Die Werkstatt der Kunst: Organ für d. Interessen d. bildenden Künstler — 3.1903/1904
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https://doi.org/10.11588/diglit.75368#0635
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Heft 40
DOI article:Böse Wege
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Heft HO
Die Werkstatt der Aunst.
63t
definitiv zu bestellen, jedoch unter Vorbehalt von
einigen Aeuderungen im figürlichen, worüber jedoch das
einzuholende Gutachten der Künstler maßgebend sein soll.
Damit schloß die Sitzung.
Die Sache war also für uns völlig erledigt,
die Ausführung des Denkmals war unser, Hatte
doch der Bürgermeister Metzner Herrn Lehmann,
als er ihn traf, gesagt: Jetzt kann ich Ihnen ja
gratulieren, nun haben wir's ja so weit.
Es war aber da im Städtchen ein Landrat
(außer dem Gymnasialdirektor) — der übrigens
bald nach diesem Aommissionsbeschluß gekränkt
aus dem Aomitee austrat —, der war bei der Aus-
schußsitzung trotz erhaltener Aufforderung nicht da-
beigewesen, wahrscheinlich, weil er nicht konnte, und
der sagte auch: Pfui, was habt Ihr Luch da für
ein Dings ausgesucht, das mag ich nicht leiden, und
dazu gebe ich kein Geld und lasse auch im Areise
nicht sammeln. Selbiger Landrat war unzugäng-
lich, aber seiner Verdienste wegen höheren Orts
sehr gut angeschrieben und was sollten da die armen
Ausschußmitglieder anders machen, als die Hände
ringen und weinen um die ^5 000 Mk., auf die
man ungefähr von feiten des Areises gerechnet hatte.
Umzuwerfen war trotz Landrat und Areis der Aom-
missionsbeschluß von, so viel wir wissen, acht oder
mehr Männern gefaßt, nicht mehr, und nur um
den gestrengen Herrn zufrieden zu stellen, bat uns
Herr Oberbürgermeister Lngel in liebenswürdigster
Weise zur Bekräftigung der Güte unserer Idee und
deren Ausführbarkeit doch das Urteil einiger Ber-
liner Autoritäten einzuholen, während er gleich-
zeitig von dem Aunsthistoriker Professor Hörster in
Breslau und dem ihm persönlich bekannten Pro-
fessor Boese in Berlin Gutachten einholen wollte.
Diese Abmachung traf Herr Oberbürgermeister
Lngel mit Herrn Lehmann in Breslau, gab ihm
die Hand und sagte: Ich verspreche Ihnen,
daß Ihnen der Auftrag auf jeden Hall in
dieser oder einer anderen Art bleibt. Da-
raufhin legten wir unseren Lntwurf nochmals
mehreren Berliner Professoren vor, Senatoren der
Akademie, deren Ruf als Aünstler unantastbar ist,
und baten sie um ihr Urteil. Ohne Ausnahme
stimmten sie unserm Modell vollständig zu und be-
dauerten nur, in ihrer Ligenschaft als amtliche
Personen der Akademie nicht offiziell ihr Urteil ab-
geben zu können, wenn nicht vom Ministerium
deswegen an sie herangetreten würde. Sie waren
aber auch mit uns der Meinung, den Lntwurf
Sr. Majestät sofort vorzulegen, der so wie so die
letzte Instanz dafür war, und dessen Zustimmung
wohl auch den Herrn Landrat beruhigt und mit
der Idee ausgesöhnt hätte, während umgekehrt alle
Lmpfehlungen nichts wert waren, wenn der Aaiser
seine Linwilligung zur Ausführung nicht gab.
Nachdem wir dies dem Aomitee mitgeteilt
Hatten, erhielten wir kurz darauf ein Schreiben von
dort, daß man den Lntwurf Sr. Majestät noch
nicht vorlegen könne. Warum nicht, mögen die
Götter wissen. Soviel wir wissen, war Se. Majestät
damals bei bester Gesundheit, und gesundheits-
schädlich war unser Lntwurf denn doch noch nicht.
Als Pflaster dafür gab man uns die Anerkennung
des Breslauer Professors, der nur einige neben-
sächliche Aenderungen wünschte. Von dem Gut-
achten, das Professor Boese abgegeben hatte, er-
fuhren wir damals kein Sterbenswörtchen. Natür-
lich erklärten wir uns gern bereit, die kleinen Aen-
derungen vorzunehmen, und boten uns sogar an,
dieselben gleich am Modell auszuführen. Als liebens-
würdige Antwort hierauf bekamen wir dann nach
Monatsfrist folgendes Schreiben:
Neustadt O.-S., den 2. Juli ^oz.
Erwiderung auf das Schreiben vom 9. v. Mts.
Wir sind nach dem gegenwärtigen Stande der Denk-
mals-Angelegenheit nicht in der Lage, uns auf Ihre Ab-
änderungsvorschläge äußern oder selbst Vorschläge machen
zu können. Nach den neuerlichen Verhandlungen erscheint
die Errichtung des Denkmals weit in die Ferne gerückt,
und müssen wir Ihnen deshalb zu unserem Bedauern
anheimgeben, über den eingereichten Entwurf nach Be-
lieben zu verfügen.
Der engere Ausschuß
für die Errichtung eines Denkmals Kaiser Wilhelms des
Großen in der Kreisstadt Neustadt O.-S.
I. v.
Unterzeichnet war dasselbe von einem uns ganz
unbekannten Herrn, wie wir später erst erfuhren,
dem zweiten Bürgermeister, der sich, während der
Oberbürgermeister nach längerer Arankheit im Bade
weilte, ohne weiteren Grund und ohne jemanden
zu fragen, diesen Geniestreich erlaubt Hatte. In
welche Aategorie von Menschen mag wohl dieser
Beamte die Aünstler gesteckt haben? So kleine Ge-
werbetreibende von der Straße vielleicht! Diesen
Brief hätten wir sofort beantwortet, wie sich's ge-
bührt, wenn wir nicht inzwischen erfahren hätten,
daß der Oberbürgermeister Lngel verreist war, und
wir nur ihn um Rat fragen wollten, da er für
uns die einzig maßgebende Persönlichkeit, uns außer-
dem sehr gewogen, und stets mit allen Mitteln für
uns eingetreten war. Zweitens brach gerade in jener
Die Werkstatt der Aunst.
63t
definitiv zu bestellen, jedoch unter Vorbehalt von
einigen Aeuderungen im figürlichen, worüber jedoch das
einzuholende Gutachten der Künstler maßgebend sein soll.
Damit schloß die Sitzung.
Die Sache war also für uns völlig erledigt,
die Ausführung des Denkmals war unser, Hatte
doch der Bürgermeister Metzner Herrn Lehmann,
als er ihn traf, gesagt: Jetzt kann ich Ihnen ja
gratulieren, nun haben wir's ja so weit.
Es war aber da im Städtchen ein Landrat
(außer dem Gymnasialdirektor) — der übrigens
bald nach diesem Aommissionsbeschluß gekränkt
aus dem Aomitee austrat —, der war bei der Aus-
schußsitzung trotz erhaltener Aufforderung nicht da-
beigewesen, wahrscheinlich, weil er nicht konnte, und
der sagte auch: Pfui, was habt Ihr Luch da für
ein Dings ausgesucht, das mag ich nicht leiden, und
dazu gebe ich kein Geld und lasse auch im Areise
nicht sammeln. Selbiger Landrat war unzugäng-
lich, aber seiner Verdienste wegen höheren Orts
sehr gut angeschrieben und was sollten da die armen
Ausschußmitglieder anders machen, als die Hände
ringen und weinen um die ^5 000 Mk., auf die
man ungefähr von feiten des Areises gerechnet hatte.
Umzuwerfen war trotz Landrat und Areis der Aom-
missionsbeschluß von, so viel wir wissen, acht oder
mehr Männern gefaßt, nicht mehr, und nur um
den gestrengen Herrn zufrieden zu stellen, bat uns
Herr Oberbürgermeister Lngel in liebenswürdigster
Weise zur Bekräftigung der Güte unserer Idee und
deren Ausführbarkeit doch das Urteil einiger Ber-
liner Autoritäten einzuholen, während er gleich-
zeitig von dem Aunsthistoriker Professor Hörster in
Breslau und dem ihm persönlich bekannten Pro-
fessor Boese in Berlin Gutachten einholen wollte.
Diese Abmachung traf Herr Oberbürgermeister
Lngel mit Herrn Lehmann in Breslau, gab ihm
die Hand und sagte: Ich verspreche Ihnen,
daß Ihnen der Auftrag auf jeden Hall in
dieser oder einer anderen Art bleibt. Da-
raufhin legten wir unseren Lntwurf nochmals
mehreren Berliner Professoren vor, Senatoren der
Akademie, deren Ruf als Aünstler unantastbar ist,
und baten sie um ihr Urteil. Ohne Ausnahme
stimmten sie unserm Modell vollständig zu und be-
dauerten nur, in ihrer Ligenschaft als amtliche
Personen der Akademie nicht offiziell ihr Urteil ab-
geben zu können, wenn nicht vom Ministerium
deswegen an sie herangetreten würde. Sie waren
aber auch mit uns der Meinung, den Lntwurf
Sr. Majestät sofort vorzulegen, der so wie so die
letzte Instanz dafür war, und dessen Zustimmung
wohl auch den Herrn Landrat beruhigt und mit
der Idee ausgesöhnt hätte, während umgekehrt alle
Lmpfehlungen nichts wert waren, wenn der Aaiser
seine Linwilligung zur Ausführung nicht gab.
Nachdem wir dies dem Aomitee mitgeteilt
Hatten, erhielten wir kurz darauf ein Schreiben von
dort, daß man den Lntwurf Sr. Majestät noch
nicht vorlegen könne. Warum nicht, mögen die
Götter wissen. Soviel wir wissen, war Se. Majestät
damals bei bester Gesundheit, und gesundheits-
schädlich war unser Lntwurf denn doch noch nicht.
Als Pflaster dafür gab man uns die Anerkennung
des Breslauer Professors, der nur einige neben-
sächliche Aenderungen wünschte. Von dem Gut-
achten, das Professor Boese abgegeben hatte, er-
fuhren wir damals kein Sterbenswörtchen. Natür-
lich erklärten wir uns gern bereit, die kleinen Aen-
derungen vorzunehmen, und boten uns sogar an,
dieselben gleich am Modell auszuführen. Als liebens-
würdige Antwort hierauf bekamen wir dann nach
Monatsfrist folgendes Schreiben:
Neustadt O.-S., den 2. Juli ^oz.
Erwiderung auf das Schreiben vom 9. v. Mts.
Wir sind nach dem gegenwärtigen Stande der Denk-
mals-Angelegenheit nicht in der Lage, uns auf Ihre Ab-
änderungsvorschläge äußern oder selbst Vorschläge machen
zu können. Nach den neuerlichen Verhandlungen erscheint
die Errichtung des Denkmals weit in die Ferne gerückt,
und müssen wir Ihnen deshalb zu unserem Bedauern
anheimgeben, über den eingereichten Entwurf nach Be-
lieben zu verfügen.
Der engere Ausschuß
für die Errichtung eines Denkmals Kaiser Wilhelms des
Großen in der Kreisstadt Neustadt O.-S.
I. v.
Unterzeichnet war dasselbe von einem uns ganz
unbekannten Herrn, wie wir später erst erfuhren,
dem zweiten Bürgermeister, der sich, während der
Oberbürgermeister nach längerer Arankheit im Bade
weilte, ohne weiteren Grund und ohne jemanden
zu fragen, diesen Geniestreich erlaubt Hatte. In
welche Aategorie von Menschen mag wohl dieser
Beamte die Aünstler gesteckt haben? So kleine Ge-
werbetreibende von der Straße vielleicht! Diesen
Brief hätten wir sofort beantwortet, wie sich's ge-
bührt, wenn wir nicht inzwischen erfahren hätten,
daß der Oberbürgermeister Lngel verreist war, und
wir nur ihn um Rat fragen wollten, da er für
uns die einzig maßgebende Persönlichkeit, uns außer-
dem sehr gewogen, und stets mit allen Mitteln für
uns eingetreten war. Zweitens brach gerade in jener