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Dürer, Albrecht; Weber, Anton [Hrsg.]
Dürers schriftlicher Nachlaß — Regensburg, Rom: Druck und Verlag von Friedrich Pustet, 1912

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https://doi.org/10.11588/diglit.69791#0186
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184 Sechstes Kapitel. Aufzeichnungen verschiedenen Inhalts.
und Haus.Z Es wäre den päpstlich gesinnten Geistlichen schlecht
bekommen, wenn sie im Jahr 1526 sich so hätten in Nürnberg auf-
spielen wollen. Bereits im Frühjahr 1524 wagte sich der zum Reichstag
anwesende päpstliche Legat Campeggi nicht zum Hause heraus, weil
er Beschimpfungen auf offener Stratze fürchten mutzte, und der
Rat sandte -Zettel' in den Häusern herum, um vor solchen Vergehungen
zu warnen . . . 1525 war es mit den meisten Klöstern zu Ende; den
Barfützern, deren Kloster sich noch länger hindurch hielt, wurde nur
noch gestattet, Predigten bei verschlossenen Türen, ohne Teilnahme
von Bürgern, zu halten. Besonders eifrige Priester, wie der Kar-
melitenprior und bald darauf der Barfützerguardian, wurden aus-
gewiesen, andere verwarnt . . . Die päpstliche Kirche war 1526 in
Nürnberg bereits in eine so kümmerliche Defensive zurückgedrängt,
datz sie froh sein mutzte, wenn man ihren Anhängern überhaupt noch
das Leben lietz. Ist aber ohne weiteres klar, datz der vierte Spruch
nicht gegen die päpstliche Partei gerichtet sein kann, so ergibt sich,
datz auch die Worte des Apostels Paulus von den -gräulichen' Zeiten
anders verstanden werden müssen als unter Beziehung auf Zustände
innerhalb der alten Kirche."Z
Ich schliesse meine Ausführung mit den treffenden Worten von
A. KuhniZ „Was die Inschriften betrifft, so wird einer, der sie unbe-
fangen liest, dieselben nicht blotz von den Wiedertäufern und andern
Schwarmgeistern, die sich gegen Luther erhoben, verstehen können,
sondern er wird sie auf alle Neuerer, Luther mit inbegriffen, beziehen
müssen, zumal wenn man das Zeugnis Pirkheimers und Dürers
Leben, Werke und Schriften mit in Anschlag bringt. Bei einem
Manne, der so wahr und treu war, sollte es entscheidend erscheinen,
datz er in allen seinen Schöpfungen dem Protestantismus nicht ein
einziges stichhaltiges Zeugnis ablegt, zahllose dagegen bis an das
Ende seines Lebens in den Darstellungen der Gottesmutter und der
Heiligen, in den liturgischen Bildern rc^ der alten katholischen Kirche."
1) „Ein stolzer Schreiber ohne alle Ehrbarkeit" und „ein hoffärtiger Pfaffe ohne
alle Erfahrung", klagte 1524 Pirkheimer über den Ratschreiber Spengler und den
Prediger Osiander, „sollen eine so löbliche Stadt wie Nürnberg eigenmächtig
regieren und alle Dinge nach ihrem Willen korrigieren; was sie wollen, must recht
und geändert sein."
2) Damit sind die Ausführungen Zuckers (Dürer, S. 147) widerlegt.
h Allgemeine Kunst-Geschichte, 3, 679.

 
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