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Die Werkstatt der Kunst: Organ für d. Interessen d. bildenden Künstler — 7.1907/​1908

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Ein frischer Luftzug nach Hannover
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D.W.D.K.: Kunstpolitisches aus der Schweiz
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https://doi.org/10.11588/diglit.52070#0414

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Die Werkstatt der Kunst.

heft 50.

^0

Hannover, April 08.
Auf Ihr Geehrtes voin 5. d. M. errvidern
wir ergebenft, -atz -er Vorstand -es Aunstvereins s s
rückständig ist, -as Pntzsche Bild für unanständig
zu halten, und -atz er es deshalb trotz der genialen
Malerei nicht ausstellt.
Lrgebenst
für den Vorstand des K. V. f. h.
IKeock. 8cüal2k, Sekretär.
Wir wollen dieses Kultur-Dokument nicht durch
einen Epilog abschwächen und nur konstatieren, daß das
Bild durchaus nicht unanständig und ein Kunstwerk ersten
Ranges ist.
Aber wir wollen hoffen, daß diese Blamage des
Sekretärs des „Kunstvereins für Hannover" endlich dem
Faß den Boden ausschlagen und den dringend notwendiger!
Personalwechsel Hervorrufen möge!! O. W. O. K.
RunstpoUllsckes aus cter Sck^oeiz.
Wie unseren Lesern bereits berichtet wurde, stellte in
der Sitzung der eidgenössisch en Kunstko mmission vom
2. Mai t9O7 deren Präsident Vuillermet folgenden An-
trag: „Angesichts der Mißhelligkeiten, die sich zwischen
den hauptsächlichsten schweizerischen Künstlergruppen und
dem Kunstverein zeigen, ergreift die Kunstkommission die
Initiative zur Veranstaltung einer Konserenz von Ver-
tretern der größeren Knnstgesellschaften. Diese Konferenz
wird nach Genf einbernfen behufs Aufstellung von Grund-
lagen zu einer Verständigung, die sowohl den schweize-
rischen Künstlern als auch dem Interesse der schweizerischen
Kunstpstege dient."
Unter dem Vorsitz des Herrn Vuillermet hat am
5. September diese Sitzung in Genf stattgefunden, an der
teiluahmen: der Präsident der Kunstkommission; als Ver-
treter des Kunstvereins: Herr Abt; als Vertreter der „Ge-
sellschaft der Maler und Bildhauer": deren Präsident, Herr
Silvestre, und als Vertreter der Secession: Herr Kaufmann.
Leider ist in dieser Sitzung die gewünschte Einigung
noch nicht erzielt worden. In den „Mitteilungen des
Schweizerischen Kunstvereins" gibt deshalb dessen Vorsitzen-
der, Herr Abt, seine nachstehend abgedruckten Einigungs-
vorschläge bekannt.
t. Die Ausstellungsräumlichkeiten des Kunst-
vereins sind zugegebenermaßen in ihrer Mehrzahl für
größere Ausstellungen ungenügend. Sie sind jedoch durch-
aus annehmbare, sobald es sich um kleine Ausstellungen
von z. B. bloß 80—tso Nummern handelt.
2. Der zahlreichen Schar schweizerischer Künstler und
ihrer intensiven Produktion genügen nun aber bloß einzelne
und zudein beschränkte Ausstellungen nicht. Ls müßte da-
für gesorgt werden, daß gleichzeitig eine ganze Reihe
von Teilansstellungen abgehalten werden könnte.
3. Ain das aber zu ermöglichen, sollte das heutige
Gebiet des schweizerischen Kuustvereins noch erweitert werden,
vorab in der französischen Schweiz, wo zudem eine sehr
große Zahl Künstler sich aufhält. In Genf, Neuenburg,
Freiburg und Sitten, aber auch in anderen Orten wären
Sektionen des Kuustvereins zu gründen, so daß ein in
Gruppen abgeteiltcr Turnus nach und nach 20 und
inehr Schweizerstädte besuchen könnte.
Damit ließe sich ein richtiger schweizerischer Turnus
organisieren, der seinen Namen wohl verdient und der
namentlich auch den welschen Künstlern erlaubte, kosten-
los ihre Werke auch in ihrer engeren Heimat, im Kreise
der nächsten Bekannten, regelmäßig auszustellen.
Eine solche Teilung würde aber auch ohne weiteres
eine harmonische Gruppierung der Werke verschiedener
Richtungen ermöglichen, dein einzelnen Künstler wie ganzen
Gruppen gestatten, sich besser zur Geltung zu bringen und
jene so bedauerliche, bunt durcheinander gewürfelte, sehr

oft gegenseitig recht nachteilige Plazierung der
Werke vermeiden lassen.
5. Die Wahl der Mitglieder der Jury durch
die Künstler bezw. Aussteller, sowie die Abgrenzung
der Jury-Kompetenzen würde freilich immer ein delikater
Punkt bleiben; doch wäre einmal eine solch große Organi-
sation erreicht, dann dürften sich auch Mittel und Wege
zur Lösung einer Art proportionaler Jury finden, bei
welcher jeweils die verschiedenen Richtungen und Inter-
essenten auf ihre Rechnung kämen.
6. Diese Turnusausstellungen des schweizerischen Kunst-
vereins dürften und würden das Zustandekommen allfälliger
Sonderausstellungen der Künstler, sowie der in gewissen
Zwischenräumen wiederkehrenden großen, nationalen Kunst-
ausstellung (Salon) in keiner Weise verhindern.
7. Eine Vereinigung aller Kräfte wäre sicher auch
dazu angetan, den gemeinsamen Bestrebungen der Gesell-
schaften die Sympathien der eidgenössischen, kantonalen
und städtischen Behörden zu sichern, so daß die gegen-
wärtige Subvention für die Kunstpstege nicht nur er-
halten bliebe, sondern, wenn es die Umstände erlauben,
auch erhöht würde. Ein finanzieller Vorteil läge aber
bereits schon in der bloßen Vereinigung der heute zer-
splitterten Anstrengungen.
8. Die so durchgeführte Organisation würde auch
ohne weiteres die Möglichkeit bieten, ein spezielles, geübtes
Personal heranzubilden, dessen Vorhandensein sich
schon lange und bei jedem neuen Anlaß als so dringend
wünschbar herausstellt, ein Personal, welches nicht allein
das handwerksmäßige aller großen und kleinen Ausstellungen
besorgen, sondern auch dem so wichtigen Verkaufe der
Werke die unentbehrliche, fachmännische Aufmerksamkeit
schenken könnte.
9. Endlich wäre mit einer solchen Organisation das
Feld vorbereitet für die Verwirklichung anderer großer
Projekte, deren Früchte der Kunst und den Künstlern zugute
kämen, von denen ich heute nur die geplante Gründung
einer Pensions- und Unterstützungskasse schweize-
rischer Künstler nennen möchte.
Leider war es dem Präsidenten der „Gesellschaft der
Maler und Bildhauer", Herrn Silvestre, bisher noch
prinzipiell unmöglich, in die Diskussion dieser Vorschläge
eiuzugehen, was er mit folgendem Schreiben vom H. Februar
tyO8 Herrn Abt bckanntgab: „Ls tut mir leid, Ihnen
melden zu müssen, daß ich verzichtet habe, die Vorschläge
zu redigieren, welche Sie an der Konferenz der Präsidenten
der Künstlergefellschaften entwickelt haben. Die Ursache
dieser Aenderung der Auffassung der Angelegenheit meiner-
seits liegt in den neuesten Wahlen der Mitglieder
der eidgenössischen Kunstk 0 mmissi 0 n.
Ich bitte Sie, darin keine Stellungnahme gegen Ihre
Vorschläge zu erblicken. Ich finde diese, wie bis anhin,
durchaus geeignet, um die gegenwärtigen Schwierig-
keiten zu mildern und ein nötiges Band zwischen
den verschiedenen Kunstgesellschaften derSchweiz
herzustellen. In den gegenwärtigen Umständen aber und
angesichts der ausgesprochenen Voreingenommenheit des
Bundesrates gegenüber unserer Gesellschaft würde es meines
Erachtens unpolitisch fein, eine Annäherung vorzuschlagen,
deren nähere Bedingungen von unseren Vertretern nicht
im Schoße der eidgenössischen Kunstkommission diskutiert
werden könnten und mit einem sicheren Mißerfolg endigen
müßten.
Später können wir das Projekt wieder aufnehmen
und ohne Zweifel werden wir auch zu einein Resultate
gelangen, aber vor allem müssen wir in der Kommission
vertreten sein, wie wir es auffassen.
Wir hoffen, daß die Herren Bundesräte sich schließlich
von dieser Notwendigkeit überzeugen werden, denn schließ-
lich ist es doch die eidgenössische Verwaltung, mit der wir
uns verständigen müssen, nachdem wir unter uns einig
geworden sind.
 
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