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Die Werkstatt der Kunst: Organ für d. Interessen d. bildenden Künstler — 7.1907/​1908

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Deiker, Carl Friedrich: Die "Jury"frage, eine immer "brennende" Frage
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Anfragen aus dem Leserkreis
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Briefkasten der Schriftleitung
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Eine neue Kunsthandlung in Stettin
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Keine Nettopreise für Kunsthändler!
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D.W.D.K.: Die Strafverfolgung bei widerrechtlichen Nachbildungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.52070#0263

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heft ^9.

Die Merkstatt der Kunst.

259

dem Rücken, — ausgesetzt; dann wäre das Amt des Jurors
ein Ehrenamt im wahren Sinne des Wortes und jedes
Kliquenwesen würde aufhören, — man würde sich hüten,
Elemente in eine Jury zu wählen, die auch nur im ge-
ringsten nach „Partei" riechen. Dann könnte manches böse
Maul gestopft werden und manches Märchen bliebe unge-
logen, das im Dunkeln ausgeheckt und zum Nachteil der
Jury heimlich feige verbreitet wird.
Düsseldorf-Grafenberg, im Januar ;gO8.
Lari Deiner.
Unfragen aus ctem Leserkreis.
VrI. v. V. in V^. Könnte ich auf diesem Wege er-
fahren, wo es in Berlin eine Verglasungsanstalt gibt, in
der künstlerische Fensterverglasungen gut und nicht
zu teuer im Beisein des Künstlers ausgeführt werden?
Briefkasten cter Sckriftleitung.
o. N. in Dresden. Frage: Darf man auf eine
große Ausstellung ein Bild schicken, das auf Malpappe
gemalt ist — wenn man kein Lenbach ist?
Antwort: Es wird überall nur die Vorderseite
der Bilder juriert. Ist da Kunst drauf, lo wird es niemand
bemängeln, ob auf Leinwand, Baumwolle, polz, Pappe,
Blech oder sonst etwas gemalt wurde.
L. 1'. in Libotz-Stern. Sogenanntes chinesisches
oder auch japanisches Papier für Po lzfchnitt-pand-
abdrucke können Sie in München bei der Firma Adrian
Brügger, Theatinerstr. beziehen. Ferner empfehlen wir
die Firma Permann Marx, Leipzig-Gohlis, sowie auch die
Firma Paul Zimmermann, Leipzig-Lonnewitz. Kochstr. t36.
Eine neue Runslkanälung m Stettin.
Der neu eröffnete Kunstsalon von Friedrich
Schaake in Stettin steht in keinerlei geschäftlicher
Beziehung zu dem ehemaligen Kunstsalon von Krone 6c
Lüders in Pannover, wenn auch perr Krone dort angestellt
ist. — perr Schaake hat uns in Berlin besucht und hat
uns die Versicherung gegeben, daß er alle Maßnahmen
treffen werde, daß in seinem Salon eine Unordnung von
vornherein unmöglich wäre. Er versicherte ferner, daß er
in seinem geschäftlichen Verkehr die größte Genauigkeit und
Klarheit walten und die von großen Kunsthändlern geübten
Bedingungen als für fein Geschäft maßgebend anerkennen
und seinen Formularen beidrucken wolle.
Der Kunstsalon von Friedrich Schaake in Stettin,
der einige gute Ausstellungsräume besitzt, darf deshalb
empfohlen werden. — Es waren kürzlich bereits aus-
gestellt: Kollektionen von Prof. Pagen, Arft und pendrich;
ferner Linzelwerke von Sougette, Normann usw. — Für die
nächste Zeit ist eine große ungarische Ausstellung vorgesehen.
Reine Nettopreise für Runftkanckler!
Es werden mehrfach von Kunsthändlern bei Einsendung
von Bildern sog. Kommissionsformulare eingefordert, welche
Größe, Darstellung und Preis enthalten sollen. Diese Ein-
richtung finde ich ganz geschäftsmäßig und richtig, da es
über den Gegenstand der Ausstellung alles Nötige anführt.
Aber — da eine große Anzahl von Kunsthändlern Netto-
preise verlangt (s. wetsch, Ausstellungskalender), um diese
nach ihrem Ermessen zu erhöhen, wie es mir ergangen ist,
folgedessen ein Verkauf oft zweifelhaft wird, so prüfe man
zunächst das, was man in das Formular einträgt. Leider
ist der'Künstler zu wenig Geschäftsmann und kann es auch
nicht sein, um wie ein Kaufmann seine Schreiben zu
kopieren; dann läßt ihn die Zeit manches vergessen.
Um eine beliebige Preiserhöhung zu verhindern, stelle
man von vornherein den Kommissionären feste Preise, sowie
eine entsprechende Provision beim Verkauf.
Beliebt das Publikum zu handeln, so ist je unter
Umständen dem Künstler freigestellt, Gebote anzunehmen
oder abzulehnen. X. Kat.

Vie Strafverfolgung bei niäer-
recktlicben vacbbilclungen.
Vor einigen Jahren vollendete der Bildhauer Prof.
I. Echteler in München im Auftrage der Stadt Detmold
ein Reliefporträt des damals regierenden Grafregenten
Ernst zur Lippe-Biesterfeld, das für ein Brunnenportal in
Berlebeck bestimmt war. Die Stadt hatte das Relief nur
in Galvanobronze bestellt, aber der Künstler fertigte auf
seine eigenen Kosten einen Abguß in Feuerbronze an und
schenkte ihn der Stadt. Seltsame Früchte hat er von
dieser Freigebigkeit geerntet, wie aus der nachstehenden
Schilderung hervorgeht.
Als er sich nämlich vor kurzem in Detmold aufhielt,
entdeckte er in dem Schaufenster des „fürstlichen Pofbild-
hauers" Karl Meier drei Exemplare feines Reliefs, die
zum Teil die Inschrift und den Urhebernamen des Ori-
ginals trugen, zum Teil aber auch ohne diese hergeftellt
waren. Der Künstler betrat unerkannt den Laden, wo ihm
die Angehörigen des perrn Meier mit Stolz erzählten, das
Relief fei ein Werk ihres Vaters (!) und habe ihm schon
viel Ehren (er erhielt wohl daraufhin den Pofbildhauer-
titel) und Gewinn eingebracht; unter anderem hätte er im
Auftrage der fürstlichen Förster einen Abguß (ohne den
Namen des Urhebers — Red.) vor dem Schloß in Lops-
horn aufgestellt.
Professor Echteler stellte sofort Strafantrag bei der
Staatsanwaltschaft in Detmold und verfolgte nach deren
ablehnendem Bescheid die Sache bis zur Oberstaatsanwalt-
schaft in Lelle, jedoch auch hier mit negativem Erfolge.
Das Ergebnis der staatsanwaltlichen Untersuchung war
nämlich, daß dem Meier eine vorsätzliche pandlungsweife
nicht nachgewiesen werden könne, er habe sich vielmehr in
einem entschuldbaren, tatsächlichen oder rechtlichen Irrtum
befunden und in guten: Glauben gehandelt. Er habe vor-
längerer Zeit durch den damaligen Stadtbaumeister den
Auftrag erhalten, von dem auf dem Stadtbauamt befindlichen
Relief Echtelers eine Kernform und eine weitere Nach-
bildung anznfertigen. Er habe in dem guten Glauben,
daß das Stadtbauamt oder die Stadt Detmold zugleich mit
dem Eigentumsrecht an dem Relief auch das uneingeschränkte
Verfügungsrecht erworben habe, den Auftrag ausgeführt.
Was das Fehlen des Namens des rechtmäßigen Urhebers
an den Nachbildungen betrifft, so findet sich in den beiden
Entscheidungen, des ersten Staatsanwaltes in Detmold und
des Oberstaatsanwaltes in Lelle, ein Widerspruch, der nicht
genügend erklärt werden kann. Der Erste Staatsanwalt
fußt darauf, daß der Urhebername bei der Form (soll wohl
heißen beim Abformen?) später (?) verwischt und un-
leserlich geworden sei. Dagegen glaubte der Oberstaats-
anwalt dieser Angabe: die Negativform sei zu einer nicht
näher festgesetzten Zeit in Stücke gegangen, wieder zu-
sammengesetzt. Dabei sei auch der Namenszug unleserlich
geworden. — Schon die Tatsache, daß zwei Versionen
existieren, hätte die Oberstaatsanwaltschaft stutzig machen
müssen, besonders aber, weil die zweite Angabe, das
Negativ sei zerbrochen und wieder zusammengesetzt worden,
den Stempel der Unwahrscheinlichkeit an der Stirne trägt.
Der geschädigte Künstler schreibt uns nämlich: „Wenn
Meier die Reproduktionen aus einem zerbrochenen Negativ
gewonnen hätte, dann wären auch die Bruchnähte sofort
sichtbar geworden; selbst wenn er versucht hätte, sie zu
reparieren, würde ich dies auf den ersten Blick erkannt
haben."
Trotz dieser sehr unwahrscheinlichen Behauptungen
des Nachbildners nahmen die Staatsanwälte dessen guten
Glauben an und, da sie urheberrechtliche Delikte nur dann
verfolgen, wenn die Böswilligkeit nachzuweifen ist, so
lehnten sie in diesem Falle die Verfolgung ab und ver-
wiesen den Künstler auf den weg der Zivilklage, den er
nun auch betreten wird. Er wird zweifellos die Ver-
nichtung der Kernform und der unrechtmäßig hergestellten
Nachbildungen, ferner Schadensersatz und Perausgabe der
 
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