Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Die Werkstatt der Kunst: Organ für d. Interessen d. bildenden Künstler — 7.1907/​1908

DOI Artikel:
Der geschäftliche Verkehrt mit Künstlern, [2]
DOI Artikel:
Die Stuttgarter Galerie
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.52070#0065

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Die Werkstatt der Kunst

keäaklem: fritz hellxvag.

VII. Jakrg. hekt 5. 4. Oov. 190/.

In -lies em r:eUe unlei-er LeUtckrM erteiten vir Zectern «Sn stier cl»s frei« Mort. Mir sorgen clstüi-, cia« keinerlei
RngrMe auf Personen ocler SenoNens-ksiten »bgeclruckt verclen. okn« clsS vorder rier TIngegriffsn« cti« lllöglicdkeit gek-tbt
KLtte, in cieniselben yefts zu «rviäern. Oie kerlsktion KLit tick voilstLnctig nnparteiiscd unci gibt Äurck clen )Ibärnck keinesvegs
.— eine Nebereinstimniung mit clen auf Lies« Meis« vorg«trLgen«n Meinungen zu erkennen. ' ' -

Der gesckäktUcke Verlrekr mit Künstlern.

Im Anschluß an unseren Artikel in der vorigen
Nummer sei uns gestattet, den Lesern noch einen be-
sonders typischen Fall aus den vielen uns vorliegenden
zu schildern.
Lin Künstler bat am s2. Mai schriftlich den Kunst-
verein in Ls., seine zwei dort ausgestellt gewesenen Bilder
an den Kunstverein in D. weiterzusenden.
Hierauf folgte eine unheimliche Stille, die länger
dauerte als ein Vierteljahr! Der Kunftverein in H.
hielt es nicht für nötig, den Künstler von der Absendung
zu unterrichten; der Kunstverein in D. schickte dem Künstler
keine Lmpfangsauzeige.
Endlich, schon am t6. August, erfährt der Kunstverein
in H., daß der Kunstverein in D. die Annahme der Bilder
verweigert habe, weil sie unfrankiert angekommen feien.
Lr teilt dies gütigst dem Künstler mit und fügt hinzu, daß
er die Bilder unfrankiert weitergesandt hätte, weil er sie
seinerzeit so empfangen habe. Ivo die Bilder dieses Viertel-
jahr gesteckt haben, wo sie jetzt stecken, wird dem Künstler
nicht verraten!
Jetzt beginnt des Künstlers liebste Arbeit: er muß
sich hinsetzen, nach allen Himmelsrichtungen Briefe senden
und versuchen, ob nicht doch vielleicht eine gütige Seele
sich feiner erbarmt und ihm mitteilt, wo sein Eigentum sich
befinde.
Er hat Glück, denn schon nach ungefähr zwei Wochen
erhält er vom Kunstverein in H. die Adresse des Spediteurs
in D., der die Bilder nun schon seit vier Monaten lustig
„auf Lager" hat, ohne sich zu melden. Er darf sich jetzt
mit dieser „lveltfirma" selbst in Verbindung setzen.
Inzwischen ist auch ein Brief vom Kunstverein in D.
eingelaufen. Dort ist der Kastellan verreist. „Sollte er
wirklich etwas über der: Verbleib Ihrer Sendung wißen,
so könnte ich Sie allerdings nur bitten, sich bis Ende dieses
Monats (— des fünften feit dem verschwinden der
Bilder! —) zu gedulden." Der Kastellan hatte bei An-
tritt seines Urlaubs über die Bilder „nichts verlautbart",
aber sein Vertreter bemühte sich dennoch, für die Annahme-
verweigerung der Bilder eine prinzipielle Ursache zu
konstruieren, indem er schrieb: „In wetschs Ausstellungs-
kalender steht ganz richtig, daß der Kunstverein bei An-
nahme der Kunstwerke einmalige Frachtfreiheit gewährt.
Nun ist aber in neuerer Zeit sehr oft der Fall eingetreten,
daß nicht nur Kunsthändler, sondern auch Kunstvereine und
Kunstausstellungen sich eines privat-Spediteurs (? — Red.)
bedienen. Dieselben befördern die Güter alsdann als Sammel-
ladungsgüter, können nach diesem keinen bahnamtlich
abgestempelten Frachtbrief vorlegen und präsentieren
dann eine Rechnung, welche nicht im entferntesten erkennen
läßt, aus welchen Linzelbeträgen sich die Rechnung zu-
fammenfetzt. Auf eventuelle Anfrage wird unter Umständen
sogar ausweichend geantwortet, um den Betrag zu ver-
schleiern, welchen ein solcher Spediteur für sich einzustecken
gedenkt. In letzter Zeit sind sogar Sendungen eingelagert
worden und wir wurden dann aufgefordert, diese unnütz
entstandenen Lagerkosten zu tragen."
In der nun folgenden Korrespondenz mit den Filialen
des Spediteurs in H. und D. ergibt sich folgende glänzende,

„programmäßige" Erledigung der Angelegenheit durch die
beteiligter: Faktoren:
1. Der Kunstverein in H. nimmt einen „privat"-
Spediteur und belastet die Sendung unberechtigt mit einer
Nachnahme, über die er sich nie ausweist.
2. Der Spediteur in H. ignoriert die Bitte seiner
Filiale in D. wegen Spezifikation der Spesen.
2. Der Kunstverein in D. sieht seine Vorliebe für bahn-
amtliche Stempel unbefriedigt und verweigert die Annahme
der an ihn gerichteten Sendung, um die er sich nicht weiter
kümmert, ja nicht einmal festzustellen sucht, welchem Künstler
die Sachen gehören. (Der Künstler wäre auf Anfrage
gewiß meistens bereit, die kleine Differenz, die dem heiligen
Bureaukratius so viel Sorgen macht, selbst auszugleichen.)
Die Spediteur-Filiale in D. nimmt die Sendung
kaltlächelnd H — 5 Monate „ans Lager" und gibt sie nicht
mehr her. — Auf Vorhalt schreibt sie dem Künstler in
überlegenem Tone: „Ist die Erledigung nicht nach Ihrem
Ansinnen oder Intentionen, dann lassen Sie Verhältnisse
unberücksichtigt, die bei einer Speditionserledigung vielleicht
zugedacht werden können, aber nicht in der Praxis existieren."
(Nach unserer Meinung ist es vor allem die einfachste ge-
schäftliche Kulanz, die „zugedacht" werden kann. — Red.)
Von all' -em erfährt -er Aünstler nichts!
Keiner der vier, angeblich so geschäftskundigen Beteiligten,
denen der Künstler sein Gut anvertraute, macht sich die
geringe Mühe, ihn durch eine vorgedruckte Postkarte von
dem Ab- oder Eingang der Bilder, von der Annahme-
verweigerung, von dem Fehlen der Spezifikation usw. zu
verständigen! Warum auch? die Bummelei muß ja
schließlich der (ganz unschuldige) Künstler bezahlen, denn
man hat ein Pfandobjekt von ihm in Händen! In diesem
Falle sind dem Künstler 9,20 Mk. Spesen entstanden, während
die zwischen den „Parteien" strittige Differenz nur ungefähr
2 Mk. betrug. Solche Fälle ereignen sich täglich
und man muß sich beinahe Mühe geben, sich noch immer
wieder darüber zu ärgern. Kaum ein Kunstverein, kaum
eine Ausstellung, kaum ein Spediteur, über die nicht solche
Klagen schon eingelaufen wären!
Ls ist wirklich Zeit, daß man auch den Künstlern
gegenüber einen kaufmännischen Verkehr einführt.
Das Kapital, das die Künstlerschaft für nichts und wider
nichts jährlich so einbüßt, wird man nicht zu hoch auf
fünfzehn- bis zwanzigtausend Mark einschätzen!
Ole Stuttgarter Galerie.
Platzmangel nötigt uns, einen Aufsatz über
dieses Thema für die nächste Nummer zurückzu-
stellen. weil aber die Besetzung des Inspektor-
postens dicht vor der Türe steht, so sprechen wir
uns heute kurz gegen eine Kandidatur des Herrn
Or. Dietz aus. Nur ein Kunsthistoriker vom
Fach kann uns geeignet scheinen.
Die Schriftleitung.
 
Annotationen