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Die Werkstatt der Kunst: Organ für d. Interessen d. bildenden Künstler — 7.1907/​1908

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Seliger, Max: Das deutsche Farbenbuch
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https://doi.org/10.11588/diglit.52070#0093
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keäaklem: L)eUwag. VII. Jabrg. s tzekt 18. vov. 190/.


In cliessrn L!eUe unserer LeUscdrifs erteilen tvir jeciern Künstler clas freie Mort. Mir sorgen äsfür, clag keinerlei
Angriffe aus Personen ocier Genossens^ssten Lbgeclruckt werclsn, okns clai; vorder äer Angegriffene clis Möglicdkeit gsdabt
dätts, in clsrnselben tzefts ?u ertviclern. Oie kleüsktion kält siU» vollltänclig unparteiisch» uncl gibt clurck äen Abclruck keinestvegs
-.. - eine Nebersinstirnrnung rnit clsn auf Mess Meise vorgetrsgenen Meinungen ;u erkennen. -- --

Vas cteutleke ^arbenbuck.^)
von Max Seliger-Leipzig.

Warum hört man nichts von der Künstlerschaft
über die, nach Erledigung des Kunstschutzgesetzes, für
die Kunst wieder sehr wichtigen Verhandlungen über
„das deutsche Farbenbuch"? Die Gesellschaft
zur Förderung rationeller Walverfahren
führt seit Jahren und jetzt wieder besonders eifrig
mit bewundernswürdiger Zähigkeit einen Kampf
gegen Bestrebungen, die das Dunkel lieben und die
immer noch verhindern, daß wir zur Klarheit über
die Waltechnik kommen können. Fast hat man den
Eindruck, als sei die Wehrheit der Künstler gleich-
gültig, wie und womit sie uralt, wenn nur einige
Zahre während der Ausstellungsrundreise die Farben
farbig bleiben und die Technik hält. Warum
werden diese Dinge, die doch ebenso wichtig sind
als ästhetische Richtungen und geschäftliche Gruppie-
rungen in den Vereinen nicht ordnungsgemäß be-
raten und Forderungen aufgestellt? Warum kommen
die Künstlervereine in corpore nicht den lobens-
werten Bestrebungen in diesem für die Kunst doch
nicht gleichgiltigen Kampfe zu Hilfe?
Was würden die Künstler sagen, wenn von
außenstehender Beite, von Bilderkäufern Forderungen
kämen? Wenn man sie verpflichten wollte, daß sie
für mehrere Jahre eine Garantie der Haltbarkeit
und wesentlichen lllnveränderlichkeit (gegen Reißen,
Nachdunkeln usw.) ihrer Bilder geben? wenn
Galerien und Privatkäufer im Falle erheblicher
Veränderungen die Zurücknahme des Bildes oder die
Zurückzahlung eines Teiles des Kaufpreises oder die
Zurückhaltung eines Teiles der Kaufsumme bis zu
einer Frist verlangen würden? Dann würde mit
einem Schlage Znteresse für „rationelle" Waltechnik
und die Waterialien da sein.
Die Außenstehenden müssen den Eindruck ge-
winnen, daß die Künstler hinter allen anderen Be-
rufsständen, die heute lebhaft und geschlossen für
ihre Zntercssen kämpfen, zurück sind. Auch jüngst
bei dem Kunstschutzgesetz haben nur wenige Künstler
gezeigt, daß sie Verständnis für die in ihre Rechte
und Geschäfte einschneidenden Fragen haben. Wenn
es zu spät ist, schimpft der einzelne und sein Verein
wacker und hat dann das erhebende Bewußtsein,
seine Pflicht getan zu haben; aber wenn feindliche
Parteien gegen uns am Werke sind, sind wir nicht

geschlossen da und überlassen den Gegnern ohne
Kampf den Preis. Der einzelne denkt vielleicht,
ihm gelte es nicht, mögen doch die anderen handeln!
Die Organisationen versagen auch wohl gar, weil die
vertretenden Vorstandsmitglieder vielleicht persönlich
gleichgiltig sind. Bo scheint es mir auch jetzt zu sein.
wo bleiben die Künstleroereine in der Frage
des deutschen Farbenbuches? Behen die Künstler
ntchi, daß es um mehr geht als um Namen? Es
geht auch um die Güte und Echtheit der
Stoffe und deren Erkennbarkeit, um die
Wahrheit der Namengebung, um Nichtver-
schleierung der Namengebung, um den Sinn der
Bezeichnungspflicht! Zn der öffentlichen Sitzung
der Kommission zur Bekämpfung von Miß-
ständen in der Herstellung, im Handel und
in der Verarbeitung der Farben und Wal-
materialien am 2. September (90? in Hannover
sagte der Rechtsanwalt Or. Kahn-München: Das
deutsche Farbenbuch kodifiziere die Ver-
kehrssitte. „Das deutsche Farbenbuch soll eine
Sammlung von Begriffsbestimmungen und Handels-
gebräuchen der Farben- und Walmittelbranche sein;
es sollen insbesondere in dieser Sammlung die
Bedingungen niedergelegt werden, unter denen nach
Ansicht der beteiligten Industrie-, Handels- und
Konsumentenkreise in Uebereinstimmung mit den
Vertretern der Wissenschaft und Technik Färben-
und Walmittel als handelsüblich und un-
verfälscht angesehen werden und anzusehen
sind. Wit dieser Zweckbestimmung des Farben-
buches ist aber auch zugleich die Legitimation des
Zuristen zur Mitarbeit an diesem bedeutsamen
Werke, das für die beteiligten Kreise von
einschneidender Wichtigkeit sein wird, ge-
geben." Die Künstler hätten auch besonders, nicht
nur unter Konsumentenkreisen, genannt werden
können. Sie sind an der (Qualität der Farbstoffe,
die die Künstlerfarben-Hersteller oder sie selbst zur
Selbstverwertung brauchen, indirekt und direkt be-
teiligt, außerdem sehr stark beim Zusammenarbeiten
mit anderen Parteien im Kunstgewerbe und Kunst-
industrie. Weiter sagt Or. Kahn: „Wenn die
Kommission, die zur Abfassung des Farben-
buches Zusammentritt, Verkehrssitten fest-

;) Herr Ernst Berger, der Redakteur unserer Beilage, den „Münchner kunsttechnischen Blättern", teilt uns mit. daß auch in seinen Blättern
in der nächsten Nummer ein bezüglicher Artikel erscheinen werde.
 
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