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Volkszeitung: Tageszeitung für die werktätige Bevölkerung des ganzen badischen Unterlandes (Bezirke Heidelberg bis Wertheim) (2) — 1920

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Nr. 221 - Nr. 230 (23. September - 4. Oktober)
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Tageszeitung für die Werktätige Bevölkerung der Amtsbezirke Heidelberg, Wiesloch, Sinsheim, Eppingen, Eberbach, Mosbach, Buchen, Adelsheim, Boxberg
Tauberbifchofsheim und Wertheim.

HMesSerg, Freitag, 24. September 4920
Nr. 222 » 2. Jahrgang

Derantworti.: Für innere u. äußere Politik, Vottswirtschasi undIeulliekon :
Dr. Kraus- für Kommunales und soziale Rundschau: Z. Kahn- für
Lvk.:O. Geibel- für die Anzeigen: H.Hoffmann, sa'mtl. in Heidelberg:
Druck und Verlag der Unterbadischen Verlagsanstalt G.m.b.H.. Heidelberg
Geschäftsstelle: Schröderstraße ZS,
Fernsprecher: Anzeigen-Annahme 2673, Redaktion 2613,

Bezugspreis: Monatlich einschl, Trägerlohn 5.— Mk. Anzeigenpreise
-Oie einspaltige Petitzeile (36 mm breit) 80 pfg., Reklame-Anzeigen
ldb -nm breit) 2.20 Mk. Bei Wiederholungen Nachlaß nach Tarlf.
, Geheimmittel-Anzeigen werden nicht ausgenommen,
beschastgstunden: 8 -llhr. Sprechstunden derRedaktisn: 11-12 Ehr,
Postscheckkonto KarlsruheNr.22Z77. Tel.-Adr.: Volkszeitung Heidelbergs

Mkilkl! PMm»!
Dos Rrichsgesetz über die Entwaffnung der Bevölkerung ist der
Reichzregierung der Deutschen Republik von der Entente in Spaa
aufgezwungen worden. Die deutsche Regierung hat für seins Durch-
führung zu sorgen mit dem Endziel, das; nur dis Reichswehr und
dis kn Ausübung ihres Berufes zum Waffenträger; berechtigten Be-
amten im Besitz von Militäkwafsen bleiben.
Das Gesetz ist veröffentlicht. Trotzdem denken die im Besch
b»n Waffen befindlichen reaktionären Kreise im Reiche vielerorts
gar nicht daran, ihre Waffen abzuliefern, sondern es werden noch
dauernd Milktärwaffen, insbesondere aus dem platten Lande, ver-
schoben, von wo sie bei einer Neuauflage des Kapp-Putsches Ver-
wendung gegen die verfassungstreue Bevölkerung finden sollen. Jene
kreise machen sich dabei die Ausführungsbestimmungen zum Ent-
waffuungsgesetz zunutze, nach denen alleinliegende Guishöse und
Dörfer später entwaffnet werden sollen als Industriebezirke und das
übrige Land. So verstärken die Landbiinde unter dem Deckmantel
des Selbstschutzes die Bewaffnung des platten Landes.
In dieser Bewaffnung des platten Landes liegt die größte Ge-
fahr für die Zukunft der Deutschen Republik. Ein neuer Putsch
Segen Preußen oder das Reich oder auch die Durchführung der
Achsfeindlichen Bestrebungen der bayerischen Separatisten müßten
Deutschland in noch viel schlimmere Wirren stürzen, als es der
Kapp-Putsch tat. Wenn die Arbeiterklasse schließlich auch mit der
Reaktion cherffo sicher fertig würde wie im März d. I., so würde
doch -er Wiederaufbau Deutschlands durch solche gewaltsamen Stö-
rungen auf lange hinaus von neuem schwer gehemmt. Bor allem
Ker könnte auf dem platten Lande die Abwehr gegenrevolutionärer
Bestrebungen Zustände zeitige«, wie sie Deutschland seit dem 30-
kährigen Kriege nicht mehr sah. Denn vielerorts tvürden die Land-
arbeiter, die auf dem Lande versteckten Waffen zu finden wissen und
ße dann nicht gegen ihre Brüder in der Stadt, sondern gegen ihre
reaktionären Bedrücker gebrauchen. Wer die völlige Zersetzung
Deutschlands verhindern will, muß deshalb ein wachsames Auge
auf diese Vorgänge haben. Unseren Parteiorganisationen erwachsen
Ms dieser Situation besondere Pflichten:
Der Parieivorstand muß über die Sabotage des Entwaffn»,-gs-
gefehes fortlaufend unterrichtet werden. .
Die sozialdemokratische Reichstagsfraktwn wird die Regierung
«ach Zusammentritt des Reichstages über die Ausführung des Ent-
Waffnunqsaesehes sofort interpellieren.
Wir ersuchen deshalb die Parteiorganisationen allerorts, dem
Parkeivorstand, Adresse: Wilhelm Pfannkuch, Berlin SW.
l'8, Lindenstr. 3, sofort Mitteilung darüber zu machen, ob und wohin
in ihrem Wirkungskreise Waffen verschoben und wo solche versteckt
sind. Wir haben unter dem in der Deutschen Republik geltenden
freien Gemeindewahlrecht heute in den meisten Orten Gemeindever-
treter, die die Möglichkeit habe», sich über Waffenverschiebungen
und verstecke in ihrer Gemeinde zu unterrichten. Selbstverständlich
find nur solche Mitteilungen von Wert, die absolut zuverlässig sind
und ganz konkrete Angaben enthalten; mit Gerüchten ist uns nicht
gedient.
Weiter ersuchen wir um "Mitteilung darüber, ob und wo sich
die verschiedenen Landbünde und Selbstschutz-Organisationen Wei-
stern, die Waffen abzuliefern, damit wich die Reichsregierung zum
Eingreifen veranlassen können. Diese Selbstschutzorganifationen be-
haupten zumeist, verfassungstreu zu sein, sind aber nichts als die
Stoßtrupps der aus Umsturz der Verfassung lauernden Reaktion.
Es kommt nicht allein auf die Erfassung der Waffen aq, son-
Krn auch auf das Aufspüren und Unschädlichmache» der Organisa-
tionen, die entgegen dem Friedensvertrage und den Anordnungen
der Reichsregierung immer noch im geheimen aufrecht erhalten wer-
den; in erster Linie der Zeitfrciwilligen-Formationen, über die vie-
terorts Listen geführt und die von Professoren, Oberlehrern un-
verabschiedeten Offizieren geleitet werden. Diese Formationen sind
durchweg von Feinden der Republik geleitet. Wo sie nicht bewaff-
net sind, rechnen sie mit den überetatsmäßigen Waffen, die in den
Kasernen lagern. Deshalb fordern wir von der Reichsregierung,
daß die Reichswehr die überetatsmäßigen Waffen sofort abzugrben
bat, damit sie nicht eines Tages von Rechtsputschisten gegen die Re-
publik gebraucht werden können. Die Entwaffnung der Junker und
Imstergenossen muß gleichzeitig mit der der Arbeiter vorgenommen
werden.
Wir müssen Deutschland, das zu seiner Wiederaufrichtung Ruhe
faucht, davor behüten, zwischen Rechtsputschen und Generalstreiks
v's zur schließlichen Selbstvernichtung hin- und hergeworfrn zu
werden.
Arbeiter, Parteigenossen! Unterstützt uns in unserm Bestreben,
Be Republik gegen alle Machenschaften von rechts zu schützen, die
schließlich nur Bewegung auslöfen müssen, wie wir sie im März d.
I- im Ruhrgebiet erlebt haben. Damit Deutschland eine ruhige
Weiterentwicklung garantiert wird, ist in erster Linie die Entwaff-
nung -er Reaktion erforderlich. Deshalb, Parteigenossen, habt
ucht! Die Sicherheit der deutschen Republik hängt von der Wach-
mmkest ihrer Arbeiterklasse ab.
Berlin, 21. Sept. 1920.
Der Vorstand
-er Sozialdemokratischen Partei Deutschlands.
Politische Ueberficht.
Bevorstehende Auflösung -er Abwicklungsstellen.
.. Beil i n , 23. Sept. Die 'bissige interalliierte Kontroilkom-
.ch'-I:on lichtete an die Reichsregierung das Ersuchen, für die fofor-
-E Auslösung der noch vorhandenen Abwickslungsstellen bis zum
btprcmbrr Sorge zu tragen, lieber bas Ersuchen finden zur
i,Bischen der Reichsregierung und der Kommission Bechand-
" statt

Millerand Präsident von Frankreich.
Paris, 23. Sept. (Hadas.) Bei der heutigen Präsidenten-
wahl wurde Millerrrnd mit 695 von 892 Stimmen zum Prä-
sidenten der Republik gewählt.
Sein Vorgänger Deschanel wurde «m 17. Januar d. I.
mit 734 von 889 Stimmen gewählt.
Pressestimmen zur französischen Präsidentenwahl.
Berlin, 24. Sept. (Priv.-Tel.) Zur Wahl Millerands er-
klärt die „Kreuzzeitung": Was Deutschland von ihm als Präsident
» der Republik Frankreich zu erwarten hat, darüber gibt man sich
wohl keiner Täuschung hin. Das ihm von Clemenceau vermachte
Testament der Vernichtung Deutschlands wird er weiter mit Nach-
druck zu vollstrecken suchen.
Die „Morgenpost" erinnert daran, baß Millerand, als er sich
von Lvnguet, dem Schwiegersohn Marx zum 'Sozialismus hatte
bekehren lassen, der Anwalt der wildesten Stürmer und Dränger
wurde. Mer »r sah im Sozialismus lediglich das Mittel zu dem
Zwecke, bas Sprungbrett, bas ihm bei gelegener Zeit den Weg in
ein Ministerium bereiten sollte. Als er bas Handelsministerium
übernommen hatte, verstand er es ausgezeichnet, sich den veränder-
ten Verhältnissen aiMpassen.
Eisenbahn rind Wirtschaftslage.
Berlin, 23. Sept. Heute früh begann im Festsaal des
preußischen Abgeordnetenhauses unter Vorsitz des Reichsver-
te h r s in i n i st e r s eine Besprechung über die s ystematische
N eu o rb n u n g d e r G ü t e r ta r j f e. Da der in der Reichs-
verfassung vorgesehene Reichseisenbahn-belrät noch nicht gebildet ist,
sind als Sachverständige die Mitglieder der Eisenbahnräte der bis-
herigen Staatseffenbahniverwaltungen geläden, deren Kreis durch
Vertreter der verschiedensten Erzeuger« und Verbraucherverbände
verstärkt ist. Der Reichsverkehrsminister wies in feiner Begrüßungs-
rede auf den u n geheuren Ernst der Wirtschaftslage
hin, zu deren Gesundung in erster Linie der Wiederaufbau der
Reichseisenbabnen und Ordnung in ihren Finanzen
notwendig sei. Dazu gehöre vor allem die Anpassung des
Tarifsystems an die heutigen Mirffchaftsiverhältnisse. Mit
den durch bie Kriegsvechättmsse erzwungenen rohen prozentualen
Zuschlägen zu den alten Friedenstarifen müsse aufgeräumt werden.
Die Tarife müßten wieder organisatorisch gestaltet werden. Aber
nicht nur mn der Wiederherstellung technischer Einrichtungen und
bie Neuordnung zur Organisation der jungen Neichsoisenbahnver-
waltung dürfe es sich handeln, sondern vor allem sei die Gesundung
von innen heraus notwendig. Das Personal der Eisenbahnen, vom
obersten Beamten bis zum letzten Arbeiter, müsse vijeder mit freu-
diger Hingabe die Arbeit verrichten. Seine (des Ministers) Auf-
gabe werde es sein, mit Wer Hand einen klaren Mrs zu schaffen
und für bis Aufrechterhaltung der Ordnung und Disziplin zu sorgen.
Er wisse, daß bie große Masse des Personals durchaus auf dem
Boden eines gesunden Ordnungsgedankens stände und bereit sei, an
der Gesundung mitzuarbeiten. Von außen werde aber immer noch
Unruhe und Unzufriedenheit in die Eisenbahner
hineingetrag e n. Er werde es nicht dulden, daß die Eisen-
bahnen zum Tummelplatz politischer und wirt-
schaftlicher Händel gemacht werben und bitte auch an die-
ser Stelle die Versammlung und durch sie die öffentliche Meinung
>um Unterstützung seiner Bemühungen, die Ordnung und damit bie
Gesundung der Eisenbahnen wieder zu erreichen. Die Versamm-
lung trat alsdann in die sachliche Beratung der Tagesordnung ein,
die bie Neuregelung der deutschen Eisenbahngüter- und Tiertarife
zum Gegenstand hatte.
Berlin, 23. Sept. In der heutigen Besprechung über die
Neuordnung des Tarissystems, über deren Eröffnung wir berichte-
ten, entschieden sich bie Sachverständigen mit allen gegen zwei Stim-
men für den Vorschlag der ständigen Tariflommiffion der deutschen
Eisenbahnen und des ihr beigeordneten Ausschusses der Verkehrs-
interessenten, zukünftig bei den Gütertarifen zum Staffeltarifsystem
überzugehen und hierbei die teuren Güter stärker zu belasten und
die geringwertigen zu schonen. Ein weiterer Vorschlag, die Fracht-
berechnung nach -den Hauptwagentlassen im Grundsätze von der
Ausnutzung des Ladegewichtes der Fünfzehntomien-wagen abhängig
zu machen, fand einstimmig Annahme, desgleichen ein Vorschlag
über die Neuregelung der normalen Beförderungsgebühren im Tier-
verkehr. Vom Reichsverkehrsministerium wurde zugesagt, daß die
ständige TarifkommUion- und der Ausschuß der Vcrkehrsinteresscn-
ten alsbald in die Prüfung eintreten würden, wie bei der Neuord-
nung der Tarife etwa eintretende Härten gemildert oder beseitigt
werden könnten.
Neuregelung des würitembergischerr
PolLzeirvesen.
Stuttgart, 23. Sept. Von zuständiger Seite wird mit-
geteilt: Die Entente hat bekanntlich in der Konferenz von Boulogne
Deuisch'lanb die Pflicht auferlegt, die Sicherheitspolizei bis zum
22. September d. I. aufzulösen, sich jedoch damit einverstanden er-
klärt, baß die Mitglieder der Sicherheitspolizei in die bestellende
Ortspöl-izei übernommen werden. Den wiederholt übermittelten
Forderungen ist das Staatsministerium des Innern in -er Weise
nachgökommen, daß es die Verbände der Polizeiwehr als staatliche
Ortspolizei in die bestehende Polizei übernommen und der Stadt-
birektion Stuttgart und den Oberämtern ihres Standortes über-
mittelt hat. Ihre 'Unterbringung erfolgt wie seither in Polizei-
Wernen. Die Oberleitung der Polizeiwehr und die Bezirkswelir
werden aufgehoben. Die Bearbeitung des Pölizeiwesens erfolgt
ausschließlich durch das Ministerium des Innern.

Reichsragswahten im Frühjahr in Aussicht.
Berlin, 24. Sept. (Priv.-Tel.) Da die sozialdemo -
rratische Reichstag sfr aktiv», wie der „Vorwärts"
schreibt, mit Sicherheit darauf rechnet, daß im Frühjahr Neu-
wahlen zumReichstag stattfinden, so wäre, wie das Matt
meint, bas Praktischste, auch mit den preußischen Wahlen bis dahin
zu warten; dann würde bie preußische Landesversammlung ihre
Aufgaben erledigen können und sich rechtzeitig auszulösen vermögen,
so daß die Neuwahlen zugleich mit den Wahlen zum Reichstag
stattfinden könnten.
, Auspressung Deutschlands.
Auf eine Anfrage des französischen Senators Fourment nach
der Höhe der BesatzungÄosten im Rheinland und der von Deutsch-
land dafür gezahlten Entschädigung antwortete der Finanzministsr,
daß die Besatzungs'kosten bis Ende März 1920 1,8 Milliarden
Franken betrugen und baß von Deutschland bis zum 31. Juli d. I.
1388 047 285 Mark gezahlt worden seien, was einer Summe von
402 800 530 Franken 'entspreche.
Der Riß in der u. S. P,
Berlin, 22. Sept. Der Zwiespalt in der U.S.P. ist Widder
um- einen Grad schärfer geworden, ja, man kann mit dem „Vor-
wärts" schon von „einer Revolution in der U.S.P." sprechen. Es
handelt sich um folgendes: Die ,.R okeFahne" bringt einen
„A ufruf der linken U.S.P.", der von Däumig, Köhnen,
Adolf Hofsmann u. Macker unterzeichnet u. der „Rv tenFahne"
zugesandt worden ist. Der Ausruf wendet sich gegen bie Verlegung
desPartei t a g s auf den 12. Oktober und enthält die Behaup-
tung, die Mehrheit des Zentralkomitees der U.S.P. wolle einen
Ueberrumpelungsparteitag. Die „Freiheit" bringt
diesen Vorgang zwar nur unter der Ueberschrift: „Ein auffälliges
Verfahren", schreibt bann aber: Wir stellen fest, daß uns di Her
Aufruf nicht zugegangen ist, sondern daß wir von ihm erst aus der
„Roten Fahne" Kenntnis erhalten haben. Dieses Verfahren, baß
sich Mitglieder unserer Partei mitten in einem Meinungsstreit in-
nerhalb der Partei -unter Umgehung der eigenen Parteipresse an
das Organ einer Partei wenden, die offen auf «die Zerstörung un-
serer Partei hinarbeitet — dieses Verfahren war bisher uner-
hört in der Partei.
Crispien als „Gast".
Berlin, 23. Sept. Nachdem die „Rote Fahne" gestern früh
einen Aufruf von Däumig. -Adolf Hoffmann, Koenen und Stocker
gcgen die unabhängige Parteileitung. der sie selbst
an-gehören, veröffentlicht hatte, und da auch ein Flugblatt von Dän-
mig und Stöcker in Massen verbreitet wird, sieht sich Crispien ver-
anlaßt, in der „Freiheit" die Mitglieder der Partei auf bie Zer-
trümmerungsarbeit aufmerksam zu machen, die von be-n obengenann-
ten Leuten und auch von verschiedenen Stellen, darunter von der
Berliner Betriebsrät-ezentrale, betrieben wird. Die Spaltung der
Partei sei Arbeit für bie Konterrevolution, das Proletariat müsse
sich gegen den Spattungswahnsinn erheben kurz und gut, man
glaubt einen Aufruf des sozialdemokratischen Parteivokstandes aus
der Zeit zu lesen, wo Crispien dasselbe tat, was jetzt ihm geschieht.
Aebrigens scheint in der „Freiheit" bereits ein anderer Win-
zu wehen, denn die „Freiheit" versieht -den Artikel Crispiens -mit
der Einleitung:
„Genosse Crispien ersucht als Vorsitzender -er Unabhängigen
Partei um Veröffentlichung -es folgenden Artikels." '
Also Crispien ist nicht mehr angestellt-er Akteur, er wird nur
noch als Gast geduldet.
Zurück zur Sozialdemokratijchen Partei.
Aus dem Wahlverein Lübbenau der Unabhängigen
ist auf Grund der Nachrichten -der unabhängigen Führer über die
Zustände in der russischen Sowjetrepublik und die Bedingungen
zum Eintritt in die Dritte Inernationale der dritte Teil -er Mit-
glieder wieder zu unserem Wahlverein zurückgekchrt, wo bisher 20
U.S.P.-Mitgliedcr ihren Wiedereintritt meldeten. Die Mitglieder-
zahl des Sozialdemokratischen Wahlvereins Lübbenau ist in kaum
vier Wochen von 100 auf 160 gestiegen.
Verfolgungen in Oberjchlefien.
Beuthe n, 23. Sept. Gegen den Haupffchriftleiier der „Ost-
deutschen Morgenpost", Dr. Kleiner, wurde von den interalli-
ierten Besatzungsbehörden ein Strafverfahren eingeleivet.
Der Grund hierfür ist der Artikel vom 25. August in der „Ost-
deutschen Morgenpost", worin von dem Aufenthalt poUü'sch-ec
Truppen auf oberschlesischcm Boden, von -der Waffeneinfuhr über
die Grenze und von Verbrüderungen zwischen Franzosen und Pole!»
die Rebe ist.

Ausland.
Die erste Sitzung des Schiedsgerichtes in der Streitfrage
Belgien-Deutschland.
Genf, 23. Sept. Das S chi ed.sg e ri ch k für die i-n
Friedensoertrag angeführten Streitfragen zwischen Belgien und
Deutschland hält gegenwärtig in Genf seine erste Sitzung ab,
um das einzuschlagenbe Verführen- festzustellen. Es besteht aus drei
Schiedsrichtern, dem Belgier Alberic Rolin, früherer Vorsteher
her Advokatenschaft und Professor -der llniversttät Gent, dem Deut-
schen Geh. Iustizrab Richard Hoene, Oberlandesgerichtsrat in
Frankfurt a. M., und Paul Monarch, Dove« der juristischen Fakul-
tät der Universität Genf als neutraler Präsident des Schiedsgerichts.
Folgen der Wohnungsnot.
Mailand , 23. Sept. Der „Corriere della -Sera" teilt mit,
daß in R o m erst vor kurzem erbaute Pas äsi e von denAr-
beitern besetzt wurden. Ferner wurden ein Geschäftshaus,
ein Schulhaus, ein- A s y l, eine -medizinische Klinik und bas Ge-
bäude der Staatseisenbahnverwaltung besetzt. Kö-
nigliche Garde räumt die Lokalitäten. Zu Zusammenstößen ist
es dabei nicht gekommen. Ls wurden die beiden historischen Ville«
 
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