Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Die Werkstatt der Kunst: Organ für d. Interessen d. bildenden Künstler — 7.1907/​1908

DOI Artikel:
Kainzbauer, Ludwig: Zur Reform des Kunstlebens, [2]
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.52070#0049

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Die Werkstatt d er Kunst

^eäakteur: ^ritz yeU^ag.

VII. Jakrg. Heft 4. Hk 28. Oki. 190/.

In clietern ^eit« unserer Leitsckrikk «rteisen wir jectern Künstler Las freie Mort. Mir sorgen ctakür, ctak keinerlei
Angriffe aus Personen ocier EenoNentckaflen sbgeclruckr weräen, okne Lag vorder cler Angegriffene ctie lllöglickkeit gek»bt
KLtte, in cternselben tzefte ;u erwiclern. Oie keclaktion KLit sied vollstänclig unparteiisch unä gibt ciurcb Len TIbäruck keineswegs
-. — eins Nebereinstirnrnung niit clen auf Liefe Meise vorgetrsgsnen Meinungen zu erkennen.

Tur Reform cies Rumtlebens.

von Ludwig Kainzb
So wären wir nun bei der Verwertung der Kunst-
werke angelangt. Die Institutionen, die wir für diesen
Zweck haben, sind teils vornehme, teils populäre. Die
vornehmste Art, seine Werke an den Mann zu bringen, ist,
selbst keinen Schritt dafür zu tun, sondern Besteller oder
Käufer im Atelier zu erwarten, von selbst kommen zu lassen.
Dann kommt das Ausstellen auf Kunstausstellungen ersten
Ranges, dann das Ausstellen in Kunstausstellungen zweiten
Ranges (Wander- und Kunstvereinsausstellungen), populäre
Gelegenheiten sind in Schaufenstern auszustellen, die Kunst-
händler und Verleger und die Versteigerungen, ferner die
Reklame. Die vornehmen Arten des Verkehres sind in
unserer und auch schon früherer Zeit aus moralischen und
bequemen Gründen am angenehmsten, aber für die Klassen-
produktion jedoch nicht ausreichend. Daher muß nach
Mitteln gesucht werden, die Absatzgebiete zu vergrößern,
das Publikum kauflustig zu machen. Zuerst wird jeder
gern nach den vornehmsten Mitteln greifen, feine Werke
zu verwerten, wenn es aber auf diese Art nicht geht, so
ist es auch keine Schande, seine Arbeiten zum verkauf an-
zubieten.
Das vornehme Mittel, seine Arbeiten sehen zu lasten,
sind unsere großen Ausstellungen. Auf diesen Ausstellungen
kann nicht jeder erscheinen, es kommt zu viel hin und muß
oft schoss aus Platzmangel allein vieles, wenn auch gutes
zurückgewiesen werden.
Diese Zurückweisungen sind schon oft in der „Werk-
statt der Kunst" besprochen worden, ohne daß man ein
Mittel gefunden hätte, selbe unmöglich zu machen. Erst
in letzter Zeit ist mir ein Modus eingefallen, die Zurück-
weisungskalamität wegzuschaffcn oder wenigstens zu mildern.
Dies würde aber wieder einen neuen Aufsatz erfordern.
Nehmen wir nun zuerst an, das Werk ist auf der
großen Ausstellung ausgestellt, so ist es noch nicht verkauft.
Wie nun auf den Ausstellungen vorgegangen werden soll,
um so viel als möglich an den Mann zu bringen, habe
ich eingehend in einer früheren Nummer der „Werkstatt
der Kunst" besprochen.
Die nächste Gelegenheit sind dann kleinere Aus-
stellungen, z. B. die von den so sehr beschimpften Kunstoer-
einen meist mit großer Selbstlosigkeit veranstalteten ständigen,
periodischen und Wanderausstellungen. Diese Kunstvereine
haben Tausende von Bildern ver- und angekauft und kann
ich den Ausführungen des perrn Bräuer in der „Werkstatt
der Kunst" (peft q-8) nur beistimmen. Daß an den Kunst-
vereinen auch Kaufleute ein Wort zu reden haben, ist ganz
natürlich und jeder läßt sich gewiß lieber ein Bild von
einem unparteiischen Krämer in die Ausstellung aufnehmen,
als von gewissen Kollegen aus den oft dümmsten Gründen
zurückweisen. Die Künstler haben wirklich keinen Grund,
den Kunstvereinen undankbar zu sein.
Eine außerordentlich praktische Neuerung im Aus-
stellungsverfahren wäre aber die in der „Werkstatt der
Kunst" bereits angeregte Gründung eines Salon inckepen-
ckant, wie er in Paris besteht. Ich habe im Jahre (905
in Paris diesen Salon besucht und muß gestehen, dort
nicht nur Schund, sondern auch ganz vorzügliche Sachen
gesehen zu haben, aber mein Leben keine Ausstellung, in
der so viel verkauft wurde wie dort.

uer, Graz - Stiftingtal. (Schluß.)
wenn man einen Erfolg auch auf allen diesen Aus-
stellungen nicht hat, so probiert man mit dem Kunsthändler
oder versucht das Bild selbst zu verkaufen. Daß nicht alle
Kunsthändler reell sind, ist ebenso richtig, wie auch nicht
alle Kleiderhändler reell und vielleicht auch nicht alle Künstler-
reell sein mögen; es gibt eben in jedem Stande Naturen,
deren krankhafter Egoismus diese zu keiner Solidität kommen
läßt. Aber mit der Mehrzahl ist leicht und gut zu arbeiten
und ein großer Teil meint es mit dem Künstler gut und
hilft ihn manches finden, was der Künstler von selbst nicht
gefunden hätte.
Daß der Künstler selbst zum Kunsthändler werden
soll, geht aber auch ganz gut, nur würde es gegen den
bisherigen Gebrauch derart abweichen, daß sich viele aus
eigentlich falschem Schamgefühl nicht entschließen würden,
diesen Weg zu betreten. Es ist der weg der Firmatafel,
des Auslagekastens und des Inserierens. Nun, wer es
nicht nötig hat, um so besser. Für alle Fälle aber will
ich auch diese Art, bekannt zu werden und seine Sachen zu
verkaufen, besprechen.
Der Künstler macht Gegenstände; sowie diese Gegen-
stände zu verkaufen sind, sind sie Ware, sowie das Machen
also aufhört, sind Werke vorhanden und der Künstler
wird, ohne zu wollen, von selbst zum Kaufmann, der mit
seinen Erzeugnissen handelt. Der Schaffensidealismus hört
auf, sobald das Werk fertig ist. Albrecht Dürer und andere
haben ihre Werke durch ihre Frauen auf den Märkten ver-
kaufen lassen. Dürer hat sogar, wie aus seinen Schriften
hervorgeht, feine Stiche nicht nach dem Inhalt, sondern
nach der Papiergröße bewertet und verkauft. Allerdings
sind andere Zeiten und damit andere Gebräuche gekommen
und niemand wird einem Künstler zumuten, seine Sachen
auf öffentlichen Märkten feilzubieten.
was ist aber die Folge unseres Systems? Der mit
Unrecht verhaßte Kunsthandel, die damit verbundenen Spesen
des Zwischenhandels. Nicht nur die Künstler leben von
der Kunst, sondern auch alle jene, welche die Werke kaufen,
um sie wieder zu verkaufen. Den Pandel aber ausrotten,
ist weder möglich noch nützlich, wie soll also der Künstler
vorgehen, um seine Werke zu verwerten? Er soll sich vor
allem nicht schämen, auch ein Geschäftsmann zu sein
und sich von keinem Idealismus abhalten lassen, mit
den gleichen Mitteln seine Werke (Ware) zu verkaufen wie
andere Geschäftsleute. Welche Nerkaufsgelegenheiten bieten
sich dem Künstler nun dar? t- Die gebräuchlichen, bereits
beschriebenen. 2. Die nicht gebräuchlichen, wie ich sie jetzt
schildern will. So kann jeder an dem Pause, in dem er
sein Atelier hat, eine Firmatafel haben, z. B. Peter Meier,
Landschaftsmaler, Karl Meister, Porträtmaler, die Aerzte
und Advokaten haben sie ja auch. Dann könnte mancher
einen Auslagekasten haben, in dem das Publikum die Er-
zeugnisse sieht und auch über die Preise orientiert wird,
wie würden diese Auslagekästen bildend auf das Publikum
wirken und wie lustig würde das in einer Stadt aussehen
und dieselbe zieren! wie anregend zu Kauf und Be-
stellungen! Lin perr sieht in einer solchen Auslage eine
Landschaft mit einem Schloß, sie gefällt ihm sehr, die
Stimmung usw., er kauft die Landschaft nicht, aber bestellt
sein eigenes Schloß, wenn er das andere Schloß nicht
 
Annotationen