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Oswald Weigel
Bibliothek Carl Reinecke: nebst Beiträgen anderer Herkunft, darunter Collectio Joa. Linkii hymnologica (Katalog Nr.49) — Leipzig: Oswald Weigel, 1914

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https://doi.org/10.11588/diglit.51130#0003
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von
Ludwig Schiedermalr



Carl Reinecke
1824—1910.



Am 23. Juni 1824 wurde Carl Heinrich Carsten Reinecke in Altona geboren.
Frühzeitig offenbarte sich sein musikalisches Talent, denn als im Vaterhause
einstmals ein Haydnsches Streichquartett ausgeführt wurde, und niemand sich
eine plötzlich zu Gehör gebrachte Disharmonie erklären konnte, fand der Kleine
die Lösung des Rätsels in einem Fehler der Violoncellstimme. Sein Vater
S. P. R. Reinecke, der selbst jahrelang in Altona und später in Segeberg als
Musiklehrer tätig war, zögerte nicht, mit Einverständnis der liebevollen Mutter
(Henriette geb. Wetegrove) den musikalischen Keim, den er in seines Kindes
Seele entdeckt hatte, zu hegen und zu pflegen. Er selber gab ihm vom fünften
Jahre ab Unterricht in Theorie und Praxis der Musik, und neben den berufenen
Klaviermeistern der damaligen Zeit, einem Pleyl, Kuhlau, Dussek und Hummel,
neben den grossen Vertretern der Kammermusik, einem Onslow, Ries, Fesca,
Schubert, Cherubini, Haydn, Mozart und Beethoven, lehrte er den aufgeweckten
und fleissigen Knaben die verwickelten Geheimnisse des kontrapunktischen Satzes
kennen und konnte ihn nicht genug zu eigenen Kompositionsversuchen ermuntern,
die schon in ihren kindlichen Anfängen natürlichen Geschmack, Formgefühl und
Sinn für Wohlklang erkennen liessen. Bereits am 14. Januar 1836 durfte sich
Carl in einem Konzert des Altonaer Apollovereins mit dem Vortrag von Hummels
Klavierstück La sentinelle öffentlich hören lassen, und einige Wochen später
spielte er ebendort bereits das Beethovensche Konzert in C-dur. Kaum zum
Jüngling herangewachsen, konnte er es wagen, mit den schwierigen Aufgaben
des Mendelssohnschen G-moll-Konzertes und den Chopinschen Variationen über
Lä ci darem la mano vor das Publikum zu treten. Aber schon bald regte sich
in ihm der Wunsch, den beschränkten Gesichtskreis seinerVaterstadt zu verlassen
und die damalige Metropole der deutschen Musik zu besuchen, Leipzig, wo
Schumann und Mendelssohn wirkten. Aber die Verhältnisse der Eltern waren
höchst bescheiden. Es wurde daher beschlossen, die Gunst König Christians
des Achten, damaligen Souveräns der Provinz Schleswig-Holstein, zu welcher
auch Altona gehörte, für den hoffnungsvollen Kunstjünger in Anspruch zu
nehmen, damit er, mit einem Stipendium versehen, die musikalischen Wander-
jahre antreten könnte.
Diese Hoffnung sollte nicht zu Schanden werden. Schon in Kiel hatte
der Jüngling das Glück, als feinsinniger Begleiter die Aufmerksamkeit des
berühmten Geigers Ernst auf sich zu lenken, und durfte in einem eigenen
Konzerte mit diesem die Kreutzersonate spielen. Auch in Kopenhagen fand "er
alsbald die gewünschte öffentliche Anerkennung, und im Mai 1843 wurde ihm
zu seiner weiteren musikalischen Ausbildung vom König ein Stipendium verliehen,
das ihn in den Stand setzte, sich zu längerem Aufenthalte nach Leipzig zu
begeben. Dort sehen wir ihn von Männern wie Mendelssohn, Hiller, Konzert-
meister David alsbald so geschätzt, dass er in den Gewandhauskonzerten vom
16. November 1843 und 20. Mai 1844, und zwar mit schönstem Erfolge, als
Klavierspieler auftreten konnte. Dennoch war sein erster Leipziger Aufenthalt
nur vorübergehend. Junge Musikanten wollen sich die Welt ansehen. Eifrig
Mitstrebende schlossen sich an ihn an; mit Wasiliew'sky, Grabau und Königslöw
wurde ein Quartett gebildet, das sich in Halle, Bremen und Hannover mit Ehren
hören lassen konnte. Alsdann ging Reinecke konzertierend nach Altona, Kiel
Oswald Weigel, Antiquariat & Auktions-Institut in Leipzig. 1
 
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