benutzt. Nur die Handhabung des Johannes (Abb. 294) ist
abgeändert und der des Markus (Abb. 292) angegiichen.
Matthäus und Johannes (Abb. 291 und 294) sind im Gegen-
sinn gegeben. Das entspricht ihrer veränderten Anordnung:
In der Athos-HandschriA sind die Evangelisten paarweise
an den Anfang des ganzen Codex gestellt, hier schmücken
sie wie üblich einzeln die Evangelienanfänge und sitzen
dem Titelblatt ihres Evangeliums gegenüber. Beachtens-
wert sind vor allem die Vereinfachungen, Schematisierungen
undUmänderungen, die, bei Wahrung der kompositionellen
Anordnung, im Einzelnen vorgenommen werden. Das gilt
besonders für die Hintergründe. Die Architektur des
Matthäus-Bildes (Abb. 291) ist aus denselben Elementen
zusammengesetzt wie die des Vorbildes (vgl. Abb. 169): ein
turmartiges Gebäude links, ein Tempelbau rechts, dazwischen
die Abschluß wand. Aber von dem peristylen Tempel des
antikischen Vorbildes ist nur die Cella geblieben, welche,
mit einem Kreuz über dem Türsturz versehen, als christ-
liche Kirche angesehen werden soll. Es ist dies ein sehr be-
zeichnendes Beispiel, wie schnell und bewußt die antiki-
sierenden Elemente wieder zurückgedrängt werden. Auf
dem Markus-Bild (Abb. 292) ist die die beiden Rundtürme
verbindende Pergola (vgl. Abb. 170) fortgefallen, und auf
dem Lukas-Bild (Abb. 293) der Baldachin und das mittlere
Stück Mauer mit dem Gartentor (vgl. Abb. 171). Es sind
gerade die betont antiken malerisAen Motive, die fort-
fallen und durch Goldgrund ersetzt werden. Es hat fast
den Anschein, als ob auf diese Weise etwas Profanes aus-
gemerzt werden sollte. Nur die stereotypen, häuserähn-
lichen Versatzstücke halten noch auf Jahrhunderte hinaus
die Erinnerung wach an die Belebungsversuche antiken
Geschmacks im 10. Jahrhundert.
In dem Figurenstil ist die Anlehnung an das Vorbild
viel enger. Man versucht die Draperien bis ins Detail zu
kopieren, erreicht aber nicht den natürlichen Fall eines
schweren Gewandstoffes wie bei den Stauronikita-Evan-
gelisten, sondern die Falten bekommen eine fast metallische
Härte. Bezeichnend dafür ist u. a. der in das Himation
eingerollte Arm des Matthäus. Alles zielt auf Verein-
fachung, während die Konstantinopeler Buchmalerei den
umgekehrten Weg geht zur stärkeren Differenziertheit
durch Bereicherung der Faltenbrechungen. Der farbliche
Eindruck der Patmos-HandschriA ist sehr reich, die Ge-
wänder sind zum Teil in Aangierenden Tönen, das
Inkarnat in reichen Abstufungen von Rotbraun zu Grün
gemalt. Der Goldgrund ist nuanciert durch rötlicheres
und grünlicheres Gold. Diese Evangelistenbilder sind
besonders lehrreich, weil sie einen Einblick geben, wie in
alter Zeit HandschriAen gewandert sein müssen. Finden
sich doch von denselben Stauronikita-Evangelisten noch
weitere Wiederholungen (Abb. 404) in einer HandschriA,
die auf Grund ihrer Ornamentik wieder einem ganz anderen
Kunstkreise zuzuschreiben ist (vgl. S. 62).
Die Zeitansetzung der Patmos-HandschriA kurz naA
der Mitte des 10. Jahrhunderts, d. h. nicht viel später als
das Stauronikita-Evangeliar, ergibt sich aus einer Ver-
gleichung mit einem Basilios-Codex in Oxford, Bod-
leian Library, cod. Auct. E. II. 12, der in das
Jahr 933 datiert isPV Das Kreuzbandmuster des Titels
sowie die Handinitiale „G" (Abb. 297) stimmen aufs engste
mitMustern der Patmos-HandschriA überein (vgl.Abb. 296).
Eine arge Vergröberung dieser Ornamentik zeigen die
Kreuzband- und Perlrautenmuster in den Titeln einer
Gregor-HandschriA auf Patmos,cod. 39 (Abb. 298),
die in das Jahr 972 datiert und laut Subskription zur Zeit
des Kaisers Johannes Tzimiskes (969—976) geschrieben
ist'V
Eine dritte HandschriA auf Patmos, cod. 24, welche
die Homilien des Basilios enthält^, weist wiederum die
üblichen Mandelsterne (Abb. 299) und Treppen- und Zick-
zackmuster auf (Abb. 300), wie sie sich in denbithynischen
HandschriAen Anden.
Das Problem der Lokalisierung und Datierung
des Josua-Rotulus
Im Zusammenhang mit den Bildern der Vatikanischen
Bibel sei das Problem der in ihrer Datierung und Lokali-
sierung am meisten umstrittenen byzantinischen Minia-
turenfolge zur Erörterung gestellt: des Rollenfragmentes
mit Szenen aus der Josua-Geschichte in der V a t i k a n a ,
cod. Palat. gr. 431 (Abb. 301)^". Die Bildkomposi-
tionen dieses Rotulus kehren in mehrfacher Wiederholung
wieder in späteren Oktateuch-Illustrationen des 12. Jahr-
hunderts"^, so daß vermutet werden darf, die Vatikanische
HandschriA sei ein Fragment einer umfassenden Oktateuch-
Illustration in Rollenform. Ihr künstlerischer Wert beruht
in der großen Einheitlichkeit der Darstellungen und des
Stils, wie wir sie in keiner mittelbyzantinischen Hand-
schriA wiederAnden. Jede Szene zeigt einen in sich ge-
schlossenen, klaren kompositionellen Aufbau, und zugleich
besteht eine organische Verbindung der Szenen unterein-
ander durch vereinheitlichende Landschafts- und Archi-
tekturkulissen. Die Grundlage solcher Frieskomposition
ist vielfach in römischen Triumphsäulen gesehen worden,
auf denen Schlachtdarstellungen in einer ähnlich konti-
nuierenden Darstellungsart sich abwickeln. Die Kom-
positionsweise des Rotulus ist durch die UnverfälsAtheit
27s Coxe I, S. 643. — FoL 479: dnX7)pt6&(f]) tä et; tbi üpotpTjtrjS
Tjsa'tas TOÜ orytou ßastketou [ATjfd) abyouattp tß TÖW dytcM pt(a)p(TÜptav) tpturtou
xat ästxrytou fjptepa 7tapaaxeu(j &p(et) 7] tw(txTtmso;) tot erou; ;ui;a.
273 Sakkelion P. B., S. 31. — Fol. 333?: sypa'tp'fj otä yetob; oatua-mü
(po^)ay(oü) ^7K to)(xvJou) T^tp.t3X7) ßactXe(tn;) ptupatmv ei; to eto; ;tMt N-
8(tXTt<tWo;) te pt(7jSt) au-yobotou te.
273 Sakkelion P. B., S. 11.
273 H Rotulo di Giosue. Codices e Vaticanis Selecti, Bd. V, 191 $
(hier die ältere Literatur angeführt). / Beisse!, VatikanisAe Minia-
turen, 1893, Taf. 4, S. 7. / MiHet, S. 363-363, 367, 379, 603. / Ebersoit,
S. 3, Taf. 1-3. / Gerstinger, S. 11, Abb. 4. / Lietzmann, Degering-
FestsAriA, 1926, S. 181. / Morey, S. 46, Fig. 17, 44, 33-34. /
Tikkanen, Stud., S. 86, 101, 120 Anm. 1. / Dtehl, Peint., S. 41, 89,
Taf. 69, 2.
277 Cod. Vatik. gr. 746, 747, Smyrna, Serail-BiMiothek und
Watopädi.
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abgeändert und der des Markus (Abb. 292) angegiichen.
Matthäus und Johannes (Abb. 291 und 294) sind im Gegen-
sinn gegeben. Das entspricht ihrer veränderten Anordnung:
In der Athos-HandschriA sind die Evangelisten paarweise
an den Anfang des ganzen Codex gestellt, hier schmücken
sie wie üblich einzeln die Evangelienanfänge und sitzen
dem Titelblatt ihres Evangeliums gegenüber. Beachtens-
wert sind vor allem die Vereinfachungen, Schematisierungen
undUmänderungen, die, bei Wahrung der kompositionellen
Anordnung, im Einzelnen vorgenommen werden. Das gilt
besonders für die Hintergründe. Die Architektur des
Matthäus-Bildes (Abb. 291) ist aus denselben Elementen
zusammengesetzt wie die des Vorbildes (vgl. Abb. 169): ein
turmartiges Gebäude links, ein Tempelbau rechts, dazwischen
die Abschluß wand. Aber von dem peristylen Tempel des
antikischen Vorbildes ist nur die Cella geblieben, welche,
mit einem Kreuz über dem Türsturz versehen, als christ-
liche Kirche angesehen werden soll. Es ist dies ein sehr be-
zeichnendes Beispiel, wie schnell und bewußt die antiki-
sierenden Elemente wieder zurückgedrängt werden. Auf
dem Markus-Bild (Abb. 292) ist die die beiden Rundtürme
verbindende Pergola (vgl. Abb. 170) fortgefallen, und auf
dem Lukas-Bild (Abb. 293) der Baldachin und das mittlere
Stück Mauer mit dem Gartentor (vgl. Abb. 171). Es sind
gerade die betont antiken malerisAen Motive, die fort-
fallen und durch Goldgrund ersetzt werden. Es hat fast
den Anschein, als ob auf diese Weise etwas Profanes aus-
gemerzt werden sollte. Nur die stereotypen, häuserähn-
lichen Versatzstücke halten noch auf Jahrhunderte hinaus
die Erinnerung wach an die Belebungsversuche antiken
Geschmacks im 10. Jahrhundert.
In dem Figurenstil ist die Anlehnung an das Vorbild
viel enger. Man versucht die Draperien bis ins Detail zu
kopieren, erreicht aber nicht den natürlichen Fall eines
schweren Gewandstoffes wie bei den Stauronikita-Evan-
gelisten, sondern die Falten bekommen eine fast metallische
Härte. Bezeichnend dafür ist u. a. der in das Himation
eingerollte Arm des Matthäus. Alles zielt auf Verein-
fachung, während die Konstantinopeler Buchmalerei den
umgekehrten Weg geht zur stärkeren Differenziertheit
durch Bereicherung der Faltenbrechungen. Der farbliche
Eindruck der Patmos-HandschriA ist sehr reich, die Ge-
wänder sind zum Teil in Aangierenden Tönen, das
Inkarnat in reichen Abstufungen von Rotbraun zu Grün
gemalt. Der Goldgrund ist nuanciert durch rötlicheres
und grünlicheres Gold. Diese Evangelistenbilder sind
besonders lehrreich, weil sie einen Einblick geben, wie in
alter Zeit HandschriAen gewandert sein müssen. Finden
sich doch von denselben Stauronikita-Evangelisten noch
weitere Wiederholungen (Abb. 404) in einer HandschriA,
die auf Grund ihrer Ornamentik wieder einem ganz anderen
Kunstkreise zuzuschreiben ist (vgl. S. 62).
Die Zeitansetzung der Patmos-HandschriA kurz naA
der Mitte des 10. Jahrhunderts, d. h. nicht viel später als
das Stauronikita-Evangeliar, ergibt sich aus einer Ver-
gleichung mit einem Basilios-Codex in Oxford, Bod-
leian Library, cod. Auct. E. II. 12, der in das
Jahr 933 datiert isPV Das Kreuzbandmuster des Titels
sowie die Handinitiale „G" (Abb. 297) stimmen aufs engste
mitMustern der Patmos-HandschriA überein (vgl.Abb. 296).
Eine arge Vergröberung dieser Ornamentik zeigen die
Kreuzband- und Perlrautenmuster in den Titeln einer
Gregor-HandschriA auf Patmos,cod. 39 (Abb. 298),
die in das Jahr 972 datiert und laut Subskription zur Zeit
des Kaisers Johannes Tzimiskes (969—976) geschrieben
ist'V
Eine dritte HandschriA auf Patmos, cod. 24, welche
die Homilien des Basilios enthält^, weist wiederum die
üblichen Mandelsterne (Abb. 299) und Treppen- und Zick-
zackmuster auf (Abb. 300), wie sie sich in denbithynischen
HandschriAen Anden.
Das Problem der Lokalisierung und Datierung
des Josua-Rotulus
Im Zusammenhang mit den Bildern der Vatikanischen
Bibel sei das Problem der in ihrer Datierung und Lokali-
sierung am meisten umstrittenen byzantinischen Minia-
turenfolge zur Erörterung gestellt: des Rollenfragmentes
mit Szenen aus der Josua-Geschichte in der V a t i k a n a ,
cod. Palat. gr. 431 (Abb. 301)^". Die Bildkomposi-
tionen dieses Rotulus kehren in mehrfacher Wiederholung
wieder in späteren Oktateuch-Illustrationen des 12. Jahr-
hunderts"^, so daß vermutet werden darf, die Vatikanische
HandschriA sei ein Fragment einer umfassenden Oktateuch-
Illustration in Rollenform. Ihr künstlerischer Wert beruht
in der großen Einheitlichkeit der Darstellungen und des
Stils, wie wir sie in keiner mittelbyzantinischen Hand-
schriA wiederAnden. Jede Szene zeigt einen in sich ge-
schlossenen, klaren kompositionellen Aufbau, und zugleich
besteht eine organische Verbindung der Szenen unterein-
ander durch vereinheitlichende Landschafts- und Archi-
tekturkulissen. Die Grundlage solcher Frieskomposition
ist vielfach in römischen Triumphsäulen gesehen worden,
auf denen Schlachtdarstellungen in einer ähnlich konti-
nuierenden Darstellungsart sich abwickeln. Die Kom-
positionsweise des Rotulus ist durch die UnverfälsAtheit
27s Coxe I, S. 643. — FoL 479: dnX7)pt6&(f]) tä et; tbi üpotpTjtrjS
Tjsa'tas TOÜ orytou ßastketou [ATjfd) abyouattp tß TÖW dytcM pt(a)p(TÜptav) tpturtou
xat ästxrytou fjptepa 7tapaaxeu(j &p(et) 7] tw(txTtmso;) tot erou; ;ui;a.
273 Sakkelion P. B., S. 31. — Fol. 333?: sypa'tp'fj otä yetob; oatua-mü
(po^)ay(oü) ^7K to)(xvJou) T^tp.t3X7) ßactXe(tn;) ptupatmv ei; to eto; ;tMt N-
8(tXTt<tWo;) te pt(7jSt) au-yobotou te.
273 Sakkelion P. B., S. 11.
273 H Rotulo di Giosue. Codices e Vaticanis Selecti, Bd. V, 191 $
(hier die ältere Literatur angeführt). / Beisse!, VatikanisAe Minia-
turen, 1893, Taf. 4, S. 7. / MiHet, S. 363-363, 367, 379, 603. / Ebersoit,
S. 3, Taf. 1-3. / Gerstinger, S. 11, Abb. 4. / Lietzmann, Degering-
FestsAriA, 1926, S. 181. / Morey, S. 46, Fig. 17, 44, 33-34. /
Tikkanen, Stud., S. 86, 101, 120 Anm. 1. / Dtehl, Peint., S. 41, 89,
Taf. 69, 2.
277 Cod. Vatik. gr. 746, 747, Smyrna, Serail-BiMiothek und
Watopädi.
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