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Heidelberg, Mittwoch, September ^920
Nr. 202 » 2. Jahrgang
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Die französischen Forderungen aus Anlaß
der nationalistischen Treibereien in Breslau
Berlin, 31. Aug. Die von der französischen Bot-
schaft heute überreichte Note hat folgenden Wortlaut:
„Herr Minister! Sm Anschluß an meine Note vom 27. Aug.
beehre ich mich. Euer Exzellenz die Bedingungen der Regie-
rung der Republik für die Beilegung des ernsten Zwischenfalles
bekanntzugsoen, der sich auf dem französischen Konsulat
inBreslau am 26. August zugetragen hat:
1. Das Konsulat wird von der deutschen Regierung auf i h r e
Kosten wieder in Stand gesetzt. 2. Die deutsche Regierung
Kahlt 100 000 Franken zur Entschädigung der Konsulats-
Beamten für die bei der Plünderung erKttenen materiellen Ver-
luste, für den Schaden, der ihnen etwa durch Vernichtung ihrer
auf dem Konsulat hinterlegten'Wrrtpapiere und Urkunden entftan-
den sein könnte, sowie für die besonderen Aufwendungen, zu denen
der Vorfall sie genötigt hat. 3. Alle am Ueberfall Beteiligten
werden ermittelt und bestraft. Das Ergebnis der Ermitt-
ftmgen wird der Botschaft binnen achtTagen mitgeteilt. 4.
Segen die O r t s b e h ö rd e n, durch deren EinVerständnis, Fahr-
lässigkeit oder Gleichgültigkeit die Ausführung des Ueberfalls mög-
lich geworden ist, wenden disziplinarische Maßregeln
»»troffen, von denen die Botschaft innerhalb der gleichen Frist
Mitteilung erhält. 5. Nach vollständiger Erfüllung dieser Bedin-
gungen wird das Konsulat in Gegenwart des O b e r p r ä s id e n-
ten der Provinz Schlesien und des französischen Botschafts-
rats wieder eröffnet. Die Flagge wird gleichzeitig gehißt und
«cht bis 7 Uhr abends. Eine Kompagnie Reichswehr mit
Musik erweist Ehrenbezeigungen und defiliert vor dem
Konsulat. Das Programm des Hergangs wird im Einverständnis
Mit der Botschaft festgesetzt. Da die Regierung der Republik der
Ansicht ist, daß die Gewalttat gegen das französische Konsulat in
Breslau auf die nämlichen Ursachen wie die Beleidigung der fran-
Mschen Botschaft vom 16. IM zurückzufiHrsn ist, verlangt
sie außerdem sofortige disziplinarische Maßregeln gegen Haupt-
mann v. Arnim.
Die Regierung der Republik wünscht mit der deutschen Regie-
rung in einer Atmosphäre der Beruhigung und Arbeit
friedliche Beziehungen zu unterhalten. Aber sie muß fMwll««,
»aß eine lange Reihe feindseliger Kundgebungen und Angriffe
legen ihre zivilen und militärischen Vertreter in Deutschland
leigt, daß es gewisse Elemente auf Herausforderungen absehen, zu
denen das regelmäßige Ausbleiben einer Bestrafung geradezu er-
mutigt. Sie ist überzeugt, daß dieser unerträgliche Zustand
sich von Tag zu Tag verschlimmern wird, wenn die deutsche Regie-
rung nicht durch deutliche Mißbilligung und nachdrückliche Strafen
»eigt, daß sie dem ein Ende setzen will. In diesem Sinne beehre
ich mich, im Auftrage meiner Regierung die Forderung zu stellen,
die deutsche Regierung für alle Zwischenfälle, deren Opfer
französische Vertreter oder Staatsangehörige gewesen sind, mir in
ö«r Botschaft binnen kürzester Frist durch den Reichs-
kanzler ihr Bedauern ausspricht und zugleich die Zusage
erteilt, daß die in der vorliegenden Rote geforderte Genugtuung in
vollem Umfang gewährt werbe. Im übrigen behalten sich
die verbündeten Regierungen selbstverständlich vor, die Sühne und
Wiedergutmachung zu verlangen, die die Uebergriffe gegen die
interalliierte KontrollkommWon und ihre Mitglieder zu erfordern
scheinen.
Genehmigen Sie, Herr Minister, die Versicherung meiner aus-
gezeichnetsten Hochachtung, (gez.) Charles Lauren t."
Polnische Greueltaten an deutschen Arbeitern.
Kattowitz, 31. Aug. Arber den Massenmord von Iosephs-
tal bei Deutsch-Picckar, wo nun schon zehn Leichen grausam getö-
teter deutscher Arbeiter gefunden worden sind, treffen neue
Meldungen mit entsetzlichen Einzelheiten ein. Von privater Seile
wird uns berichtet: Der Schauplatz der Leichenfunde ist ein kleiner
Nadelwald dich: an der Grenze. Alle zehn Opfer stammen aus dem
Schlafhaus in Maczeikowitz, das von den Polen am 20. August
erstürmt wurde. Der Mord ist jedenfalls am 23. August erfolgt,
Erkannt ist bisher nur eine von den Leichen und zwar als die des
'Schlafhausmeisters Loz. Als einer der Täter wird ein gewisser
N jdok genannt, der mit mehreren Brüdern die ganze Gegend auf-
gewiegest haben soll; er ist seit der Untat flüchtig. Die Leichen, die
aus den beiden Massengräbern zutage gefördert wurden, boten ein
grauenerregendes Bild. Nach dem Aussehen der Wunden und der
zerstörenden Wirkung der Kopfschüsse sind die Schüsse aus näch-
ster Nähe abgegeben worden. Aber gerade deshalb zwingen
eine Anzahl Schüsse zu der Vermutung, daß die Mörder ihre Opfer
durch schlechtes Zielen absichtlich grausam gemartert haben.
Außerdem waren die Leichen der ganzen Oberkleidung, des Schuh-
zeugs u-fw. beraubt und wie Vichladaver durcheina nd erge -
warfen.
In deutschen Kreisen ist man überzeugt, daß diese viehische
Mordtat nicht die einzige ihrer Art ist und daß die meisten von
denen, die von den polnischen Truppen weggeschleppt wurden, ein
ähnliches Schicksal erlitton haben.
Äeuthen, 31. Aug. Von den Leichen der von den Polen
ermordeten deutschen Arbeiter sind bisher der Schlafhausmeister
Loz aus Maczeikowitz uüd der Grubenarbeiter Brand aus
Mörchmgen identifiziert worden. Die übrigen sollen Rheinländer
fein, lieber die Vorgänge selbst liegt noch kein abschließendes Bild
vor.
Der Ueberleitungskommifsär von Schwetz wieder freigelchsen.
Berli n, 31. Aug. Zu der in der Presse gemeMten Ver-
haftung der deutschen LleberleitungskomnMare in Schwetz
und Thorn, wird von zuständiger Seite mitgeteilt, daß das Aus-
wärtige Amt auf die Nachricht von der Festnahme des lleberlei-
tungstvmmissars in Schwetz bei der polnischen Regierung sofort
dessen Freilassung und die Bestrafung der schuldigen Beamten ver-
langte. Die Freilassung «erfolgte umgehend, lieber die Ver-
haftung des lleberleitungskomm-issars in Thorn liegt eine amtliche
Mewung noch nicht vor. Die zur Aufklärung erforderlichen Maß-
nahmen sind eingeleitet.
Der Krieg im Osten.
Vom russisch-polnischen Kriegsschauplatz.
Pofen, 31. Aug. Durch Funkspruch. Operationsbericht
des polnischen Generalstabs vom 30. August:
Am 29. August sind unsere Truppen von der örtlichen Bevöl-
kerung von Augustowo enthusiatisch begrüßt worden, als wir in
die Stadt einrückten. Im Abschnitt Bialystvk zieht sich der Feind
unter unserem Drucke gegen Osten zurück. Unsere Truppen besetzten
Sükolka und Grodek. Bolschewistische Abteilungen, welche im Ab-
schnitt Malanare stärksten Widerstand zu leisten versuchten, wurden
zurückgeworfen und zur panikartigen Flucht gezwungen. Im Ab-
schnitt Zemoß «leisten unsere Abteilungen der berittenen' Armee Bud--
jennys kräftigen Widerstand. Grabowicz, welches von uns vorüber-
gehend verlassen worden war, wurde im «Gegenangriff zurückcrobert.
Oestlich von Lemberg ist die Lage unverändert. Hartnäckige feind-
liche Angriffe auf Zagorze wurden abgewiesen. Feindliche Kolon-
nen wurden bei Pvhvryles 50 Schritte vor unseren Stellungen zu-
rückgefchlagen und erlitten schwere Verluste.
Moskau, 31. Aug. Durch Funkspruch. Operationsbericht
der russischen Sowjetrepublik vom 30. August:
Westfront: Im« Abschnitt Wolfowitz besetzten wir eine
Reihe von Ortschaften, 15—30 Werst südwestlich von Bialystvk er-
beuteten wir ein Panzerauto mit 9 Kisten Munition. Im Abschnitt
von Brest-Litowsk örtliche Kämpfe. Im Abschnitt Wladimir Wol-
hynsk besetzten wir die Stadt Beiz und eine Reihe Ortschaften
Nvrbich davon, wobei wir Gefangene machten und drei Geschütze
erbeuteten. Im Abschnitt Lemberg Prrzemysl sind hartnäckige
Kämpfe im Gange. Die Ueberma-cht ist auf feiten unserer Truppen.
Krim front: Im Abschnitt Orechow für uns erfolgreiche
Kämpfe.
Polnische Friedensvorschläge.
Moskau. 31. Aug. Die polnischen Gegenvorschläge zu den
einzelnen Punkten der Friedensbedingungen besagen u. a. zu
Punkt 1:
Die Sowjetregierung mutz die Unabhängigkeit, Sei b-
ständigkeit und Souveränität der polnischen Republik
anerkennen. Es ist selbftlveüständlich, daß Polen sein innerpolitisches
Leben ganz selbständig ohne «Einmischung anderer «Staaten organi-
sieren kann.
Zu Punkt 2 macht Polen folgenden Vorschlag: Keiner der
Staaten braucht, die Kriegskosten zu evsch-en. Die polnische
Delegation betont, bah das p o l nis ch e Elem e nt weit über die
vorgoschlagene Grenze und über die Ostgrenze Polens reicht. „Die
Kraft dieses Elements muß unbedingt in Betracht gezogen werden.
Gleichzeitig halten wir «es für unsere Pflicht, dem Volke, das das
Territorium zwischen den beiden Staaten bewohnt, in seinen politi-
schen Angelegenheiten freie Hand zu lassen."
Zu Punkt 3. Die Absicht, Polen -die Verpflichtung einer
He -e re s v er m i n d e r u n g aufzuerlegen, wird als «Entwürdi-
gung des polnischen Volkes kategorisch zurückgowiesen. Rußland
folge augenscheinlich mit vollem Bewußtsein dem Beispiele der
Politik Peter des Großen und Katharina II., einer Politik, welche
dieselben Forderungen stellte und zu dem Verbrechen der Teilung
führte. „Es fetzt uns umsomehr in Erstaunen, weil es doch bekannt
ist, daß bas Scw-jetregime den Militarismus auf die höchste Ent-
wicklungsstufe brachte und nicht im- geringsten die Absicht zeigt, ihre
eigene Wehrmacht zu beschränken."
Zu Punkt 10: Polen behält sich das Recht vor, allein an der
Grenze ein Heervon 200 000 Mann zu halten. Für Polen wird
es dann erst möglich feilh, an die DemobUsativn zu denken, wenn
diese sich in ganz Europa verwirklicht hat, was Polen als echt de-
mokratisches Reich schon lange heiß ersehnte. Dis Vorschläge be-
züglich der Ergänzung des Heeres durch Arbeitermilizen würden
-einen völligen Umsturz der Basis der Souveränität und der Nicht-
einmischung in die inneren Angelegenheiten Polens herbeiführen
können und als solche überhaupt nicht in Betracht gezogen «werden
können.
Entsprechend den vorhergehenden Ergebnissen kann die polnische
Regierung unter keinen Umständen zu einer einseitigen Verpflich-
tung der Demobilisation ihrs Einwilligung geben. Das einzig rich-
tige wäre, daß beide Seiten gleichzeitig demobilisie-
ren, und zwar sofort nach «FriedensWutz.
Rußland ist mit der Verlegung der FvwdKnsverhandiungen
einverstanden.
Paris, 31. Aug. Nach einer Meldung aus Warschau hat
Tschitscherin mitteilsn lassen, daß er mit der Verlegung
der F ri e d e n sv e rha n d l u ngen auf neutrales «Gebiet ein-
verstanden sei und hat Reval Vorschlägen, wahrend die Polen
Riga in Vorschlag bringen. Es wird betont, daß die Verlegung kein
Hindernis für die Vrrhandlungen sein werde.
Allgemeine Mobilmachung kn Rußland.
Moskau, 31. März. Die Praw'da meldet, daß eine außer-
ordentliche Sitzung der Moskauer Sowjets die allgemeine
Mobilisierung beschlossen hat.
MMSS M WM«.
Dis rücksichtslose kapitalistische Wirtschaft, die uns in den Krieg
hineingetrieben hat, hat uns auch an den Rand des AbgruMes ge-
bracht, vor dem wir wirtschaftlich stehen. Die Not in den ArLsi-
terfamilieu wird von Tag zu Tag größer, denn« nicht nur die Le-
bensmittelpreise sind unerschwinglich geworden, auch die Vor-
räte an Kleidern, Wäsche ulsw., die die Arbeiter aus der
Friedenszeit noch haben, gehen -mit Rieiseüschritten ihrem Ende ent-
gegen. Dazu kommt iwch, daß immer mehr Betriebe mit verkürz-
ter Arbeitszeit arbeiten, Tausenden von Arbeitern- «das Gespenst der
Arbeitslosigkeit droht, so daß die Arbeiterschaft nirgends eine Aus-
sicht auf Besserung sieht.
Dis regierungsoffiziösen Verlautbarungen sind noch in aller
Erinnerung. Seit Wochen heißt es, die diesjährige Ernte sei gün-
stig ausgefallen und trotzdem mutz der Arbeiter nach wie vor hun-
gern. Wenn die Regierungen so weiteuwursteln, daß sie auf der
einen Seite Hoffnungen erwecken und auf der anderen Seite nichts
tun, um eme Herabminderung der Preise für Lebensmittel ein-
treten zu lasseNt, so werden sie -eines Tages ein schlimmes Erwachen
erleben. In der Arbeiterschaft, ganz gleich, welcher politischen
Richtung sie angchört, gährt es gewaltig, nur die Regierungen
sch-eimn davon nichts zu -merken. Wird hier nicht sehr bald «das
Ventil geöffnet, und -das ist eine Verbilligung der Lebenshaltung
der Arbeiterschaft, so werden die Herrschenden eines Tages merken,
daß sie mit einer Rettungsaktion zu spät kommen.
Innerhalb -der Arbeiterschaft selbst sind verschiedene
Wege vocg-eschlagen worden, -um zu einer Gesundung unseres
Wirtschaftslebens zu kommen. Als einer dieser Wöge wurde der
Generalstreik und die Steuerverweigerung bezeichnet. Wir haben
bereits darauf hingewiHen, daß dieser Weg nicht zu dem erhofften
Ziele führt. Auch von unabhängiger Seite sind« gegen diesen Weg
„einersttts—andererseits" Bedenken schoben worden. Man hat
dort allerdings mit vielem Wenn und Mer operiert und uns vor-
zew-rsen,. wir verfolgen bürgerliche Lehren und suchen nach Hinter-
türen. Gegen dies« albernem Vorwürfe sich 'zu wehren, ist über-
flüssig. Denn die Kommunisten werfen den Unabhängigen ja selbst
vor, daß sie bürgerlich denken und konterrevolutionäre Politik trei«-
ben. Die Politik der Mchrhe'ttssoziaidrmokratie hat noch immer
gezeiOt, und der Generalstreik >e-en den Kapp-Putsch hat es bewie-
sen, daß bis SoziattztmokraÄe im Kampf« gegen die Reaktion «thron
Mann stellt. Wer Hintertüren braucht, das sind nicht wir, sondern
diejenigen, die bis heute noch keine Stellung zu dem Diktat des
Moskauer Exekutivkomitees genammen haben. Wenn man, wenn
es um den Bestand der eigenen Partei geht, nicht einmal weiß,
was man zu tun gedenkt, so braucht man sich nicht zu wundem,
daß dieselben Leute über Fragen und Preispolitik -mit der Stande
im Nebel herumfahren.
Di« Lage, in der sich die Arbeiterschaft heute befindet, ist so
ernst und kritisch, daß «es d i r ekt v e r d e r bl i ch wäre, hier mit
Versuchsobjekten zu operieren. Wer der Arbeiterschaft disnen will,
muß ihr einen Weg zeigen, von dem der erste bis zum letzten
Manne die felsenfeste Asb-erzeugung hat: ja, das ist der richtige
Weg. Der einzig richtige Weg, die wirtschaftliche Notlage des Ar-
beiters zu -verbessern, ist der, daß der Arbeiter gegen die Ausbeu-
tung lachens des Unternehmers geschützt wird, indem der Ertrag
nicht dem einzelnen Unternehmer, sondern der «Allgemein h e -i t
zugute kommt. Das kann nur erreicht werden, -daß man der kapi-
talistischen Wirtschaft eine Wirtschaft der Allgemeinheit gegenüber-
stellt. Angefangen damit muß -werden bei den Arprodukten,
bei Kohle und Eisen. Ein Mann, der während des Krieges bewie-
sen hat, daß er den Schwevindustri-ellen und Kapitalisten genau
auf die Finger sieht und das deutsche Volk auf deren Mogel«en
aufmerksam gemacht hat, hat sich mit dem Problem der Sozialisie-
rung seit über 20 Jahren des Näheren befaßt und kommt' zu dem
Ergebnis, daß eine Umgestaltung unseres ganzen Wirt-
schaftslebens zugunsten der Arbeiter, zugunsten des deutschen Vol-
kes nur möglich ist, wenn mit der Sozialisierung der Kohlenberg-
werke >!nd Lisenbrrgwerke begonnen wird. Dieser Mann, der In-
genieur Alfons Horten, den die Schwer-industriellen aus der
Kriegsrohstoff-Abteilung des Kriegsministeriums hinausgedrän-
Mlt haben, weil er ihnen gefährlich «wurde, hat in einer Denk-
schrift an- «das Reichskabinett seine Vorschläge, die die Wieder-
aufrichtung unseres Wirtschaftslebens bezwecken, eingehend nieder-
gelegt. Hotten kommt zu dem Ergebnis, daß eine gesteigerte Pro-
duktton, eine Ermäßigung der Preise und eine Zufriedenstellung
der Arbeiter nur möglich ist, wenn mit der Sozialisierung dos
Kohlenbergbaues und- der E i s e -n p r od u k ti o n begon-
nen wird. Und zwar schlägt er vor, daß nicht «im Gefamtfoziali-
sierung wie in Rußland, die zur Katastrophe geführt hat, sofort
vorgenommen wird, sondern daß systematisch und aufbau-
end vorgegangen werden muß, und daß dies nur möglich sei, in-
dem sofort 10—1-5 Prozent aller Bergwerke und der «Stahlproduk-
tion enteignet, sozialisiert werden.
' Die Preise bei dem wichtigsten Rohstoff unserer Wirsschaft,
der Kohle, sind heute um das 10- bis 15-fache des Friedens-
preises hinaufgektettert, während die Stahlpreise um das 30- bis
40-fache gestiegen sind. ...
Ingenieur Horten berechnet, daß die Preiserhöhung für Ersen
und Stähl unser Wirtschafsleben jährlich mit 15 Milliarden Mart
belasten. Bei scharfer Preiskontrolle und richtiger Wriffchaft hät-
ten die Preisauffchläge zum größten Teile vermieden werden
können. Die Schwerindustrie habe es jedoch verstanden, durch ihre
Profitpolitik die Regierung übers Ohr zu hauen. Bei einer rich-
tigen Bewirtschaftung der Eis-enproduktion und bei richtiger Preis-
festsetzung wäre es möglich gewesen, die Eis enbah nta r-ife
statt mit 100 Prozent Ausschlag nur mit 60—70 zu belasten, DSe
-enormen Eisen- und Stahlpreise verteuern auch -die G ew in n u n g
öerKohl -e. Denn fast alle «Geräte und Werkzeuge für «den
Bergbau sind ausschließlich aus Stahl gefertigt. Dis Ergänzung