alle deutschen Volksgenossen auf zur schnellen
Hilfe für die unglücklichen Bewohner der Ge-
meinde Oeschelbronn. Geldspenden sind zu rich-
ten an die Städtische Sparkasse Karlsruhe a. Rh.
unter Vermerk „Brandkatastrophe Oeschelbronn*.

Gleichzeitig hat der Reichsstatthalter die
Brandgeschädigteu der tatkräftigen Hilfe der ba-
dischen Regierung und des gesamten deutschen
Volkes versichert.
*
In einer anschließenden Besprechung mit dem
Pforzheimer Landrat, den Führern der Polizei,
SA, SS usw. wurden die Bekämpfung des
Brandes und die ersten Hilfsmaßnahmen fest-
gelegt. Als Eammelstelle für Lebensmittel und
Kleidungsstücke wurde das Bürgermeisteramt
Oeschelbronn in Baden bestimmt.
Erste SpenSe MLte KeMaölgten
Aus einem ihm zur Verfügung stehenden Fond
Hot Reichsstatthalter Robert Wagner die Summe
von 10 VW RM, zur Linderung der ersten gro-
ßen Not vereitgestellt.

Schweres AujormgM
SA-Auto Abhang WuntergeWrzt — s Tote. 28 Schwerverletzte

G Wuppertal, 10. Sept. Ein mit etwa 43
SA-Männern aus Bochum besetzter Lastkraft,
wagen stürzte auf der abschüssigen Solinger
Straße bei Kohlscheid einen steilen Abhang
hinunter. Neun SA-Männer wurden getötet,
28 schwer und drei leicht verletzt.
Der aus Bochum stammende Lastkraftwa-
gen war mit etwa 43 SA-Männern der Stan-
darte Ill/17 Bochum beseht, die er zur Be-
sichtigung der großen Eisenbahnbrücke bei
Münasken bringen sollte. Zn Kohlscheid, das
um v<11 Ahr erreicht wurde, mußte die ab-
schüssige Solinger Straße befahren werden.
Vermutlich hakte dabei der Fahrer die Krüm-
mung der S-Kurve und ihre Gefahren unter-

schätzt. Mitten in der Kurve gelang es ihm
nicht mehr, den Magen Herumzureißen, dieser
sauste über den Straßenrand den
steilen Abhang hinunter, sich da-
beimehrfachüberschlagend. Die Zn-
sassen wurden aus dem Wagen herausgeschleu-
derk. Neun SA-Männer konnten nur als Lei-
chen geborgen werden, 32 muhten mit zum
größten Teil schweren Verletzungen in die
Krankenhäuser nach Solingen geschafft werden.
Die sofort alarmierte Feuerwehr und die Sa-
nitäksmannschaft leisteten die erste Hilfe. Eine
Unkersuchungskommiflion wurde sofort zur An-
glücksstelle entsandt. Die Schuldfrage konnte
bisher noch nicht geklärt werden.

fahr vier Kilometer entfernt liegenden Enz
herauszupumpen. Doch durch den ungeheuren
Druck platzten zu allem Anglück die Schlauch-
leitungen, sodaß auch von dieser Seite her
keine Hilfe mehr zu erwarten war.
Es war ein Bild des Zammers zusehen zu
müssen, wie völlig machtlos dis Menschen die-
sem Flammenmeer gegenüberstehen mußte».
Die einzige Eindämmung sah man darin, in
die aneinandergereihken Häuserfronten durch
welkere Sprengungen Breschen zu schlagen.
Das Feuer war aber nicht anfzuhalken.
Gegen acht Ahr abends waren bereits über
80 Anwesen Zerstört, darunter das alte Rat-
haus. And noch immer kein End« abzusehen.
Mik Einbruch der Dunkelheit wurde durch
Lautsprecher der Befehl gegeben, daß alle
nicht ortsansässigen Personen den Ort Oeschel-
bronn zu verlassen haben, eine Vorsichtsmaß-
nahme, da alles, Vieh und das fortgeschaffke
Mobiler im Freien lagerte. Dis Kinder wa-
ren schon im Laufe des Nachmittags gesam-
melt und nach den umliegenden Ortschaften
gebracht worden. Der höher gelegene Orksteii
mit Kirche, Schule und Rathaus war bis in
die späten Abendstunden hinein vom Feuer
verschont geblieben. Doch mußten auch hier
bereits die Häuser zur Straßenseite wegen
großer Gefährdung geräumt werden, während
der bergwärts gelegene Teil gesicherter ist. Die
Kirchs und das Pfarrhaus sind angestauk mit
Möbelstücken.
lieber die Brandursache ist man noch völlig
im Anklaren.
Zn dem Anwesen, wo das Feuer seinen
Ausgang genommen hakte, liegt keine elek-
trische Leitung, sodaß also Kurzschluß nicht
vorliegk. Auch soll Selbstentzündung des Hau-
ses nicht in Frage kommen, da durch die große
Trockenheit in diesem Sommer das Heu voll-
kommen trocken unkergebrachk werden konnte.
So liegt der
Verdacht Her Brandstiftung
ziemlich nahe und die Geheime Staatspolizei,
die am Brandork weilt, nahm bereits Ver-
haftungen vor.
Mik dem badischen und würkkembergischen
Reichsstatthalter weilten auch Kultusminister
Dr. Wacker und der Kommandeur der ba-
dischen Polizei und Gendarmerie, Daterrodk,
am Brandort. Bis spät abends war nahezu
die Hälfte der ganzen Bevölkerung obdachlos.
Das Elend ist äußerst groß, da nur ein
Teil der Brandgeschädigken versichert ist.
Einige Feuerwehrleute trugen leichtere Rauch-
vergiftungen und Verletzungen davon. Ein
Feuerwehrmann wurde bei den Sprengungs-
arbeiten erheblich verletzt.
Nachts V-1 Ahr größte Ausdehnungs-
gefahr beseitigt.
Nach einer amtlichen Auskunft bei der
Brandwache in Oeschelbronn ist um 1. Ahr
nachts die größte Gefahr einer weiteren Aus-
dehnung des FeuerS beseitigt, da der Ostwind
nachgelassen hak.
--Insgesamt find 203 Gebäulichkeiten einge-
äscherk worden, darunter 73 Wohngebäude.
Der Schaden wird auf eine Million Reichs-
mark geschäht.
 
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