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Die Werkstatt der Kunst: Organ für d. Interessen d. bildenden Künstler — 7.1907/​1908

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D.W.D.K.: Der Wettbewerb um ein Plakat für die Gewerbehalle in Köln am Rhein
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Die Werkstatt der Kunst

keäakleur: ^ritz tzellwag.

Vll.^sakrg. k)ekt 42. H August 1908,

3n antei-ern „SpvecktLLU' wii-ct clen Künstlern clas freie Mort erteilt. Oie kieäsktion sorgt aber cisfür. ctaü keinerlei
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Oer Wettbewerb um em Plakat kür
Köln a. Rh- Für die „Gewerbehalle" der Stadt
Köln hat die „Gewerbe-Förderungs-Anstalt für die Rhein-
provinz zu Köln", Ubierring HO — seltsamerweise nicht
selbst, sondern durch den „Gewerbeverein für Köln und
Umgegend" — ein Plakat-Preisausschreiben erlassen, das in
den hauptsächlichsten Bedingungen so sehr gegen die Grund-
sätze der Künstlerschaft sündigt, daß wir nicht nachdrück-
lich genug gegen das von einer amtlichen Anstalt ge-
übte Aus beutungs verfahr en protestieren können. Die
(Organisation der „Gewerbeförderungs-Anstalt" ist folgende:
Sie wird unterhalten aus den Mitteln des Staates, der Provinz,
der Stadt Köln und mehrerer rheinischer Handwerkskammern.
Die Stadt Köln ist Trägerin der Anstalt, die in einem
viele hunderttausend Mark kostenden Neubau komfortabel
untergebracht ist. Der Direktor bezieht neben seinen son-
stigen Einkünften ein beträchtliches Gehalt aus ihr. Das
Kuratorium besteht aus dem Dberpräsidenten der Rhein-
provinz, dem Oberbürgermeister, einem Beigeordneten der
Stadt Köln und (6 Mitgliedern. Wäre es anständig
gewesen, wenn eine solche wohlgepflegte und mit Mitteln
reichlich versehene Anstalt die Künstler angebettelt
hätte? Nein, deshalb verschanzte sie sich hinter einen
„Verein mit knapper: Mitteln". Also mußte der
„Gewerbeverein für Köln und Umgegend" die Veranstaltung
des Preisausschreibens für das Plakat übernehmen. Drei
Preise von insgesamt (!) 200 Mk. wurden ausgeschrieben,
ein Preisgericht aufgestellt, in dem sich wohl ein Laternen-
fabrikant und ein Maschinentheoretiker und eine Reihe,
mehr oder weniger geheimer, königlicher Räte — aber
kein einziger Maler befindet! Die Anforderungen
waren nicht gering: Die Entwürfe waren in der Größe
von 80 : 53 cm in drei Farben verlangt, dazu eine deut-
liche und gut leserliche Inschrift vor: — 756 Buchstaben!!
Das ist kein Scherz, denn es wird nicht etwa gesagt: so
und so viel Schristsatz wird in die Plakate eingedruckt.
Nein, von den Künstlern, den Bewerbern, wird eine
deutliche und gut leserliche Inschrift von 7 5 6 Buch -
staben verlangt. — Der rührende Appell an die Mild-
tätigkeit der Künstler lautet folgendermaßen: „Die Preise
konnten mit Rücksicht auf die knappen Mittel des Vereins"
— der bekanntlich als Strohmann für eine von vielen
Seiten reich dotierte amtliche Anstalt dienen muß — „nicht
höher bemessen werden. Gleichwohl erhoffen wir von den
Kölner Künstlern, daß sie in Wertschätzung (I) der Gewerbe-
förderungsanstalt dennoch ihre Kunst in den Dienst dieser
jungen Anstalt stellen." So? Da möchten wir uns erlauben,
den preußischen Finanzminister darauf aufmerksam zu
machen, daß alle an diesem fchönen Preisausschreiben be-
teiligten perren Dberpräsidenten, Geheimen Regierungs-
räte, königlichen Räte und Direktoren zweifellos sofort
bereit sein werden, „in Wertschätzung des preußischen
Staates" sich künftig für Diurnisten-Änfangsgehälter in
feiner: Dienst zu stellen. Das „erhoffen" die Kölner Künstler
von ihnen! — Nun gut. Das sind „Praktiken", die wir
wohl als schäbig bezeichnen dürfen. In der weiteren Be-
urteilung der Angelegenheit fehlen uns aber wirklich die
rechten Bezeichnungen. Das Preisausschreiben hat
nämlich zwei doppelte Boden! ;. In den öffent-

ctie GevoerbekaUe m Köln am Kkem.
lichen Zeitungsinseraten sind die drei Preise (deren
schwindelnde pöhe bekanntlich insgesamt 200 Mk. beträgt)
bedingungslos ausgelobt worden, müssen also nach
B.G.B. tztz 657—66( auf jeden Fall zur Auszahlung ge-
langen. Erbittet nun aber ein Künstler die näheren Be-
dingungen, so erhält er auf direkten: Wege ein Formular,
in dem sich ganz am Schluß, also leicht zu übersehen, die
Bemerkung befindet: „Die Preisrichter haben das
Recht,gegebenen falls vonderver teilungeinzelner
oder aller Preise Ab st and zu ne hin en." Der Verein
glaubt also, privatim mit den Künstlern, die ihm in die
Falle gehen, stillschweigend einen neuen Vertrag ab-
schließen zu dürfen, der die Bedingungen wieder aufhebt,
die er öffentlich ausgelobt hatte? Der Verein verdient,
daß ihm ein Jurist ein wenig auf die Finger klopft. —
2. Den Künstlern, an deren Wohltätigkeit man so rührend
appellierte, wird verschwiegen, daß dasselbe Preisaus-
schreiben für das Plakat der Gewerbehalle auch unter
den Schülern der Kunstgewerbeschule der Stadt
Köln erlassen wurde, und zwar mit zwei Preisen von —
insgesamt 30 Mk., die, hier ohne doppelten Boden, am
„schwarzen Brett" der Schule ausgelobt wurden. Man
wird sagen, das seien zwei Parallelausschreiben, die in
keinen Zusammenhang gebracht werden dürften. G ja,
es ist mindestens die sehr bequeme Möglichkeit gegeben, sie
in sogar sehr enge Beziehungen zu bringen. Die
Möglichkeit liegt in der folgenden Bestimmung, die übrigens
in den öffentlichen Bekannt machungen auch fehlt:
„Nach Ausstellung der eingegangenen Arbeiten in der
Gewerbehalle findet daselbst die Preisverkündung Ende
Juli statt." Man bemerke: nach der Ausstellung. Keiner
der Teilnehmer hat die Möglichkeit, seinen Entwurf noch
mit dem des Preisträgers zu vergleichen; dagegen hat jeder
Kunstgewerbeschüler die Gelegenheit, die Arbeiten der
Künstlerkonkurrenz seinem präparierten Schulgedächtnis
recht eindringlich einzuprägen. Die große Gefahr liegt
also darin, daß der Gewerbeverein, der entweder zu viel
oder zu wenig davon versteht, wie man mit Künstlern
umzugehen pflegt, das Preisausschreiben unter den Künst-
lern ergebnislos verlaufen läßt und einen Entwurf eines
Kunstgewerbeschülers mit dem „ersten Preise von 20 Mk."
prämiiert, wobei er ja auch noch um (30 Mk. billiger ab-
schneidet; ferner, daß ein Kunstgewerbeschüler, nämlich der
Preisträger, bei der späteren Ausführung Verbesserungen
anbringt, die er den ausgestellt gewesenen Künstlerentwürfen
abgeguckt hat und die von der Allgemeinheit der Künstler,
weil sie den Entwurf als preisgekrönten nicht mehr vor sich
sahen, auch nicht kontrolliert werden können. — Wir wollen
weder annehmen, daß der „Verein mit den knappen Mitteln",
als Vertreter einer reichen staatlichen Anstalt, in seiner
„Sparsamkeit" so weit zu gehen beabsichtigt, noch daß er
sich der Tragweite seiner „weiteren" Bedingungen bewußt
war. Aber wir müssen es zurückweisen, daß man den
Künstlern überhaupt derartige Bedingungen zu bieten
wagt und „gleichwohl von ihnen erhofft", daß sie ihre
Arbeit „in Wertschätzung" geriebener Geschäftsleute beinahe
umsonst hergeben.
O. VV. O. X.
 
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