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Die Werkstatt der Kunst: Organ für d. Interessen d. bildenden Künstler — 7.1907/​1908

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Mühsam, Erich; Perter-Ullrich, Karl: Die Vereinigung deutscher und österreichischer Künstler in Paris
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L., P.; Büsing, G. F.: Zielbewusster Bilder-Bettel
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https://doi.org/10.11588/diglit.52070#0193

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Heft lpp

Die Werkstatt der Kunst.

s8Z

alle übrigen deutschen Bunde, ein Bund d eutsch er Künstler
sein wird? Vorsicht ist geboten, denn wir sind Deutsche
mit erschwerenden Umständen: Deutsche in Frank-
reich, die sich vereinigen, öffentlich vereinigt
auftreten wollen. Trotz Llemenceau und Iaures, die
uns des Gegenteils versichern, brennt den Franzosen der
Begriff „Deutsch" noch heftig auf ihrer konservativen Seele.
Man sehe, welche prügel der Gründung einer deutschen
Handelskammer in Paris vor die Füße geschleudert werden!
wir müssen vorsichtig sein, denn wir sind in exponierter
Stellung nicht allein vor den Parisern, auch daheim wird man
scharf beobachten und begutachten, was und wie wir's hier
machen! Und wenn man von den ersten Taten des „Bundes
deutscher bildender Künstler in Paris" daheim lesen oder hören
wird, wird man scharf mit uns ins Zeug gehen. Und das mit
Recht. Müssen wir es schon jedem Menschen glauben, der da-
hin kommt, seine xo Francs in die „Bundeslade" bezahlt und
sagt, er sei ein Künstler, müssen wir ihn schon „künstlerisch"
ohne Gewähr verschlucken, ohne zu wissen, ob er was kann
oder nicht — denn für sein Geld wird er doch mit Recht
teilnehmen wollen an den Kundgebungen, d. h. Aus-
stellungen des Bundes! — so ist es doch sicher nicht eben
angezeigt, die teilte auch in jeder anderen Pinsicht un-
angenehm zu berühren, wer hatte das Bedürfnis, diesen
Bund zu gründen? Die hier lebenden deutschen Künstler?
Nein! perr Julius Loeb, der talentierte Redakteur und
Perausgeber der „pariser Zeitung". Einem inneren Be-
dürfnis deutscher Künstler, deren es seit Jahren in Paris
immer gegeben hat (wenn auch in heschränkter Zahl) —
einem Bedürfnis nach künstlerischer Vereinigung, nach
künstlerischem gemeinsamen Zusammenwirken ist
dieser Bund nicht entsprungen. Die Gegensätze, die da all'
in einem Sack vereinigt werden müßten, sind zu groß, und,
besonders bei beschränkten Geldmitteln, nicht zu trennen.
Und die Gegensätze in der Kunst sind heute so
schroff, daß inan bei allen wünschen, sie auszu gleichen,
hierauf verzichten muß. Und es ist gut, daß diese
Gegensätze nicht auszugleichen sind, denn Ausgleiche
sind in der Kunst unstatthaft und deplaziert!
Ich glaube, daß das hier Gesagte zu Recht bestehen
muß, wenn es sich um einen Bund von Künstlern handelt,
hauptsächlich von bildenden Künstlern, die gemeinsam Zeugnis
von deutschem Können und deutscher Kunst hier in Paris zu
geben die Absicht haben. Dieses wenigstens war vorge-
sehen. Freilich — handelt es sich um „gesellige Zusammen-
künfte", wo bei deutschem Bier deutscher Skat und deutscher
Witz gepflegt werden soll, so ist, was hier gesagt, null und
nichtig. Mit jedermann trinke ich gerne ein Glas Bier
(wenn es gerade sein muß) — aber nicht jedermann kann
mir passen, mich an seiner Seite als deutschen Künstler in
Wort und Tat auszugeben. Karl Perter-Ullrich.
kiläer-kettel.
In der vorigen Nummer hat ein pariser Künstler
in dem Aufsatz „wir Ausnahmen" seinem Perzen Luft
gemacht gegen die perren Mäcene und gegen die jungen
Damen, die gelegentlich ihrer Atelierbesuche dem Künstler
seine besten Skizzen „als Andenken" abbetteln, poffent-
lich nützt jener Appell an den Geschäftssinn so viel, daß
mancher Künstler sich künftig nicht mehr durch schöne Augen
und persönliche Rücksichten dazu bewegen läßt, durch
Verschenken seiner Skizzen sich selbst zu schädigen.
was soll man aber dazu sagen, wenn ganz wild-
fremde Menschen an die Künstler schreiben und sie um
geschenkweise Ueberlassung von Bildern bitten? Ist eine
solche Bitte schon an und für sich eine Taktlosigkeit, so
wird sie zur dreisten Unverschämtheit, wenn sie „en Zros",
d. h. zielbewußt und im größten Stil jahrelang fort-
gesetzt wird.
In peft t2 hatten wir zwei Briefe eines pamburger
„Kunstfreundes" abgedruckt und erfuhren daraufhin aus
unserem Leserkreise, daß derselbe Mann den Bettel schon
feit mindestens zehn Jahren in größtem Umfange betreibt.

Dieser „Kunstfreund" lacht aber über unsere Warnung und
fühlt sich sicher in der poffnung, daß es trotzdem immer
noch genug gutherzige Künstler geben wird, die auf die
Bitte des „gehorsamst" unterzeichneten, kunstbegeisterten
„jungen Mannes" hereinfallen werden. Ja, er hat sogar
den Mut, uns die nachstehende, in ihrer Frechheit einzig
dastehende „Erwiderung" zu senden:
„Ein Kunstfreund".
wenn der betreffende perr Berliner Künstler, und
ich glaube ihn zu kennen, der Meinung ist, durch Abdruck
meiner ergebenen Bittgesuche nunmehr mein pandwerk
gelegt zu haben, so erlaube ich mir darauf höflichst zu
entgegnen, daß er sich sehr geirrt hat. Ich werde
trotzdem nicht aufhören, nach wie vor für meine
angehende Sammlung auf dem beschrittenen Wege
weiter zu werben. Es ist mir eine liebe Aufgabe, für
meine Sammlung alles einzusetzen („alles": nämlich tv pfg.
Briefporto und ein Restchen Ehrgefühl. Red.), um dieselbe zu
vergrößern. Dieses vergrößern geschieht nicht etwa, um
damit ein größeres Kapital für mich anzusammeln, sondern
für mich galt es immer „Mein paus meine Welt", und
nichts bereitet mir eine größere Freude, als nach des Tages
Arbeit meine Bilder zu studieren, wie dieses und jenes
Bild so herrlich gemalt ist. Ich habe deshalb auch meine
sämtlichen Bilder, und es sind deren schon recht viel,
alle in meinem Wohnzimmer hängen, also nicht über die
ganze Wohnung zerstreut, lediglich nur deswegen, um die-
selben tagtäglich vor Augen zu haben. Dieses nenne ich
eben „unendliche Liebe" zur Kunstmalerei, die meiner An-
sicht weit mehr wert ist (! Red.), als wenn ein Künstler
an einen Geldprotzen Kunstwerke verkauft, die nur des
Namens wegen gekauft, aber saft gar nicht angesehen
werden. Diese Fälle kommen sehr, sehr oft vor, aber
damit will ich nicht sagen, daß ich den perren Künstlern
nicht ihren Verdienst gönne (! Red.). Damit braucht man
aber nicht gleich „Bittgesuche" an die Meffentlichkeit zu
zerren, denn es bleibt doch jedem Künstler unbenommen,
das Bittgesuch zu erfüllen oder nicht. Ich bin froh, zu
konstatieren, daß meine Gesuche oft erfüllt wurden,
und möge es mir vergönnt sein, weitere Künstler zu finden,
die meine „unendliche Liebe" zur Kunstmalerei durch kleine
Bildchen weiter fördern. Nebenbei bemerke ich noch, daß
ich mir auch schon eine Kontrolle habe gerne gefallen
lassen, die insofern angestellt wurde, indem der betr. perr
Künstler, von dem ich ein Bild als Geschenk erhielt, ge-
legentlich seines pamburger Aufenthaltes mich plötzlich und
unerwartet mit seinem Besuche beehrte. Dieses machte mir
doppelt Spaß, um so mehr, da ich dadurch auch gleichzeitig
die Persönlichkeit des Künstlers in seiner ganzen
Eigenschaft als solcher (! Red.) kennen lernte.
Zum Schluß bemerke ich, daß es also zwecklos ist,
herumzufragen, ob ähnliche Schreiben desselben Autors an
diesen oder jenen Künstler ergangen sind. Derartige
Bittgesuche sind von mir genügend mit und ohne
Erfolg in die Welt gesandt worden, werden auch
fernerhin nicht aufhören. Daran ändert auch ein Engel
nichts. — Auf die Schlußbemerkung der „D. w. D. K."
brauche ich wohl nicht einzugehen, denn um eine zielbewußte
Geschenksammlung künstlerischer Werke wahrscheinlich zu
Verkaufszwecken handelt es sich hierbei nicht.
Ergebenst
k. K.
wir glauben nicht, daß nach dieser Probe noch
einer unserer Leser auf diese „Bittgesuche" eingehen wird;
damit sie aber auch wissen, wessen Briefe sie ungelesen in
den Papierkorb werfen können, so sei der Name dieses edlen
„Kunstfreundes" genannt: er heißt Peter Lüders und
wohnt in pamburg, Gerkenstwiete 9. Seines Zeichens
ist er Lierhändler! wahrscheinlich glaubt er unter seinen
Eiern das „Li des Kolumbus" („wie schnorrt man eine
Bildergalerie zusammen") gefunden zu haben. Mit dem
„ehrlichen jungen Mann" imponiert perr Lüders künftig
 
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