Die Werkstatt der Kunst: Organ für d. Interessen d. bildenden Künstler — 7.1907/1908
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https://doi.org/10.11588/diglit.52070#0609
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Drathen, Hermann: Der Rechtsschutz des bildenden Künstlers
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Die Werkstatt der Kunst
keäaklem: frit; heUrvag.
VII. Jakrg. Heft 44. 2^.)Iugusl i9o8.
An onksrern ,,S p r e ck l a L t" vircl clen Nünlrlern clas kreis Morl erteilt. Oie Rectaktion iorgt aber ciskür, ctag keinerlei
Angriff« auf Personen octer OenoNenickstlen Lbgeclruckt tvercien, okne clag vorker cler Angegriffene clie MKglickkeit gekskt
KLtte, in ctenilelben lZette zu srv-iclern. Oie Reclaktion Kail fick vollltänclig unpLrteiitck unci gibt clurck clen Abclruck von 6in-
fenclungen keineswegs ein« Qebereinftirnrnung rnit clen auf cliefe Meile vorgeiragenen Meinungen zu erkennen. -
Der Recktskekulz ctes bilclencten Künstlers.
von Justizrat Or. jur. Drath en, Rechtsanwalt zu Krefeld.
Vorwort zu dem im Verlage von L. A. Seemann in Leipzig erschienenen, für alle Künstler fehr nützlichen Werke.
(Preis: l^o Mk.)
Die vorliegende Arbeit verdankt ihre Entstehung einem
Preisausschreiben der „Werkstatt der Kunst" für
eine kurze und gemeinverständliche Darstellung des Rechts-
schutzes des bildenden Künstlers. Nachdem die aus Künstlern
und Juristen bestehende Kommission mir den Preis zuer-
kannt hat, glaube ich selber, daß der mit dem Preisaus-
schreiben erstrebte Zweck einigermaßen erreicht worden ist,
nämlich die durch Gesetze und Verträge geschaffenen Rechts-
verhältnisse des Künstlers zu erklären, den Künstler über
feine Rechte und Pflichten zu belehren und ihm einen prak-
tischen Führer durchs Erwerbsleben zu verschaffen.
Deshalb ist auch eine weitschweifige Behandlung von
theoretischen Streitfragen vermieden; die ohnehin nicht fehr
zahlreiche und vielfach veraltete Literatur ist nur knapp
angezogen, dagegen die Rechtsprechung des Reichsgerichts
vollständiger berücksichtigt, weil der Künstler in ernsten
Fällen vor dem höchsten deutschen Gerichtshof als letzter
Instanz fein Recht verfechten muß und auch für die unteren
Gerichte die Urteile des Reichsgerichts zwar nicht rechtlich
bindend, aber doch tatsächlich maßgebend sind.
Die im Jahre l9O2 in erster Auflage erschienene
Broschüre behandelte den Gegenstand nach den damaligen
Gesetzen vom 9. und lO. Januar l876. Das neue Kunst-
fchutzgcsetz vom 9. Januar l9O7, welches die Rechtslage
wesentlich ändert, machte daher eine vollständig neue Be-
arbeitung des Gegenstandes nötig; auch die zwischenzeitliche
Literatur, Rechtsprechung und persönliche Erfahrung mußten
berücksichtigt und das Transport-, Versicherungs- und Zoll-
wesen neu einbegriffen werden.
Da es bei einem praktischen Führer durch die Rechts-
verhältnisse des bildenden Künstlers auf die Darstellung
des jetzt geltenden Rechts ankommt, so habe ich mich in
der Kritik des bestehenden Rechts auf wenige prinzipielle
Fragen beschränkt und dort auf die berechtigten wünsche
der Künstlerschaft hingewiesen. An dieser Stelle fei etwas
mehr Kritik gestattet:
Durch die Gleichstellung der Baukunst, der Photo-
graphie und des Kunstgewerbes mit der eigentlichen Kunst
stellt das gegenwärtige Kunstschutzgesetz vom 9. Januar t9O7
einen bedeutenden Fortschritt vor dem früheren Rechts-
zustande dar. Dagegen dauert die Unzufriedenheit der
Interessenten weiter in bezug auf das gerichtliche Ver-
fahren, besonders im Strafprozeß wegen Verletzung des
Urheberrechts; so ist namentlich das Verlangen im Kunst-
gewerbe nach Berufsgerichten, ähnlich den Gewerbegerichten,
nicht erfüllt worden und wird auch in Zukunft nicht er-
füllt werden. Diese Unzufriedenheit ist auch nur zum Teil
begründet.
Die Strafanträge wegen Verletzung des Urheberrechts
werden zunächst von der Staatsanwaltschaft geprüft.
Nun läßt sich nicht leugnen, daß die Staatsanwaltschaft
sich eher auf die Verfolgung grober Verbrechen und Ver-
gehen gegen die öffentliche Ordnung beschränkt, während
sie die strafgerichtliche Verfolgung von Vergehen gegen
wirtschaftliche Interessen lieber dem Verletzten überläßt.
Ich glaube aber, daß die Justizverwaltungen der einzelnen
Bundesstaaten, wenn man sie durch öffentliche Besprechungen
und Petitionen von diesen wünschen unterrichtet, die Staats-
anwaltschaften anweisen werden, sich der Verfolgung ge-
werblicher Vergehen mehr anzunehmen. Den Gerichten
wird vorgehalten, daß ihnen die zur zuverlässigen Ent-
scheidung von Urheberrechten erforderlichen technischen
Kenntnisse fehlen. Das ist richtig, ist aber in allen Rechts-
streitigkeiten der Fall, zu deren Beurteilung Fachkenntnisse
nötig sind. Die Gerichte verschaffen sich diese Sachkenntnis
durch Vernehmung vor: Sachverständigen und, da der Sach-
verständigenbeweis im Urheberprozeß besonders wichtig ist,
so ist sogar die Bildung von besonderen Sachverständigen-
kammern vorgesehen, wo soll es überhaupt hinführen,
wenn jeder Beruf, jedes Gewerbe nach einem Sondergericht
ruft? Die Gewerbegerichte haben wir schon und sie haben
nur deshalb ihre volle Berechtigung, weil es sich hier fast aus-
nahmslos um Lohnstreitigkeiten mit gewerblichen Arbeitern
von geringer pöhe handelt, die eine schnelle, billige und
mit den Arbeiterverhältnissen vertraute Rechtsprechung er-
fordern. Die Kaufmannsgerichte find noch zu jung, um
über ste ein Urteil abzugeben; die bisherige geringe In-
anspruchnahme spricht gegen ihr Bedürfnis.
Aber nun kommen auch die Handwerker fowie die
Kunstgewerbetreibenden und stellen dieselbe Forderung;
wenn sie bewilligt wird, werden die Landwirte, Winzer
und andere nachfolgen. Ferner muß, wenn die Berufs-
gerichte die nötige Sachverständigkeit selber besitzen sollen,
für jeden Zweig ein Berufssondergericht geschaffen werden,
also die Schuhmacher, die Schneider, die Maler, die Bild-
hauer ufw. erhalten alle ihre besonderen Gerichte, und
auf diese weife würde die ganze Rechtspflege in eine Un-
zahl von Sondergerichten zerrissen.
Daß bei solchen Laiengerichten keine wissenschaftliche
Behandlung der Rechtsfragen und keine Prozeßleitung in
den Formen der Zivilprozeßordnung zu erwarten ist, bedarf
wohl keiner Ausführung. Für die Fortbildung des gesetz-
lichen Schutzes für die bildende Kunst wäre durch solche
Gerichte daher nichts gewonnen, aber viel verloren. Auf
einem ähnlicher: Standpunkt steht auch die Justizverwaltung.
Auf dem kürzlich in Düsseldorf stattgehabten Kongresse
zum Schutze des gewerblichen Eigentums wurde wiederholt
die Frage der Einrichtung von Sondergerichtshöfen gestreift
und gab der Vertreter des preußischen Justizministers nach-
stehende Erklärung ab:
„Als Ergebnis eingehender Prüfung kann ich mit-
teilen, daß die preußische Justizverwaltung sich von der
Einrichtung eines Sondergerichtshofes und der Abtrennung
dieser wichtigen, hier in Rede stehenden Sachen von der
Rechtsprechung der ordentlichen Gerichte eine bessere sach-
liche Behandlung dieser Sachen nicht versprechen kann,
daß sie dagegen eine solche Maßregel als eine schwere
Schädigung der allgemeinen Rechtspflege betrachten muß.
Sie würde daher dem Wunsche nach einer solchen
Maßregel niemals zustimmen können.
keäaklem: frit; heUrvag.
VII. Jakrg. Heft 44. 2^.)Iugusl i9o8.
An onksrern ,,S p r e ck l a L t" vircl clen Nünlrlern clas kreis Morl erteilt. Oie Rectaktion iorgt aber ciskür, ctag keinerlei
Angriff« auf Personen octer OenoNenickstlen Lbgeclruckt tvercien, okne clag vorker cler Angegriffene clie MKglickkeit gekskt
KLtte, in ctenilelben lZette zu srv-iclern. Oie Reclaktion Kail fick vollltänclig unpLrteiitck unci gibt clurck clen Abclruck von 6in-
fenclungen keineswegs ein« Qebereinftirnrnung rnit clen auf cliefe Meile vorgeiragenen Meinungen zu erkennen. -
Der Recktskekulz ctes bilclencten Künstlers.
von Justizrat Or. jur. Drath en, Rechtsanwalt zu Krefeld.
Vorwort zu dem im Verlage von L. A. Seemann in Leipzig erschienenen, für alle Künstler fehr nützlichen Werke.
(Preis: l^o Mk.)
Die vorliegende Arbeit verdankt ihre Entstehung einem
Preisausschreiben der „Werkstatt der Kunst" für
eine kurze und gemeinverständliche Darstellung des Rechts-
schutzes des bildenden Künstlers. Nachdem die aus Künstlern
und Juristen bestehende Kommission mir den Preis zuer-
kannt hat, glaube ich selber, daß der mit dem Preisaus-
schreiben erstrebte Zweck einigermaßen erreicht worden ist,
nämlich die durch Gesetze und Verträge geschaffenen Rechts-
verhältnisse des Künstlers zu erklären, den Künstler über
feine Rechte und Pflichten zu belehren und ihm einen prak-
tischen Führer durchs Erwerbsleben zu verschaffen.
Deshalb ist auch eine weitschweifige Behandlung von
theoretischen Streitfragen vermieden; die ohnehin nicht fehr
zahlreiche und vielfach veraltete Literatur ist nur knapp
angezogen, dagegen die Rechtsprechung des Reichsgerichts
vollständiger berücksichtigt, weil der Künstler in ernsten
Fällen vor dem höchsten deutschen Gerichtshof als letzter
Instanz fein Recht verfechten muß und auch für die unteren
Gerichte die Urteile des Reichsgerichts zwar nicht rechtlich
bindend, aber doch tatsächlich maßgebend sind.
Die im Jahre l9O2 in erster Auflage erschienene
Broschüre behandelte den Gegenstand nach den damaligen
Gesetzen vom 9. und lO. Januar l876. Das neue Kunst-
fchutzgcsetz vom 9. Januar l9O7, welches die Rechtslage
wesentlich ändert, machte daher eine vollständig neue Be-
arbeitung des Gegenstandes nötig; auch die zwischenzeitliche
Literatur, Rechtsprechung und persönliche Erfahrung mußten
berücksichtigt und das Transport-, Versicherungs- und Zoll-
wesen neu einbegriffen werden.
Da es bei einem praktischen Führer durch die Rechts-
verhältnisse des bildenden Künstlers auf die Darstellung
des jetzt geltenden Rechts ankommt, so habe ich mich in
der Kritik des bestehenden Rechts auf wenige prinzipielle
Fragen beschränkt und dort auf die berechtigten wünsche
der Künstlerschaft hingewiesen. An dieser Stelle fei etwas
mehr Kritik gestattet:
Durch die Gleichstellung der Baukunst, der Photo-
graphie und des Kunstgewerbes mit der eigentlichen Kunst
stellt das gegenwärtige Kunstschutzgesetz vom 9. Januar t9O7
einen bedeutenden Fortschritt vor dem früheren Rechts-
zustande dar. Dagegen dauert die Unzufriedenheit der
Interessenten weiter in bezug auf das gerichtliche Ver-
fahren, besonders im Strafprozeß wegen Verletzung des
Urheberrechts; so ist namentlich das Verlangen im Kunst-
gewerbe nach Berufsgerichten, ähnlich den Gewerbegerichten,
nicht erfüllt worden und wird auch in Zukunft nicht er-
füllt werden. Diese Unzufriedenheit ist auch nur zum Teil
begründet.
Die Strafanträge wegen Verletzung des Urheberrechts
werden zunächst von der Staatsanwaltschaft geprüft.
Nun läßt sich nicht leugnen, daß die Staatsanwaltschaft
sich eher auf die Verfolgung grober Verbrechen und Ver-
gehen gegen die öffentliche Ordnung beschränkt, während
sie die strafgerichtliche Verfolgung von Vergehen gegen
wirtschaftliche Interessen lieber dem Verletzten überläßt.
Ich glaube aber, daß die Justizverwaltungen der einzelnen
Bundesstaaten, wenn man sie durch öffentliche Besprechungen
und Petitionen von diesen wünschen unterrichtet, die Staats-
anwaltschaften anweisen werden, sich der Verfolgung ge-
werblicher Vergehen mehr anzunehmen. Den Gerichten
wird vorgehalten, daß ihnen die zur zuverlässigen Ent-
scheidung von Urheberrechten erforderlichen technischen
Kenntnisse fehlen. Das ist richtig, ist aber in allen Rechts-
streitigkeiten der Fall, zu deren Beurteilung Fachkenntnisse
nötig sind. Die Gerichte verschaffen sich diese Sachkenntnis
durch Vernehmung vor: Sachverständigen und, da der Sach-
verständigenbeweis im Urheberprozeß besonders wichtig ist,
so ist sogar die Bildung von besonderen Sachverständigen-
kammern vorgesehen, wo soll es überhaupt hinführen,
wenn jeder Beruf, jedes Gewerbe nach einem Sondergericht
ruft? Die Gewerbegerichte haben wir schon und sie haben
nur deshalb ihre volle Berechtigung, weil es sich hier fast aus-
nahmslos um Lohnstreitigkeiten mit gewerblichen Arbeitern
von geringer pöhe handelt, die eine schnelle, billige und
mit den Arbeiterverhältnissen vertraute Rechtsprechung er-
fordern. Die Kaufmannsgerichte find noch zu jung, um
über ste ein Urteil abzugeben; die bisherige geringe In-
anspruchnahme spricht gegen ihr Bedürfnis.
Aber nun kommen auch die Handwerker fowie die
Kunstgewerbetreibenden und stellen dieselbe Forderung;
wenn sie bewilligt wird, werden die Landwirte, Winzer
und andere nachfolgen. Ferner muß, wenn die Berufs-
gerichte die nötige Sachverständigkeit selber besitzen sollen,
für jeden Zweig ein Berufssondergericht geschaffen werden,
also die Schuhmacher, die Schneider, die Maler, die Bild-
hauer ufw. erhalten alle ihre besonderen Gerichte, und
auf diese weife würde die ganze Rechtspflege in eine Un-
zahl von Sondergerichten zerrissen.
Daß bei solchen Laiengerichten keine wissenschaftliche
Behandlung der Rechtsfragen und keine Prozeßleitung in
den Formen der Zivilprozeßordnung zu erwarten ist, bedarf
wohl keiner Ausführung. Für die Fortbildung des gesetz-
lichen Schutzes für die bildende Kunst wäre durch solche
Gerichte daher nichts gewonnen, aber viel verloren. Auf
einem ähnlicher: Standpunkt steht auch die Justizverwaltung.
Auf dem kürzlich in Düsseldorf stattgehabten Kongresse
zum Schutze des gewerblichen Eigentums wurde wiederholt
die Frage der Einrichtung von Sondergerichtshöfen gestreift
und gab der Vertreter des preußischen Justizministers nach-
stehende Erklärung ab:
„Als Ergebnis eingehender Prüfung kann ich mit-
teilen, daß die preußische Justizverwaltung sich von der
Einrichtung eines Sondergerichtshofes und der Abtrennung
dieser wichtigen, hier in Rede stehenden Sachen von der
Rechtsprechung der ordentlichen Gerichte eine bessere sach-
liche Behandlung dieser Sachen nicht versprechen kann,
daß sie dagegen eine solche Maßregel als eine schwere
Schädigung der allgemeinen Rechtspflege betrachten muß.
Sie würde daher dem Wunsche nach einer solchen
Maßregel niemals zustimmen können.