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Epoche von 1350 bis 1420. 5J

ren Zeit dieser Epoche sind indess die Miniaturen in einem Manu-
script der Reisebeschreibung des Marco Polo und sechs anderer,
berühmter Reisender auf der Kaiserlichen Bibliothek zu Paris (Mss.
francais No. 8392), welches wohl gewiss für den in den Niederlan-
den von 1384—1405 herrschenden Philipp den Kühnen, Herzog von
Burgund, geschrieben worden ist. * Hier ist die dieser Epoche eigen-
thümliche Kunstweise zur vollständigen Ausbildung gelangt. Beson-
ders spricht sich in den lebhaften und harmonischen Farben der
den Niederländern eigenthümliche Farbensinn sehr entschieden aus,
dagegen ist die Zeichnung verhältnissmässig schwach. Die wunder-
baren Erzählungen jener Reisenden haben hier ein reiches Feld für,
der Sinnesweise jener Zeit so sehr zusagende, abenteuerliche Tor-
stellungen gegeben. So findet man Menschen mit dem Kopf auf
der Brust etc. Diesem schliesst sich in der Zeit sehr eng das Ge-
betbuch der, 1389 mit dem Sohn Philipp des Kühnen, Johann, ge-
nannt „sans peur", vermählten Margaretha von Baiern im britischen
Museum (Harleian. No. 2897) an. Die Mehrzahl der darin enthal-
tenen sehr schönen Miniaturen rühren von Niederländern her. Da-
hin gehören die auf David bezüglichen Bl. 28 b, Bl. 42 b, Bl. 72 b.
"Von einer, mehr dem Realistischen zugewandten Hand ist die Pre-
digt des h. Ambrosiug, Bl. 160 a, endlich von einer dritten, mehr
in der idealistischen "Weise dieser Epoche arbeitenden, rührt der
ungläubige Thomas Bl. 164 a und das Hauptbild, die Himmelfahrt
Christi, Bl. 188 b, her.2

Noch ungleich bedeutender ist ein im Jahr 1407, wie eine In-
schrift besagt, beendigtes Gebetbuch, in der Bodleianischen Biblio-
thek zu Oxford (Douce. 144). Es ist durch den Reichthum und
den Umfang einiger Compositionen, durch die grosse Ausbildung der
Kunst, worin sich indess einige Hände unterscheiden lassen, ganz
besonders geeignet die Spärlichkeit der grösseren Bilder zu ersetzen.^
Ich muss mich begnügen hier nur einige der vorzüglichsten Bilder
herauszuheben. Die Beschäftigungen der Monate und die Zeichen
des Thierkreises im Kalender, Maria, welcher ein Engel Brod und
Wein bringt, Bl. 10 a, die Verkündigung Bl. 28 a, die Heimsuchung
BL 52 a, zwei Prozessionen Bl. 105 a und 108 und 109. Hier findet
sich schon eine feine Individualisirung und eine Lebendigkeit und
"Wahrheit, dass z. B. die singenden Chorknaben denen des Luca

1 Näheres darüber Kunstwerke and Künstler in Paris,
darüber in meinen Treasures ot art. etc. Th. I. S. 124.
 
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