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Die Werkstatt der Kunst: Organ für d. Interessen d. bildenden Künstler — 6.1906/​1907

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Deiters, Heinrich: Zum 50jährigen Jubiläum der Allgemeinen Deutschen Kunstgenossenschaft
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Künstler und Kunstindustrie / Aus unserem Beschwerdebuch / Ein Preisauschreiben / Vom Deutschen Museum / Eröffnete Ausstellungen / Laufende Preisauschreiben / Erledigte Preisausschreiben / Denkmäler / Architektur / Staatsaufträge etc. / Aus Akademien und Kunstschulen / Auszeichnungen und Medaillen / Personal Nachrichten / Todesfälle / Aus Künstler- und Kunstvereinen / Auktionen / Vermischtes / Literatur / Werbung
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https://doi.org/10.11588/diglit.52068#0027
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Heft 2.

Die Werkstatt der Kunst.

größere Schwierigkeiten, welche oft erst auf den Aus-
stellungsfeldern zutage traten, mit Takt und Sicher-
heit zu überwinden.
Doch reichten die Mittel der Kunstgenossenschaft
nicht aus, um die Vertretung der deutschen Kunst
im Auslande aus eigenen Mitteln dauernd möglich
zu machen. Daher wandte sich dieselbe in einer
ausführlichen Darlegung an den Reichskanzler, um
eine Hilfe durch einen jährlichen Zuschuß des Reiches
zu erlangen. Die erbetene Hilfe wurde in der Höhe
von 20000 Mk. für das Jahr in der weise be-
willigt, daß darüber nach Bedarf verfügt werden
sollte. Die Subvention hat sich als ausreichend her-
ausgestellt, wenn nicht unter Ernennung von Reichs-
kommissarien auf den repräsentativen Tharakter ein
solcher Wert gelegt wurde, daß die Bauten und
dekorativen Ausstattungen so große Kosten verursach-
ten, daß sie in gar keinem Verhältnis zu den Er-
folgen der Künstler standen.
Inzwischen aberwuchsen die lokalen Ansprüche
auf selbständige, von der Kunstgenossenschaft unab-
hängige Veranstaltungen internationaler und natio-
naler Ausstellungen. Um diesen eine Anziehungs-
kraft zu geben, wurde die Beteiligung des Auslandes
herbeigeführt, welche, stets wachsend, die wirtschaft-
lichen Interessen der deutschen Künstler schädigen
mußte. Dabei rief die Verquickung rein lokaler Inter-
essen mit denen der Gesamtheit im Reiche Zersplitte-
rungen hervor, welche die Kunstgenossenschaft schwäch-
ten. Sie raubten derselben nicht nur eine der wich-
tigsten Aufgaben, zu der die Gesamtheit allein be-
rufen war, nämlich die Veranstaltung der nationalen
Ausstellungen, sondern auch den Einstuß auf billige,
gerechte und objektive Bestiminungen über die Zu-
lassung der Künstler. Lokale und persönliche Ein-
flüsse überwogen, und der Grundgedanke der Ge-
meinsamkeit der deutschen Künstler ging bis zu dem
Grade verloren, daß bei Gelegenheit der Weltaus-
stellung in St. Louis die partikularistische Strömung
vollends das Uebergewicht zu erhalten schien. Der
Ernst der Lage wurde indessen erkannt. Die deutsche
Kunstgenossenschaft wurde sich der eisernen Not-
wendigkeit des Zusammenhaltens wieder bewußt.
Die Leitung der deutschen Knnstabteilung blieb ihr
erhalten, und sie bot, nachher wie vorher, allen
deutschen Künstlern unter Aufrechterhaltung ihrer
Satzungen Gelegenheit, an dem Wettbewerbe teil-
zunehmen. Sie hat ihre Aufgabe unter dem Schutze
und der Anerkennung der Reichsregierung glänzend
und zum Ruhme der deutschen Kunst gelöst. Aber
sie bemühte sich auch, den bei dieser Gelegenheit
hervortretenden wünschen und Meinungen bezüg-
lich ihrer inneren Einrichtungen und Satzungen ge-
recht zu werden. In einer durch drei Jahre gehen-
den Reihe von Versammlungen und Beratungen der
Delegierten der Lokalvereine wurde gesucht, den neu-
zeitlichen Anschauungen entgegenzukommen und die
weitestgehenden Konzessionen zu machen. Ob diese
neuen Satzungen besser sind als die alten und be-


währten, kann erst die Zeit lehren. Unversöhnlichen
Elementen, welche ihre eigenen Wege gehen wollen,
werden auch die gemachten Konzessionen nicht ge-
nügen. Soviel ist sicher: die Allgemeine Deutsche
Kunstgenossenschaft bietet durch ihre Organisation
den deutschen Künstlern eine volle Interessenver-
tretung dem Reiche gegenüber. Die Bedeutung einer
solchen hängt allerdings von dem Eifer und der Be-
fähigung der leitenden Personen ab. Durch die
Deutsche Kunstgenossenschaft wird der deutschen Kunst
Gelegenheit gegeben, in ihrer Gesamtheit unter dem
nationalen Banner in den Weltwettbewerb einzu-
treten und mitzuwirken, wenn es sich darum handelt,
die Ehre unseres Vaterlandes dem Auslande gegen-
über hochzuhalten. Daß einzelne Künstlergruppen,
wie sie ja in Menge vorhanden sind, ihre wirtschaft-
lichen Interessen vielleicht besser vertreten, soll un-
bestritten und ihnen nicht benommen sein. Die All-
gemeine Deutsche Kunstgenossenschaft als nationale
Vereinigung erblickt aber in den Künstlern nicht
nur einen produktiven Stand, sondern auch die Mit-
träger der ethischen Bildung der Nation, und als
solchen fordert sie vor: ihnen die Einigkeit und die
Heilighaltung des Gedankens an das gemeinsame
Vaterland.
Künstler unä Kunstmclustrre.
Der bekannte Protest gegen die Ziele der Dritten
deutschen Kunstgewerbeausstellung, nämlich dieKün st-
ier als die Führer des modernen Kunstgewerbes in
den ihnen mit allen Rechten gebührenden Vorder-
grund zu stellen und die Kunstindustrie erst an zweiter
Stelle marschieren zu lassen, über welchen wir in
Heft ^3 des vorigen Jahrgangs ausführlich berich-
teten, hat nun auch auf dem in diesen Tagen in
Dresden abgehaltenen Abgeordnetentage des Ver-
bandes deutscher Kunstgewerbevereine einen Wider-
hall gefunden, und zwar ein entschiedenes Ein-
treten für die Rechte der Künstler. Direktor
Vr. Jessen-Berlin behandelte den Gegenstand, in-
dem er davon ausging, daß es sich bei dem Kunst-
gewerbe um ein überaus kompliziertes Gebiet der
modernen Arbeit handle. Solle es gedeihen, so
müssen viele Kräfte Zusammenwirken: der freie Flug
der künstlerischen Phantasie mit der technischen Werk-
arbeit, die Geduld des bedächtigen Handwerkers
und der Wagemut des Industriellen, stilles Bedenken
und kaufmännischer Weitblick. Diese Kräfte vereinten
sich selten in einer Person, und ihre Kombination
sei nur möglich durch Einsicht, guten Willen und
Selbstverleugnung. Die kunstgeschichliche Entwicklung
zeige, daß neue Wege für das Kunstgewerbe durch
niemand anderen gezeigt werden, als durch die schöpfe-
rischen Künstler. Er legte das überzeugend dar an
allen Perioden der Kunstentwicklung von Giotto
und Giovanni Pisano bis auf Ferdinand v. Miller,
Morris, Kayser und v. Großheim u. s. w. Es sei
ganz selbstverständlich, daß auch jetzt wiederum seit
 
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