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Wegner, Max
Das römische Herrscherbild: Die Herrscherbildnisse in antoninischer Zeit — Das römische Herrscherbild, Abteilung 2 ; 4: Berlin, 1939

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https://doi.org/10.11588/diglit.41958#0083
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IX. BILDHAUERWERKSTÄTTEN
Rom und die Provinzen

Die vorangehenden Abschnitte galten in erster Linie der Bildniskunde des antoni-
nischen Herrscherhauses, seiner Bildnisbestimmung und Bildnisgeschichte. Die Zeit-
ansätze betrafen daher vornehmlich den Typus, die ursprüngliche Bildnisschöpfung,
die sich in ihren verschiedenen Wiederholungen durch mannigfache Brechungen
spiegelt, weniger aber das einzelne Stück. Trotzdem wurde zwangsläufig die
Aufmerksamkeit auf die künstlerischen Unterschiede der Wiederholungen einer
Gattung untereinander gelenkt. Es tauchten bereits Bedenken auf, derartige Ver-
schiedenheiten unbedingt kunstgeschichtlich zu erklären; denn es mehren sich die
Anzeichen für die Erkenntnis eines Nebeneinander verschieden gearteter, fort-
schrittlicher und rückständiger Bildhauerwerkstätten. Die besten Werke wird man
berücksichtigen müssen, denn von ihnen ist zu erwarten, daß die künstlerische
Kraft und Artung, die sich in ihnen offenbart, der wahren Schöpfungskraft ihrer
Zeit gemäß ist. So kann man hoffen, aus der Klangfülle eines gemischten
Orchesters die führenden Stimmen herauszuhören. Wächst ein schwächliches
Geschlecht heran, so werden auch meist die neuen künstlerischen Ideen vermißt,
und die alten Meister bleiben die Schrittmacher der Kunst.
Der Eindruck wird noch vielfältiger und die Beurteilung verwickelter, wenn man
den engeren und geschlossenen Kreis der stadtrömischen Bildhauerwerkstätten
überschreitet und die Werke berücksichtigt, die den Provinzen des römischen
Reiches entstammen. Denn hier gibt es außer stadtrömischem Einfuhrgut und
stümperhaften Nachahmungen Umbildungen und Neuschöpfungen, in denen boden-
ständige künstlerische Kräfte sich offenbaren. Diese zu erfassen sind gerade
die Herrscherbilder aus den Provinzen besonders geeignet, da sie ohne gegen-
ständliche Bedingtheit die Betrachtung unmittelbar auf die künstlerische Hand-
schrift lenken.
Die prachtvolle Büste des Antoninus Pius in Neapel (Taf. i) wiederholt die
früheste Bildnisschöpfung dieses Herrschers; auch ihre Ausführung ist früh, das
heißt gegen 140 n. Chr. anzusetzen, da sie in manchem den charakteristischen
Bildnissen des Hadrian sehr ähnlich sieht, etwa einer Panzerbüste, die sich eben-
falls in Neapel befindet (Paribeni, Ritratto Taf. 233). Auf die gesammelte Körper-

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