AmlHiekss Vsnkllnrlungs-Vi'gsn kUp Ltssts- unrl 6smsinkls-8sköi*risn
Freiverkauf 15 Pfg.
Heidelberg, Donnerstag, den 5. Oktober 1S33
3. Iahrg. / Nr. 255
Wtzoemelafckaft
0^1^1,8021^1.1818^
fükr ooLnwäl.o udio s^ul.^dic>
Kerlm und H-raMs?«, Verlag DoNSgem-lnschaN 8. m. v. H., Heidekderg, Le»ll°wstr. »
«Anlage). Fcrmu! 404S. Echristlsitimg! Lutherstrase 85. Fcmrus 3740. Di- VoMgemein.
lchakt erscheint >7 mal wöchcnllich und lostet monatlich 2.10 RM-; bei Trägerzustellung zuzug-
lich so Vsg.i bei Postzustcllung zuzüglich SS Psg. Besteilungen nehmen die Briesträger und
Wostämter entgegen. Ist die Zeitung am Erscheinen (auch durch HSHere Gewalt) verhindert
besteht lein Anspruch aus Entschädigung. Beilagen aus allen Wissensgebieten.
»8iv8i.88ir68ir seosaonieir
6L6frvdIl)L7 1930
llnzeigen: Die «gespaltene Millimeterzeile 15 Psg. Die «gespaltene Willimeterzeile im
r-xtteil 40 Pfg. Mr tleins Anzeigen: Die st gespaltene Millüneterzeile ö Psg. Bei Wiederholung
Rabatt nach ausliegendem Laris. Schluß der Anzeigen-Annahme: 18 ühr. Anzeigen-Annahme:
Leopoldstraße (Anlage); Telephon 4048. ZahlungS- und Erfüllungsort: Heidelberg. Ausschließlicher
Gerichtsstand: Heidelberg. Postscheckkonto: Dis Volksgemeinschaft, Karlsruhe 21834. Für un-
verlangt eingesandte Manuskripte übernehmen wir keine Verantwortung.
Die „Zrriümev"des Kommunisten Torgler
Dev S. V»»tzanrt««gstas lm RsNtzsiagv»aa»ftMsv-V«»;»tz
Leipzig, 4. Okt. Nach mehrtägiger
Unterbrechung durch den Iuristentag wurde
der Prozeß wegen der Reichstagsbrandstifkung
vor dem Reichsgericht am Mittwoch fortge-
setzt.
Nach Eröffnung der Verhandlung gibt Se-
nakspräsident Bänger ein Telegramm bekannt,
das ihm nach Schluß der letzten Verhandlung
zugegangen ist. In diesem Telegramm heißt
es u. a.: Heute während der Verhandlung
wurde Dimitroff auf Befehl des Hauptmanns
von der Schupo in Gegenwart von Publikum
und Behörden mißhandelt, als unser Klient
sich seinem Verteidiger Teicherk, der mit dem
bulgarischen Rechtsanwalt Grigoroff sprach,
nähern wollte. Das Telegramm ist unterzeich-
net von mehreren Ausländern.
Sowohl Rechtsanwalt Teichert als auch
Dr. Sack sagen ebenso, wie der unter Eid ver-
nommene Polizeihaupkmann aus, daß von
Mißhandlungen keine Rede sein könne.
Im weiteren Verlauf der Untersuchung be-
streitet Torgler, sowohl Dimikroff als van
der Lubbe gekannt zu haben. Sodann entpuppt
sich der Genosse Torgler als Herr mit Ma-
rotten und voll Irrtümer beladen!
Torgler wurde mit zwei vollbelade.
nen Aktenmappen vor dem Reichstags-
gebäude gesehen. Darüber befragt, gibt er an,
er habe nun einmal die Eigenart, sich von un-
gelesenen Zeitungen nicht trennen zu können
und in den vollgestopften Aktenmappen seien
nur Zeitungen gewesen. — Gegenüber den
Aussagen zahlreicher Zeugen, die Torgler al-
lein und mit van der Lubbe an bestimmten
Orken gesehen haben, erklärt Torgler jedes-
mal, es müsse sich um einen „Irrku m" han-
deln! Nach dem Kommunisten Koenen befragt,
erklärt Torgler, Koenen sei ein „sehr lebens-
lustiger und verdienter Mensch, der viele po-
litische Witze machte". — „Deshalb" sei er
gern mit Koenen zusammengewesen — auch
am Tage des Reichstagsbrandes. Auf Wider-
sprüche in seinen verschiedenen Aussagen auf.
merksam gemacht, erklärt Torgler wieder, im
Protokoll müsse eine „irrtümliche" Fas-
sung enthalten sein!
Besonders auffällig ist, daß sämtliche Zeu-
gen, die Torgler zu seiner Entlastung aufrutl,
inzwischen ins Ausland geflohen sind.
Als dann van der Lubbe befragt wird, ob
ex am Nachmittag im Reichstag gewesen sei
und zwar mit Torgler zusammen, erklärt L.
nach langem Zögern:
„Rein, das glaube ich nicht!"
L. beharrt auch weiter darauf, den Reichs-
tag allein in Brand gesteckt zu haben, obwohl
3 Sachverständige erklären, daß dies für einen
Menschen in der kurzen Zeit unmöglich
gewesen sei!
Zur Abwechslung wird dann Dimitroff
wieder einmal wegen unverschämter Fragen
verwarnt!
Die weiteren Zeugenaussagen, die Torgler
belasten, werden von diesem jeweils mit dem
Hinweis erwidert: „Ich kann mich nicht
erinnern" oder „D a s i st e i n I r r ku m".
Auch Taneff und Popoff behaupten im
übrigen keinen der Mitangeklagten gekannt
zu haben! —
Die weitere Verhandlung wird dann auf
Donnerstag vertagt.
in Deutschland seinen egoistischen Wün-
schen nicht mehr entsprechen. Endlich ist
ein nicht geringer Teil durch fein schlech-
tes Gewissen ins Ausland getrieben wor-
den.
Daneben hat ober bei dieser Abwanderung
eine besondere Rolle die allgemein bekannte
Tatsache gespielt, daß Deutschland seit langer
Zeit, besonders aber nach dem Weltkriege, in
ungewöhnlichem Maße der Zuwanderung aus
östlichen Gebieten ausgesetzt gewesen ist und
trotz eigener Not eine große Zahl landfremder
Personen ausgenommen hak. Es ist nur ein
kleiner Teil dieser Personen, der jetzt wieder
Deutschland verlassen und sich in die Nachbar-
länder begeben hak. Dabei ist es nicht un-
interessant, festzustellen, daß dieser Teil nicht
in die in Betracht kommenden Gebiete zurück-
gewandert ist, von denen er nach Deutschland
gekommen ist, sondern in andere Nachbarlän-
der Deutschlands, und daß diese Nachbarländer
sich jetzt nicht einnsal in der Lage sehen, diesem
kleinen Teil dauernde Aufnahme zu gewähren.
Wenn die Nachbarländer jetzt internatio-
nale Maßnahmen für notwendig halten, um
die Frage der Behandlung der in Rede stehen-
den Personen zu regeln, so muh die deutsche
Delegation die Prüfung und Notwendigkeit
solcher Maßnahmen den Delegationen der-
jenigen Länder überlassen, die an der Angele-
genheit interessiert sind. Die deutsche Dele-
gation ist allerdings nicht der Ansicht, daß die
Verwirklichung des Zwecks, den der niederlän-
dische Antrag verfolgt, in den Aufgabenkreis
des Völkerbundes gezogen werden sollte.
Zu welcher Entschließung die Kommission
in dieser Beziehung aber auch kommen mag,
so darf jedenfalls bei der Behandlung der An-
gelegenheit jenes nicht aus den Augen ver-
loren werden, es darf unter keinen Umständen
dazu komme», daß die etwa geplanten Maß-
nahmen in anderer Weise zu einem Stützpunkt
derjenigen Elemente werden, die das Ziel ver-
folgen, vom Ausland her die deutsche Regie-
rung offen oder heimlich zu bekämpfen.
Wohin sollte es führen, wenn unter den
Auspizien des Völkerbundes geschaffene Ein-
richtungen politisch in solcher Weise mißbraucht
würden? Ich glaube, daß diese Andeutung
genügt, um die Mitglieder der Kommission
darauf aufmerksam zu machen, daß alle Re-
gierungen daS gleiche Interesse haben, der-
artigen unmöglichen Folgen von vornherein
vorzubeugen.
D/s c/sc ^Vssss.-
SchvMettSVgsfetz vom AMchs-
MUMtt MSMOßSKM
Ein GeM zur Gewährleistung -es ReAssriebens
Die SeuWeAntwsrt irr SerEmigrantensrage
Der Völkerbund hat andere Ausgaben zu er üllen
A Genf, 4. Okt. Im Wirtschaftsaus-
schuß der Völkerbundsversammlung wurde
heute der holländische Antrag über die Frage
der deutschen Auswanderer behandelt. Der
holländische Außenminister de Graeff betonte,
daß es der holländischen Regierung vollkom-
men fernliege, sich in die inneren deutschen
Angelegenheiten einzumischen und daß der
holländische Antrag in keiner Weise als eine
Kritik des gegenwärtigen Regimes in Deutsch-
land und der von ihm ergriffenen Maßnah-
men aufgefaßt werden dürfte. Es handle sich
um eine rein wirtschaftlich-technische Angele-
genheit, wobei man von der Tatsache auszu-
gehen habe, daß die Wirtschaft und der Ar-
beitsmarkt der übrigen Länder von der Ab-
wanderung aus Deutschland betroffen würden.
De Graeff bezifferte die Gesamtzahl der deut-
schen Emigranten auf 50- bis 60 000, dis Zahl
der nach Holland Ausgewanderten auf 6- bis
7000. Der holländische Außenminister entwik-
Kelte sodann im einzelnen einen Plan über
die technische und finanzielle Durchführung
der von ihm vorgeschlagenen Organisation.
Der deutsche Delegierte gab sodann fol-
gende Erklärung ab:
Der Vertreter der Niederlande hak in der
Vollsitzung der Bundesversammlung erklärt
und heute wiederholt, daß dem vorliegenden
Anträge jede Absicht einer Kritik innerdeut-
scher Maßnahmen fernliege und daß er aus-
schließlich eine technische Behandlung derjeni-
gen Schwierigkeiten bezwecke, die einer Reihe
von Ländern in den letzten Monaten durch
den Zustrom deutscher Reichsangehöriger Er-
wachsen seien. Die deutsche Delegation hat von
dieser Erklärung Akt genommen. Sie würde
sich in der Tat einer Diskussion, die diese von
dem Herrn niederländischen Außenminister
selbst gezogene klare Grenze überschritte, mit
aller Entschiedenheit widersehen müssen.
Aber auch innerhalb der von dem nieder-
ländischen Herrn Außenminister gezogenen
Grenze kann die deutsche Delegation der Lage
der Sache nach sich materiell an der Behand-
lung der durch den Antrag aufgeworfenen
Fragen nicht beteiligen. Die Personen, auf
die der Antrag sich bezieht, haben sich aus den
verschiedensten Gründen veranlaßt gesehen, ins
Ausland zu gehen. Ein Teil hat dies getan,
weil ihm die durch die nationale Erhebung
in Deutschland geschaffene Lage nicht mehr
die gleiche bevorzugte soziale und gesetz-
liche Stellung gewährleistet, die er über
das berechtigte Maß hinaus früher in
Deutschland genossen hak; ein anderer
Teil, weil die innerpolitischen Verhältnisse
-8- Berlin, 4 .Okt. (Tel.) Das Reichs-
kabinett verabschiedete in seiner heutigen Sit-
zung das vom Reichsministerium für Volks-
aufklärung und Propaganda vorgelegte Schrift-
leiter-Gesetz. Durch dieses Gesetz wird der
Schriftleikerberuf zu einem Trägeröffent-
licher Aufgaben gemacht. Das Gesetz
enthält Vorschriften über die Zulassung zum
Schriflleilerberuf, über seine Ausübung, seinen
Schuh in verbandsrechklicher und strafrecht-
licher Beziehung und regelt die Ileberleilung
in den neuen Rechlszustand. Der Reichsver-
band der Deutschen Presse erhält die Eigen-
schaft einer Körperschaft des öffentlichen
Rechts, die alle Schriftleiter umfaßt. Das Ge-
setz sieht u. a. auch die Schaffung von Berufs-
gerichken vor, denen Aufgaben des Rechts-
schutzes unter Ueberwachung der Schriftleiter
übertragen werden.
-A- Berlin, 4. Okt. (Tel.) In der heu-
tigen Kabinetkssitzung wurde ferner ein Gesetz
M alle MMWMZSLN
jim »M8 AMME
Oie „VoIk8Z6mein8cbait" 18t 6ie einriZs parteiamtbob
anerkannte Zeitung tür ^or6o8tdaäen. kür alle ira Lernt
8teüenäsn Lartei^eno88en i8t 68 Ltlieüt, 6ie „Volk8§e-
inein8cIiLtt" ?u abonnieren. Lails S8 äsn LarteiZeno88en
rnöZIicb i8t, können anker äer „VoIk8Zernein8cbatt" nocb
6er „Völki8ebe Leobaobter" un6 6er „Lnbrer" abonniert
werben. leb erwarte, 6a6 6ie Lartei§env88en eine anäsre
TeitnnZ er8t 6ann kalten, wenn 6ie genannte partei-
amtlicbs ?re886 bereite abonniert i8t.
Oie XreLleitunZ: A62. Dinkel
über die schiedsgerichtliche Erledigung privat-
rechtlicher Streitigkeiten des Reichsfiskus an-
genommen, wonach in Zukunft Vereinbarun-
gen, durch die sich das Reich unter Ausschluß
der ordentlichen Rechtswege dem Spruch eines
Schiedsgerichts unterwirft, grundsätzlich nur
mit Zustimmung des Neichsministers der Fi-
nanzen abgeschlossen werden dürfen. Weiter-
hin ist in diesem Gesetz die Lösung von
Schiedsgerichtsklauseln in laufenden Verträ-
gen durch das Reich vorgesehen. Die Vor-
schriften dieses Gesetzes bieten entsprechende
Anwendung auf die Länder und auf Verträge,
die ein Dritter im Auftrage oder für Rech-
nung des Reichs abgeschlossen hak.
Weiterhin beschloß das Reichskabinett ein
Gesetz zur Gewährleistung des Rechtsfriedens,
wonach Richter, Staatsanwälte oder Beamte,
die mit politischen oder polizeilichen Aufgaben
betraut sind, aber auch Angehörige der Wehr-
macht, des Luftschuhverbandes, der . SA, der
SS, des Stahlhelms und Amtswalter der NS-
DAP, sowie Schöffen, Geschworene, Zeugen
oder Sachverständige vor Gericht unter einen
besonderen Schutz gestellt werden.
Danach wird mit dem Tode, lebensläng-
lichem Zuchthaus oder mit Zuchthaus bis zu
15 Jahren bestraft, wer es unternimmt, die an-
geführten Personen aus politischen Beweg-
gründen oder wegen ihrer amtlichen oder
dienstlichen Tätigkeit zu töten oder wer zu
einer solchen Tötung auffordert, sich erbietet,
ein solches Erbieten annimmk oder eine solche
Tötung mit einem anderen verabredet.
Die gleichen schweren Strafen werden fest-
gesetzt für die Hersteller und Verteiler von
hochverräterischen Druckschriften im Auslande
und für die Einführung und Verbreitung sol-
cher Druckschriften im Inlande.
Schließlich wurde ein Gesetz über organi-
satorische Maßnahmen zur Förderung des
i Außenhandels verabschiedet, das gemeinsam
mit den Durchführungsbestimmungen dem-
' nächst veröffentlicht werden wird.
Freiverkauf 15 Pfg.
Heidelberg, Donnerstag, den 5. Oktober 1S33
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Kerlm und H-raMs?«, Verlag DoNSgem-lnschaN 8. m. v. H., Heidekderg, Le»ll°wstr. »
«Anlage). Fcrmu! 404S. Echristlsitimg! Lutherstrase 85. Fcmrus 3740. Di- VoMgemein.
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Leipzig, 4. Okt. Nach mehrtägiger
Unterbrechung durch den Iuristentag wurde
der Prozeß wegen der Reichstagsbrandstifkung
vor dem Reichsgericht am Mittwoch fortge-
setzt.
Nach Eröffnung der Verhandlung gibt Se-
nakspräsident Bänger ein Telegramm bekannt,
das ihm nach Schluß der letzten Verhandlung
zugegangen ist. In diesem Telegramm heißt
es u. a.: Heute während der Verhandlung
wurde Dimitroff auf Befehl des Hauptmanns
von der Schupo in Gegenwart von Publikum
und Behörden mißhandelt, als unser Klient
sich seinem Verteidiger Teicherk, der mit dem
bulgarischen Rechtsanwalt Grigoroff sprach,
nähern wollte. Das Telegramm ist unterzeich-
net von mehreren Ausländern.
Sowohl Rechtsanwalt Teichert als auch
Dr. Sack sagen ebenso, wie der unter Eid ver-
nommene Polizeihaupkmann aus, daß von
Mißhandlungen keine Rede sein könne.
Im weiteren Verlauf der Untersuchung be-
streitet Torgler, sowohl Dimikroff als van
der Lubbe gekannt zu haben. Sodann entpuppt
sich der Genosse Torgler als Herr mit Ma-
rotten und voll Irrtümer beladen!
Torgler wurde mit zwei vollbelade.
nen Aktenmappen vor dem Reichstags-
gebäude gesehen. Darüber befragt, gibt er an,
er habe nun einmal die Eigenart, sich von un-
gelesenen Zeitungen nicht trennen zu können
und in den vollgestopften Aktenmappen seien
nur Zeitungen gewesen. — Gegenüber den
Aussagen zahlreicher Zeugen, die Torgler al-
lein und mit van der Lubbe an bestimmten
Orken gesehen haben, erklärt Torgler jedes-
mal, es müsse sich um einen „Irrku m" han-
deln! Nach dem Kommunisten Koenen befragt,
erklärt Torgler, Koenen sei ein „sehr lebens-
lustiger und verdienter Mensch, der viele po-
litische Witze machte". — „Deshalb" sei er
gern mit Koenen zusammengewesen — auch
am Tage des Reichstagsbrandes. Auf Wider-
sprüche in seinen verschiedenen Aussagen auf.
merksam gemacht, erklärt Torgler wieder, im
Protokoll müsse eine „irrtümliche" Fas-
sung enthalten sein!
Besonders auffällig ist, daß sämtliche Zeu-
gen, die Torgler zu seiner Entlastung aufrutl,
inzwischen ins Ausland geflohen sind.
Als dann van der Lubbe befragt wird, ob
ex am Nachmittag im Reichstag gewesen sei
und zwar mit Torgler zusammen, erklärt L.
nach langem Zögern:
„Rein, das glaube ich nicht!"
L. beharrt auch weiter darauf, den Reichs-
tag allein in Brand gesteckt zu haben, obwohl
3 Sachverständige erklären, daß dies für einen
Menschen in der kurzen Zeit unmöglich
gewesen sei!
Zur Abwechslung wird dann Dimitroff
wieder einmal wegen unverschämter Fragen
verwarnt!
Die weiteren Zeugenaussagen, die Torgler
belasten, werden von diesem jeweils mit dem
Hinweis erwidert: „Ich kann mich nicht
erinnern" oder „D a s i st e i n I r r ku m".
Auch Taneff und Popoff behaupten im
übrigen keinen der Mitangeklagten gekannt
zu haben! —
Die weitere Verhandlung wird dann auf
Donnerstag vertagt.
in Deutschland seinen egoistischen Wün-
schen nicht mehr entsprechen. Endlich ist
ein nicht geringer Teil durch fein schlech-
tes Gewissen ins Ausland getrieben wor-
den.
Daneben hat ober bei dieser Abwanderung
eine besondere Rolle die allgemein bekannte
Tatsache gespielt, daß Deutschland seit langer
Zeit, besonders aber nach dem Weltkriege, in
ungewöhnlichem Maße der Zuwanderung aus
östlichen Gebieten ausgesetzt gewesen ist und
trotz eigener Not eine große Zahl landfremder
Personen ausgenommen hak. Es ist nur ein
kleiner Teil dieser Personen, der jetzt wieder
Deutschland verlassen und sich in die Nachbar-
länder begeben hak. Dabei ist es nicht un-
interessant, festzustellen, daß dieser Teil nicht
in die in Betracht kommenden Gebiete zurück-
gewandert ist, von denen er nach Deutschland
gekommen ist, sondern in andere Nachbarlän-
der Deutschlands, und daß diese Nachbarländer
sich jetzt nicht einnsal in der Lage sehen, diesem
kleinen Teil dauernde Aufnahme zu gewähren.
Wenn die Nachbarländer jetzt internatio-
nale Maßnahmen für notwendig halten, um
die Frage der Behandlung der in Rede stehen-
den Personen zu regeln, so muh die deutsche
Delegation die Prüfung und Notwendigkeit
solcher Maßnahmen den Delegationen der-
jenigen Länder überlassen, die an der Angele-
genheit interessiert sind. Die deutsche Dele-
gation ist allerdings nicht der Ansicht, daß die
Verwirklichung des Zwecks, den der niederlän-
dische Antrag verfolgt, in den Aufgabenkreis
des Völkerbundes gezogen werden sollte.
Zu welcher Entschließung die Kommission
in dieser Beziehung aber auch kommen mag,
so darf jedenfalls bei der Behandlung der An-
gelegenheit jenes nicht aus den Augen ver-
loren werden, es darf unter keinen Umständen
dazu komme», daß die etwa geplanten Maß-
nahmen in anderer Weise zu einem Stützpunkt
derjenigen Elemente werden, die das Ziel ver-
folgen, vom Ausland her die deutsche Regie-
rung offen oder heimlich zu bekämpfen.
Wohin sollte es führen, wenn unter den
Auspizien des Völkerbundes geschaffene Ein-
richtungen politisch in solcher Weise mißbraucht
würden? Ich glaube, daß diese Andeutung
genügt, um die Mitglieder der Kommission
darauf aufmerksam zu machen, daß alle Re-
gierungen daS gleiche Interesse haben, der-
artigen unmöglichen Folgen von vornherein
vorzubeugen.
D/s c/sc ^Vssss.-
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Der Völkerbund hat andere Ausgaben zu er üllen
A Genf, 4. Okt. Im Wirtschaftsaus-
schuß der Völkerbundsversammlung wurde
heute der holländische Antrag über die Frage
der deutschen Auswanderer behandelt. Der
holländische Außenminister de Graeff betonte,
daß es der holländischen Regierung vollkom-
men fernliege, sich in die inneren deutschen
Angelegenheiten einzumischen und daß der
holländische Antrag in keiner Weise als eine
Kritik des gegenwärtigen Regimes in Deutsch-
land und der von ihm ergriffenen Maßnah-
men aufgefaßt werden dürfte. Es handle sich
um eine rein wirtschaftlich-technische Angele-
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gehen habe, daß die Wirtschaft und der Ar-
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wanderung aus Deutschland betroffen würden.
De Graeff bezifferte die Gesamtzahl der deut-
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7000. Der holländische Außenminister entwik-
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die technische und finanzielle Durchführung
der von ihm vorgeschlagenen Organisation.
Der deutsche Delegierte gab sodann fol-
gende Erklärung ab:
Der Vertreter der Niederlande hak in der
Vollsitzung der Bundesversammlung erklärt
und heute wiederholt, daß dem vorliegenden
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schließlich eine technische Behandlung derjeni-
gen Schwierigkeiten bezwecke, die einer Reihe
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den Zustrom deutscher Reichsangehöriger Er-
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dieser Erklärung Akt genommen. Sie würde
sich in der Tat einer Diskussion, die diese von
dem Herrn niederländischen Außenminister
selbst gezogene klare Grenze überschritte, mit
aller Entschiedenheit widersehen müssen.
Aber auch innerhalb der von dem nieder-
ländischen Herrn Außenminister gezogenen
Grenze kann die deutsche Delegation der Lage
der Sache nach sich materiell an der Behand-
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die der Antrag sich bezieht, haben sich aus den
verschiedensten Gründen veranlaßt gesehen, ins
Ausland zu gehen. Ein Teil hat dies getan,
weil ihm die durch die nationale Erhebung
in Deutschland geschaffene Lage nicht mehr
die gleiche bevorzugte soziale und gesetz-
liche Stellung gewährleistet, die er über
das berechtigte Maß hinaus früher in
Deutschland genossen hak; ein anderer
Teil, weil die innerpolitischen Verhältnisse
-8- Berlin, 4 .Okt. (Tel.) Das Reichs-
kabinett verabschiedete in seiner heutigen Sit-
zung das vom Reichsministerium für Volks-
aufklärung und Propaganda vorgelegte Schrift-
leiter-Gesetz. Durch dieses Gesetz wird der
Schriftleikerberuf zu einem Trägeröffent-
licher Aufgaben gemacht. Das Gesetz
enthält Vorschriften über die Zulassung zum
Schriflleilerberuf, über seine Ausübung, seinen
Schuh in verbandsrechklicher und strafrecht-
licher Beziehung und regelt die Ileberleilung
in den neuen Rechlszustand. Der Reichsver-
band der Deutschen Presse erhält die Eigen-
schaft einer Körperschaft des öffentlichen
Rechts, die alle Schriftleiter umfaßt. Das Ge-
setz sieht u. a. auch die Schaffung von Berufs-
gerichken vor, denen Aufgaben des Rechts-
schutzes unter Ueberwachung der Schriftleiter
übertragen werden.
-A- Berlin, 4. Okt. (Tel.) In der heu-
tigen Kabinetkssitzung wurde ferner ein Gesetz
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TeitnnZ er8t 6ann kalten, wenn 6ie genannte partei-
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über die schiedsgerichtliche Erledigung privat-
rechtlicher Streitigkeiten des Reichsfiskus an-
genommen, wonach in Zukunft Vereinbarun-
gen, durch die sich das Reich unter Ausschluß
der ordentlichen Rechtswege dem Spruch eines
Schiedsgerichts unterwirft, grundsätzlich nur
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hin ist in diesem Gesetz die Lösung von
Schiedsgerichtsklauseln in laufenden Verträ-
gen durch das Reich vorgesehen. Die Vor-
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Anwendung auf die Länder und auf Verträge,
die ein Dritter im Auftrage oder für Rech-
nung des Reichs abgeschlossen hak.
Weiterhin beschloß das Reichskabinett ein
Gesetz zur Gewährleistung des Rechtsfriedens,
wonach Richter, Staatsanwälte oder Beamte,
die mit politischen oder polizeilichen Aufgaben
betraut sind, aber auch Angehörige der Wehr-
macht, des Luftschuhverbandes, der . SA, der
SS, des Stahlhelms und Amtswalter der NS-
DAP, sowie Schöffen, Geschworene, Zeugen
oder Sachverständige vor Gericht unter einen
besonderen Schutz gestellt werden.
Danach wird mit dem Tode, lebensläng-
lichem Zuchthaus oder mit Zuchthaus bis zu
15 Jahren bestraft, wer es unternimmt, die an-
geführten Personen aus politischen Beweg-
gründen oder wegen ihrer amtlichen oder
dienstlichen Tätigkeit zu töten oder wer zu
einer solchen Tötung auffordert, sich erbietet,
ein solches Erbieten annimmk oder eine solche
Tötung mit einem anderen verabredet.
Die gleichen schweren Strafen werden fest-
gesetzt für die Hersteller und Verteiler von
hochverräterischen Druckschriften im Auslande
und für die Einführung und Verbreitung sol-
cher Druckschriften im Inlande.
Schließlich wurde ein Gesetz über organi-
satorische Maßnahmen zur Förderung des
i Außenhandels verabschiedet, das gemeinsam
mit den Durchführungsbestimmungen dem-
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