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Die Werkstatt der Kunst: Organ für d. Interessen d. bildenden Künstler — 7.1907/​1908

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Seliger, Max: Das deutsche Farbenbuch
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Hellwag, Fritz: Die Stuttgarter Gemälde-Galerie, 2
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https://doi.org/10.11588/diglit.52070#0094

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Die Werkstatt der Kunst.

Heft 7.

stellt, dann ist mit Bestimmtheit zu prophe-
zeien, daß alle Gerichte bei ihren Ent-
scheidungen die im Farbenbuch festgestellten
verkeh rssittcn zu Grunde legen werden.
Wie das Nahrungsmittelbuch bei all der: zahlreichen
gerichtlichen Entscheidungen dieser Branche eine ent-
scheidende Nolle gespielt hat und spielt, so wird das
Farbenbuch eine entscheidende Autorität zugesprochen
erhalten. Die Verkehrssitte gilt für alle Kreise, die
an ihr beteiligt sind." Und weiter: „Und diese
Sitte ist — wie nicht nachdrücklich genug be-
tont werden kann — für alle Beteiligten
verbindlich, einerlei ob sie den Beteiligten
bekannt ist oder nicht."
Vie Stuttgarter Gemälcle-Galerie. II.
Von Fritz Hellwag.
Nur die Schärfe des in der vorigen Nummer
abgedruckten Protestes des Stuttgarter Künstl er-
blind es hat uns überhaupt erst veranlaßt, die
Stellung der Künstler zu Herrn Professor Or. Diez,
oder besser umgekehrt, die Stellung, die Or. Diez
den Künstlern gegenüber einzunehmen verstanden hat,
zu beleuchten.
Für uns wäre es vollkommen genügend ge-
wesen, die Befähigung des Herrn Or. Diez für die
Leitung der Galerie für sich allein zu untersuchen.
Erst die erzwungene Verquickung der beiden, eigent-
lich nicht zusammen gehörenden Punkte brachte die
Gefahr mit sich, die „Werkstatt der Kunst" in einen
scheinbaren Gegensatz zum Künstlerbund zu stellen,
der ganz und gar nicht beabsichtigt war. Wir sehen
zu unserem lebhaften Bedauern, daß unsere Absichten
vom „Künstlerbund" und damit wohl auch von der
„Akademie" falsch beurteilt werden. Obwohl un-
zählige Stellen in unserer Zeitschrift es beweisen
und eine bezügliche Erklärung den meisten Lesern
hoffentlich unnötig vorkommen wird, sei dem „Künstler-
bund" gegenüber nachdrücklich betont, daß die „Werk-
statt der Kunst" den maßgebenden Einfluß der
Künstler in ästhetischen und künstlerischer:
Dingen, in öffentlichen Körperschaften usw.
stets verlangt hat und immer mit Nachdruck ver-
langen wird. Dafür in der Hauptsache ist unser
Blatt sa gegründet worden, und ein gegenteiliger
Standpunkt käme dem Selbstmord gleich.
Anders steht die Sache mit einer Galerie,
denn hier muß sich — nicht künstlerisches!! — wohl
aber das Interesse der Künstler dem allgemeinen
unterordnen. Wenn die „Werkstatt der Kunst"
diesen Standpunkt nicht einnähme, so würde sie das
(mit Recht einseitige) Empfinden der Künstler zu
Fehlern verleiten und ihnen im Ansehen in der
Oeffentlichkeit schaden. Niemand darf deshalb be-
haupten, die „Werkstatt der Kunst" verträte damit
nicht die wahren und dauernden Interessen der
Künstler; das Gegenteil ist wahr. Ganz absurd ist
die willkürliche Annahme, wir hätten den „Künstler-
bund" beschuldigt, die Interessen der Galerie den

eigenen (in gewinnsüchtiger Absicht) untergeordnet zu
haben oder es zu wollen. Uns kam es lediglich
darauf an, zu zeigen, daß vr. Diez in den Künstlern
Hoffnungen — angeblich berechtigte Hoffnungen —
erweckt habe, die in einer Veränderung des Pro-
grammes der Galerieleitung gipfelten. Kann man
uns beweisen, daß wir hierin geirrt haben (ein
anderer Irrtum kann logischerweise überhaupt nicht
in Frage kommen), so wollen wir uns gern zu dem
Fehler bekennen.
Herr Or. Diez beabsichtigt in der Tat,
die Broschüre „Die Aufgaben der Stuttgarter Ge-
mälde-Galerie" von Or. Heyfelder, Privatdozent der
Aesthetik an der Universität Tübingen (die nach
unserer Auffassung streng wissenschaftlichen Tharakter
hat und auf die wir uns hauptsächlich stützten), als
tendenziös entstellt zu kennzeichnen.
Nach Schluß der vorigen Nummer sandte uns
Herr Or. Diez folgendes Telegramm:
„Mir von Heyfelder zugeschriebene Aeußerungen
über Aufgabe der Galerie (soll heißen: alter Kunst — Red.)
vollständig unwahr oder entstellt. Habe mit einer
Ausnahme in Kommission für alle alten Bilder gestimmt.
Diez."
Ferner sandte Professor Or. Diez uns folgende
Erklärung:
wenn ich bisher den in der Broschüre des Vr. Hey-
selderin Tübingen enthaltenen unwahren Behauptungen
über mich das Stillschweigen der Verachtung entgegengesetzt
habe, so geschah es, weil ich es nicht für möglich hielt, daß
jemand einem in solchem Grade unselbständige und ober-
flächliche, falsche Angaben kritiklos nachschreibenden Mach-
werk die geringste Bedeutung beilegen werde, was sollte
ich mich mit einem Manne Herumstreiten, der mir die ge-
radezu unsinnige Ansicht zuschreibt, eine Galerie, vollends
eine Staatsgalerie, solle grundsätzlich keine alten Bilder
kaufen! Nachdem aber die Behauptungen Heyfelders in
der vorigen Nummer des Blattes auch den Redakteur des-
selben veranlaßt haben, Stellung gegen mich zu nehmen,
sehe ich mich genötigt, folgendes zu erklären:
1. Es ist unwahr, daß ich irgendwo oder irgend-
wann gefordert habe, die Stuttgarter Galerie solle in Zu-
kunft keine alten Bilder mehr kaufen, was ich erklärt
habe (Jahrbuch der bildenden Kunst, tyocho?, S. ;8), ist
nur, daß ich es bedauern würde, wenn der Galerieverein
in Stuttgart darauf ausgehen würde, die Kirchen, Kapellen
und Rathäuser unseres Landes in vandalischer weise ihres
letzten künstlerischen Schmuckes zu berauben, diese Zeugen
des Zusammenhanges der Kunst mit dem Volke ihrer
natürlichen Umgebung zu entreißen und sie magazinartig
an einem Mrte aufzuhäusen, an dein sie keinen intimen
Genuß mehr gewähren können. Ich wünschte, daß der
Galerieverein da eintrete, wo die Galerie wirklich Hilfe
braucht, nämlich in der Anschaffung seiner Bilder von an-
erkannten Meistern, deren Preis die Mittel unserer Galerie
übersteigt. Aus diesen Sätzen macht ein Mann der Wissen-
schaft die Forderung „grundsätzlich keine alten Bilder
mehr anzuschaffen", oder, wie Hellwag in der letzten Nummer
dieses Blattes gesagt hat, die „einer absoluten Ausschließung
der alten Kunst von der Galerie", oder gar die Forderung,
„die alte Kunst aus unserem Leben auszuschalten"!
2. Es ist unwahr, daß ich vorgeschlagen habe oder
fordere, daß die Galerie alle Mittel „nur für Ankäufe aus
der heutigen, ja aus der jüngsten, von mir zu entdeckenden
Künstlergeneration verwenden solle". Ich habe an dem
angeführten Grtc meines Jahresberichtes über die Stutt-
garter Kunst überhaupt nichts vorgeschlagen noch
gefordert, sondern nnr einen tatsächlichen Zustand be-
 
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