Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Volksgemeinschaft: Heidelberger Beobachter, NS-Zeitung für Nordbaden (6) — 1936 (Juli bis Dezember)

DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.9507#1598
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
Lsits 4

Au? gsler

«,Dolksgemeinscha^

Eamstag. de» ir. Ottober^t^.


^ ^I»L°LGlLLLtG I^4S^NR4AL^ä

l^sek smtlielism !V!stsi'!s> russmmengestsül von Ksüsr

11.

^ncle 6es l-isuses
kromsnow

Am 22. Avrll 1918 ändertc sich das alles mit
«inem Schlag« — der Volschewismus hielt seinen
Vinzug in Tobolsk. Sein Vertreter war ein Kom-
missar, Iakowlew genannt, der 159 Rotarmisten
mitbrachte und einen Befehl des Genossen Vor-
l'tzenden des Zentral-Exekutiv-Komitees der Räte
der Älrbeiter-Rotarmisten- und Bauern-Deputier-
ten. des Iuden Swerdlow. In diesem Befehl
war die Rede von einer „Tllission belonderer Wich-
tigkeit", von „unbedingtem Gehorsam" und von
..auf der Stelle Erschießen". Der Kommissar ver-
sammelte die Wache und hielt eine Rede. Er
ieierte die revolutionären Tugenden der Soldaten.
ihren Heroismus und ihre Standhaftigkeit bei der
Bewachuns des kleinen Häufleins wehrloser Men-
schcn. er versvrach — und damit batte er das Herz
der Soldaten gewonnen. sie zu überzeugten Bol-
schewisren gemacht — den Lohn von 5 Rubel auf
löO Rubel zu erhöhen.

Merkwürdigerweise war Jakowle« ein Russe.
kein Iude, eine seltene Tatsache bei einem Kom-
missaren. Bald sollte es sich herausstellen. dah er
auch kein Bolschewist war, sondern ein Freund des
Zaren, der ihn befreien wollte. 2n wessen Auf-
trage? Man weih es nicht. Sväter wurde bebauv-
tet, Iakowlew hätte im Auftrage der deutschen
Regierung gehandelt, bewiesen ist es nicht. .

Wie dem auch sei, 2akowlew hatte es ver-
handen, die Wache für sich zu gewinnen, so daß
non dieser Seite keine Schwierigkeiten mehr zu
erwarten waren. Sie kamen aber von wo anders.
uon den örtlichen Kommunisten. an deren Spitze
der Iude Saslawski stand. Er lieg keine Mög-
lichkeit ungenützt, um auf die Notwendigkeit hin-
zuweisen, den' „gekrönten Henker" in ein Zucht-
baus «inzusverren, um Arbeiter und Soldaten
mir giftigen Worten gegen die Eesangenen auf-
sustacheln.

Den Plänen Iakowlews drohte große Eefahr
von dieser Seite, und er entschlotz sich, sofort zu
bandeln.

Am 26. Avril um 3.60 Uhr in der Frühe wurde
der Zax. die Zarin und eine cher Töchtex heimlich
abtransnortiert, Zuerst ging die Retse im Schlitten.
dann in einem Svezialzug nach Westen hin, dann
zvrück nach Sibirien. schließkich wieder gegen Westen
nach Iekaterinburg. Der Grund für diese Jrr-
iabrten lag darin, datz die Kommunisten von
Tobolsk ihre Parteigenossen überall alarmiert
batttzn, so datz Jakowlews Zug an verschiedenen
Stellen der weitere Weg verlegt wurde. Jn Ieka-
terinburg war die Fahrt zu Ende: auf dem Bahn-
bos erschienen Vertreter der örtlichen Sowiets und
«rklärten di« Jnsassen des Zuges für verhaftet.
Sie wurden in das Haus eines Kaufmanns Jpat-
iew überführt, wo fie bis zu ihrem Tode bleiben
iolltrn. Iokawlew war aber verschwunden. sein
weiteres Schicksal ist unbekannt irgendwo wird
er paq den Volschewisten erschlagen worden sein.

Der Rest der Zarensamilie kam Mitte Mai
nach Jekaterinburg. nun waren die Gesangenen
wieder vereinigt.

Osmütigungsn llbsi' stts IVIsKsn

Das Leben der Verhafteten im Jvatiew-Hause
war entfetzlich. Es gab zwei Wachen. eine äutzere
und eine innere, die im Hause selbst wohnte und
fast alle Zimmer für sich in Anspruch nahm. Füx
den Zaren aber, die Zarin. den Thronfolger und
die vier Töchter waren nur zwei Zimmer zur Ver-
sügung gestellt. Den Garten durften die Mitglieder
der Zarenfamilie nur während 15 — 20 Minuten
benutzen. körperliche Arbeit war dem Zaren. der
daran sehr gewöhnt war, verboten. Die Wachen
benahmen sich provozierend und frech. Wenn eine
der Zarentöchter die Toilette aufsuchen wollte,
begleiteten sie die Wachleute. machten „Witze",
fragten, wohin sie gehe und wozu, blieben an der
TLr stehen. bis sie herauskam usw. Das Elfen war
einfach und kärglich. Während des Essens kam auch
die Wache oder irsend ein Kommissar herein.
machte Bemerkungen llber „unnütze Kosten für das
Füttern oon Schmarotzern" oder nahm sich selbst
einen Teil des bei weitem nicht reichlichen Esssns
mit den Worten: „Habt genug gefresfen". Tisch-
tücher. Servietten gab es nicht, Löffel und Gabel
nur in ungenügender Anzabl, so dah öfters einige
warten mutzten, bis die anderen fertig waren.

Die Einrichtungen der beiden Zimmer waren
überaus dürftig. denn die besten Möbel hatte die
Wache zu sich gefchleppt. Es gab fo wenig Vetten.

Infterburg, 16. Oktober

Noch nie war Konrad R. aus Loyen (Kreis
Goldav) mit den Eesetzen in Konflikt geraten. Da
kam eines Taaes ein Ansländer und bot R. beson-
ders billiae Svsiseorbsen zum Kaus an. die im
Ausland laaerten. R.: ber iich Lw-Not beiand. weil
ibn Zablungsvervslichtungen guälten, entschlotz sich
schlietzlich nach lanaem Ueberlegen. den Erbien-
schmüäael durchzuiübren. um seiner schwindsiichti-
gen Kasse etwas auszubelsen. Etwa sechs Zentner
wanderten so über die grüne Erenze aus Polen
nach Deutichland und wurden von R. mit einigem
Gewinn weiterverkaust. — R. batte stch nickt nur
des SLmuggels. sondern aucb des Devisenver-
gehens schuldig gemacht. Als ibm der Voriitzende
des Insterburaer Schössenaerichts nun vorhielt. oü
er denn nickt aewutzt babe. datz es verboten sei.
Geld aus Deutschland obne Eenekmiguna auszu-
sühren. melnte R.. das habe er tatsächlich nicht
aewutzt. Ob er keine Zeitung halte.7
Nein. er lese k-'ne Zeitung. Aber auch bier schützte
Unkenntnis nicht vor Straie. und die Rechnung
des Vorsitzenden. datz sich R. sür das Geld. das er

datz die Erotzsürstinnen auf dem Futzboden schlafen
mutzten. Den ganzen Tag trank die Wache ihren
selbstgebrauten Schnaps, macht« Lärm, beschmutzte
das ganse Haus, rief Gäste zu sich und ging mit
ihnen in die Zimmer der Zarenfamilie, um ihnen
den „Zaren zu zeigen". Eine unerträgliche Plage
waren auch die ununterbrochenen Diebstähle:
Schuhe, Kleider. Schmuck. alles wurde verfchlevvt.
iogar Vücher — man ritz die Vlätter aus und
drehte daraus Zigaretten ....

Abends verlangte manchmal die Wache, dah
man ihre Klavier vorspielte. War sie in „Stim-
mung". fang sie entweder revolutionäre. blutrün-
stige Lieder. oder aber erzählte mit lauter Stim-
me Zoten, befonders, wenn die Zarentöchter in
der Nähe waren. Auch die Wände waren bekritzelt
mit fchamlosen Zeichnungen es war der an-
genebmste Zeitvertreib der Wachhabenden.

Aus wem bestand diese Wache? Es waren
ausnahmslos Arbeiter aus einem, einige Dutzend
Kilometer weiter gelegenen Ural-Werk. ihr An-
führer hieh Awdejew. Es war ein grober.
derber, ungeschlisfener. vollkommen ungebildeter
Menfch. der sich eisrig zum Bolscheunsmns be-
kannte. Er hatte bererts verschredene „verantwort-
liche Aufträge" zur Zufriedenheit der kommunisti-
schen Partei erledrgt. Jn dieiem halb vertierten
und fanatischen Arbeiter glaubte sie den geeigneten
Kerkermeister gesunden zu haben.

llnd doch wurde Anfang Juli die Wache plötz-
lich aufgelöst. Awdeiew aber verhaftet. Der Grund?
Er war einfach genug. Die Wache bestand aus-

jetzt an Strafe für das Devil'envergehen bezahlen
mützte. mehrere Iabre lang eine Zeitung bätte
halten können. die ibm dann wiederum den Weg
zur Anklwgebank gesvart hätte. ist nur allzu richtig.

Das Gericht versubr mit dem Mann. der oiien-
bar aus Nat gebandelt hatte. der unbeicholten
war und ein reumütiges Geständnis ablegte. nock
verbältnismätzig milde und verurteilte ihn zu
einer Freiheitsitrafe von sechs Wo-chen Eefängnis.
Dazu traten Geldstrasen und Werterfatz von 800
Reichsmark.

ArtWli -urch Zlgrr verwundet

Paris. 16. Oktober

Jm Girqu« d'Hiver zu Paris ereignete fich wäh-
rend einer Vorstellung ein tragischer Zwischensall.
Ein Tiger wurde vlötzlich wild und verwundete
zwei deutsche Artisten. Sckirow und Frau Valery,
Leine. Sie erlitten am »anzen Körver schwere Ver-
letzungen und mutzten sosort in das St.-Louis,
Krankenhaus eingeliefert werden. IhrZustand soll
tedoch nicht lebensgesäbrlich sein.

DMuwtMm mis Ünktnnlms

Tla, hütte er Aettung gelesen!

schliehlich aus ruffischen Arbeitern, kein einriS
Jude befand sich darunter. Es waren unkultiviM '
barbarifche und rohe Menschen, denen man ch.
Zaren immer als Umnenschen, als Blutsauger.
Ausnutzer des Volkes geschildert hatte. Die
war in ihren Augen die Eeliebte des abscheul'lv
Rasvutins, von den Töchtern erzählte man nrw
Befferes.

Mit solchen Eesühlen waren die Wachleute E
Jekaterinburg gekommen, sie versuchten. ff>ü ^
Zaren zu rächen, wie ffe konnten.. Die Wochen oer
gingen aber, der Zar blieb immer bescheiden,
lich. zuvorkommend. der Ausdruck ieiner AE'
war von bezwingender Güte. die Haltung
Zarin war immer fo hoheitsvoll, die Töchter. tre
aller Entbehrungen und Leiden so sröhlich
anmutig. der Anblick des gelähmten TbronsolgeA
in deffen blaffen Eesicht zwei unnatürlich
unb lebhafte Augen leuchteten, so rührend. ^
die Vewachenden auf die Dauer dem allen "i?,
widerstehen konnten — es waren rohe Kerle. ave
nicht ohne Herz. Allmählich befferten ffch die
ziehungen zwischen der gesangenen Zarenfqiu'-

»snilsckut,«

frlvi. ir«»>, HruptrN 'b

und den sie bewachenden Bolschewisten. Eine A
Freundschaft schien sich anbahneu zu wollen, on.
wenn die Wache ffch auch weiterhin betrank u?
randalierte, so war das eher ein übermüliges
fühl der „Freiheit". als der bewutzte Wunsch-
Zaren zu belästigen. Sogar Awdsjew gewaßk'
den Gefangenen manche Erleichterung.

Hätte dieser Zustand weiter gedauert, wff^
der Zarenfamilie aufrichtige Frennbe unter
Bewachenden erstanden ....

Das war der Grund, warum die ruffischen

Äk'

beiter den Platz räumen mutzten, warum an
Stelle jüdische Tschekisten traten.

Die Leiter der neuen Wache, zugleich die HenkV'
waren zwei Juden und ein Ruffe. Der letzt^.
Veloborodow genannt. svlelte keine
Rolle. Er war ein kleiner Angestelller in ios( j
einer llral-Fabrik gewesen, hatte 30 000
geffohlen und muhte ins Eefängnis. Das
Erund genug. um Volschewist zu werden. als
Revolution kam. Derb und ungehildet. war er ^
einfaches Werkzeug in den Händen seiner be>^
Kumpane. , ^

Der eine. der bei weitem bedeutendffe. k>
Schaja Jsaaksohn Eoloschtschokin- ^
war keit langem Revolutionär. Ein Kenner,.?.x
ruffiichen Revolution. Vurtzew, hat folgendes
ihn vor dem Untersuchungsrichter ausgesagt:

ke.nue thn. er itz .ein typischer Leninitz. -o»
Vergatzgenheit hak er viele bolschewttzifche 2^-»
und bewafsnste Ilebersälle orsaniffert. Das



Aiensch, ber kefn Bkut fürchtef. Der bervorrasen^
Zug seines Cbarakters itz folgender: er iff
grausamer Henker mit gewiffen Merkmalen
Entartung". Goloschtschokin war Mitglied ^
Ural-Sowiets und „Kriegskommiffar". ,

lFortietzung se>s6

Sounabend, der 17. Oktober 1938

(Emanuel Geibel. 181S aeb.1: -g

Tief zu denken und fchön zu empsinden.^
vielen gegedeu; Dichter ist nur, wer
fagt, was er dacht' und empsand.

Emanuel Getbel-

Üer kuf vom undem I^-fer

17. Fortsetzung

„Schlecht. Immer diese pastoralen, hochtönenden
Worte. Du hast ganz natürlich aus eine böse Sache
reagiert, ich dars dir keinen Vorwurs machen."

„Was nun. Werner?"

Vr zuckte die Achseln.

Cr nahm ffe nicht in seine Arme! Cr suchte
nicht mit zärtlichen Worten gutzumachen. Er brachte
eg über ffch, gelassen neben ihr zu fftzen, das Ent-
setzliche von eben hatte ihn nicht ausgerüttelt.

Bitter würgende Erkenntnis.

So wsit hatte er stch von ihr entsernt? Nach
vierundzwanzigiähriger Ehe? War das möglich?
Gab es das?

Einen MensKen haben! Einen Menschen, dem
man die Qnal anvertrauen. an deffen Brust man
den Kopf hätte hergon können.

Jch bin so allein. So ganz allein bin ich. Das
Mariels iff noch so iung. Frank ? Ueberhaupt
wäre es unmöslich, den Kinder derartiges zu ent-
hüllsn.

Der fremde Mann da unten im Schwarzwald?
Nein, auch der nicht.

Ganz allein «ar ffe.

..Werner."

„Ja. Maria."

„Nach dem. was heute abend gewesen iff. mag
rch nicht mebr hierhlsiben. Jch möchte nach Kai.
sersweith zurück."

Es tat ihr ssbr weh, aber ste lagte es ganz
vernünftig und sachlich.

Der Mann atmete auf.

„Es ist ffcherlich das Richtigffe, Maria. Jch
hatte es schon so lange gewünscht, aber ich. gerade
ich konnt« dir doch nicht mit einem solchen Vor-
schlag kommen."

Auch jetzt noch kein Widerivruch. dachte sie er-
bittert. er lätzt mich in aller Ruhe gehen. Ia. jetzt

srrrrr sar-k/ar-6rq'sv Asrrrs6s

Mtv'. ALL/l/Ä/'chSe 3/ §>a«6rrnH)H

sebs ich wirklich, wie weit wir auseinander ffnd.

Wieder schwlegen ste, es verging lange Zeit. und
Maria wartete aus etwas. was nicht kam,

„Ich möchte zu meiner Wohnung", sagte sie und
erhob sich.

„Es ist stockdnnkel drautzen. Ich begleit« dich."

„Danke. Jch kenne den Weg."

„Ich will aber nicht, dah du allein gehst."

Er nahm ssine Taschenlamve, leuchtete, und ffe
gingen nun beide im engen Kreis des schwachen
Lichtscheins nah vereint. Als der Weg steinig und
sehr uneben wurde, nabm zur Linden mit raschem
Griff den Arm seiner Frau.

Die Nacht bing samtschwer zwischen den Vergen.
Die Sterne funkelten, der Bach murmelte verschla-
sen. die Tritte der beiden Menschen hallten ge-
spenstisch durch die schwarze Stille.

So gehen wir hin, dachte Maria. Mann und
Frau, Vater und Mutter: gebunden waren wir für
ein Leben. ietzt treibt es ibn sort van mir. dies
ist unser letzter gemeinsamer Weg.

Und warum?

Kein Grund eigentlich. Auseinandergelebt, sagt
Werner. fremd geworben. sonst nichts.

Gibt es das? Darf es das geben zwischen Men-
schen. di-e geeint ffnd durch Kinder? Das bindet
doch unauslöslich.

„Wir trennen uns nicht in Feindschaft, Ma-
ria". sagte da der Mann. Das Wori tropste durch
die Stille. „Wir ffnd nach auhen hin..."

(Nach autzen hin! Wie durchschnitt dies Wort
das Herz!)

Mann und Frau wie immer. wir haben
unsere Kinder. wir haben Rückffchten zu nehmen.
Ich werde wie bisher sür den Haushalt aufkom-
men. Aeutzerlich —"

(Da war das schlimme Wort fchon wieder!)
bleibt es beim älten. 2L will nichts als die
Freiheit meiner Zeit."

Maria fror.

„Und ich. Werner?"

„Du?" Das Wort klang erstaunt. der Mann
schien boch aufzuhorchen.

Erst nach einer Weile entgegnet« en

„Was mir recht ist. ist dir naiürlich billig. Ob-
wohl ich mir kaum vorstellen kann. dah du etwas
mit der Freiheit deiner Zeit anzufangen verstün-
dest."

Sie waren am Ziel. Der Bach rauschte nnt
starkem Eesälls über das Mühlrad. der Schlüffel
drehte ffch knarrend im verroffeten Schloh, als
Werner öffnete. Maria trat über die Schwelle.

2hr Herz schlug. 2n ihrsm Kops war dumpfe
Leere. Sie muhte sich an der Türklinke festhalten.
so sehr hatte sie das Eefühl des Fallens, des Ver-
sinkens in gähnendes Nichts. Es wäre nicht einmal
unerwünscht gewesen, es hätte Vergeffenheit ge-
bracht.

Werner kützte ibr die Sand.

„Dank, Maria, für alles. Es waren schöne, glück-
liche 2ahre mit dir."

Dann zündete er die dünn« Kerze an. die aus
dem Fenffersims neben der Haustür für die Svät-
heimkommenden Lereit ffand.

„Geh gleich schlafen, hörst du. Maria."

Seine Schritte verballten im Dunkel der Nacht.

X.

Dies alles hatte ffch ereignet. als Marta ienen
Bries mit der Svur einer Träne schrieb. der Bruck
so nachdenklich gestimmt hatte.

Sie lebte nun allein mit der Tochter einsam
in dem hellen Sause au? dem Rheindamm: ffe
suchte ihre Tage auszufüllen mit der Pslege des
nun sommerlich vrangenden Gartens und mit Ma-
len (aber es blieb bei Versuchen. unmutig legte
ffe ffets den Pinsel beiseite. was ffe wollt«. gelang
nicht. ffe war keine von denen. die aus Echmerz
höchffes Können schöpsen, ihr waren immer
FreuLe. Glück mächtige Bundesgenoffsn gewesen).
Sie las viel ffille, beffnnliche Bücher, Rainer Ma-
ria Rilkes Stundenbuch muhte ffe überallhin be-
gleiten. Si« war dem Mariele. das ietzt die Ear-
tenbauschule des Diakoniffenbauies besuchte. früb
aus den Federn mutzte und stramm zu arbeiten
hatte, «ine zärtlich besorgte Mutter.

Aber das alles süllte die Zeit nicht aus.

Ueber jedem Tag stand die schwarze, schwere
Wolke des Leides, hossnungslos unerfüllter Sehn-
sucht.

Drautzen war ffrahlende Frühsommernacht. Sil-
berwolken zogen über kaktblauem Himmel. die
Bäume ffanden im Schmuck vollbelaubter Kronen.
auf dem Rhein war die Fahrtenluff erwacht mit
buntbewimvelten Schiffen. menschsnbesetzten Damo-
sern. kecken Paddelbooten, mit Musik, 2auchzen,
! Singen,

Ueberall war heitere Dakeinsbejahung. die
wunden und darum emviindsamen Herzen web^g
Maria meinte oft, wenn ffe in der Dämwek^-
mit Mariele auf der Terraffe sah, diese bunte,
bekümmert laute Sommerseligkeit einfach niw' x«
tragen zu können, und das sehnsüchtige. klage" ,
Sviel einer sernen Eeige entlockte ihr
Abends Tränenströme. .

Sie ffand haffig auf, ging wortlos ins HatAst
Die Tochter blickte ihr bekümmert nach. wat^k
unentschloffen. ffand dann doch auf und folgt«
Mutter, schlang die Arme um ihren Hals.^ „
„Mütterle, ich weitz ja. dah es schwer ifll
„Was weiht du. Kind. Nichts weitzl du. .ch
Herrisch ffreng klang die Stimme. haffig '
nete sie ihre Tränen.

„Ich bin ein bitzchen nervös und abgespa
Mariels, das ist alles."

Sie bezwang ffch. schob das Mädchen fort. ^
„Zeit. ins Bett zu gehen. Kleines. m^
heitzt es wieder srüh anfangen."

..Das Mädchen gab ihr den Gutenachtkutz
ging gehorlam.

2mmer kchickt Mutter mich sort. dachte ffe
begehrenb. Ob Mutter meint. ich merkte nichm-^k
durchschaute nicht alles? Immer bält ste mich^
ein Kind, das man gängeln kann wie man w>
Maria aber lag lang« «ach.

Eins war freilich da. das immer leise
achte: die Vrtes« aus dem Schwarzwald.
ruck ahnte ja von nichts. wie Maria glan^s
swegen konnte er auch nicht trösten. abel.^t
rt, wie er sich fijr die kleinsten Dinge '


bsi eo/'Stt/s

jsseg'

Lebens intereffierte, wie er kragte, alles /"xte"'
daheim sein wollte in ihrer Welt. Haus.
Bildern. wie er ansvruchslos oon ffch und
Angelegenheiten erzählte. tat unbeschreiblich
Brucks Briefe konnte ffe immer wisder
immer stand da noch ein Neues zwischen d«n
sen. diese Briefe waren treue Begleiter. ffl»V> ^
mer bereite Freunde. so wie geliebte Düw^^e»
ffnd. Der Dienstagmorgen. an dem ffe su kE!^k>
oflegten. hob ffch sefflich aus dem grauen ^
lei dieser bösen Zeit.

Lortietzung
 
Annotationen