Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Kaiserlich-Königliches Versatz-, Verwahrungs- und Versteigerungsamt <Wien> [Hrsg.]
Katalog der Privat-Sammlung Heinrich L. Neumann in Wien: Ausstellung im Kaiser-Karl-Saale 17. - 20. Februar 1904 ; Auktion im K. K. Versteigerungsamt Wien ; 22., 23. event. 24. Februar 1904 ; [Ölgemälde, Aquarelle und Zeichnungen moderner Meister] — Wien, 1904

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.16571#0011
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
sind vertreten, Hugo mit einem »Garten Makarts«, der ländlich und traulich wirkt und
beinahe in Barbizon liegen könnte. Robert Ruß zeigt sich in seiner »Straße bei Triest«
als ein bedenklicher Rivale Oswald Achenbachs, den er in der Sauberkeit der Durch-
führung entschieden übertrifft.

Von Wiener Porträtisten braucht man Koppay bloß mit Namen zu nennen, ohne
ihn besonders zu empfehlen. Er hat sowohl durch seine hochgeborenen Modelle wie durch
seine eleganten Allüren sich längst sein Publikum erobert. Lieber verweilt man bei einer
reizend frischen Porträtskizze von Angeli aus dem Jahre 1890, die einen entzückend
hübschen Burschen in kleidsamer Rubenstracht leicht und geistreich vor uns hinstellt.
Ein venezianischer Bub mit Apfelsine von Bugen V. Blaas (v. J. 1885) hält sich von
süßlichen Manieren, denen dieser Maler vielfach erlag, in angenehmem Maße frei. Eine
Tirolerin von Defregger ist ein charakteristisches Werk der achtziger Jahre. Und von
Gabriel Max findet man mehr als einen der von ihm beliebt gewordenen Mädchenköpfe,
doch auch noch anderes. So: eine »Traviata« im Sterbekissen und eine Madonna von
stark slawischem Typus mit einem rafaelischen Christusknaben in einer vornehmen
Tönung von zartem Silbergrau. Ferner einen ganz famosen Affenkopf. Endlich eine frühe
allegorische Komposition, »Kreislauf des Lebens« betitelt, die unterhaltend und nach-
denklich im Motive und geradezu überraschend in ihrer prächtigen koloristischen Aus-
gestaltung ist. Das Bild hält etwa die Mitte zwischen Makart und Monticelli.

Mit Max sind wir schon halb ins deutsche Lager übergetreten. Auch hier hat
unser Sammler gute Beute einzuheimsen verstanden. So finden wir gleich den alten
Spitzweg mit einem Bildchen, das klein, aber fein und farbig ansprechend ist. Von den
beiden Achenbach ist Andreas mit einer niederländischen Wassermühle, als einem der
stärksten Bilder seines Alters (1897!), vertreten. Der Cronberger A. Schreyer zeigt in
einem kleinen Araberbilde, daß er Hettenkofen, aus dessen Nachlaß die Sammlung
gleichfalls einige interessante Bilder aufweist, mit Vorteil studiert hat. Wenglein ist mit
einer Moorlandschaft ansprechend eingerückt und Knaus gibt in einer Bleistiftstudie
sich balgender Knaben in humorvoller Weise seine Visitkarte ab Auch von anderen
deutschen Meistern, gleichwie den Österreichern Rudolf Alt und Marold, finden wir
charakteristische Arbeiten der zeichnenden Kunst. So sehen wir ein Blatt von Leibi,
eines von Karl Haider und eines von Lieberniann, in denen jeder, dem diese Künstler
vertraut sind, sofort deren hochgeschätzte Handschrift entdeckt. Mit einem Frauen-
bildnis aus seiner Frühzeit, das uns bei weitem lieber ist als seine späteren Damen-
porträts, hat sich Lenbach eingefunden. Die etwa 1870 gemalte junge Florentinerin mit
dem aufgelösten Rothaar ist vielleicht nicht schön, aber sehr interessant, von feinem
und enerviertem Ausdrucke und ein gutes Stück Malerei. Gleichfalls ein frühes Werk
sehen wir von Paul Hoecker. Es ist eines der frühesten Freilichtbilder, die in Deutsch-
land gemalt wurden (ca. 1885), und hat etwas von der Frische und Schlagkraft eines
neuen Programmes. Es stellt eine Schusterwerkstatt dar, in der fleißig gearbeitet wird
und in der alle Gerätschaften, die nicht gerade gebraucht werden, sauber aufgereiht an
den Wänden hängen. Aber wichtiger als dieses Gegenständliche ist das zum breiten
Atelierfenster hineinströmende klare Licht, das über Figuren und Gegenstände hinspielt
und selbst bis in die Schatten hinein seine Helle trägt.

- 5 -
 
Annotationen