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Die Werkstatt der Kunst: Organ für d. Interessen d. bildenden Künstler — 7.1907/​1908

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Juristischer Briefkasten der Allgemeinen Deutschen Kunstgenossenschaft
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Briefkasten der Schriftleitung
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https://doi.org/10.11588/diglit.52070#0162

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s58

Die Werkstatt der Kunst.

Heft s2.

Iuristiscker Vriekkasten cter Allgemei-
nen Deutschen Kunltgenossenschast.
(Die kostenlose Benützung dieser Auskunftstelle steht den Mitg!i e d ern
der A. D. A. G. sowie den Abonnenten der „W. d. A." frei. Als Mit-
glied wende man sich an den Sadikus Herrn Rechts a nrva lt Or. Rothe
in Berlin Französische Straße 2HII, als Abonnent unter üblichem
Nachweis an die Schriftleitung.)
s. Q. in VV. fragt, welche Abstandssumme der
Künstler verlangen könne, wenn ein erteilter Porträt-
auftrag vor der Ausführung zurückgenommen wird.
Antwort: Der Künstler kann das volle ver-
einbarte Honorar fordern, muß sich jedoch dasjenige
anrechnen lassen, was er durch Aufhebung des Ver-
trages an Aufwendungen erspart oder durch ander-
weite Verwendung seiner Arbeitskraft erwirbt oder
zu erwerben böswillig unterläßt. Ist kein bestimmtes
Honorar vereinbart, so tritt an dessen Stelle der-
jenige Betrag, den der Künstler bei Ausführung
des Kunstwerkes als angemessenes Honorar hätte
fordern dürfen.
2. O. in Q. hat auf Bestellung das Porträt
eines verstorbenen, der Zeitgeschichte angehörenden
Mannes gemalt und fragt an, ob das Verviel-
fältigungsrecht dem Besteller oder dem Künstler zusteht.
Antwort: Nach A f8 des Kunstschutzgesetzes
steht das Vervielfältigungsrecht bei Bildnissen einer
Person sowohl dem Künstler, als auch dem Besteller
zu. Das Recht des letzteren beschränkt sich indessen
zu Lebzeiten des Künstlers bei Werken der bildenden
Kunst auf die Vervielfältigung im Wege der
Photographie.
Die gewerbsmäßige Verbreitung der Verviel-
fältigung steht indessen nur den: Künstler zu.
Würde es sich um eine verstorbene, nicht der
Zeitgeschichte angehörende Persönlichkeit handeln, so
würde für die Verbreitung auch die Zustimmung der
Angehörigen des Abgebildeten erforderlich sein.
3. b;. in B. hat zwei Aquarelle als gewöhnliches
Paket nach Paris gesandt und in der Zolldeklaration
den Wert auf 800 Mark angegeben. Zn Paris ist
das Paket versehentlich an eine falsche Adresse aus-
gehändigt worden und verloren gegangen. Statt
der geforderten 800 Mark hat der Künstler nur
20,80 Mark von der Deutschen Post erhalten. Kann
der Künstler noch weitere Ansprüche machen?
Antwort: Nach der internationalen Reber-
einkunft betreffend den Austausch von Postpaketen
ist die Post im Falle des Verlustes gewöhnlicher
Pakete zum Ersatz von höchstens 25 Frcs. und zur
Erstattung der Transportkosten verpflichtet. Da die
unrichtige Aushändigung einen Fall des Verlustes
darstellt und da die Wertangabe in der Zolldeklaration
das Postpaket nicht zu einem Wertpaket macht, kann
der Künstler keine höhere Entschädigung als die er-
haltene fordern.
Es ergibt sich hieraus die Lehre, derartige
Gegenstände nur als Wertpakete zu verschicken, bei
denen der angegebene Wert im Fall des Verlustes
voll erstattet wird.

flsi IVl. in O. fragt an, ob er die Verviel-
fältigung und Verbreitung einer von ihm gebauten
und ihm gehörigen Villa, die in einem Garten dicht
an der öffentlichen Straße liegt, gestatten muß.
Antwort: A 20 des Kunstschutzgesetzes be-
stimmt, daß die Vervielfältigung und Verbreitung
von Werken, die sich bleibend an öffentlichen Straßen,
Wegen oder Plätzen befinden, durch malende oder
zeichnende Kunst oder durch Photographie ohne
Einwilligung des Urhebers zulässig ist.
Die Kunstgenossenschaft hat sich seinerzeit
nach Kräften gegen diese Bestimmung gewehrt, leider
ohne Erfolg.
5. lVl. in L. Ein Künstler hatte auf Be-
stellung ein Porträt ohne Vereinbarung eines be-
stimmten Honorars ausgeführt. Nach der Ablieferung
geriet er über die Höhe des Honorars mit dem Be-
steller in Differenzen und ersuchte, als ihm kein
seiner Ansicht nach angemessenes Honorar zugebilligt
wurde, um Rücksendung des Porträts. Diese wurde
ihm nur für den Fall zugestanden, daß er sich ver-
pflichte, das Bild zu vernichten. Sie wünschen zu
wissen, ob dieser Anspruch gerechtfertigt ist?
Antwort: Der Künstler kann die Rückgabe
des Porträts überhaupt nicht verlangen, sondern
lediglich die Zahlung eines angemessenen Honorars.
Will etwa der Besteller das Bild wegen mangelnder
Aehnlichkeit oder dergleichen zurückgeben, so hat er
nicht das Recht, die Vernichtung des Bildes zu
fordern. Lediglich die Verbreitung und öffentliche
Schaustellung eines Bildnisses ist den: Künstler ohne
Einwilligung des Abgebildeten verwehrt.
X. in V. Sie haben eine Sammlung kunst-
gewerblicher Gegenstände in einem Kunstsalon aus-
gestellt. Ohne Ihre Ermächtigung hat der Kunst-
salon die von Ihnen angegebenen Verkaufspreise
wesentlich erhöht, so daß Sie nichts verkauft haben.
Welche Ansprüche stehen Ihnen zu?
Antwort: Die Erhöhung der Verkaufspreise
ohne Ihre Zustimmung war unzulässig und ver-
pflichtet zum Schadensersatz. Sie sind daher be-
rechtigt, die Ihnen durch die Ausstellung erwachsenen
Unkosten erstattet zu verlangen. Entgangenen Ge-
winn werden Sie dagegen nicht fordern können,
weil Sie nicht nachweisen können, daß Sie bei
richtiger Preisauszeichnung mehr verkauft hätten und
weil Ihnen dieser Verkauf auch jetzt noch freistünde.
?. O. in Der Name des Künstlers darf
bei der Reproduktion des Kunstwerks ohne Zu-
stimmung des Künstlers nicht fortgelassen oder ver-
ändert werden. Die schuldhafte Zuwiderhandlung
macht schadensersatzpflichtig. Geschah sie vorsätzlich,
so wird sie auch nut Geldstrafe bis zu 500 Mark
bestraft (W l2, 32 Kunstschutzgesetz).
Briefkasten cler Sckriftleltung.
I^l. L. in Berlin. Mir haben Ihre Beschwerde dem
Herrn Vr. Rothe übergeben, der unter X. V. im heutigen
Briefkasten die Rechtslage, ob der Kunstsalon Lleinatis
 
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