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Volksgemeinschaft: Heidelberger Beobachter, NS-Zeitung für Nordbaden (6) — 1936 (Juli bis Dezember)

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Verlag und HerauSgeber! Verlag Vollsgemeinschast E.m.b.H., Heidelberg, Haubtstr. I2S/I2S, Sammel-
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Landeck — Warnicken
Hei-elberg

Ein Beitrag des Obergebietsführers Karl Cerff
zum heute beginnenden Reichskulturlager der HJ.

Es wirö seöes grotze volttische Zeitalter in
öer Weltgeschtchte öas Recht seines Dasetns
öurch öie sichtbarste Urkunöe setnes Wertes sich
ausstellen, öie es gibt: durch seine kulturellen
Leistungen."

Aöolf Hitler auf öem Reichsvartcttag 1933.

Wenn heute die junge Generation im Rahmen
'hrer grotzen Erziehungsaufgaben das Kulturelle
besonders betont, so deswegen, weil sie weitz, datz
die grotzen geistigen und sittlichen Werte, die aus
dieser Arbeit ihr zuströmen, die stärkste Kraft für
ben Lebenskampf eines Volkes sind. Die elemen-
tarste Voraussetzung für eine echte Kulturentwick-
lung aber ist ihre Verwurzelung im Volk.

Der stärkste Widerstand, der einem gesunden
Gedeihen unseres kulturellen Lebens entgegensteht,
ist die aus einer oergangenen Zeitepoche noch zu
uns herüberreichende Verbildung eines gewissen
Künstlertyps. Wir haben es oft erfahren müssen,
wenn wir drautzen bei unseren Jungen und Mä-
beln über die Fragen der deutschen Kunst sprachen,
batz sie uns entgegenhielten, der Künstler sei ein
Mensch, der sich autzerhalb unserer grohen welt-
unschaulichen Erziehungsgrundsätze stelle. Was diese
2ungen und Mädel oft instinktiv empfunden ha-
ben, ist m. E. das Kernproblem, bei dem wir an-
ietzen müssen, um zu einer Volkskultur zu kommen.

Wir wollen für diese Arbeit kein Programm
vusstellen, weil wir glauben, datz sich diese Frage
uicht vom Tbeoretischen her lösen lätzt. Wir wollen
bej den jungen Künstlern anfangen und ste hin-
einstellen in das Erlebnis unserer Zeit. Das Le-
ben unseres Volkes, das Leben un-
serer Jugend soll sie formen und ihnen den
inneren Austrag zu ihrem Schaffen erteilen. Wemt
«s früher kleine Gesellschaftskreise und Kultur-
ästheten waren, d'e der Künstlerschaft ihre Aufga-
ben stellten oder sie beklatschten, so soll in Zukunft
bas ganze Volk Auftraggeber und Empfänger sein.
2ch weitz, datz viele auf diese Forderung hin er-
klären, datz dies eine Niveausenkung der deutschen
Kunst bedeuten würde. Jch möchte jenen nur ein
Veispiel entgegenhalten: Die Reden unseres Füh-
rers stnd aüch eine künstlerische Leistung, in der
Höhe des geistigen Niveaus durch nichts zu über-
ireffen und in der Schlichtheit und allgemeinen
Verständlichkeit unerreicht, Wir wollen nicht, datz
ein Kunstwerk um so höher hewertet wird, je
weniger Menschen es verstehen, sondern wir wol-
ien, datz auch der Kllnstler gestaltet an den grotzen
Problemen unserer Zeit, datz er als ein geistiger
Führer mit dazu beiträgt, die schwebenden Fragen
Su lösen.

Diese unsere Auffassung ist die Voraussetzung
Sum Verständnis unserer Arbeitslager, die wir
ulljährlich durchführen. Landeck und Warnicken wa-
ren ein Ruf an die jungen schöpferischen Kräfte
unseres Volkes. Sie waren ein Appell jener, die
ben Wert ihres künstlerischen Schaffens nicht in
der Vereinsamung und Abgesondertheit, sondern in
ber Verbundenheit mit dem Volk und seiner 2u-
gend sehen. Jn diesen Lagern hatten sich junge
Menschen zusammengefunden, die nicht eine Ee-
weinschaft bildeten in der Vewunderung ihrer bis-
ber geleisteten künstlerischen Arbeit, sondern die
^su menschlich-kameradschaftliches Verhältnis zu-
einander geschaffen haben, die in der soldatischen
bchlichthei't des Zeltlagerlebens mehr sehen als nur
wrie vorllbergehende Abwechslung. Es war für sie
^ielniehr der Protest gegen jene Meinung, als sei
bas Schaffen und Aufnehmen künstlerischer Werte
bas Vorrecht sogenannter besserer Eesellschafts-
k^eise. Sie wollen aber auch zeigen, datz neben der
Pslsge der geistigen Werte die Schaifung der kör-
perlichen Voraussetzungen notwendig ist, d. h., datz
^ärper und Eeist eine Harmonie bilden müssen.
jPir können uns nicht vorstellen, datz ein weich-
Uer, sentimentaler und äutzerlich nachlässiger
Menschentyp berufen sein soll, unserem Volk künst-
lerische Werte zu schenken, an denen es sich aufrich-
kann, Jn den Lagern des jungen kllnstlerischen
Nachwuchses wird Schlutz gemacht mit einer Auf-
l?!iung, als ob der Künstler bewutzt in Form und
Haltung sich von den andcren Menschen unterschei-«
ben müsse.

. . So soll nun auch das Lager in Heidelberg mit
Winen besonderen Aufgaben ein weiterer Sckiritt
^hr Durchsetzung einer neuen Auffassung vomVer-
baltnis des KLnstlers zum Volk werden.

- Sowohl die Ctadt Heidelberg, wie auch das
^renzland Baden werden dem Lager eine Lber
^se Forderung hinausgehende Bedeutung geben.

,?n diesem Sinne begrütze ich alle Eäste, Kame-
gUoiiiiixn und Kameraden aus dem Reich und dem
^usland in Heidelberll-

Die deutsche Wiffenschast antwortei Rust

Künf Thesen profeffor Kriecks — Gtaaisminister Wacker über Geschichte und Aufgaben
-er Ruperto-Carola — Gchlußre-e profeffor Gteins: „Arzttum un- Volk"

Max Regers Vaterländische Ouvertllre unter
Prof. Äbendroths Leitung leitete den zweiten
Kestakt ein, an dem in der Schar der Ehrengäste
u. a. Reichsminister Rust, die gesamte badische
Regierung mit dem Reichsstatthalter an der Spitze
und zahlreiche Vertreter ausländischer Regierungen
und llniversitäten teilnahmen. Nach kurzer Begrü-
tzung durch den Rektor der Universität, Prof. Dr.
Eroh wurden die Ehrenpromotionen durch die
Dekane der verschiedenen Fakultäten oorgenom-
men, deren Vekanntgabe von der Versammlung
mit freudiger Zustimmung aufgenommen wurde.
(Wir berichten hierüber an anderer Stelle.)

Das Referat des Staatsministers Dr. Wacksr

llber Eeschichte, Vedeutung und Aufgabe der llni-
versität wurde an seinen Höhepunkten mit freu-
diger und und begeisterter Zustimmung aufgenom-
men. So wurde es auch mit herzlichem Beifall be-
grützt, als der Minister Eould Schurmans ge-
dachte, der durch eine hochherzige, von amerikani-
schen Bürgern aufgebrachte Stiftung der Universi-
tät bekanntlich die Erstellung eines neuen Vor-
lesungsgebäudes ermöglicht hat. Jhm, so führte
der Minister aus, dem einstigen Heidelberger Stu-
denten, gebührt heute nicht nur der Dank für diese
wertvolle materielle Hilfe, grötzer als sie ist der
Geist des Friedens, der Freundschaft, der Versöh-
nung, der aus diesem Werke strömt.

Mim'ster Wacker spricht

Zwei Dinge sind es, die der Eründung der nun
ältesten llniversität des Deutschen Reiches, Heidel-
berg, günstig waren: Die innere Lage
Deutschlands am Ende des 14. Jahr-
hunderts, insbesondere die des SLdwestens,
und die Konstsllation der europäi-
' Hen Politik.

Das 14. Jahrhundert Deutschlands zeigt einen
zunehmenden Drang nach geistiger Schulung. Aus
einer allgemein zu beobachtenden Armut und Mch-
ternheit des Eeisteslebens, aus dem Mangel an
idealistischem Schwung, wie er noch aus der Stau-
ferzeit in Erinnerung war, aus dem Aufgehen in
materiellen Dingen, einer trockenen Eeschäftsmä-
'igkeit des Lebens hatten sich die idealistischen
tegungen fast ausschlietzlich auf das Eefühls-
leben und ins Religiöse geflüchtet, aber es
war auch ein Bedürfnis und Streben nach Vertie-
fung und Erweiterung des Wissens erwachsen.
Diese Erscheinungen führen schlietzlich zu einer He-
bung des Bildungswesens und zu zahlreichen
Schulgründungen. Dazu kam im südwestdeutschen
Raum ein wachsendes Vedürfnis nach geeigneten
gelehrten Kräften für die Kanzleien der Fürsten
zahlreicher neugeschaffener territorialer Kleinstaa-
ten mit einer gelehrten, möglichst juristischen Vor-
bildung.

So wird der Vegründer eines dieser füd-
westdeutschen Territorialstaaten, Pfalzgraf
Ruprecht I., zugleich der Stifter der Uni-
versität Heidelberg, mit der er sein politi-
fches Lebenswerk krönt und abschlieht.

Die europäische Lage, die im Eründungszeit-
raum gegeben war, ist die: Der M»npf der mittel-
alterliche« Kaiser mit dem Papsttum hatte seine
Fortsetzung in Frankreich erfahren und dort 1378
zur Kirchenspaltung geführt. Die Auseinander-
setzung des römischen und französischen Papsttums
hatte die Pariser Universität ergrisfen, auf der die
Richtung Avignon siegreich wurde und damit ihre
Gegner, darunter deutsche Eelehrte, 1383 zur Aus-
wanderung gezwungen. Ruprccht stellte sich gegen
das französische Papsttum und öffnete damit den

Weg für die Pariser Opposition nach Heidelberg.
Der in Paris geschulte Meister des philosophischen
Faches, Marsilius von Inghen, wurde in Heidel-
berg der „Anheber, Regierer und Ver-
weser" der neuen Hochschule.

Es entsprach den Erfordernissen der Zeit, wenn
Ruprecht 1. einen päpstlichen Stiftsbrief erwarb.
Dieser traf auch am 24. Iuni 1386 ein und am
2 6. Juni wurde der Beschlutz zur Eründung ge-
fatzt. Dieses Datum.dürfte somit als das eigent-
liche Eründungsdatum geschichtliche Geltung haben.

Die geschichtliche Entwicklung und die Mitar-
beit der llniversität an grotzen kulturellen Aufga-
ben ist eine sehr wechselvolle und ungleichartige.
Die grötzte Kraftentfaltung mit den Zeiten der
höchsten Vlüte liegt am Anfang und am i^.ide des
bisherigen Lebensweges, in den ersten 236 und in
den letzten 133 Lebensjahren, vor 1622 und nach
1803. Die dazwischen liegenden 181 Jahre sind
mit einer kurzen Unterbrechung von 1652—1689
Jahre des Dahinsiechens unter der Last schwerer
Kriegsnot oder Zeiten des Dahindämmerns ohne
entscheidenden Anteil an der deutschen oder abend-
ländischen Kulturentwicklung. Dabei lätzt sich un-
schwer erkennen, datz das Eesicht, die wissenschastliche
Höhe und die Leistungssähigkeit der llniversität
sehr wesentlich abhängt vom kulturellen Auftrag-
geber und von den wirtschaftlichen Möglichkoiten
desselben. Die geistige und willensmätzige Kraft
des Fürsten oder des Staates, die die llniversttät
tragen, sind durchaus entscheidend für die kultur-
politische Zielsetzung, Arbeitsweise und Leistungs-
steigerung.

Es ist nicht ganz richtig, wenn man annimmt,

Zum ersten Male vor -er

Das 1409 auf Vetreiben Frankreichs nach Pisa
berufene Konzil sieht bereits den Wortführer
der Heidelberger Universität vor
seinen Schranken. Das Scheitern des Kon-

keiollsministei- kust im Vesorävk mit «slckolverLsr Stu«ionton Photo: Kraichgauer.

Nuknabme Beramayer.

biinlster k»s. lVaokei' am kleünvrpult

die ersten mittelalterlichen Universitäten in
Deutschland seien etwa aus einer oppositionellen
Haltung gegenüber der Kirche geboren worden.
Sie waren zwar nicht kirchliche Einrichtungen, aber
in kirchlichem Eeiste ihres Zeitalters gegründet
und organisiert und in diesem Sinne üniversal-
kirchliche Bildungsinstitute. So auch Heidelberg.
Das erste Jahrhundert der neuen Universität trägt
den Stempel damaliger kirchlicher Weltbilduna,
vertreten durch die scholastische Schule. Jhre gei-
stige Grundhaltung der ersten Iahrzehnte entsprach
der politischen des Kurfürsten, einer Eegnerschaft
zur französischen Kulturpolitik und damit einem
Festhalten am römischen Papst. Mit dieser Stel-
lungnahme ist die junge Universität sofort in den
ersten Lebensjahren mitten hineingeraten in die
schwersten Probleme ihres Jahrhunderts, ist betei-
ligt an den Auseinandersetzungen um die Frage
über den göttlichen llrsprung des päpstlichen Pri-
mates, die Unabhängigkeit der weltlichen Eewal-
ten von der Kirche, und die damit zusammenhän-
genden, ganz Europa bewegenden Dinge der fran-
zösisch-römischen Kirchenspaltung. Jn ihren Stel-
lungnahmen in den ersten Jahren des 15. Jahr-
hunderts tauchen bereits reformatorische Eedan-
kengänge auf, die aber im Gegensatz zu Paris
kirchlich-religiöser Art sind und auf eine sittlich
religiöse Erneuerung der Kirche abzielen.

europäischerr Oeffentlr'chkeri

zils ist sein Werk. Die Universität ist in die euro-
päische Oeffentlichkeit eingetreten. Nach dem Ee-
setz, unter dem sie angetreten war, sührt die Uni-
versität ihre romtreuo Kirchenpolitik konsequent
fort und behält durch und durch scholastische Bil-
dungsart, bleibt eine Schule fllr die Schule, nicht
für das Leben in unserem heutigen Sinne. Die
Reformationsurkunde von 1462, die der Hochschule
Lehr- und Hörfreiheit für die philosophische Fa-
kultät bringt, kommt bereits zu spät. Die Welt
der Scholastik neigt sich als Ganzes dem Ende zu.
Indessen dämmert bereits ein neues Bildungs-
ideal in Heidelberg selbst, während in der Univer-
sität noch wütcnde Schul- und Wortkämpfe zwischen
Magistern und Scholaren ausgefochten werden. Am
Hos des Kursürsten Philipp zieht sich der
erste Humanistenkreis zusammen. Die Renais-
sance hält unter Führung des Wormser Bischofs
Johann von Dalberg und seiner Freunde
Einzug am Hof. Eine ungeheuere Fülle von Auf-
gaben tut sich auf angesich'ts der durch den Huma-
nismus gegebenen Durchbrechung bisheriger Alter-
tumswissenschast. Der Erundgedanke der Univer-
sität selbst mutzte eine Erweiterung und Vertie-
fung erfahren vom scholastischen „studium generale"
bis zur neuen „universttas literarum". Die be-
deutendsten Humanisten ihrer Zeit kommen in
Verbindung mit Heidelberg, und aus der neuen
Theologenschule geht ein ganzes Eeschlecht von
Männern hervor, die später sämtlich Träger der
Reformation geworden sind, unter ihnen Melanch-
thon. Die Eewalt dieses geistigen Umbruchs wird
erst deutlich, wenn man vergleicht, datz 1479 noch
ein Ketzergericht mit drei bewährten Heidelbergei
Theologen beschickt w. .den war, während 1518 Dr.
Martill Luther im Augustinerkloster sein«
 
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