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Volksgemeinschaft: Heidelberger Beobachter, NS-Zeitung für Nordbaden (6) — 1936 (Juli bis Dezember)

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Friedensnobelpms für Landesverräter

Oslo prämiiert Ossiehky — Eine unverschämte Beschimpfung Oeuischlands

Oslo, 24. November

» Das Nobelpreiskomitee des norwegischen
^Eorthing hat den Friedensnobelpreis für 1935
?°rl von Ossietzkh zugekcilt. Den Frie-
^nsnobelprcis für 1936 hat der argentinische
^ßrnminister Carlos Saavedra La-
'"as erhalten.

. Diit Karl von Ossietzky ist der Friedensnobel-
^kis zum erstenmal an einen von dem höchsten
?krichj seiner Heimat verurteiltenLan-
. ksvcrrätcr gesallen. Karl von Ossietzky
^rde am 23. November 1931, also in der Zeit
November-Republik, vom Vierten Straf-
, "at des Reichsgcrichts wegen Landesverrates
o's einer Strafe von anderthalb Iahren Gesiing-
verurteilt. Er hat dicse Strafe im Mai
""2 angctreten. Ein Gnadengesuch an

den Reichspräsidenten, Generalfeldmar.
schall vou Hindenburg, wurde von
dicsem abgelehnt. Ossietzky ist Weihnachten
1932 auf Grund einer allgcmeinen Amnestie in
sfrciheit gesetzt worden. Jm Gegensatz zum
Sowjetstaat, der jeden politischen Gegner an die
Wand stellen läßt, hat sich das nationalsozia-
listische Deutschland darauf bcschränkt, Ossietzky
am 28. Februar 1933 in S i ch e r h c i t s v e r -
wahrung nehmen zu lassen. Ossietzky ist vor
längerer Zeit aus dicser Haft entlassen worden
und befindet sich in Freihrit.

Die Verleihung des Nobelpreiscs an einen
notorischen Landcsverräter ist eine derart un-
verschämte Herausforderung und
Beleidigung des neuen Deutsch-
lands, daß darauf eine entspre-
chend deutliche Antwort erfolgen
w ird.

Tlobels ättester Gohn protestiert

verlk«. 24. November

. Zu der Verlelhung des Friedens-Nobelpreises
den Landesverräter Karl von Ossietzky liegen
^her noch nicht viel ausländische Pressestimmen
Es kann jedoch schon jetzt gesagt werdcn, datz
§e>te Kreise des Auslandes die unerhörte
Uhlentsch.eidung von Oslo ebenfalls scharf
b^hnen und di« Entrüstung, die ganz Deutschland
diese Provokation empfindet, durchaus teilen.
K Der sonderbare Entsch'uh des Osloer Nobel-
L°>uitees hat in weiten Kreisen des jchwedischen
"^kes starkes Vefremden heroorgerufen.

»: Der älteste Nachkomme des Preisstifters, Jnge«
^Ur Ludwig Nobel hat im „Aftonbla-
xine Erklärung veröffentlicht, die an Deut-
"hkeit nichts zu wünschen Lbrig lätzt;

„Jch bi« vollends berselbe» Meinung vi«
der Storthing-Präfident Hambro, datz «»
unglücklich ist, wenn der Friebenspreis zn
parteipolitischen oder überhaupt zu Zwecken
benutzt wird, die Streitigkeiten hervorrufe«
könnten. Nichts könnte mehr dem Wunsche
Alfred Nobels zuwiderlaufen, dies geht schon
aus dem blotzen Namen des Preises hervor.
Zch will mich nicht über die Perfonenwahl als
folche äutzern, aber der Preis soll nicht den
Zweck habe». Streit zu entfachen. Eine solche
Sache ist selbstverständlich!«

„Eine historifche Kälschung"

Das Vlatt selbst nimmt an leitender Stelle
unter der Ueberschrift „Trotz allem — Ossietzky"

eine ähnlich abweisende Stellung zu der Osloer
Entaleisung ein. Die Verleibung des Friedens-
preises an Ossietzky sei, so heitzt es darin, ein
lästiges und unverständliches Manö«
v er, das ganz und garnicht mit dem Zweck des
Friedenspreises, entspannend und versöhnend zu
wirken, im Einklang steht. Es sei wahrhaftig nicht
die Meinuna Nobels' gewesen, datz der Friedens-
preis dazu benutzt wird, die herrschenden Reibun-
gen hervorzuheben und zu verschärfen.

„Nya Dagligt Allehanda" erklärt in
einer Stellungnahme u. a.: „Der Friedenspreis
Nobels für Ossietzky ist als eine reine Kundgebung
zu betrachten, eine Kundgebung in dem Matze, als
sie einen Protest gegen denNational«
sozialismus bezweckt". Das Vlatt gibt der
Auffassung Ausdruck, dah „der Träger des Frie-
denspreises sicherlich kein welthistorisches Formar
besitze. Jhn darum als ein pazifistisches Opfer des
krieqerischen Hitler-Reaimes zu betrachten, bedeute
in chohem Matze elne historische FSlschun g".

»Gine Kränkung Oeutschlands^

Wien» 24. November

Die Verleihung des Friedens-Nobelpreises an
den Linkspazifisten Ossietzky hat in Oesterreich
äutzerstes Befremden ausgelöst, das sich zum Teil
bis zur Entrüstung steigert, da man diese Entschei-
dung nicht nur als peinlich für das Richterkol-
legium selbst empfindet, sondern vor allem, weil
man darin eine bewutzte Kränkung
Deutschlands sieht. Das „Neuigkeitsweltblatt"
überschreibt seine Meldung bezeichnenderweise:
„Friedensnobelpreis für einen deut-
schen Hochvcrräter". Auch in dem naturge»
mäh sachlich gehaltenen Bericht der amtlichen Nach-
richtenstelle wird die Tatsache unterstrichen, datz
Ossietzky wegen Landesverrates vor ein Eericht ge-
stellt und in der Weimarer Zeit verurteilt wor-
den ist.

Tragisches Los -eutscher Arbeiter -er Gowjetunion

Auch deutfche Marxisten werden an die Wand gesteltt — Snergifche Warnung der Treichsregierung

Berlin, 24. November

» ^Kie sich nach einer Bochumer Mitteilnng her-
tz"bstellt, stammt der in Nowosibirsk von eiuem
.»wjetgericht in einem Theaterprozeh zum Tod»
I^Urteilte deutsche Bergingenieur Emil Stick-
aus Wanne-Eickel bei Vochum. Stickling ist
Sohn eines Schachtmeisters und hat seine
^Usbahn selbst als Erubenarbeiter begonnen. Er
am Weltkrieg teilgenommen und galt in der
,j>w»iten Nachkriegszeit als Marxist. Zm Zahrr
UZS wnrd« er von eincr deutschen Firma sür einen
k"8en Auftrag in Sowjetruhland angeworben.

ging als marxistischer Arbeiter nach Sowjet-
?SIand, um die Leistuugen des Bolschewismus ken-
zu lerncn.

Als der Auftrag seiner Firma beendet war.
. Ut ex, wie Verwandte Sticklings mitteilen, not-
xdrungen in die Dienste einer sowjetrusiischcu
h'Eina, da er sich inzwischen in Sowjetrutzland er-
i. Ut verheiratct hatte, seiner Frau aber, die nach
h,u>jetrusiischcm Eesetz Sowjetbürgeri« bleibt, die
L.breise aus Sowjetruhland nicht möglich war.
h.'ckling ist, wie so viele deutsche Arbeiter, die
r^srötzten Hossnungen nachSowjet.
."tzlandgingen und dort vielleicht ihrer gren-
^«losen Enttäuschung Ausdruck gabeu, ein Opfer
; E sowjetrussischcn Rachejustiz geworden. Er wurde
UnmenschlichsterWeise gequält und
s?>oltert und es wurde von ihm schliehlich ei«

^rden, dah iiber Stickling seit seiner Auswan-
nach Sowjetruhland bei deutschen Strllen
das grringste metzr bekauutgrMrtzeu ist.

Der Fall Stickling ist ein erneuter Beweis
dasür, dah auch deutsche Marxisten oor dem
Hah dcr Sowjetmachthaber nicht sicher sind, und
ihnen im Lande der Bolschewisten das gleiche Schick-
sal blüht wie allen Deutschen.

Obwohl Stickling Marxist war, hat fich dic
Reichsregierung trotzdcm mit aller Krast
seines Schicksals angenomme», denu es spielt für
das nationalsozialisttsche Deutschland keine Rolle,
welche Weltanschauung der deutsche Bolksgenosie
im Auslande srüher oertreten hat. Die deutsche
Vollsgemeinschast nimmt fich selbstoerständlich
jedcs deutschen Bolksgenosien und Reichsange-
hörigen an, dem im Auslande Unrecht widerfährt.
Jeder deutsche Reichsangehörige ist auch im Aus-
lande des Schutzes der deutschen Bolksgemeinschaft
sicher. Es ist eine Frage der Ehre der deut-
schen Nation, keinen Angehörigen dicses Volkes je-
mals preiszugeben. Die bolschewistischen Ziele,
die von den Machthabern im Kreml mit dem Pro-
zeh gegen den Jngenieur Stickling versolgt wer-
den, sind jedem Denkende« klar. Daher wendet sich
die deutsche Reichsregieruna mit Nachdruck gcgen
ein offensichtliches Theaterverfahren,
das, durchsichtig in seiner Absicht, nicht den Jn-
genieur Stickling, sondern den Deutschen in ihm
treffen will.

„Gturm im Kreml"

Londo«, 24. Nooember

Ser „Daily Expreh" veröfsentllcht i» gro-
her Aufmachung unter der Ueberschrist „Spaltung
der Chess Stalins Lber das Schicksal des Deutschen.
— Sturm im Kreml", eine Meldung seines Be-
kWrrWters is Mrscha«. Daxis heitzt rs: »Dik-

tator Stalin beries heute nachmitiag eine Sonber-
sitzung der Sowjetregierung in den Kreml, um die
durch die Berkündung des Todesurteils gegen den
deutschen Jngenieur Stickling geschafsene Lage zu
besprechen. Die Sowjetfiihrer spalteten sich iu zwei
Eruppen, eine zu Eunsten einer Begnadigung, die
andere zu Eunsten der Hinrichtung. Die Begna-
digungsgruppe bestand aus Beamten des
Auhenkommisiariates und Eemähigten, die durch
Berlins heftige Ausbrüche beunruhigt sind.

Die Befürworter der Hinrichtung,
bestehend aus radikalen Kommunisten, forderten,
dah das llrteil vollstreckt werde. Sie behauptcteu,
dah es der Wille des Sowjetvolkes sei, dah der
„saschistische Hund" Stickling sterben soll.

Eine Stunde vor der stürmischen Sitzung sprach
Graf von der Schulenburg in Moskau noch
einmal im Auhenamt vor und verlangte dringend,
dah eine günstige Antwort aus seinen Schritt zur
Begnadigung sobald wie möglich gegeben werde.
Der stellvertreteude Auhenlommisiar Krestinski
sagte dem Botschaster, dah bis nach Stalins Rats-
sitzung keine Antwort gegeben werden könne. Z«
jpäter Rachtstunde wartete Botschaster Eraf Schulen-
bnrg »och immer."

Englische Ll-Voote nach Gpanien?

London, 24. November

Das Flaggschiff der ersten englischen U-Voots>
flottille im Mittelmeer „Zyclop" ist am Diens«
tag mit seinen U-Booten aus Malta ausgelaufen.
Da keine amtliche Mitteilung Lbe. das Vestim-
mungsziel gemacht wurde, nimmt man allgemein
an, datz die Schiffe in die spanischen Eewässer
gehen werden.

Halbe Maßnahmen

Bon Bernhard Seeger-Kelbe

Während sich die Welt beinahe daran gewöhnt
hat, dah Moskau die spanischen Volschewisten
mit Waffen und Kriegsmaterial aller Art ver«
sorgt und so am laufenden Vande den Nichtein»
mischungspakt bricht, veröfsentlichte der Pariser
„Matin" die sensationelle Meldung, datz neuer-
dings autzer Waffen ganze Sowjettrup«
penteile unter dem Schutz sowjetischer Kriegs-
schiffe nach den roten spanischen Mitlelmeerhäfen
unterwegs seien. Eleichlautende verbürgte Nach-
richten brachte das „Echo de Paris". Und die
Pressestelle der spanischen Nationalregierung in
Salamanca gab am Dienstag bekannt, dah Ma-
drid mehr von Sowjetrussen und anderen bolsche-
wistischen Ausländern verteidigt werde, als
von spanischen roten Milizen, die täglich in zu-
nehmendem Matze zu den nationalen Truppett
Lberliefen. Moskau hat also begonnen, stch nun«
mehr offen, als kriegführende Partei in Sva-
nien einzumischen, nachdem es bisher der heim-
lichen, nach autzen — zwar erfolglos — demen-
tierren Hilfe den Dorzug gab. Diese Tat«
sache muh man vor Augen haben, wenn di«
Stellungnahme Englands im Spanienkonflikt und
überhaupt seine politische Ausrichtuna im konti-
nentaleuropäischen Raum einer llntersuchung un-
terzogen werden soll.

Der britische Autzenminister Ede« hat in de»
letzten Tagen vor dem Unterhaus und gelegentlich
politischer Reden im Lande eine Reihe Erklärun«
gen über die autzenpolitische Haltung Erohbritan«
niens abgegeben. Es ist notwendig, diese ver-
schiedenen Meinungskundgebungen zu sichten.

v) Spanienkonflikt:

Die Londoner Presie erwartete ursprünglich
die Anerkennung sowohl der Nationalregierung
Franco, als auch der Volschewisten in Barce-
lona-Alicante-Valencia als kriegführende
Mächte. Sie glaubte, dah so international«
Konflikte wegen der Erklärung Francos, er werde
die roten Mittelmeerhäfen blockieren und be-
schietzen, am besten zu vermeiden seien. Entgegen
dieser Erwartung beschritt die Regierung Bald-
win-Eden einen eigenartigen Mittelweg.
Sie verweigerte den Kriegsschiffen Francos
(cbenso wie Paris) die Anhaltung und Unter-
suchung von Handelsschisfen „auf hoher See", ver-
zichtete aber auf freie Schiffahrt rnnerhalb der
Dreimeilenzone stillschweigend — und damit
ebenso auf Mahnahmen gegen di« Blockade der
roten Häfen.

Die britische Regierung erkennt Franco als
kriegfübrende Partei cks jurs nicht an. duldet
aber, datz sie lls kacto innerhalb der Drei-
meilenzone alle Rechte einer solchen für sich in
Anspruch nimmt. Das sind von uns aus gesehen,
angesichts des offenen Moskauer Eingreifens, be-
denkliche Halbheiten, die der grotzen euro-
päischen Aufgabe Englands nicht gerecht werden,
denn sie hemmen eine schnelle und nach Möglich-
keit wenig blutige Verhinderung des Moskauer
Versuches, sich im westlichen Mittelmeer einen
auch für Erotzbritannien sehr unangenehmen mili-
tärischen und politischen Stützpunkt zu schaffen.
Das angesichts der Neutralität selbstverständliche
Verbot von Waffentransporten nach Spanien auf
britischen Schissen, kann diese Bedenken nicht be-
seitigen.

llns scheint, datz alle diese halben Matznahmen
nur durch die Rücksichtnahme auf die unsicher«
Lage der Pariser „Volksfront"-Re.
gierung erklärbar sind. Wir glauben aber, dah
stch die Entwicklung in Spanien sehr schnell einem
Zustand nähert, bei dem London vor die Frage
gestellt sein wird, zwischen der Sicherung Europa»
und der Rücksichtnahme auf lnnenpolitisch«
französische Belange zu wählen.

d) Osteuropa:

Herr Anthony Eden hatte weiter in einer
Erklärunß über die britischen Beistands«
verpsllchtungen eindeutig feftgestellt, datz
England in dieser Hinsicht allein durch den Lo-
carnopakt und durch jen« ZwisHcnversicherungen,
deren Dauer bis zum Zustanoekommen eines
neuen Westpaktes läuft, verpflichtet sei. Dariibe»
tziMU« tzqb» r« M, Neijtandrjustchernngeu «O
 
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