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Volkszeitung: Tageszeitung für die werktätige Bevölkerung des ganzen badischen Unterlandes (Bezirke Heidelberg bis Wertheim) (4) — 1922 (Januar bis April)

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Nr. 21 - Nr. 30 (25. Januar - 4. Februar)
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https://doi.org/10.11588/diglit.48721#0142
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Mit Gewalt, allem kann man. nichts machen. Wäre die Gesellschaft
nicht vnxll: den Welttrir« so wrrnuchlert gewesen, sann hätte Marr
be-Mlich der Sozialisierung weitergcbw solle«. Bei der derzeiti-
gen Moral erschien uns aber gegenwärtig die Verantwortung zu
groß. Wir wollen an Stelle der jetzigen GefeMchastsordmmg eine
deffere Gesellschaftsordnung fetzen. Den Weg der Linken -halten
wir aber für falsch; ja für verbrecherisch an der Arbeiterklasse, wie
die mitteldeutschen Vorgänge beweisen. WerVerantwortungs-
geMl Hirt, mutz der Kritik Levis an den Kommunisten verpflichten.
Hätten wir die Arbeiterschaft damals nicht gewarnt, w nöttc es
gemäß der Provokationen der Kommunisten ein gewaltiges Blut-
bad gegeben, wie es von Moskau augeordnet wird. So sehr wir
mit der Kritik an der gegenwärtigen Gesellschaftsordnung einver-
standen sind, so wenig können wir die Gewaltmethoden gutheitzen.
(Mg. Freidhof (U.S.P.): Wir sind keine Putschisten.) Wenn
die Unabhängigen keilte Putschisten sind, so freut es niemand mehr
als uns. Hätte die Gesamtarbeiterschaft feit der Revolution eine
vernünftige Taktil gehabt, so hätte die Arbeiterschaft nm Millionen
mehr Anhänger und die sozialistischen Sitze würden vis über die
Mitte hittausreichen, Einen anderen Weg, Arbeiterschaft und
Staat wieder in die Höhe zu bringen, als die Koakttions-oliril
sehen wir nicht. Die große Mehrzahl der Menschen bei den kom-
munistischen Mionen find sehr neue Soldaten. Das find Rekru-
ten, verzweifelte Menschen, die keine Ahnung von Sozialismus
haben. Wir wissen dagegen die demokratische Republik zu schützen
und Verteidigen sie und wissen auch, was die Gew.rkschasten er-
reicht haben. Nicht der Putschismus Ultd der Wortradikalismus,
fordern der Radikalismus der Tat beim Wiederaufbau wird uns
vorwärts bringen. Wie den politischen halten wir anch den ge-
werkschaftlichen und genossenschaftlichen
Zusammenschluß der Arbeiter
für rröttg. Menschen mit humanitärer Gesinnung gibt es überall,
politisch halterr wir alle bürgerlichen Parteien für nicht reif, die
Probleme des Sozialismus zu lösen. Dagegen gehen wir mit
den bürgerlichen Parteien, wenn sie mit uns Sozialpolitik treiben.
Der« Landbund find wir außerordentlich dankbar, weil er das
Bürgertum zersplittert, ebenso wie wir bedauern, daß die Links-
parteien die Arbeiterschaft zerreißen. Die Berufung des Kanzlers
Michaelis im Jahre 1917 beweist, wie es damals in Deutschland
«uSschaute und wie damals hinter den KrUiffen gearbeitet wurde.
Indent diese Gesellschaft damals das preußische Wahlrecht verwei-
gerte und eine Einheitsfront verhinderte, grub sie sich selbst das
Gras. In allen Staaten sehen wir, daß die Sozialisten die Pazi-
fisten find. Die katholische Kirche hat eine so große Macht, daß ihre
Macht zusarumengenommen de« Krieg verhindern mutzten. Schul-
fragen aufzurollen find wir nicht gewillt. Der jetzige Zustand in
der Schule ist erträglich. Die Schulen müssen jedoch trotz der Not
leistungsfähig ausgebaut werden, um die denkbar Veste Aus-
bildung unserer Jugend zu geben. Den Kirchen sollen die Kirchen-
steuern das Nötige geben. Die Sparftamkeft des Finanzministers
begreifen wir; sie darf aber nicht in Knauserigkeit ausarten und vor
allem darf nicht an Notwendigem gespart werden. Wir müssen
daher prüfen, ob für Arbeiterfragen, Wohnungsfragen und Kultur-
fragen nicht mehr Geld einzustellen ist, als es die Regierung tut.
Die FeWesokdeten zahlen ihre Einkommensteuer ehrlich; bei den
anderen Schichten ist bald ein kleines, bald ein großes, bald ein
sehr großes Fragezeichen daran zu machen. Den StcuererKärun-
gen der Besitzenden darf ost ein Nu« angefügt werden. Mit Stenern
allein werden die Bedürfnisse des Reiches und der Länder nicht
befriedigt werden: es müssen andere Quellen erschlossen werden.
Die Justizverwaltung mutz vor allem sehen, um in den Grenzgebie-
ten die ARsräuberNNg des Landes zu verhüten. In der „Südd.
Leitung" beschwerte sich jemand Mer seine Erfahrungen in der
Untersuchungshaft. In der alten Zett war es jedenfalls nicht
bester, wie ich bezeugen kann. (JustiMlinister Trunk: Die An-
gaben des Herrn Damm find total unwahr.) Das Arbeiter-
recht mutz eine Verbesserung erfahren. Auf dem Gebiete der Woh-
nungsfrage kann ich Herrn Schofer nicht folgen. Wenn die Frei-
gabe der Wohnungen erfolgt (Mg. Schoser: Die verlangte ich
nicht), dann gibt es eine Wucherei schlimmster Art. Es war der
Zentrumsavgeordnete Weißhaupt, der für die Freigabe des Brenn-
holzes eintrat; die Folge ist, daß man heute 33 Mk. ab Lager
zahlt. Richt Wir Haven die Zwangswirtschaft errichtet, sondern
die alte Gewalt. Wir haben sie jedoch dann gehalten, nicht aus
Liede zur Zwaugswirtschaft, sondern tim zu verhindern, daß die
Preise ins Unermeßttke steigen. Wir protestieren bis zum letzten
Augenblick gegen den Krieg. Wir erklärten am 4. August 1914, daß
Mr bereit sind, die Heimat zu verteidigen, daß wir jedoch, sobald
als möglich Friedcnsverhaudluttgen verlangen. Dies hat man
dann aber nicht gemacht. Die Milchabsteferung zeigt wenig von
der OPfekwilligkeit de? Landwirtschaft. Die Sozialdemokratie ist
zur

praktische« Mitarbeit
bereit, so lauge sie es vor ihrem Gewissen und dem Proletariat
verantworten kann. Die bürgerlichen Parteien übernehmen damit
aber auch die Pflicht zur Arbeit im Sinne der Entwicklung, wenn
sie nicht das Chaos haben wollen. Wir stehe» hier als Vertretet
einer neuen Gesellschafts- und Staatsordnung und warnen das
Bürgertum: Lernen Sie das, was die alte Gesellschaft nicht gelernt
hat.

w MMße Seer
Ser KleiWIWii
ick es, das der organisierten Arbeiterschaft, den Angestellten
und Beamten den Kampf so ungeheuer schwer macht.
Sie wachzurütteln alle, die zu uns gehören, ist die For-
derung der Stunde. So fragen wir dich: Wer bist du
und wo stehst du? Wir fragen nicht, zu welchem Gott
du betest, noch welches Kleid du trägst; ob du Künstler
oder Beamter, Ingenieur oder Maschinenführer, Wissen-
schaftler oder Handarbeiter seiest, wir fragen dich nur, ob
du zu dem großen Heere der Schaffenden gehörst. Wenn
du das fühlst und als gemeinsamen Gegner den nichts-
tuenden Aktionär und Spekulanten erkannt
hast, dann tritt ein in unsere Reihen. Hunderttausend
Sn eiter in werbender Kraft für ihre Idee, das sind Bäche
und Flüsse, die sich zu einem gewaltigen Strome vereinigen
— hunderttausend, von denen jeder im Monat nur einen
neuen Freund gewinnt, sind die Sieger der Zukunft. And
es gibt wackere Kämpfer, die zehn, zwanzig und dreißig
neue Freunde für unsere Sache gewinnen. — Hinter uns
stürzt eine Wett zusammen, wir aber tragen die unerschüt-
terliche Gewißheit des Sieges in unseren Händen, weil wir
die Religion des neuen künden. Gewinnt neue Leser der
„VolksreituaK".

Verdi! — — Wll Mi?

Aus dem ParteiLeben.
Walldürn. Am letzten Sonntag wurde die von der Parteilei-
tung anberaumte Bezirks-Konferenz im hiesigen Partei-
lokal abgehalten. Als Referent war war Genosse Siadtrat Hosf-
m a n rr-Heidewerg erschienen. Um 2 Uhr eröffnete der Vorsitzende
des Soz. Vereins, Gen. Heinrich Trunk, die Konferenz mit einer
Ansprache, und dankte den Anwesenden, ganz besonders den von
auswärts erschienenen Genossen für ihr zahlreiches Erscheinen.
Hierauf Hielt Gen. Hoffmann einen Vortrag über die neue Ge-
meindeordnung, Wohnungsabgabe und Gemetndebesoldung. Je-
den Punkt behandelte der Redner im einzelnen und wurde zur
Diskussion gestellt. An einer lebhaften Aussprache sc,rite es nicht
und an Kritik wurde nicht gespart. Trotzdem war sich die Mehr-
zahl der Anwesenden klar, daß man mit der Gemeindeordnung
ein Stück vorwärts ist, was sehr zu begrüßen ist. Besondere Stel-
lung wurde zu der Frage der Bürgermeister genommen. In den
Landgemeinden der Umgebung von Walldürn besteht noch die alte
Sitte, daß der Bürgeraenutz durchweg noch auf den Gütern ruht.
Es bekommen dort nur die größeren Bauern Holz und Streu, wäh-
rend die kleinen leer au Sachen. Z. B. erhalten diejenigen Bauern,
die ein großes Hosgut haben, 30—50 Ster Holz, wenn sie auch im
Besitz eines großen Privatwaldes find, während die kleinen
Bauern, Arbeiter und Handwerker, die letzteren verdienen ohnedies
in den Bauernorten einen ganz erbärmlichen Lohn, wenig oder gar
keinen Bürgernutzen haben. Im Paragraph 85 der neuen Ge-
meindeordnung sind wohl einige Andeutungen gemacht, diese las-
sen sich aber unseres Erachtens ganz leicht umgehen. Hier richten
wir an unsere RegierungSvertreter die dringende Bitte mit diesen
alten Ladenhütern so schnell Wie möglich auszuräumen, denn dieses
Gabholz wird durchweg zu hohen Wucherpreisen weiterverkauft.
Nebenbei sei noch bemerkt,, datz durch den hohen Holzpreis, der
durch die Wucherer geboten wird, es überhaupt unmöglich ist, Holz
zu erstehen. Es ist traurig, daß in unserer yokzreicheu Gegend der
Ster schon bis zu 300 Mk. und mehr verkauft wird. Wie hoch
kommt das Holz in den bolzarmen Gegenden, bis es durch drei
und vier Hände gegangen ist? — Ein zweiter Antrag behan-
delte den Wohnungsbau. Infolge der dauernden Preissteigerung
wäre es überhaupt nicht mehr möglich gewesen zu bauen, wenn
nicht vom Staat mehr getan worden wäre. Nun hat ja in letzter
Zeit, wie in letzter Nummer der „Volkszeitung" zu ersehen war,
das Arbeitsministerium die Zuschüsse erhöht, was sehr zu begrüßen
ist. Vielleicht stellen sich unsere Gemetndevertreter aus einen au-

ch. denen die Frau noch beim Vater wohnPt bleibt; es finden sich
aber auch schon über die reine Kaufehe hinausweisende Formen,
die Len Kaufpreis nicht als Bereicherung des Vaters, sondern als
Eigentum der Frau sestsetz.zn. Eine gewisse Primitivität, die der
Kultur damals ««haftete, kommt auch in der Roheit der Strafen
zum Ausdruck, bei denen die Verstümmelung vorherrscht. In
Verbindung mit anderen Strafen, z. B. der Prügelstrafe, erscheint
AbschnÄden von Körperteile», besonders von Fingern, Nase,
Ohren, Ausreitzen der Augen, Uebergietzen mit heißem Pech usw.
Dagegen wird die Prügelstrafe ungemein Häufig allein verwen-
det. Dieses Stmfsystem kamr als Charakteristikum des altassyri-
fchen Rechts gelten und wirft so ein Licht auf die Menschen, für
die diese Strafordnung geschaffen wurde.

Kleine Nachrichten*
Ei« Eisenbahnwagen in Flamme«. In den« am Dienstag
nachmittag von Bingen kommenden Personenzug war zwischen
Budenheim und Mombach ein Wagen zweiter Klaffe in Brand ge-
raten. Erst in Mombach wurde der in Hellen Flammen stehende
Wagen abgestotzen. Die Ursachen des Brandes find noch nicht
aufgeklärt, doch hat man einige Veranlassung, Brandstiftung an-
zunehmen, da aus der Station Mombach beobachtet wurde, wie
sich zwei Männer eiligst entfernten.
Eine Eiirbrecherbande festgenommrn. Vor etwa acht Tagen
waren bei einem Einbruch in Nackenheim in eine Kapselsabrik
sämtliche Treibriemen und etwa vier Zentner Zirmblocks im Werte
von 40000 Mk. gestohlen worden. Die Diebe entkamen, nachdem
man ihnen die Treibriemen abgenommen hatte. Jetzt ist es aber
gelungen, die Emvrccherhan.be ssstzunehmen und das gestohlene
Zinn wieder Seizuvringen. Die Einbrecher, unter denen sich auch
zwei Mädchen befanden, hatten es im Felde zwischen Nackenheim
und Bodenheim vergraben.
Ei« „wildes" Ehedrama. Jrn Laufe eines Wortwechsels har
irr Berlin die bereits Rimal vorbestrafte Ehefrau Lina Figenser
den arbeitslosen Bergmann Albert Breitwpf, mit dem sie in wil-
der Ehe lebte, durch einen Messerstich in die Brust getötet. Die
Mörderin wurde verhaftet; sie behauptet, von Brenwpf mit dem
Messer zuerst angegriffen worden zu sein.
Ei« Zwergslutzpferd im Berliner Zoo geboren. Jur Elefanten-
haus des Zoologischen Gartens ist noch ein zweites Zwergfluß-
pferd geboren worden. Es stammt von dem Paare, das Hagewbeck
nach Schluß seines Tierparkes hier eingestellt hatte. Das Junge
Wog am fünften Lebenslage 14)4 Pfund, am fünfzehnten schon 19

Pfund, zeigt also sehr befriedigende Fortschritte. Mik seinem äl-
teren HaWbruder ist das Tier einzig in Europa.
Feuertod eines Brandstifters. Der „Berliner Lokakanzeiger"
meldet aus Halle: In Jecha bei Sonderhausen legte der 60jährige
Landwirt Tctchmann Feuer au sein Gehöft, um in den Besitz der
Versicherungssmnme zu gelangen. Deut Brande ist die Scheune
mit sämtlichen Vorräten und die Stallung zum Opfer gefallet?.
Der Brandstifter kam in den Flammen um.
Besatzungs Ehen. Von dem ersten aus Deutschland nach der
Heimat zurückgekehrten Kontingent amerikanischer Truppen, elf
Offiziere und 600 Mann, brachte« Offiziere und Soldaten 78 deut-
sche Frauen und 46 Säuglinge mit.
Die Neigungen eines Pariser Gemlemen-Etubrechers. Von
der Pariser Polizei ist dort ein Gentlemen-Einbrecher verhaftet
worden. Er heißt Sergius de Lenz und ist ein gcbttdeter junger
Mann aus gutem Hanse, dessen Familie in Reuilly eine Villa be-
wohnt. Der junge Man«, der seine Diebstähle mit einem naiven
Stolz eingestckht, hat Gegenstände im Werte von mehr als zwei
Millionen Franken gestohlen. Er drang meist uni die Mittags-
stunde in die Wohnungen ein, deren Besitzer verreist waren, und
trug seine Beute in einem eleganten Handkoffer davon. Da Sergius
de Lenz ein sehr eleganter und liebenswürdiger Herr ist, der sich
mit den Portiers sehr herablassend unterhielt, kau? niemand auf
den Gedanken, Latz er ein Dieb sei, bis er endlich erwischt wurde.
Er hat erklärt, daß er unbezähmbare Neigung zum Diebstahl habe.
Der: er auch für eine Art Kunst halte.
Ei« schweres Autornobilunglüch den» zwei Menschenleben zum
Opfer sielen hat sich in Leipheim ereignet. Einige Knaben hatten
sich mit ihren Schlitten an ein Biersuhrwerl angehängt. In dem
Augenblick, als die Knaben die Schlittert losbanden und damit
Mer die Straße fuhren, kam ein Auto mit Mitglieoeru der inter-
alliierten Kommission daüer und fuhr mitten in die Kinderschar
hinein. Zwei Knaben wurdewsosort gelötet und zwei verletzt. Dem
Autosührer konnte keine Schuld an dem Unglück Seigemeffen wer-
den, da er die die Straße überquerende;, Knaben erst im letzten
Augenblick bemerkte.
Der Wunderdoktor als Stifter. Der bekannte „Wunderdoktor"
Gustav Adolf Müller-Czerrriy, der bekanntlich in Homburg v. d. H.
wohnt, hat zu Gunsten der Armen Schwanheims den Betrag von
3000 Mk. gestiftet und für die Gummibereifung des hiesigen Kran-
kenautos die Summe von 1000 Mk. Müller-Czernih Hai früher in
Schwanheim gewohnt. — Dieser Herr hat gut stiften, denn er
verdient ja sein Geld auf sehr leichte Art.

deren SLandPunft und haben doch wieder ein bischen ein Herz für
die Walldürner Arbeiterschaft. Nachdem die Zeit vorgeschritten
war, schloß der Vorsitzende Gen. Trunk mit Worten des Dan-
kes an den Referenten die Konferenz.

Aus der Stadt.
Studentische Bergwerksarbeit in den kommenden Ferien. In
Nr. 6 der „Akademischen Mitteilungen" lesen wir folgenden inter-
essanten Ausruf: Einer Freiburger Anregung folgend, sott auch hie-
sigen Kommilitonen Arbeitsgelegenheit in den Ruhr-
zechen (staatliche und private) verschafft werden. Neven dem
wirtschaftlichen Erträgnis soll diese Arbeit — besonders auch süd-
deutschen Studierenden — einen Einblick in die Industrie gebe»
(es ist eine Besichtigung bei Krupp beabsichtigt), vor allem soll sie
das Verständnis für die soziale Frage erwecken. Ueber
seine Erfahrungen möge der Einzelne nach seiner Rückkehr kurz
berichten. Die Arbeit verlangt Gesundheit und einen kräftigen
Körper (Athleten werden jedoch nicht verlangt), besonders aber
soziales Fühlen. Da die Arbeit schmutzig ist, mögen Aestheteu weg-
bleibe». Selbstbewusstsein, auch studentisches, ist notwendig, aber
in harmonischer Weise; gerade hierdurch sollen Vorurteile gegen
die Studenten beseitigt werden. Wer schaffen und mitschassen kann,
hat dies meist ich.ult erreicht. Zur Arbeit sind alte Kleider und
altes Unterzeug nötig. Am besten Drilchanzug. Möglichst auch in
doppelter Anzahl zum Wechseln. Schuhe nutzen sich am schnellsten
ab, alte find jedoch gut zu gebrauchen, falls man gerade noch darin
lausen kann. Uebcrdies wird versucht werden, billige Kleidung zu
beschaffen. Für Unterkunft wird gleichfalls gesorgt. An den mei-
sten Zechen gibt es Ledigenheime. Dort ist man mit mehreren in
einem Raume untergebracht, erhält ausreichende und nahrhafte
Verpflegung, nur Frühstück und Vesperbrot stellt man selbst. Die >
Kosten waren in den Herbstserien monatlich 460 Mk. einschließlich
des Selbstgestellten. Wem es im eigenen Zimmer besser gefällt,
der mag zunächst im Gasthaus wohnen und sich von da bei einem
Bergmann einmietrn. Es ist etwas teurer, doch ist die Nahrung
abwechslungsreicher, überdies gewinnt man Einblick in die Fami-
lienverhältnisse des Bergmanns. Hier betrugen die Kosten etwa
600 Mk. (monatlich). Der Lohn war tarifmäßig für Arbeit unter
Tage: unter 20 Jahren 55.50 Mk. (monatlich 1665.- Mk.), über
20 Jahren 64.50 Mk. (monatlich 1935.— Mk.), für Arbeit über Tage
Wird etwas weniger bezahlt, Ueberschichten werden doppelt bezahlt.
Vom Lohn gehen Krankenkassenbeiträge usw. und Steuern ab, diese
werden vom heimatlichen Finanzamt nach Ablauf des Steuer-
jahres zurückbezahlt. Wer nicht 21 Jahre alt ist, hat ein Arbeits-
buch, ausgestellt von der Heimatsgemeinde, mitznvringen. Es
bleiben noch die Reisekosten. Diese sind vom 1. Februar ab
sehr hoch, doch wird versucht, Ermäßigung zu erhallen. Alle diese
Vorarbeiten verlange» sofort einen Ueverblick über die Zahl derer,
die sich betätigen wollen. Es liegt eine Einzeichnnngsliste im
S18 dt. Ar / eitsam t, Marstaüstr. 6, aus.
Falsche Re'chsbanknote« zu 1000 Mark. Falsche ReichSbaukrioterr
zu 1000 Mark der Ausgabe vom 21. April 1920 find festgestellt wor-
den. Die Falschstücke sind im Griff glatter, härter und kräftiger
als die echten Scheine und Neben bei festem Druck ain angefeuchte-
ten Unger. Die Faserstreifen sind durch Aiinliche Drnckstriche ge-
schickt vorgetäuscht. (Die Striche lassen sich mit einer Nadel nicht
abheben.) Die Fälschung ist im photographischen Druckverfahren
hergestellt und zwar die Ze-ichensorm in Verbindung mit Ausferti-
gungsdatum und Unterschriften. Die nach echten Noten bräunlich
abgestimmte Kopie zeigt das Rotenbvd in allen Einzelheiten, doch
merklich fleckiger und verschwommener. Wetter ist hervorzuheben,
datz die Nummern ein dickes, mattverschwommenes Typenbild zei-
gen, und daß die in der photographischen Kopie nur leicht ange-
deuteten Stempel durch mehrmaligen grünen Ausdruck in dop-
pelter Zeichnung unklar nachgebildet sind. Nummern mrd Stem
pel mache« die Fälschung als gut kenntlich.

GerichLshalle.
Der .„Heldenpsarrer von Bammental im Urteil des Schössen-
gerichtS". Zu derVeröfsentlichung des Auszuges aus den, Urteil
des Schöffengerichts werden wir vom Amtsgericht gebeten, unsere
Leser ausdrücklich daraus aufmerksam zu machen, datz die doppelten
Ausrufezeichen hinter den Worten „überzeugt ist" und hinter „er-
warten darf", ferner die Worte der „Heldeupfarrer" und das Aus-
rufezeichen hinter dem Worte „vielleicht" nicht im Nrt-ile
stehen, sondern von der Schriftleiinng hinznge-
fügtfind.
Versammlung^ lerrdrv.
Kirchheim. Montag, den 30. Januar, abends 148 Uhr im ..Mälzer
Hof" Mitgliederversammlung. Tagesordnung: Das
Görlitzer Parteiprogramm. Referent: Genosse Amann.

SLadttheater-Spielplan.
Montag, 30. Jan. Vorstellung der Theater-Gemeinschaft „Romeo
und Julia", Reihe S, Anfang 7)4 Mr.
Dienstag, 31. Jan. a. M. „Carmen", Ans. 7)4 Uhr
Mittwoch, 1. Febr. Miete F „Pygmalion", Ans. 714 Uhr.
Donnerstag, 2. Fevr. a. M. „Wiener Mut", Ans. 7'/4 Uhr.
Freitag, 3. Fevr. Miete L „Der liebe Augustin", Ans. 7)4 Ubr.
Samstag, 4. Febr. in d. Stadthalle „Tanzabend" der Tänzerin
Edith Bielefeld, Ans. 7)4 Uhr.
Samstag, 4. Febr. im Stadttheater a. M. „Nathan der Weise",
Ans. 7)4 Uhr.
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geu. Snsauna Griescr.
Slervrfäüe.
Maria Franziska NeureUner, 4 Mo». Anna Maria Krau»»
geb. Platz, ll> I. Karotins Härle geb. Kurz, 45 I,
 
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