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Die Werkstatt der Kunst: Organ für d. Interessen d. bildenden Künstler — 7.1907/​1908

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Aus dem Reichstage
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D.W.D.K.: Die Universitäts-Aula in Kiel, [2]
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Seesselberg, Friedrich: Der Werdandi-Bund in Berlin
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https://doi.org/10.11588/diglit.52070#0346

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3H2

Die Werkstatt der Kunst.

Heft 25.

machten, — nun weiß ich, was Sie damit meinen. Ich
sage auch wie Sie, daß die künstlerischen Schöpfungen
aus der Seele geboren werden sollen und nicht so
aussehen dürfen, als ob eine exerzierende Kompagnie von
dem Schicksal von Lots Weib erreicht wird.
(Heiterkeit.)
Meine Herren, in diesem Jahre werden 75 000 Mark
frei, die bis jetzt noch für die Hohkönigsburg gezahlt
werden. Man versetze sie in die allgemeinen Fonds und
schreibe in das Depositiv des Etats: „Für Künstler-
pensionen 7 5 000 Mark", — und die Kulturwelt wird
einhellig rufen: „plunckite Lmicn". Aus diesem Fonds
gebe man einen Ehrensold an Musiker, Bildhauer,
Male r.
Man vergesse unsere Lebenden nicht! Ich bin
nicht so bitter wie diejenigen, welche im Zufall Absicht
sehen, daß nämlich auf einem berühmten Monument eines
großen Königs in einer berühmten Stadt des Deutschen
Reiches die Dichter, die Schriftsteller, die ganze Wissenschaft
und Kunst, überhaupt die führenden Geister des beginnen-
den Rinascimento deutscher Geisteskultur des t8. Jahr-
hunderts, ihren Platz unter dein Pferde an der Stelle
gefunden haben, wo dieses Tier, um aufdeutsch-philosophisch
sich auszudrücken, „die nnassimilierbaren Substanzen vegetabi-
lischer Nahrung in den Schoß tellurischen Allseins emaniert."
. . . Polizei und Gesetze können bei der Förderung
der Kunst nichts helfen, denn das sind Geister, die
stets verneinen. Helfen kann hier nur werktätiges
Eingreifen!
Wir müssen die Hilfe des Reichs anrufen, weil
uns leider die Larnegie, Nobel, und wie sie alle heißen,
fehlen. Ich habe geglaubt, diese Dinge auch einmal im
Reichstage zur Sprache bringen zu sollen, weil von hier
aus die Stimme gar weit dringt. Und auch die Stillen
im Lande müssen erweckt werden. Das Bestreben, der
geistigen Kultnr zu nützen, und das brennende
Gefühl, die ästhetische Kultur zu heben, muß in
uns, den Abgeordneten des deutschen Volkes,
allen leben. Denn nicht umsonst ist uns die große Auf-
gabe gestellt. Vor hundert Jahren, zur Zeit des Luneviller
Friedens, als das alte Reich zu Grabe ging, schrieb Schiller
von seiner Nation — und das gilt uns allen auch im
neuen Reiche —, vom Deutschen:
Ihm ist das Höchste bestimmt. Und so wie er in
der Mitte von Europas Völkern sich befindet, so ist er
Kern der Menschheit. Er ist erwählt von dem Zeitgeist
während des Zeitkampfes, an dem ewigen Bau der
Menschheitbildung zn arbeiten. Daher hat er bisher
Fremdes sich angeeignet und es in sich bewahrt. Alles,
was Schätzbares bei anderen Zeiten und Völkern auf-
kam, hat er aufbewahrt, es ist ihm unverloren, die Schätze
von Jahrhunderten.
Und nun lassen Sie mich zum Schluß noch die Worte
anführen, die er bei derselben Gelegenheit sagt:
Jedes Volk hat seinen Tag der Geschichte,
doch der Tag des Deutschen ist die Ernte der
ganzen Zeit.
(Lebhaftes, allseitiges Bravo.)
Oie OniverNtäts-Aula in Kiel.
(vergl. Nr. 22 und 2H.)
Der „Verein Berliner Künstler" hat auf Antrag
des Malers Schlichting eine Eingabe an den Kultus-
minister gemacht und ihn gebeten, dafür Sorge zu tragen,
daß sich künftig Mitglieder der Landeskunstkommission nicht
mehr an den von ihr selbst zu jurierenden Wettbewerben
beteiligen. — Die Landeski:i:stkomin:ssion besteht nach
dein Berliner Adreßbuch zurzeit unter dem Vorsitz des Grafen
v. Dönhoff aus den Künstlern Dettmann, W. Friedrich, Geb-
hardt, L. Hildebrandt, (Janssen fi), A. Kampf, H. Kayser,
Kolitz, Koepping, Koerner, Marco, Manzcl, Roeber, Schaper,

Schwechten, Max Unger, A. v. Werner; ferner aus Vr. W.
Bode und Vr. v. Tschudi. Unseres Wissens ist Prof. Hans
Looschen jetzt auch Mitglied der Kommission; ob für den
verstorbenen Akademiedirektor Ianssen-Düsseldorf schon ein
Ersatzmann gewählt wurde, ist uns nicht bekannt geworden.
— Nach unseren Informationen ist die Stimmabgabe aller
Mitglieder bisher nicht obligatorisch gewesen; wer nicht
kommen konnte, fehlte einfach, ohne einen Ersatzmann zu
stellen. So erscheint es uns durchaus glaubhaft, daß die
übrigen Mitglieder der Kommission die Herren Dettmann
und Koepping für Fehlende und nicht für Mitbewerber ge-
halten und ihren Spruch ganz unbeeinflußt abgegeben haben.
Jedenfalls aber müßte die Landeskunstkommission, die
eine unbedingte Anerkennung des Taktgefühles ihrer Mit-
glieder fordert, selbst den Wettbewerbsteilnehmern gegenüber
soviel Takt beweisen, daß sie ihnen nicht die übliche Ge-
legenheit, ihre Entwürfe öffentlich auszustellen, abschneidet.
Wir Halter: die Veranstaltung der privaten Ausstellung
unbedingt erforderlich für das. Ansehen der Künstler-
schaft. Wir haben wieder mehrere Anmeldungen für
die Ausstellung, die nun bald stattfinden kann, erhalten.
V. W. O. K.
Oer MsrÄanäl-Vuriä m Oerlm.
Wir empfingen vom Vorsitzenden des „IVerdandi-
Bundes", Herrn Prof. Or. Friedr. Seeßelberg, nach-
stehendes Schreiben:
Sehr geehrter Herr!
In der Angelegenheit der „Berichtigungen", welche
Sie in Nr. 20 Ihrer Zeitschrift von Herrn Prof. Lieber-
mann und Herrn Prof. Slevogt zu meiner Richtigstellung
Ihrer Behauptung, als habe ich Herrn Prof. Liebermann
„in mündlicher Ueberredung" zum Eintritt in den Ehren-
beirat des Werdandi-Bundes zn gewinnen gesucht, abge-
druckt haben, bemerke ich folgendes:
Ich habe keineswegs (wie Sie anzunehmen schienen)
vorzugsweise Mitglieder der Berliner Secession umworben,
sondern ich bin, ganz unabhängig von Secession
und Nichtsecession, nach Verabredung mit dem Ehrenrat
und dem Vorstande des Werdandi-Bundes ohne kleinliche
Erwägungen (meistens besuchsweise) an bedeutende Künstler
ganz Deutschlands herangetreten, die sich nun in Mün-
chen, Dresden, Karlsruhe, Worpswede, Bremen, Berlin usw.
ganz gleichmäßig der Idee und dem Bunde anschlossen.
Auch unsere erste Ausstellung bewies das. Ich habe dabei
niemanden nach seiner Zugehörigkeit zu anderen Verbänden,
noch weniger nach seinem Taufschein, sondern lediglich nach
seinen: künstlerischen Bekenntnis gefragt. Ls versteht sich
nnn freilich von selbst, daß ich nach meinen eigenen Aus-
führungen in meinem Buche „Volk und Kunst" (S. l85ff.)
den Führer der Berliner Secession nicht zum Beitritt
auffordern konnte. Aber wozu eine persönliche Spannung?
wir wollen doch eine Differenz in der Sache nicht auf die
Person übertragen. Ich habe daher auch Herrn Lieber-
mann ausgesucht und ihn:, da ich ihn nicht antraf, die Be-
gründung des Werdandi-Bundes schriftlich angezeigt. Ich
betonte dabei ausdrücklich, daß er schwerlich geneigt sein
könne, diesem Bunde — wegen der verschiedenen Anschau-
ungen — beizutreten; aber unser Bund „habe keine pole-
mische, sondern eine vorwaltend positive Tendenz; und
indem so die Secession und die Werdandi in sol-
chen: Positivismus ihrer Leistungei: nebenein-
ander herlebten, könne ich mir sehr wohl einen
Zu stand denken, in welchen: in gar vielen Be-
ziehungen trotz aller Entschiedenheit der abwei-
chenden Standpunkte ersprießliche und von gegen-
seitiger Achtung getragener Wechselbeziehungen
möglich seien." Was soll inan nun dazu sagen, wenn
Herr Prof. Liebermann gegenüber diesem doch wohl takt-
vollen und verbindlichen Briefe dann in: Anschluß an seine
„Berichtigungei:" an Sie schrieb, daß er den Brief, „wie
selbstverständlich," unbeantwortet gelaßen habe? Das
 
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